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BFH - Entscheidung vom 29.04.2008

I B 123/07

BFH, Beschluss vom 29.04.2008 - Aktenzeichen I B 123/07

DRsp Nr. 2008/16439

Gründe:

I. Das Finanzgericht (FG) des Saarlandes hat eine Klage der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) wegen Einkommensteuer 1990 mit Urteil vom 25. April 2007 1 K 2060/03 abgewiesen. Dagegen haben die Kläger Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (I B 99/07).

Am 19. Juni 2007 haben die Kläger beim FG einen "Antrag auf Tatbestandsberichtigung", auf "Ergänzung des Tatbestandes" und auf "Urteilsergänzung" gestellt. Sie haben beantragt, den Tatbestand des Urteils vom 25. April 2007 im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu berichtigen und zu ergänzen sowie das Urteil durch nachträgliche Entscheidung zu ergänzen.

Das FG hat die Anträge durch Beschluss vom 26. Juni 2007 (1 K 2060/03) zurückgewiesen. In seiner Rechtsmittelbelehrung hat das FG auf die Möglichkeit einer Beschwerde hingewiesen, soweit der Antrag auf Urteilsergänzung zurückgewiesen wurde. Der von den Klägern gegen diesen Beschluss erhobenen Beschwerde wurde vom FG nicht abgeholfen (Beschluss vom 5. Juli 2007).

Die Kläger haben ihre Beschwerde nicht begründet. Sie beantragen, den Beschluss des FG vom 26. Juni 2007 aufzuheben und die Berichtigung des Tatbestands und die Ergänzung des Urteils vorzunehmen.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) hat beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

II. Die Beschwerde ist teilweise begründet. Der angefochtene Beschluss ist rechtswidrig und aufzuheben, soweit darin der Antrag auf Urteilsergänzung beschieden wurde. Das FG hätte über diesen Antrag durch Urteil entscheiden müssen. Im Übrigen ist die Beschwerde unzulässig, weil ein Beschluss i.S. des § 108 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) unanfechtbar ist (§ 108 Abs. 2 Satz 2 FGO ).

1. Über einen Antrag auf Urteilsergänzung (§ 109 Abs. 1 FGO ) ist unabhängig davon, ob dem Antrag stattgegeben oder ob er abgelehnt wird, durch Urteil zu entscheiden (Rückschluss aus § 109 Abs. 2 Satz 2 FGO ; ständige Rechtsprechung, z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 6. September 1991 VI B 60/91, BFH/NV 1992, 186; vom 27. November 2002 X B 108/02, BFH/NV 2003, 340 ; s. auch z.B. Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, § 109 FGO Rz 32; Stapperfend in Gräber, Finanzgerichtsordnung , 6. Aufl., § 109 Rz 1; Brandis in Tipke/Kruse, Abgabenordnung , Finanzgerichtsordnung , § 109 FGO Rz 5; Brandt in Beermann/Gosch, Abgabenordnung , Finanzgerichtsordnung , § 109 FGO Rz 66, 68). Soweit sich das FG für berechtigt gehalten hat, abweichend davon durch Beschluss zu entscheiden, weil der Antrag der Kläger unzulässig (rechtsmissbräuchlich) sei, kann dem nicht beigepflichtet werden.

a) Das FG hat zur Begründung darauf verwiesen, dass es darum gehe, eine von den Klägern augenscheinlich beabsichtigte Verfahrensverschleppung zu verhindern. Hier bestehe eine Parallele zur Entscheidung über rechtsmissbräuchlich gestellte Ablehnungsanträge. Die Verfahrensverschleppungsabsicht der Kläger sei schon im gerichtlichen Verfahren, das zum Urteil geführt habe, ersichtlich gewesen. Würde im Urteilswege entschieden, drohe eine weitere Verzögerung mit Blick auf die Aktenübersendung an den BFH im Verfahren I B 99/07 und durch zu erwartende Fristverlängerungs-, Terminverlegungs- oder Ablehnungsanträge bzw. Verfahrensrügen der Kläger. Nicht zuletzt könnten die Kläger nach einem für sie nachteilig entschiedenen (Ergänzungs-)Urteil durch einen weiteren Ergänzungsantrag nochmals das Verfahren (des § 109 FGO ) in Gang setzen und damit eine abschließende Entscheidung unmöglich machen.

b) Dass ein ausdrücklich als Urteilsergänzungsantrag gestellter Antrag tatsächlich auf etwas anderes als eine Urteilsergänzung i.S. des § 109 Abs. 1 FGO gerichtet ist, macht diesen Antrag unbegründet, aber nicht unzulässig (s. z.B. den Gegenstand des BFH-Beschlusses in BFH/NV 2003, 340 ). Auch kann die Befürchtung, ein Beteiligter werde sich in einer verfahrensverzögernden Weise verhalten, den gesetzlich vorgegebenen Verfahrensablauf nicht bestimmen. Aus der vom FG in Bezug genommenen Rechtsprechung zur Entscheidungsbefugnis bei rechtsmissbräuchlichen Ablehnungsanträgen (vgl. Nachweise bei Gräber/Koch, aaO., § 51 Rz 71) lässt sich kein allgemeiner Rechtsgrundsatz ableiten, der besagt, dass bei als rechtsmissbräuchlich gewerteten Verfahrensanträgen nach dem Ermessen des Gerichts vom gesetzlichen Verfahrensablauf abgewichen werden kann.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 143 Abs. 2 FGO in entsprechender Anwendung (zur Anwendung in einem Beschlussverfahren s. z.B. BFH-Beschluss vom 20. Februar 1997 X B 232/96, BFH/NV 1997, 606). Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren sind jedenfalls nicht zu erheben (§ 21 Abs. 1 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes).

Vorinstanz: FG Saarland, vom 26.06.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 1 K 2060/03