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BFH - Entscheidung vom 02.04.2008

IX R 59/07

Fundstellen:
BFH/NV 2008, 1457

BFH, Urteil vom 02.04.2008 - Aktenzeichen IX R 59/07

DRsp Nr. 2008/13866

Gründe:

I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist zusammen mit seiner Ehefrau Eigentümer eines Grundstücks. Mit notariellem Vertrag vom 28. November 1996 räumten sie ihrem Sohn an diesem Grundstück ein lebenslängliches Nießbrauchrecht ein. Zugleich vereinbarten sie, dass der Sohn schuldrechtlich "in Ausübung des Nießbrauchrechts berechtigt ist, die Hälfte eines Ersatzgebäudes für das jetzige Wohnhaus zu errichten. Die Ausübung des Nießbrauchrechts wird auf die im Obergeschoss des Ersatzgebäudes zu errichtende Wohnung beschränkt".

In den Jahren 1997 und 1998 errichteten die Grundstückseigentümer und ihr Sohn ein Zweifamilienhaus, dessen Baukosten die Eigentümer für die Erdgeschosswohnung und der Nießbraucher für die Obergeschosswohnung trugen. Nach Fertigstellung bezogen der Kläger und seine Ehefrau die Erdgeschosswohnung und der Sohn die Obergeschosswohnung. Der Antrag der Eheleute, ihnen Eigenheimzulage für die Herstellung der Erdgeschosswohnung zu gewähren, lehnte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ab. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung aus, der Kläger und seine Ehefrau nutzten die Wohnung nicht aufgrund eigenen Rechts als Eigentümer, sondern aufgrund abgeleiteten Rechts. Die Beschränkung des Nießbrauchrechts auf eine bestimmte Wohnung sei unzulässig. Deshalb bedeute die Vereinbarung der Grundstückseigentümer mit ihrem Sohn keine eingeschränkte Nießbrauchseinräumung, sondern die Übertragung des unbeschränkten dinglichen Nutzungsrechts. In Ausübung seiner dinglichen Rechtsposition habe der Sohn schuldrechtlich einen Teil seiner Rechtsposition auf seine Eltern zurück übertragen. Deshalb nutzten die Eltern die Wohnung vermittelt durch die Rechtsposition des Sohnes.

Hiergegen richtet sich die Revision des Klägers, die er auf Verletzung von § 4 des Eigenheimzulagengesetzes ( EigZulG ) stützt. Diese Vorschrift umfasse den auch im Streitfall vorliegenden tatsächlichen Vorgang des Bewohnens durch den Eigentümer.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben und das FA zu verpflichten, ab 1998 Eigenheimzulage in Höhe von 5 000 DM pro Jahr festzusetzen.

Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

1. Zu Unrecht hat das FG die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken verneint.

Nach § 2 Satz 1, § 4 Satz 1 EigZulG wird Eigenheimzulage für die Anschaffung einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung in einem eigenen Haus gewährt. Der Anspruchsberechtigte muss das begünstigte Objekt selbst bewohnen. Der Begriff "eigen" i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 EigZulG bedeutet, dass der Anspruchsberechtigte zivilrechtlicher oder wirtschaftlicher Eigentümer des begünstigten Objekts i.S. des § 39 der Abgabenordnung ( AO ) sein muss. Für die Auslegung des Begriffs "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" in § 4 EigZulG kommt es nicht darauf an, ob der Berechtigte aus eigenem oder abgeleitetem Recht nutzt. Wie der Bundesfinanzhof in seinem zur amtlichen Veröffentlichung bestimmten Urteil vom 28. November 2007 IX R 27/07 (BStBl II 2008, 349 , BFH/NV 2008, 640 ) entschieden hat, schließt das nicht ausgeübte Nutzungsrecht eines Angehörigen die Nutzung einer Wohnung durch den zivilrechtlichen Eigentümer zu eigenen Wohnzwecken i.S. von § 4 Satz 1 EigZulG nur aus, wenn es wirtschaftliches Eigentum des Angehörigen und damit dessen Berechtigung nach § 2 Satz 1 EigZulG begründet.

Nach diesen Maßstäben erfüllt der Kläger die Voraussetzungen des § 4 Satz 1 EigZulG ; denn er bewohnt die Erdgeschosswohnung zusammen mit seiner Ehefrau als Eigentümer. Es kann dahinstehen, ob der Nießbrauch zugunsten seines Sohnes zivilrechtlich unbeschränkt vereinbart wurde und steuerrechtlich als ein solches (unbeschränktes) Nutzungsrecht anerkannt werden kann. Dem Sohn ist die vom Kläger bewohnte Wohnung jedenfalls nicht nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zuzurechnen. Denn die Ausübung des Nießbrauchrechts war von vornherein auf das Obergeschoss beschränkt, das von ihm tatsächlich auch bewohnt wurde. Der Sohn konnte seine Eltern also nicht von der Einwirkung auf ihre Wohnung wirtschaftlich ausschließen.

2. Das Urteil der Vorinstanz beruht auf einer abweichenden Auslegung des § 4 Satz 1 EigZulG und ist deshalb aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat den Anspruch des Klägers bereits dem Grunde nach verneint und deshalb keine ausreichenden Feststellungen zur Höhe der dem Kläger zustehenden Eigenheimzulage getroffen.

Vorinstanz: FG Niedersachsen, vom 29.05.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 13 K 269/04
Fundstellen
BFH/NV 2008, 1457