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BFH - Entscheidung vom 24.01.2008

X B 87/07

Fundstellen:
BFH/NV 2008, 605

BFH, Beschluss vom 24.01.2008 - Aktenzeichen X B 87/07

DRsp Nr. 2008/4877

Gründe:

I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Ehegatten, die im Streitjahr 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden.

Im Tatbestand des angefochtenen Urteils führte das Finanzgericht (FG) u.a. aus:

"Der Vater des am ...1958 geborenen Klägers, ... (A.X.) hatte den Hof seiner Mutter B.X. gepachtet. Am ...1964 verstarb A.X. Am 26.01.1965 errichtete ... B.X. ein Testament, in dem sie den Kläger, ihren Enkel, zum Erben ihres Hofes bestimmte. In ihrem Testament hatte B.X. ihrer Schwiegertochter M.X., der ... Mutter des Klägers, ein Vermächtnis ausgesetzt, nach dem M.X. bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Klägers den Nießbrauch an dem Hof und danach einen Altenteil, bestehend aus Wohnung, Verpflegung, Kleidung und Taschengeld, erhalten sollte."

In der Einkommensteuererklärung für 2002 machten die Kläger die an M.X. erbrachten Altenteilsleistungen in Höhe von 5 104 EUR als dauernde Last i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) geltend. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) erkannte hiervon lediglich einen Teilbetrag (3 241 EUR) an.

Mit ihrer nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrten die Kläger, (weitere) Altenteilsleistungen in Höhe von 2 311,20 EUR als dauernde Last zu berücksichtigen.

Das FG wies die Klage als unbegründet ab. Es führte u.a. aus:

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH-- (vgl. Urteile vom 26. November 2003 X R 11/01, BFHE 204, 192 , BStBl II 2004, 820 ; vom 27. März 2001 X R 106/98, BFH/NV 2001, 1242; vom 27. Februar 1992 X R 139/88, BFHE 167, 381 , BStBl II 1992, 612 ) könne sich der Vermögensübergeber im Fall der Vermögensübergabe von Todes wegen Versorgungsleistungen auch für bestimmte dritte Personen vorbehalten, vorausgesetzt, die begünstigten Personen gehörten zum sog. Generationennachfolge-Verbund. Zu diesem Verbund rechneten insbesondere der überlebende Ehegatte des (potentiellen) Erblassers sowie dessen erb- und pflichtteilsberechtigte Abkömmlinge. Demgegenüber gehörten andere --nicht pflichtteilsberechtigte-- Personen in aller Regel nicht zum begünstigten Generationennachfolge-Verbund.

Nach diesen Grundsätzen unterlägen die streitigen Leistungen des Klägers an seine Mutter dem von § 12 EStG statuierten Abzugsverbot. Als Schwiegertochter der Erblasserin B.X. sei die Mutter des Klägers nicht erbberechtigt (meint offenbar: nicht pflichtteilsberechtigt) gewesen.

Mit ihrer dagegen gerichteten Beschwerde begehren die Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. Sie halten die Frage für rechtsgrundsätzlich bedeutsam, ob die Mutter des Klägers tatsächlich über keine eigenen, nicht entziehbaren Ansprüche verfügt und damit auch kein Vermögensopfer erbracht habe, welches die Voraussetzungen für einen Abzug von wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben erfülle.

Zum Zeitpunkt des Todes der Erblasserin sei die Mutter des Klägers "in der Nutzerposition auf der Grundlage eines mit der Erblasserin geschlossenen Wirtschaftsüberlassungsvertrages und damit wirtschaftliche Eigentümerin des Hofes" gewesen. Da der Hof den wesentlichen Teil des Nachlasses ausgemacht habe, sei das der Mutter des Klägers im Testament der Erblasserin ausgesetzte Vermächtnis tatsächlich als Erbeinsetzung anzusehen. Danach sei die Mutter des Klägers Vorerbin und damit Eigentümerin und Inhaberin des Hofvermögens geworden, wohingegen der Kläger lediglich Nacherbe gewesen sei. Mithin habe die Mutter des Klägers ein Vermögensopfer erbracht, als sie ihre Stellung als Vorerbin "zugunsten des Hoferben" aufgegeben habe. In diesem Zeitpunkt habe sie den Hof aus einer eigenen Rechtsposition im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf ihren Sohn übertragen. Deshalb sei klärungsbedürftig, ob die Übertragung zwischen Vorerbe und Nacherbe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu als Sonderausgaben abziehbaren Versorgungsleistungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG führe. Diese Rechtsfrage sei höchstrichterlich noch nicht geklärt.

II. Die allein auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützte Beschwerde der Kläger ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) entspricht. Die Kläger vermochten nicht schlüssig darzulegen, dass den von ihnen formulierten Rechtsfragen eine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zukommt.

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, Rechtseinheitlichkeit und/oder Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Es muss sich um eine klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage handeln (vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH).

a) Die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache muss --vom hier nicht vorliegenden Fall ihrer Offenkundigkeit abgesehen-- schlüssig und substantiiert dargelegt werden. Dies erfordert ein konkretes Eingehen des Beschwerdeführers darauf, inwieweit die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen sie umstritten ist.

Des Weiteren muss der Beschwerdeführer substantiiert darlegen, dass die von ihm aufgeworfenen Rechtsfragen in einem künftigen Revisionsverfahren entscheidungserheblich und mithin klärungsfähig sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 10. Februar 2005 II B 37/04, BFH/NV 2005, 1116 ; Gräber/Ruban, aaO., § 116 Rz 35, m.w.N.).

b) Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

aa) Die von den Klägern formulierte Rechtsfrage, ob die Mutter des Klägers tatsächlich über keine eigenen, nicht entziehbaren Ansprüche verfügt und damit auch kein Vermögensopfer erbracht habe, welches die Voraussetzungen für einen Abzug von wiederkehrenden Leistungen als Sonderausgaben erfülle, kann nur unter Heranziehung der im (konkreten) Streitfall vorliegenden tatsächlichen und rechtlichen Umstände beantwortet werden. Sie ist mithin auf den Einzelfall zugeschnitten und stellt keine abstrakte und allgemein bedeutsame Rechtsfrage dar.

bb) In Bezug auf die von den Klägern darüber hinaus aufgeworfene Rechtsfrage, ob eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen i.S. von § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG auch dann vorliegen kann, wenn ein vom Erblasser eingesetzter Vorerbe den Nachlass (bei Eintritt des Nacherbfalles) an den Nacherben "überträgt", haben die Kläger die Klärungsfähigkeit dieser Rechtsfrage nicht substantiiert darlegen können.

Aus dem vom FG festgestellten (eindeutigen) Wortlaut des Testaments ergab sich, dass der Kläger nicht lediglich Nacherbe, sondern sofortiger Erbe der Erblasserin werden sollte. Folglich sollte der Mutter des Klägers nicht etwa die Stellung einer Vorerbin eingeräumt werden. Vielmehr hatte ihr die Erblasserin --nach dem ebenfalls eindeutigen Wortlaut des Testaments-- nur mehr ein Vermächtnis des Inhalts eingeräumt, dass ihr --zeitlich begrenzt bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres des Klägers-- der Nießbrauch an den Hof gewährt werden sollte. Als Nießbraucherin hatte die Mutter des Klägers indessen weder bürgerlich-rechtliches noch wirtschaftliches Eigentum an dem Hof erlangt. Selbst ein auf die Lebenszeit des Nießbrauchers bestellter Nießbrauch führt grundsätzlich nicht zu wirtschaftlichem Eigentum des Nießbrauchers (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 24. Juni 2004 III R 50/01, BFHE 206, 551 , BStBl II 2005, 80 , betreffend Grundstück; vgl. ferner auch BFH-Urteil vom 28. September 1995 IV R 7/94, BFHE 180, 255, BStBl II 1996, 440 ), betreffend Vermächtnisnießbrauch an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb).

Ergänzend weist der Senat darauf hin, dass die Mutter des Klägers auch dann kein eigenes --freiwilliges-- Vermögensopfer im Sinne der Rechtsprechung des BFH zum Kreis der zum Generationennachfolge-Verbund gehörenden Personen (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 204, 192 , BStBl II 2004, 820 ) erbracht hätte, wenn sie als Vorerbin anzusehen wäre und den Nachlass bei Eintritt des Nacherbfalles an ihren Sohn herausgegeben hätte. Deshalb kann unerörtert bleiben, ob die Mutter des Klägers ihr Nutzungsrecht auf einen Wirtschaftsüberlassungsvertrag stützen konnte.

Vorinstanz: FG Münster, vom 29.03.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 12 K 6155/04
Fundstellen
BFH/NV 2008, 605