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BFH - Entscheidung vom 25.02.2008

IV B 46/07

BFH, Beschluss vom 25.02.2008 - Aktenzeichen IV B 46/07

DRsp Nr. 2008/11963

Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) betrieb im Streitjahr (1993) einen Einzelhandel, dessen Gegenstand der Vertrieb von Schmuck und Uhren war. An der Klägerin, die unter dem Namen X-KG firmierte, waren im Streitjahr Frau Z als Komplementärin mit einem Geschäftsanteil von 55 000 DM und Herr Y als Kommanditist mit einem Gesellschaftsanteil von 5 000 DM beteiligt. Im Jahr 2000 schied Z als Komplementärin aus der Gesellschaft aus und trat gleichzeitig als Kommanditistin mit einer Einlage von 55 000 DM in die Gesellschaft ein. Als Komplementärin wurde die X-Beteiligungen GmbH aufgenommen. Gleichzeitig wurde die Firma um den gesetzlich gebotenen Hinweis auf die beschränkte Haftung der Komplementärin ergänzt und im Übrigen unverändert als X-GmbH & Co. KG fortgeführt.

Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Höhe der Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Streitjahr. Die ursprünglich in dem gesonderten und einheitlichen Feststellungsbescheid und in dem Gewerbesteuermessbescheid des Streitjahres zugrunde gelegten Einkünfte aus Gewerbebetrieb wurden zunächst aufgrund einer von der Klägerin eingereichten berichtigten Erklärung, die einen ca. 900 000 DM höheren Gewinn auswies, abgeändert. Während des dagegen angestrengten Einspruchsverfahrens führte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) eine Betriebsprüfung bei der Klägerin durch. In deren Verlauf kam die Betriebsprüfung zu dem Ergebnis, dass der Gewinn im Streitjahr wegen in den Vorjahren fehlerhaft erfasster Warenbestände um weitere 7 091 485,03 DM zu erhöhen sei. Entsprechend diesen Feststellungen erließ das FA erneute Änderungsbescheide.

Dagegen hat der erstinstanzliche Prozessvertreter im Namen der X-GmbH & Co. KG, als Rechtsnachfolgerin der X-KG, Klage erhoben und eine entsprechende Vollmacht zu den Gerichtsakten gereicht.

Die Klage wies das Finanzgericht (FG) mit Urteil vom 26. Januar 2007 ab. In dem Rubrum wird als Klägerin die X-GmbH & Co. KG, als Rechtsnachfolgerin der X-KG, vertreten durch Z und Y, bezeichnet.

Das Urteil wurde dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 28. März 2007 zugestellt. Am 23. April 2007 legte dieser gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde mit dem Hinweis ein, dass eine Begründung mit gesondertem Schriftsatz nachfolge. Der Beschwerde war eine Vollmacht der X-GmbH & Co. KG beigefügt, die von Z unterzeichnet worden ist.

Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2007, der am selben Tag mit Telefax beim Bundesfinanzhof (BFH) einging, meldeten sich die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten und beantragten unter Vorlage einer ihnen erteilten Vollmacht die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 116 Abs. 3 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) bis zum 29. Juni 2007 zu verlängern.

Der Vorsitzende des beschließenden Senats teilte den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit Schreiben vom 4. Juni 2007 mit, dass die Begründungsfrist bereits am 29. Mai 2007 abgelaufen sei, und wies in diesem Zusammenhang auf § 56 FGO hin. Das Schreiben wurde den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten am 6. Juni 2007 zugestellt.

Die Klägerin beantragte mit Telefax ihrer zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten vom 28. Juni 2007 im Hinblick auf die versäumte Einhaltung der Begründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags führten die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten aus, dass ihnen von dem erstinstanzlichen Prozessvertreter eine Kopie des finanzgerichtlichen Urteils ausgehändigt worden sei, welches als Eingangsstempel den 3. April 2007 ausweise. Der erstinstanzliche Bevollmächtigte habe in einer mündlichen Unterredung zudem darauf hingewiesen, dass die Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde bis Anfang Juli verlängert werden könne. Der erstinstanzliche Prozessvertreter sei sodann aufgefordert worden, weitere Unterlagen, u.a. auch den Zustellungsnachweis vorzulegen. Daraufhin seien umfangreiche Unterlagen, jedoch ohne Zustellungsnachweis, vorgelegt worden. In dem beigefügten Übersendungsschreiben sei der Hinweis enthalten gewesen, dass die Unterlagen nunmehr vollständig sein müssten. Angesichts dessen hätten die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten angenommen, das Urteil sei am 3. April 2007 zugestellt worden.

Nach der Mitteilung des Senatsvorsitzenden hätten sie jedoch nochmals Kontakt mit dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten aufgenommen, der nunmehr eingeräumt habe, dass das Urteil ausweislich des Eingangsstempels auf dem Anschreiben des FG tatsächlich bereits am 28. März 2007 in seiner Kanzlei eingegangen sei. Der Eingangsstempel auf dem Urteil dokumentiere nicht den Eingang in der Kanzlei, sondern lediglich in seinem Sekretariat. Warum auch das Anschreiben den Eingangsstempel seines Sekretariats trage, lasse sich nur mit einem Versehen der Sekretariatsangestellten erklären.

Angesichts dieser Umstände sei ein Verschulden der zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten auszuschließen. Diese hätten aufgrund des auf dem Urteil befindlichen Eingangsstempels und der Einlassung des Vorberaters davon ausgehen können, dass das Urteil am 3. April 2007 zugestellt worden sei. Ein Verschulden des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten sei der Klägerin ebenfalls nicht zuzurechnen. Das Anbringen eines fehlerhaften Eingangsstempels auf dem Urteil stelle ein Büroversehen dar, ohne dass dem erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten ein Auswahl- oder Kontrollverschulden vorzuwerfen sei.

Die Klägerin beantragt, die Revision gegen die Vorentscheidung wegen Vorliegens eines Verfahrensmangels zuzulassen. Das FG habe es rechtsfehlerhaft unterlassen, die X-GmbH & Co. KG, vertreten durch die X-Beteiligungen GmbH, diese vertreten durch die Geschäftsführerin Z beizuladen. Ausweislich des Rubrums des FG-Urteils sei die Klage durch die X-GmbH & Co. KG, als Rechtsnachfolgerin der X-KG, vertreten durch Z und Y betrieben worden. Das FG sei davon ausgegangen, dass die Klage durch die KG erhoben worden sei. Dies habe aber nicht zutreffen können, da die KG nicht von den Kommanditisten, sondern ausschließlich von der Komplementär-GmbH habe vertreten werden können. Die Klage sei daher als Klage der Kommanditisten im eigenen Namen und nicht als Klage der KG zu würdigen. Die KG hätte deshalb zu dem Klageverfahren der Kommanditisten notwendig beigeladen werden müssen.

Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Der Senat lässt dahinstehen, ob die Beschwerde schon wegen der unstreitig vorliegenden Versäumung der Begründungsfrist als unzulässig zu verwerfen ist. Insoweit bestehen jedenfalls erhebliche Zweifel, ob nach den schriftsätzlich vorgetragenen Wiedereinsetzungsgründen ein Verschulden ihrer Prozessbevollmächtigten an der Nichteinhaltung der Frist, welches der Klägerin gemäß § 155 FGO i.V.m. § 85 Abs. 2 der Zivilprozessordnung wie eigenes Verschulden zuzurechnen ist (vgl. dazu allgemein BFH-Beschluss vom 29. April 1997 VIII B 5/97, BFH/NV 1997, 790), auszuschließen ist. Zu Recht weist das FA in diesem Zusammenhang darauf hin, dass auf der den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten überreichten Urteilsausfertigung die P Geschäftsleitung mit dem Datumshinweis 3. April 2007 als Faxabsender aufgeführt ist. Die Urteilsausfertigung ist daher ganz offensichtlich bürointern am 3. April 2007 mittels Fax an das Sekretariat des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten weitergeleitet worden. Es spricht mithin alles dafür, dass der auf den 3. April 2007 lautende Eingangsstempel des Sekretariats ... erst auf dem via Fax übermittelten Urteilsentwurf angebracht worden ist und lediglich den Zeitpunkt des Faxeingangs festhalten sollte. Der Eingangsstempel hätte damit aus der Sicht der Sekretariatsangestellten keinerlei Aussagekraft im Hinblick auf die Einhaltung einer Rechtsmittelfrist. Ein etwaiges Büroversehen ihrerseits würde daher jedenfalls ausscheiden. Vielmehr dürfte in diesem Fall ein Verschulden des erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten zu bejahen sein, der es versäumt hat, angesichts der sich aufdrängenden Zweifel den tatsächlichen Zugang des Urteils, etwa durch Einsichtnahme in den Fristenkalender, zu ermitteln.

Ob sich der Eingangsstempel entgegen der zuvor geäußerten Vermutung bereits vor dem Faxversand auf der Urteilausfertigung befunden hat, lässt sich vorliegend nicht klären, da den zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten nach eigenem Vorbringen lediglich eine Kopie (vom Fax) des finanzgerichtlichen Urteils ausgehändigt worden ist. Dahinstehen kann darüber hinaus, ob die zweitinstanzlichen Prozessbevollmächtigten angesichts der dargelegten Ungereimtheiten ihrerseits auf die Richtigkeit des Zustellungsdatums vertrauen durften. Nicht nachvollziehbar ist in diesem Zusammenhang nämlich, dass sie zwar einen Zustellungsnachweis des Urteils unter Hinweis auf dessen zwingende Notwendigkeit für die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde schriftlich anforderten, dann aber von einem solchen Nachweis allein aufgrund des wenig aussagekräftigen Hinweises des erstinstanzlichen Bevollmächtigten abgesehen haben, die übersandten Unterlagen müssten vollständig sein.

2. Die Beschwerde hat indes jedenfalls deshalb keinen Erfolg, weil der geltend gemachte Verfahrensfehler nicht vorliegt. Eine Beiladung der X-GmbH & Co. KG scheidet aus, weil diese selbst Klägerin ist. Sowohl in der Klageschrift als auch im gesamten vorinstanzlichen Schriftverkehr einschließlich der Ladungen zur mündlichen Verhandlung und in der Sitzungsniederschrift wird als Klägerin ausschließlich die X-GmbH & Co. KG als Rechtsnachfolgerin der X-KG bezeichnet. Alle Beteiligten sind daher übereinstimmend davon ausgegangen, dass die X-GmbH & Co. KG Klägerin des Verfahrens ist. Insoweit spielt es auch keine Rolle, dass die Klägerbezeichnung offensichtlich irrtümlich den Hinweis "als Rechtsnachfolgerin der X-KG" enthält. Denn tatsächlich wird mit der Aufnahme der X-Beteiligungen GmbH als weitere Gesellschafterin und dem Wechsel der Gesellschafterstellung der Z weder zivilrechtlich noch steuerrechtlich ein Rechtsträgerwechsel vollzogen. Vielmehr wird die Klägerin als KG gemäß § 19 Abs. 2 i.V.m. § 24 des Handelsgesetzbuchs nur unter einer neuen Firma fortgeführt. Fehlt es daher an einer Rechtsnachfolge, kommt dem Hinweis nur eine klarstellende Funktion zu.

Erstmals in dem Urteil wird die bisher von den Beteiligten übereinstimmend verwendete Klägerbezeichnung dahin erweitert, dass nunmehr der Zusatz "vertreten durch Z und Y" beigefügt wird. Zutreffend weist die Beschwerde darauf hin, dass die X-GmbH & Co. KG nur durch die X-Beteiligungen GmbH vertreten wird, ihrerseits vertreten durch den oder die Geschäftsführer. Zwar ist der von dem FG beigefügte Zusatz nicht ganz eindeutig; ihm kann indes keinesfalls die Rechtsansicht des FG entnommen werden, dass die KG von Z und Y in ihrer Eigenschaft als Kommanditisten vertreten werden sollte. Vielmehr dürfte das FG stillschweigend davon ausgegangen sein, dass beide zu Geschäftsführern der X-Beteiligungen GmbH berufen sind und in dieser Eigenschaft die Klägerin mittelbar vertreten. Diese Annahme ist deshalb nicht ganz fernliegend, weil Z und Y Gesellschafter der X-Beteiligungen GmbH sind.

Unabhängig von der ungenauen und evtl. irrtümlichen Bezeichnung der Klägerin besteht nach der Aktenlage keinerlei Zweifel daran, dass allein die X-GmbH & Co. KG als Klägerin des vorinstanzlichen Verfahrens in Betracht kommt.

Im Übrigen ist das Beschwerdevorbringen auch nicht schlüssig. So wurde die Beschwerde von dem Erstbevollmächtigten namens und unter Vollmachtvorlage der X-GmbH & Co. KG erhoben. Gleichwohl wird behauptet, Kläger des vorinstanzlichen Verfahrens seien ausschließlich die Kommanditisten gewesen und die X-GmbH & Co. KG hätte zu deren Verfahren beigeladen werden müssen. Angesichts dieses Vortrags hätte die Nichtzulassungsbeschwerde konsequenterweise namens der Kommanditisten eingelegt werden müssen.

Vorinstanz: FG Düsseldorf - 13 K 3703/02 G, F - 26.1.2007,