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BFH - Entscheidung vom 01.04.2008

X B 105/07

BFH, Beschluss vom 01.04.2008 - Aktenzeichen X B 105/07

DRsp Nr. 2008/12218

Gründe:

Die Beschwerde ist unzulässig.

Die Beschwerdebegründung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) entspricht nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 i.V.m. § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ).

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert eine ordnungsgemäße Begründung i.S. von § 116 Abs. 3 FGO , dass sich der Beschwerdeführer mit den Gründen der Vorentscheidung auseinandersetzt. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss aus sich heraus erkennen lassen, dass der Beschwerdeführer anhand der Gründe des finanzgerichtlichen Urteils sein bisheriges Vorbringen überprüft hat (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 6. Oktober 1982 I R 71/82, BFHE 136, 521 , BStBl II 1983, 48 ). Sie muss auf den zur Entscheidung stehenden Fall zugeschnitten sein. Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss erkennen lassen, welche Gründe tatsächlicher oder rechtlicher Art nach Ansicht des Beschwerdeführers das angefochtene Urteil als unrichtig erscheinen lassen und welche Gesichtspunkte dem entgegengestellt werden (BFH-Entscheidungen vom 16. Oktober 1984 IX R 177/83, BFHE 143, 196, BStBl II 1985, 470 ; vom 8. Mai 1985 I R 108/81, BFHE 144, 40 , BStBl II 1985, 523).

Eine Verweisung auf die Begründung in einem anderen Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist deshalb grundsätzlich nicht ausreichend, denn die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde muss aus sich selbst heraus erkennen lassen, dass der Beschwerdeführer sich mit der angegriffenen Entscheidung auseinandergesetzt hat. Die Bezugnahme wäre zwar im Streitfall ausnahmsweise deswegen zulässig gewesen, weil es sich in den Verfahren im Wesentlichen um die gleiche Rechtsfrage und dieselben Prozessbeteiligten handelt. Dies gilt allerdings nur unter der weiteren Voraussetzung, dass eine Abschrift des in Bezug genommenen Schriftsatzes eingereicht und ausdrücklich zum Gegenstand des Vortrags gemacht wird (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. April 1987 VIII R 307/81, BFH/NV 1987, 793, und vom 30. Juni 1987 VIII R 104/83, BFH/NV 1988, 306, jeweils m.w.N.). Im vorliegenden Fall haben die Kläger in der Begründung ihrer Nichtzulassungsbeschwerde zwar ausdrücklich auf ihr Vorbringen in den Verfahren X B 92/07, X B 104/07 sowie X B 132/07 Bezug genommen, jedoch keine Abschrift der in jenen Rechtssachen eingereichten Schriftsätze beigefügt.

Der verbleibende Inhalt der Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde genügt für sich allein den oben beschriebenen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung nicht. Bei seiner Prüfung konnte der Senat die im Schriftsatz vom 24. Oktober 2007 nach Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist erstmals erhobenen Rügen nicht berücksichtigen. Dies gilt für die Ausführungen der Kläger zu den Prüfungsanordnungen und zum gerügten Prüfungsablauf. Für die fristgemäß im Schriftsatz vom 6. August 2007 erhobenen Rügen genügen die Darlegungen nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beschwerdebegründung.

2. Die Rüge der Kläger, der Tatbestand des Urteils des Finanzgerichts (FG) sei unvollständig und unrichtig, hätte in einem anderen Verfahren erfolgen müssen. Unrichtigkeiten im Tatbestand des finanzgerichtlichen Urteils sind nicht im Rechtsmittelverfahren beim BFH, sondern nur mit einem fristgebundenen Antrag auf Tatbestandsberichtigung beim FG (§ 108 FGO ) geltend zu machen (Senatsbeschluss vom 18. Juli 2006 X B 206/05, BFH/NV 2006, 1877 ).

3. Die Kläger legen einen Verstoß des FG gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO ) nicht in der gebotenen Weise dar. Die Rügen, das FG habe den entscheidungserheblichen Sachverhalt durch Nichterhebung angebotener Zeugenvernehmungen und Übernahme der Feststellungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) ohne eigene Ermittlungsmaßnahmen nicht hinreichend aufgeklärt, sind nicht schlüssig vorgetragen worden.

a) Die formgerechte Rüge mangelnder Sachaufklärung durch Nichterhebung angebotener Beweise setzt voraus, dass der Beschwerdeführer die ermittlungsbedürftigen Tatsachen (Beweisthemen), die angebotenen Beweismittel, die genauen Fundstellen (Schriftsatz oder Terminsprotokoll, in denen die Beweismittel benannt worden sind, die das FG nicht erhoben hat), das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme, inwieweit das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann, darlegt und ausführt, dass --sofern die Voraussetzungen des § 295 der Zivilprozessordnung ( ZPO ) gegeben sind-- bei nächster sich bietender Gelegenheit die Nichterhebung der Beweise gerügt worden ist oder dass die Absicht des FG, die angebotenen Beweise nicht zu erheben, nicht rechtzeitig erkennbar war, um dies noch vor dem FG rügen zu können (Senatsbeschluss vom 17. Februar 2004 X B 142/03, nicht veröffentlicht --n.v.--).

b) Diesen Erfordernissen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

Mit dem Vorbringen, das FG habe die angebotenen Zeugen nicht vernommen, legen die Kläger den von ihnen behaupteten Verfahrensfehler der Verletzung der Sachaufklärungspflicht nicht in der gebotenen Weise dar. Die Beschwerdebegründung erschöpft sich weitgehend in dem Vortrag, das FG habe von zwölf angebotenen Zeugen nur drei vernommen. Die rechtskundig vertretenen Kläger legen auch nicht dar, die unterbliebenen Zeugenvernehmungen rechtzeitig gerügt zu haben. Umstände, die darauf hindeuten, dass die Kläger an einer rechtzeitigen Rüge vor dem FG gehindert waren, wurden ebenfalls nicht dargelegt.

Für die unterbliebene Vernehmung der Zeugin X, auf die das FG in den Entscheidungsgründen besonders eingegangen ist, fehlt es jedenfalls an der schlüssigen Darlegung, dass diese rechtzeitig gerügt wurde.

Zur gerügten unterbliebenen Vernehmung der Zeugen Y und Z, deren Vernehmung in der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2007 wiederholend beantragt wurde, fehlen jedenfalls Ausführungen dazu, welches Ergebnis diese Beweisaufnahmen hätte haben können und inwieweit das Urteil des FG auf den unterbliebenen Beweisaufnahmen beruhte.

c) Da dies nicht dargelegt wurde, vermag auch die weitere Rüge, das FG habe seine Fürsorge- und Hinweispflicht (§ 76 Abs. 2 FGO ) verletzt, indem es den --rechtskundig vertretenen-- Klägern keine Gelegenheit und Hilfe zur substantiierten Formulierung ihrer Beweisanträge für die Zeugen X, Y und Z gewährt habe, nicht die Revisionszulassung zu begründen. Die Rüge, das FG habe seine Hinweispflicht verletzt, erfordert die substantiierte Darlegung, was ohne eine solche Rechtsverletzung --im Streitfall von den Zeugen-- noch Entscheidungserhebliches vorgetragen worden wäre (BFH-Beschluss vom 10. Oktober 2007 IV B 130/06, IV B 131/06, BFH/NV 2008, 233 ).

4. Die weitere Rüge, das FG habe die Feststellungen des FA aus dem Fahndungsbericht ohne eigene Ermittlungen übernommen, führt nicht zur Zulassung der Revision. In der damit sinngemäß erhobenen Rüge der fehlerhaften Beweiswürdigung durch das FG liegt kein Verfahrensfehler, sondern ein Angriff auf die materiell-rechtliche Auffassung des FG. Diese rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision (s. hierzu z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 6. Aufl., § 115 Rz 76 und 82, m.w.N. aus der Rechtsprechung).

5. Sollten die Ausführungen der Kläger über die Voreingenommenheit der Richter des FG und der bewussten Verhinderung einer Sachverhaltsaufklärung als (erneute) Rüge der Befangenheit bzw. der Ablehnung ihres früheren Befangenheitsantrags zu verstehen sein, wären die Einwände unbeachtlich bzw. erfüllten nicht die Anforderungen an die Darlegung eines Verfahrensmangels. Der im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wiederholte Einwand, die Berufsrichter des erkennenden Senats beim FG seien befangen gewesen, ist unbeachtlich. Ein Ablehnungsgesuch (§ 51 Abs. 1 FGO i.V.m. § 44 Abs. 1 ZPO ) durch einen Beteiligten --im Streitfall die Kläger-- ist grundsätzlich nur bis zur Beendigung der Instanz, also im Streitfall bis zur Beendigung des Verfahrens vor dem FG zulässig, da dem Antrag mangels Auswirkung auf die Sachentscheidung sonst das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (Senatsbeschluss vom 18. Mai 2005 X B 107/04, BFH/NV 2005, 1617 ; Gräber/Stapperfend, aaO., § 51 Rz 29).

6. Die von den Klägern gegen die Schätzung des FG erhobenen Einwände vermögen die Zulassung der Revision nicht zu begründen. Die Kläger legen einen erheblichen Rechtsanwendungsfehler des FG bei der Schätzung des Gewinns, der gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zur Zulassung der Revision führen könnte (Senatsbeschlüsse vom 24. Oktober 2007 X B 126/07, n.v.; vom 15. Januar 2007 X B 38/06, BFH/NV 2007, 757 ), nicht hinreichend dar.

a) Die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalles durch das FG im Rahmen einer Schätzung ist im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich unbeachtlich (Senatsbeschluss vom 17. Februar 2004 X B 142/03, n.v.). Dies gilt insbesondere für Einwände gegen die Richtigkeit von Steuerschätzungen (Verstöße gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie materielle Rechtsfehler, vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 31. Juli 2007 X B 36/07, n.v.). Ein zur Zulassung der Revision berechtigender erheblicher Rechtsfehler aufgrund objektiver Willkür kann allenfalls in Fällen bejaht werden, in denen das Schätzungsergebnis des FG wirtschaftlich unmöglich und damit schlechthin unvertretbar ist (Gräber/Ruban, aaO., § 115 Rz 69, m.w.N.). Ein Verstoß gegen Denkgesetze führt bei Schätzungen erst zur Zulassung der Revision wegen willkürlich falscher Rechtsanwendung, wenn sich das Ergebnis der Schätzung als offensichtlich realitätsfremd darstellt (Gräber/Ruban, aaO., § 115 Rz 69, m.w.N.). Das Vorliegen dieser besonderen Umstände ist in der Beschwerdeschrift darzulegen (Senatsbeschluss vom 9. August 2007 X B 218/06, BFH/NV 2007, 2273 ).

b) Dies ist nicht geschehen. Die Kläger legen nicht in der erforderlichen Weise dar, dass das Schätzungsergebnis des FG willkürlich und realitätsfremd ist.

Ihre Ausführungen erschöpfen sich nach Art einer Revisionsbegründung in kritischen Äußerungen darüber, dass und warum die vom FG vorgenommene rechtliche Beurteilung und tatsächliche Würdigung des Streitfalles unrichtig sein soll. Es fehlen substantiierte Ausführungen dazu, warum die auf allen Ebenen der Schätzung gerügten Rechtsfehler im Streitjahr zu einem willkürlichen und realitätsfremden Schätzungsergebnis geführt haben sollen. Das FG hält im Streitjahr Einkünfte des Klägers aus Gewerbebebtrieb in Höhe von ... DM und der Klägerin in Höhe von ... DM für schlüssig und wirtschaftlich möglich und hat die Höhe der Einkünfte anhand der Richtsatzsammlung überprüft. Die Kläger erheben statt eines schlüssigen Vortrags zur behaupteten willkürlichen Höhe der Hinzuschätzung im Streitjahr lediglich den Vorwurf, dass das FG keine eigene Nachkalkulation gefertigt habe. Sie lassen offen, welches Ergebnis diese Nachkalkulation gehabt hätte und warum die Hinzuschätzung sich angesichts der Nachkalkulation als willkürlich und realitätsfremd erwiesen hätte. Deshalb kommt auch ihrem Vorbringen zur unterlassenen Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Bargeldverkehrsrechnung keine Bedeutung zu, zumal die Kläger selbst ausführen, diese Rechnung habe im Streitjahr keine wesentliche Rolle gespielt. In diesem Zusammenhang ist auch der Vortrag der Kläger zu den Buchhaltungsunterlagen des Autohauses A zu sehen und unbeachtlich.

7. Die gerügte Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 119 Nr. 3 FGO ) wegen einer Überraschungsentscheidung des FG wird nicht hinreichend dargelegt.

Die Kläger machen im Wesentlichen geltend, das FG habe in der mündlichen Verhandlung vom 14. Dezember 2006 einen Einigungsvorschlag unterbreitet, nach dessen Inhalt der Klägerin und dem Kläger keine Einkünfte aus dem Verkaufsstand B hinzugeschätzt werden sollten. Sie hätten auf die dem Einigungsvorschlag zugrunde liegende tatsächliche und rechtliche Würdigung des FG vertraut und nicht erkennen können, dass das FG im Urteil die Zeugenaussagen anders würdigen, zu ihrem Nachteil neu schätzen und keinen weiteren Einigungsvorschlag machen werde.

Hierin kann bereits dem Grunde nach keine Überraschungsentscheidung liegen. Die Zurechnung der Einkünfte und die Schätzungsgrundlagen aus den beiden Verkaufsstellen waren Gegenstand der Zeugenvernehmungen und somit zentraler Gegenstand der mündlichen Verhandlungen. Dass das FG die Aussage der Zeugen anders gewürdigt hat, als die Kläger erwartet haben, und es nach der Beweisaufnahme keinen Hinweis auf seine spätere Beweiswürdigung und das Schätzungsergebnis gegeben hat, verstößt nicht gegen das Verfahrensgrundrecht des rechtlichen Gehörs. Das FG ist hieraus weder zu einem Rechtsgespräch, noch zu einem Hinweis auf seine Rechtsauffassung in dem Sinne verpflichtet, dass es die maßgebenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte mit den Beteiligten vorher umfassend und im Einzelnen zu erörtern oder ihnen die einzelnen für die Entscheidung erheblichen Gesichtspunkte, Schlussfolgerungen oder das Ergebnis seiner Gesamtwürdigung im Voraus anzudeuten oder mitzuteilen hätte (Senatsbeschluss vom 23. August 2007 X B 183/07, BFH/NV 2007, 2320 ). Es musste sich den Klägern auch ohne Hinweis des FG geradezu aufdrängen, dass das FG --wie die Kläger selbst betonen-- den Einigungsvorschlag aus Gründen der Prozessökonomie vor der Beweisaufnahme und somit gerade zu einem Zeitpunkt gemacht hat, in dem die entscheidungserheblichen Tatsachen noch nicht festgestellt waren. Nach Ablehnung des Einigungsvorschlags durch die Beteiligten hat das FG die Beweisaufnahmen in den mündlichen Verhandlungen vom 29. März 2007 und 3. Mai 2007 durchgeführt. Es lag auf der Hand, dass es nunmehr in die Sachverhaltsaufklärung eintreten und auf der Grundlage des festgestellten Sachverhalts entscheiden werde. Welchen weiteren Vortrag die Kläger noch hätten bringen wollen und welchen Einfluss dieser auf die tatsächliche und rechtliche Würdigung des FG hätte haben können, wird von ihnen nicht ausgeführt.

8. Auch das Vorbringen der Kläger, in der mündlichen Verhandlung vom 3. Mai 2007 sei nicht hinsichtlich der Einkommensteuer des Jahres 1997 verhandelt worden, kann nicht zur Zulassung der Revision führen. Zum einen haben die Kläger --ausweislich des Sitzungsprotokolls-- diesen behaupteten Verfahrensfehler in der mündlichen Verhandlung nicht gerügt, sondern vielmehr den Klageantrag zur Änderung des Einkommensteuerbescheides 1997 gestellt, zum anderen führen sie weder aus, was sie noch hätten vortragen wollen noch inwiefern ihr Vortrag zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, vom 03.05.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 10 K 199/03