Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BFH - Entscheidung vom 11.09.2008

VI R 63/04

Fundstellen:
BFH/NV 2008, 2018

BFH, Urteil vom 11.09.2008 - Aktenzeichen VI R 63/04

DRsp Nr. 2008/19079

Gründe:

A. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden als Eheleute für das Streitjahr (1999) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte im Streitjahr unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Rechtsanwalt und Steuerberater. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit keine Werbungskosten geltend. Das seinerzeit für die Besteuerung der Kläger zuständige Finanzamt X (FA X) ermittelte bei der Einkommensteuerveranlagung der Kläger die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit durch Ansatz des Arbeitnehmer-Pauschbetrags von 2 000 DM nach § 9a Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Gegen den Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr legten die Kläger Einspruch ein und beantragten unter Hinweis auf das Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Mitglieder des Landtags von Baden-Württemberg ( Abgeordnetengesetz -- AbgG BW--), einen Betrag in Höhe von 31,86 % des Bruttogehalts des Klägers steuerfrei zu stellen.

Der Einspruch blieb erfolglos. Mit der gegen das FA F gerichteten Klage begehrten die Kläger die Steuerfreiheit eines Betrags in Höhe von 10 668 EUR der Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit entsprechend der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2004, 886 veröffentlichten Gründen ab. Zur Begründung führte das FG aus, eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes ( GG ) sei als aussichtslos anzusehen, da sie sich nicht auf das Besteuerungsverhältnis der Kläger auswirken könnte. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Rechtsvorschriften über die steuerfreien Aufwandsentschädigungen von Abgeordneten des Bundes und der Länder verfassungswidrig seien. Die Abgeordneten seien bei der Ausübung ihres politischen Mandats unabhängig und bestimmten im Wesentlichen selbst, welche Kosten sie dabei auf sich nähmen. Bei der pauschalen Bewertung des erstattungsfähigen Aufwands könne der Gesetzgeber einen bestimmten Betrag festsetzen. Von den Klägern sei nicht dargelegt worden, ob und in welchem Umfang die steuerfreien Aufwandsentschädigungen der Abgeordneten des Bundes und der Länder unangemessen seien. Eine Vorlage an das BVerfG könne zudem keinen Erfolg haben, da eine Gleichbehandlung des Klägers mit den Abgeordneten allenfalls dadurch bewirkt werden könne, dass der Gesetzgeber verpflichtet werde, die Abgeordneten den Arbeitnehmern dadurch gleichzustellen, dass sie ihren Aufwand ebenfalls belegen müssten.

Mit der Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Das FG habe die verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Kläger durch die Rechtsvorschriften der §§ 9 , 9a EStG bzw. § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG i.V.m. den Abgeordnetengesetzen des Bundes und der Länder verkannt. Die Kläger würden im Verhältnis zu Abgeordneten des Bundestages oder des Landtags von Baden-Württemberg dergestalt benachteiligt, dass sie zum Nachweis sämtlicher berufsbedingter Aufwendungen, die den Arbeitnehmer-Pauschbetrag überstiegen, gezwungen seien. Der Nachweis berufsbedingter Aufwendungen könne durch einen Abgeordneten in der gleichen Weise und mit demselben Aufwand geführt werden wie von den Klägern, ohne dass hierdurch die Unabhängigkeit des politischen Mandats gefährdet wäre. Insbesondere die Pauschalierung in Form einer "vollständigen" Pauschale füge sich ohne Rechtfertigung durch das freie Mandat oder Vereinfachungsgesichtspunkte nicht folgerichtig in das System des EStG ein. Zudem sei die konkrete Ausgestaltung der Kostenpauschalen nicht gleichheitsgerecht, da die Pauschalen Positionen umfassten, die die Angehörigen der Vergleichsgruppe der leitenden Angestellten, zu der auch der Kläger gehöre, nur beschränkt oder gar nicht als Werbungskosten geltend machen könnten. Dem verfassungswidrigen Begünstigungsausschluss sei durch die Ausweitung der Begünstigung auf alle Steuerbürger zu begegnen, da den begünstigten Abgeordneten die Steuerfreiheit für das Streitjahr wegen der Bestandskraft ihrer Steuerbescheide nachträglich nicht mehr genommen werden könne.

Die Kläger beantragen, das Urteil des FG aufzuheben und die Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr dahingehend zu ändern, dass anstelle des Arbeitnehmer-Pauschbetrags in Höhe von 1 044 EUR ein Betrag in Höhe von 10 668 EUR bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit steuerfrei gestellt wird.

Der im Laufe des Revisionsverfahrens anstelle des zunächst beklagten und revisionsbeklagten FA X für die Besteuerung der Kläger zuständig gewordene Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Eine Richtervorlage an das BVerfG sei bereits unzulässig, da der von den Klägern im Hinblick auf § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG gerügte gleichheitswidrige Begünstigungsausschluss nicht entscheidungserheblich sei. Denn die Entscheidungserheblichkeit setze voraus, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit den Klägern zumindest die Chance eröffne, eine für sie günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Sofern die beanstandete Norm aufgrund des Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers zur Heilung des Gleichheitsverstoßes für unvereinbar mit dem GG zu erklären wäre, wäre eine Ausweitung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags aufgrund der zu erwartenden Einnahmeausfälle keine realistische Handlungsalternative des Gesetzgebers. Entgegen der Ansicht der Kläger fehle es auch an einer gleichheitswidrigen Ungleichbehandlung. Der Schutzbereich des Art. 3 Abs. 1 GG sei nicht berührt, da die von den Klägern gebildete Vergleichsgruppe der leitenden Angestellten der Gruppe der Abgeordneten nicht wesensgleich sei. Der fundamentale Unterschied zwischen beiden Vergleichsgruppen liege zum einen in der Weisungsgebundenheit der Angestellten. Zum anderen sei die Tätigkeit des Angestellten auf die Erzielung von Einkünften zur Deckung des Lebensunterhaltes, die Tätigkeit des Abgeordneten aber auf die Ausübung eines öffentlichen Amtes ausgerichtet. Die Ungleichbehandlung der Kläger sei schließlich durch sachliche Gründe gerechtfertigt, da die Aufwandsentschädigung der Abgeordnetengesetze der Abdeckung der Kosten diene, die den Abgeordneten in Ausübung ihres Mandats entstünden. Das Gesetz gehe hierbei vom Normalfall des Abgeordneten aus, der zur Ausübung seines Mandats am Sitz des Parlaments Aufwendungen im Sinne einer doppelten Haushaltsführung habe. Die Aufwandsentschädigung sei auf die besonderen Kosten der Mandatsausübung zugeschnitten. Weitergehende Aufwendungen eines Abgeordneten würden infolge der Pauschalierung nicht erstattet. Demgegenüber könne ein Arbeitnehmer Werbungskosten bei Vorlage entsprechender Nachweise in unbegrenzter Höhe abziehen.

Der Senat hat mit Beschluss vom 21. September 2006 das Bundesministerium der Finanzen (BMF) zum Beitritt aufgefordert. Das BMF hat daraufhin seinen Beitritt zum Revisionsverfahren erklärt (§ 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Zur Beantwortung der im Senatsbeschluss vom 21. September 2006 gestellten Fragen hat das BMF ein im Auftrag des Deutschen Bundestages erstelltes Rechtsgutachten eingereicht.

B. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.

I. Die Zuständigkeit für die Besteuerung der Kläger ist aufgrund des Erlasses des Finanzministeriums Baden-Württemberg ... auf das FA übergegangen. Dieser während des Revisionsverfahrens durch einen Organisationsakt der Verwaltung eingetretene Zuständigkeitswechsel führt zu einem gesetzlichen Beteiligtenwechsel (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 22. August 2007 X R 2/04, BFHE 218, 533 , BStBl II 2008, 109 , unter II.1. der Gründe; vom 3. April 2008 IV R 54/04, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt, BFH/NV 2008, 1263 , unter II.1.c der Gründe, jeweils m.w.N.).

II. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit einen Betrag in Höhe von 10 668 EUR entsprechend der steuerfreien Kostenpauschale der Abgeordneten des Landtags von Baden-Württemberg steuerfrei zu belassen. Zutreffend hat das FG auch davon abgesehen, das Verfahren auszusetzen und dem BVerfG die Frage der Verfassungsmäßigkeit der steuerfreien Kostenpauschale vorzulegen.

1. Gemäß § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG sind u.a. steuerfrei die aus einer Landeskasse gezahlten Bezüge, die in einem Landesgesetz als Aufwandsentschädigung festgesetzt sind und als Aufwandsentschädigung im Haushaltsplan ausgewiesen werden. Steuerfreie Bezüge im Sinne dieser Vorschrift erhalten auch Abgeordnete des Landtags von Baden-Württemberg. Denn § 6 Abs. 1 AbgG BW gewährt den Landtagsabgeordneten zur Abgeltung der durch das Mandat veranlassten Aufwendungen eine Aufwandsentschädigung, die Geld- und Sachleistungen umfasst. Zu den Geldleistungen gehört nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW eine Pauschale für "allgemeine Unkosten (Unkostenpauschale)", die nach der im Streitjahr geltenden Fassung 1 632 DM (bis 31. Juli) bzw. 1 652 DM (ab 1. August) monatlich betrug.

Dem Kläger steht diese steuerfreie Kostenpauschale nicht zu, da er im Streitjahr nicht zum Kreis der in § 6 Abs. 1 AbgG BW genannten Landtagsabgeordneten gehörte.

2. Eine Vorlage an das BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG scheidet im Streitfall aus, weil es bei der Entscheidung des Rechtsstreits auf die Gültigkeit von § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW, die nach Auffassung der Kläger in verfassungswidriger Weise Landtagsabgeordnete gleichheitswidrig begünstigen, nicht ankommt. Ob und inwieweit die steuerfreie Kostenpauschale der Landtagsabgeordneten verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt, kann daher im Streitfall offenbleiben.

a) Nach der ständigen zu Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG ergangenen Rechtsprechung des BVerfG kommt es auf die Gültigkeit der vorgelegten Rechtsnorm nur dann im Sinne einer Entscheidungserheblichkeit an, wenn das Prozessgericht für den Fall der Verfassungsmäßigkeit der Norm zu einer anderen Entscheidung käme als bei ihrer Verfassungswidrigkeit. Dabei ist an die Entscheidungserheblichkeit ein strenger Maßstab anzulegen, um die verfassungsrechtlich vorgegebene Unterscheidung zwischen konkreter Normenkontrolle nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG und abstrakter Normenkontrolle gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 GG zu wahren. Wird eine gleichheitswidrige Begünstigung gerügt, setzt die Entscheidungserheblichkeit voraus, dass die Feststellung der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Norm für den Kläger die Chance offenhält, eine für ihn günstigere Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Hieran fehlt es, wenn der Gesetzgeber an der Schaffung einer für den Kläger günstigeren Regelung aus Rechtsgründen oder aus offenkundig tatsächlichen Gründen gehindert ist (vgl. BVerfG-Beschluss vom 17. April 2008 2 BvL 4/05, unter B.I.; zur Begründung im Einzelnen wird auf das zur Veröffentlichung bestimmte Senatsurteil vom 11. September 2008 VI R 13/06 unter C.II.1. und 2. seiner Gründe verwiesen).

b) Danach kommt es im Rechtsstreit der Kläger um die Rechtmäßigkeit des gegen sie gerichteten Einkommensteuerbescheides auf die Gültigkeit des § 3 Nr. 12 Satz 1 EStG i.V.m. § 6 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW nicht an, weil der Gesetzgeber sowohl aus rechtlichen Gründen als auch aus offenkundig tatsächlichen Gründen daran gehindert ist, im Rahmen einer Neuregelung eine für den Kläger günstigere Regelung zu schaffen.

aa) Entspräche die steuerfreie Kostenpauschale in ihrem personellen Anwendungsbereich verfassungsrechtlichen Anforderungen, könnte sie durch den Gesetzgeber allenfalls auf solche Steuerpflichtige ausgedehnt werden, die im Hinblick auf den Zweck der Begünstigung einer mit den Landtagsabgeordneten vergleichbaren Gruppe angehören. Zu einer solchen Gruppe gehört der Kläger nicht.

(1) Die auch andere Steuerpflichtige einbeziehende Neuregelung einer Kostenpauschale bedürfte als steuerliche Begünstigungsnorm und Ausnahme von der folgerichtigen Umsetzung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Belastungsentscheidung eines besonderen, sachlich rechtfertigenden Grundes und hätte insbesondere den Zweck der steuerfreien Kostenpauschale der Landtagsabgeordneten zu beachten. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das Senatsurteil vom 11. September 2008 VI R 13/06 unter C.II.3. a) aa) seiner Gründe verwiesen.

Der Zweck der steuerfreien Kostenpauschale besteht darin, die den Landtagsabgeordneten bei der politischen Arbeit typischerweise entstehenden Aufwendungen unter Berücksichtigung der Besonderheiten des verfassungsrechtlich geregelten Abgeordnetenstatus zu erstatten.

Die mandatsbedingten Aufwendungen der Landtagsabgeordneten sind im Lichte des verfassungsrechtlich definierten Abgeordnetenstatus zu bestimmen. Der Abgeordnete ist Inhaber eines öffentlichen Amtes und Träger eines freien Mandats (BVerfG-Urteil vom 4. Juli 2007 2 BvE 1-4/06, BVerfGE 118, 277 , 324, m.w.N.). Gemäß Art. 27 Abs. 3 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg sind die Abgeordneten Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. Die Abgeordneten sind bei der Ausübung ihres freien Mandats unabhängig. Sie bestimmen in eigener Verantwortung, wie sie ihr Amt ausüben, wo sie den Schwerpunkt ihrer Arbeit sehen und welche Kosten sie dabei auf sich nehmen (BVerfG-Urteil in BVerfGE 118, 277 , 336 f.; Bayerischer Verfassungsgerichtshof, Entscheidung vom 15. Dezember 1982 Vf. 22 - VII - 80, Deutsches Verwaltungsblatt 1983, 706, 710; Kretschmer, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/Hopfauf, Kommentar zum Grundgesetz , 11. Aufl., Art. 38 Rz 62; Kissel, Festschrift für Zeuner, S. 79, 81).

Die Kostenpauschale wird den Landtagsabgeordneten gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW insbesondere für die Betreuung des Wahlkreises, Bürokosten und Porto sowie sonstige Auslagen, die sich aus der Stellung des Abgeordneten ergeben, gewährt. Sie erfasst damit Aufwendungen, die den Landtagsabgeordneten typischerweise entstehen (vgl. zur Kostenpauschale der Bundestagsabgeordneten BTDrucks 7/5903, S. 12). Mit der Kostenpauschale werden die genannten Aufwendungen der Abgeordneten unabhängig davon abgegolten, in welcher Höhe sie tatsächlich anfallen. Die pauschale Erstattung dieser Aufwendungen soll der Verwaltungsvereinfachung dienen (vgl. BFH-Urteil vom 29. März 1983 VIII R 97/82, BFHE 138, 430 , BStBl II 1983, 601 , unter 2. der Gründe; Braun/Jantsch/Klante, Abgeordnetengesetz , § 12 Rz 10) und zudem Abgrenzungsschwierigkeiten vermeiden, die beim Einzelnachweis mandatsbedingter Aufwendungen dadurch auftreten, dass die Aufgaben eines Abgeordneten aufgrund der Besonderheiten des Abgeordnetenstatus nicht in abschließender Form bestimmt werden können (vgl. "Zweites Gutachten zur Neuregelung der Diäten der Mitglieder des Bundestages" des Beirates für Entschädigungsfragen beim Präsidium des Deutschen Bundestages, BTDrucks 7/5531, S. 32, 44).

Wie die Kostenpauschale selbst dient auch ihre Steuerfreiheit der Vereinfachung und der Vermeidung von Abgrenzungsschwierigkeiten, da die Besteuerung der Kostenpauschale und die Geltendmachung der mandatsbezogenen Aufwendungen als Werbungskosten entfallen (vgl. v. Beckerath, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG , § 3 Rz B 12/32).

(2) Der Kläger gehört als Rechtsanwalt und Steuerberater nicht zu einer Gruppe von Steuerpflichtigen, die im Hinblick auf den Zweck der steuerfreien Kostenpauschale mit den Landtagsabgeordneten vergleichbar ist. Nach der Einkommensteuererklärung der Kläger für das Streitjahr, die nach den tatsächlichen und für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO ) vom FA X unverändert der Veranlagung zugrunde gelegt worden ist, hat der Kläger bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit keine Werbungskosten geltend gemacht. Beim Kläger sind somit im Streitjahr dem Grunde nach keine Aufwendungen angefallen, die als typische Aufwendungen der Landtagsabgeordneten nach § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AbgG BW durch die steuerfreie Kostenpauschale erfasst werden.

(3) Im Übrigen unterscheiden sich unabhängig von Art und Umfang der dem Kläger im Streitjahr tatsächlich entstandenen Werbungskosten die in der steuerfreien Kostenpauschale zusammengefassten mandatsbedingten Aufwendungen der Abgeordneten auch in ihrer Struktur grundlegend von den Aufwendungen anderer Berufsgruppen. Sie bestehen im Wesentlichen aus besonderen, berufseigenen Aufwendungen, die anderen Berufsgruppen --und damit auch dem Kläger-- fremd sind. Es kommt hinzu, dass die beruflich veranlassten Aufwendungen anderer Berufsgruppen im Gegensatz zu den besonderen, mandatsbedingten Aufwendungen der Abgeordneten nicht durch eine Einheitspauschale mit Abgeltungswirkung gemäß § 22 Nr. 4 Satz 2 EStG erfasst werden. Insoweit wird auf die unter C.II.3. a) cc) näher ausgeführten Gründe des Senatsurteils vom 11. September 2008 VI R 13/06 Bezug genommen.

bb) Sollte die steuerfreie Kostenpauschale der Abgeordneten in ihrer derzeitigen Form indessen nicht realitätsgerecht ausgestaltet sein und insbesondere den Rahmen der verfassungsrechtlich gebotenen Orientierung am tatsächlichen, wenn auch pauschalierten Aufwand überschreiten, diente die Pauschale faktisch in diesem Umfang der Alimentation und führte insoweit zu einem verschleierten Einkommen. Dies umginge unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG die Steuerpflicht der Abgeordnetenentschädigung.

In diesem Fall wäre der Gesetzgeber allerdings ebenfalls daran gehindert, neben den Abgeordneten auch andere Steuerpflichtige wie den Kläger durch eine pauschale Steuerfreistellung zu begünstigen. Denn die Erstreckung einer solchen verfassungswidrigen Pauschale auf den Kläger käme erst recht nicht in Betracht. Auf die unter C.II.3. b) näher ausgeführten Gründe des Senatsurteils vom 11. September 2008 VI R 13/06 wird Bezug genommen.

c) Die Entscheidungserheblichkeit der vom Kläger als verfassungswidrig gerügten Normen ergibt sich schließlich auch nicht durch eine Einbeziehung der allgemeinen Vorschriften des EStG zum Tarif und zur Bemessungsgrundlage. Auch das Recht des Klägers aus Art. 3 Abs. 1 GG auf eine gleichmäßige Steuerbelastung gewährt schließlich kein allgemeines und generelles Abwehrrecht. Die Annahme der Entscheidungserheblichkeit allein aufgrund der Möglichkeit einer anderweitigen Verteilung der Steuerlast eröffnete letztlich die allgemeine Popularklage. Insoweit nimmt der Senat auf die unter C.II.4. und 5. näher ausgeführten Gründe seines Urteils vom 11. September 2008 VI R 13/06 Bezug.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, vom 10.04.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 14 K 14/02
Fundstellen
BFH/NV 2008, 2018