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BFH - Entscheidung vom 15.02.2008

X S 27/07 (PKH)

Fundstellen:
BFH/NV 2008, 818

BFH, Beschluss vom 15.02.2008 - Aktenzeichen X S 27/07 (PKH)

DRsp Nr. 2008/5442

Gründe:

I. Der Kläger, Beschwerdeführer und Antragsteller (Kläger), ein in der Immobilienbranche tätiger Geschäftsmann, erhielt für den Nachweis eines Kaufinteressenten eine Vermittlungsprovision in Höhe von 500 000 DM zuzüglich Umsatzsteuer. Die Hälfte dieses Betrages machte er in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1993 als Betriebsausgabe mit der Begründung geltend, er habe die Summe an die Fa. B, die bei der Vermittlung des Grundstücksgeschäfts für den Verkäufer tätig geworden sei, weitergeleitet.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) erkannte die behauptete Zahlung nicht als Betriebsausgabe an. Das Finanzgericht (FG) hat die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage abgewiesen. Die betriebliche Veranlassung der Zahlung stehe nicht zur Überzeugung des Senats fest. Das Gericht habe nicht feststellen können, dass die Fa. B an dem vom Kläger vermittelten Grundstücksgeschäft beteiligt gewesen sei. Eine schriftliche Vereinbarung über die gemeinsame Vermittlung des Grundstücksgeschäfts sei nach dem Vortrag des Klägers nicht getroffen worden. Gegen die vorgelegte Provisionsrechnung und Quittung der Fa. B habe das FA Einwendungen erhoben, die erhebliche Zweifel an der Beweiskraft der Urkunden begründeten. Die Rechnung sei auf einem abgeänderten Kopfbogen der Fa. B erstellt und nicht unterschrieben worden. Die Quittung trage eine Unterschrift, die mit dem Namen des neuen Geschäftsführers der Fa. B ersichtlich nicht übereinstimme. Beide Urkunden seien in S ausgestellt worden, obwohl die Verlegung des Sitzes der Fa. B nach S offenbar nicht vollzogen worden sei. Zudem habe die Fa. B die Umsatzsteuer nicht an das FA abgeführt. Entscheidend gegen eine Tätigkeit der Fa. B spreche, dass der vom Kläger benannte Zeuge G den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht nur nicht bestätigt, sondern völlig anders dargestellt habe. Nach dessen Einlassung sei die Fa. B nicht vom Grundstücksveräußerer mit der provisionsauslösenden Vermittlung betraut worden. Das FG hat die Revision nicht zugelassen.

Nach Erhebung der Klage hat das Amtsgericht (AG) X am 11. Oktober 2006 in dem Insolvenzeröffnungsverfahren des Klägers Maßnahmen zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 3 , 88 der Insolvenzordnung ( InsO ) angeordnet. Mit Beschluss vom 28. Februar 2007 und damit vor Erlass des FG-Urteils hat das AG in dem Insolvenzeröffnungsverfahren festgestellt, dass der Schuldenbereinigungsplan als angenommen gilt, weil die Gläubiger mit den erforderlichen Mehrheiten zugestimmt haben und das Gericht durch rechtskräftigen Beschluss vom 22. Januar 2007 die Einwendungen ablehnender Gläubiger durch eine Zustimmung ersetzt hat (§§ 308 Abs. 1 Satz 1, 309 InsO ). Der Schuldenbereinigungsplan hat die Wirkung eines Vergleichs i.S. des § 794 Abs. 1 Nr. 1 der Zivilprozessordnung -- ZPO -- (vgl. § 308 Abs. 1 Satz 2 InsO ). Die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers und auf Erteilung einer Restschuldbefreiung gelten als zurückgenommen (§ 308 Abs. 2 InsO ).

Gegen das dem Kläger am 18. Juni 2007 zugestellte FG-Urteil wendet sich dieser fristgemäß mit der Nichtzulassungsbeschwerde und beantragt die Zulassung der Revision. Er trägt vor, das FG habe übersehen, dass das AG über das Vermögens des Klägers das Insolvenzeröffnungsverfahren eröffnet und erste Sicherungsmaßnahmen zugunsten der Insolvenzmasse getroffen habe. Gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) i.V.m. § 240 ZPO sei das FG-Verfahren unterbrochen worden, weil die vom FA mit dem Einkommensteuerbescheid 1993 geltend gemachten Steuerforderungen Gegenstand der Insolvenzanmeldung gewesen seien. Im Ergebnis hätte das FG nach Abschluss des Insolvenzverfahrens die Erledigung des Rechtsstreits feststellen müssen. Zudem habe das FG entgegen seiner sich aus § 76 Abs. 1 FGO ergebenden Feststellungspflicht den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt. Zeitgleich beantragt der Kläger Prozesskostenhilfe (PKH).

II. Der Antrag auf Gewährung von PKH ist unbegründet und deshalb abzulehnen.

1. Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozessgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO ) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO ).

Ist, wie im Streitfall, das Ziel der Rechtsverfolgung die Zulassung der Revision gegen ein finanzgerichtliches Urteil und hat der Beteiligte bereits durch eine vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zur Vertretung berechtigte Person als Bevollmächtigten fristgerecht Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt und diese auch fristgerecht begründet, erstreckt sich die gebotene summarische Prüfung der Erfolgsaussichten durch den BFH darauf, ob in der Beschwerde(begründungs-)schrift ein Grund für die Zulassung der Revision i.S. des § 115 Abs. 2 FGO ordnungsgemäß dargelegt worden ist (BFH-Beschluss vom 1. April 2003 VII S 25/02 (PKH), BFH/NV 2003, 1077 ).

2. Nach diesen Maßstäben kann dem Kläger PKH nicht bewilligt werden, weil die mit der Nichtzulassungsbeschwerde beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.

Der Kläger hat die von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe bei summarischer Prüfung nicht in der nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO gebotenen Weise dargelegt. Die gerügte Verfahrensunterbrechung ist nicht eingetreten.

a) Die Rüge des Klägers, das FG habe die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO ) verletzt, rechtfertigt die Zulassung der Revision nicht.

Rügt der Beschwerdeführer die Verletzung der Sachaufklärungspflicht des FG mit der Begründung, das FG habe Zeugen nicht vernommen, obwohl er selbst keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, so muss er u.a. darlegen, weshalb sich die Zeugenvernehmung dem FG auch ohne Antrag hätte aufdrängen müssen und dass der Mangel der unterlassenen Beweiserhebung in der mündlichen Verhandlung vor dem FG gerügt worden sei (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 6. Aufl., § 120 Rz 70, m.w.N.). Ein solches Vorbringen hat der im Klageverfahren rechtskundig vertretene Kläger unterlassen.

Die Beschwerdebegründung erschöpft sich im Kern in der Kritik, dass das FG den Sachverhalt unzutreffend gewürdigt habe. Damit kann jedoch ein Verfahrensmangel grundsätzlich nicht begründet werden; denn die Grundsätze der Tatsachen- und Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrüge entzogen (vgl. hierzu die Nachweise der höchstrichterlichen Rechtsprechung bei Gräber/Ruban, aaO., § 115 Rz 82).

b) Der Einwand des Klägers, das FG-Verfahren sei gemäß § 155 FGO i.V.m. § 240 ZPO wegen des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen unterbrochen gewesen und ein Urteil hätte nicht ergehen dürfen, geht fehl. Tatsächlich hat das AG Maßnahmen zur Sicherung der künftigen Insolvenzmasse im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens nach §§ 21 Abs. 2 Nr. 3 , 88 InsO angeordnet. Mangels eines allgemeinen Verfügungsverbots (§ 22 Abs. 1 Satz 1 InsO i.V.m. § 21 Abs. 2 Nr. 1 , 2 InsO ) hat das Insolvenzeröffnungsverfahren das finanzgerichtliche Verfahren im vorliegenden Streitfall nicht unterbrochen (vgl. auch BFH-Beschluss vom 31. Mai 2005 VIII B 294/03, BFH/NV 2005, 1832 ). Das Insolvenzverfahren selbst ist niemals eröffnet worden. Vielmehr gelten nach dem im Rahmen des Insolvenzeröffnungsverfahrens ergangenen Beschluss des AG die Anträge auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Klägers und auf Erteilung der Restschuldbefreiung als zurückgenommen (§ 308 Abs. 2 InsO ).

3. Insgesamt ist somit bei der gebotenen summarischen Prüfung kein Grund für eine Zulassung der Revision erkennbar, so dass die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die Entscheidung über die eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde stellt der Senat bis vier Wochen nach Bekanntgabe dieses Beschlusses zurück, um dem Kläger die Möglichkeit einzuräumen zu prüfen, ob er ggf. seine Beschwerde zur Vermeidung höherer Gerichtskosten zurücknehmen möchte.

4. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei.

Fundstellen
BFH/NV 2008, 818