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BAG - Entscheidung vom 28.10.2008

3 AZR 903/07

Normen:
BGB § 315
BetrAVG § 1 (Auslegung)
BetrAVG § 2
BetrAVG § 7
ZPO § 264 Nr. 2
ZPO § 293
ZPO § 533

Fundstellen:
AP Nr. 9 zu § 264 ZPO
NZA-RR 2009, 327

BAG, Urteil vom 28.10.2008 - Aktenzeichen 3 AZR 903/07

DRsp Nr. 2009/747

Erweiterung des Klageantrags in der Berufungsinstanz um einen Hilfsantrag, Auslegung von Betriebsvereinbarungen bei Arbeitgeberleistung nach billigem Ermessen, Bindung des Pensionssicherungsvereins

Orientierungssätze: 1. Erweitert der Kläger einen auf Zahlung gerichteten Klageantrag in der Berufungsinstanz um einen Hilfsantrag, mit dem er die gerichtliche Bestimmung einer Zahlungspflicht nach billigem Ermessen begehrt, liegt darin eine Erweiterung des Klageantrages in der Hauptsache ohne Änderung des Klagegrundes. Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung in § 264 Nr. 2 ZPO liegt deshalb keine Klageänderung vor. Auch in der Berufungsinstanz ist die Modifizierung des Klageantrages deshalb nicht als Klageänderung im Sinne der besonderen Zulassungsvoraussetzungen nach § 533 ZPO zu behandeln. 2. Bei der Auslegung von Betriebsvereinbarungen ist nicht auf den allgemeinen, sondern den Sprachgebrauch im jeweiligen Geltungsbereich abzustellen. Diesen hat das Tatsachengericht ohne Bindung an Beweisantritte festzustellen. 3. Bei der gerichtlichen Festlegung einer Arbeitgeberleistung nach billigem Ermessen (§ 315 Abs. 3 BGB ) haben die Arbeitsgerichte in der Regel eine kollektivrechtliche Vereinbarung, die vergleichbare Fälle betrifft, zu übertragen. 4. Hat ein Arbeitnehmer Anspruch darauf, dass Zeiten nach dem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis bei der Berechnung seiner Betriebsrente mit berücksichtigt werden, bindet dies den Pensionssicherungsverein grundsätzlich nicht, wenn zum Zeitpunkt des Sicherungsfalles der Versorgungsberechtigte noch kein Betriebsrentner war. Der Begriff der Betriebszugehörigkeit ist gesetzlich vorgegeben und unterliegt nicht der Parteidisposition. Die Betriebszugehörigkeit ist von der versorgungsfähigen Beschäftigungszeit zu unterscheiden. Soweit die Versorgungsordnung die versorgungsfähige Beschäftigungszeit abweichend vom gesetzlichen Modell - sei es nach oben oder unten - regelt, verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung (§ 7 Abs. 2 Satz 3, § 2 Abs. 1 und 5 BetrAVG ).

1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. April 2007 - 11 Sa 1303/06 - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen!

Normenkette:

BGB § 315 ; BetrAVG § 1 (Auslegung); BetrAVG § 2 ; BetrAVG § 7 ; ZPO § 264 Nr. 2 ; ZPO § 293 ; ZPO § 533 ;

Tatbestand:

Der Kläger nimmt den beklagten Pensions-Sicherungs-Verein als Träger der Insolvenzsicherung auf eine höhere Betriebsrente in Anspruch. Die ergibt sich seiner Auffassung nach aus einer bei einer Einigungsstellensitzung niedergelegten Protokollnotiz der Betriebsparteien.

Der Kläger wurde am 19. Juni 1943 geboren. Er war seit dem 20. Mai 1963 bei der Firma G AG in F zunächst als Montierer, seit dem 1. August 1973 als Meister im Angestelltenverhältnis beschäftigt. Bei einer Umstrukturierung des G-Konzerns wurde er mit Wirkung vom 1. April 1994 der Firma G GmbH zugeordnet, die zuletzt unter P GmbH firmierte. Der Kläger war Mitglied des Betriebsrats in F.

Im G-Konzern war die betriebliche Altersversorgung einheitlich durch Betriebsvereinbarung geregelt. Für den Kläger galt zunächst die Gesamtbetriebsvereinbarung "Versorgungsleistungen zur betrieblichen Altersversorgung" vom 11. Mai 1979 (im Folgenden: AV I/79), die eine frühere Versorgungsordnung abgelöst hatte. In der Gesamtbetriebsvereinbarung war vorgesehen, dass die Versorgungsberechtigten ein betriebliches Altersruhegeld vorgezogen in Anspruch nehmen konnten, das sich nach der bis dahin erreichten Ruhegeldanwartschaft bestimmen und keine versicherungsmathematischen Abschläge enthalten sollte. Mit Wirkung vom 1. Juli 1983 wurde die AV I/79 durch Gesamtbetriebsvereinbarung abgelöst. Es galt nunmehr die Versorgungsordnung "Versorgungsleistungen zur betrieblichen Altersversorgung" vom 24. Februar 1984 (hiernach: AV I/84). Diese Versorgungsordnung sah geringere Steigerungsbeträge sowie einen versicherungsmathematischen Abschlag bei vorgezogenem Rentenbezug vor. In beiden Regelungen wurden im Zusammenhang mit der Altersversorgung Begriffe wie "Pensionär" oder "Pension" verwendet. Aus Anlass der Neuregelung schlossen die Betriebsparteien eine eigenständige Betriebsvereinbarung für die Übergangsregelungen (im Folgenden: Übergangsbetriebsvereinbarung). Darin heißt es ua.:

"1. Die Versorgung der Pensionäre und die unverfallbaren Anwartschaften bis zum 30.6.1983 ausgeschiedener Mitarbeiter bleiben durch die Neuordnung mit Wirkung vom 1.7.1983 unberührt.

2. Bei Eintritt des Versorgungsfalles bis zum 30.6.1988 wird die Versorgungsleistung ... gewährt, die sich bei Anwendung der Versorgungsordnung vom 11.5.1979 (AV I 1979) unter Berücksichtigung der nach Eintritt des Versorgungsfalles tatsächlich gewährten gesetzlichen Sozialversicherungsrente ergibt.

3. Für Mitarbeiter, die am 30.6.1983 in einem festen Arbeitsverhältnis standen, wird unabhängig von der Erfüllung der Unverfallbarkeitsvoraussetzungen des § 1 BetrAVG die bis zum 30.6.1983 erworbene Anwartschaft auf Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenrente nach der Versorgungsordnung vom 11.5.1979 (AV I 1979) ermittelt und als Besitzstandsrente in festen DM-Beträgen garantiert. Berechnungsmodus ist das ratierliche Verfahren des § 2 BetrAVG .

..."

Außerdem unterzeichneten der Gesamtbetriebsrat und die Arbeitgeberseite eine "Protokollnotiz zur Sitzung der Einigungsstelle vom 23. und 24. Februar 1984" (im Folgenden: Protokollnotiz), die folgenden Wortlaut hat:

"1. Die Betriebsparteien sind darüber einig:

a) daß im Falle von Frühpensionierungen einzelner Mitarbeiter, die auf Wunsch des Arbeitgebers erfolgen, etwaige Verluste in der Altersversorgung, die aufgrund der Versorgungsordnungen AV I 1979/1984 eintreten, ermittelt und angemessen ausgeglichen werden,

b) daß in einem Zeitraum von jeweils 3 Jahren, erstmals am 1.7.1988, über Anhebung der Steigerungsbeträge des Leistungsplanes der Versorgungsordnung in der Fassung vom 1.7.1983 in Anlehnung an § 16 BetrAVG unter Offenlegung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Unternehmens verhandelt wird. Das gleiche gilt für die per 30.6.1983 festgeschriebenen DM-Beträge.

2. Scheidet ein Mitarbeiter vor Erreichen der Altersgrenze wegen Bezugs einer Invalidenrente auf Zeit aus dem Arbeitsverhältnis aus, so ist er bei Ablauf der Zeitrente vorrangig wieder einzustellen. In diesem Falle gelten die Jahre der Zeitrente als anrechnungsfähige Dienstjahre im Sinne der Versorgungsordnung."

Der Übergang von der AV I/79 zur AV I/84 wurde für Führungs- und Schlüsselkräfte, Mitarbeiter der "Leitungsebene" nicht vollzogen. Diese erhielten vielmehr Individualzusagen, wonach weiter die AV I/79 anzuwenden war.

Die Arbeitgeberin kündigte mit Schreiben vom 22. Oktober 1997 die AV I/84 "nebst Protokollnotiz vom 24.02.1984" zum 31. Januar 1998.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete bereits vorher mit einer auf den 21. Juni 1994 datierten Aufhebungsvereinbarung "aus dringenden betrieblichen Gründen auf Veranlassung des Arbeitgebers im gegenseitigen Einvernehmen" mit dem 31. Dezember 1995. Danach erhielt der Kläger eine Abfindung, einen Ausgleich für Nachteile beim Arbeitslosengeld und einen teilweisen Ausgleich auch für den Fall der berechtigten Teil- oder Nichtbewilligung von Arbeitslosenhilfe. Ihm war ferner ein qualifiziertes Zeugnis zu erteilen. In dem danach erteilen Zeugnis vom 17. Januar 1996 hieß es ua., der Kläger scheide "im Rahmen unserer Vorruhestandsregelung" aus dem Unternehmen aus.

Ob - wie der Kläger behauptet - die Aufhebungsvereinbarung sich in Wirklichkeit an der am 16. August 1994 geschlossen "Gesamtbetriebsvereinbarung Vorruhestandsregelung" orientierte und erst am 9. Oktober 1995 von ihm unterschrieben, jedoch zur Vermeidung von Nachteilen in der Arbeitslosenversicherung zurückdatiert wurde, ist zwischen den Parteien streitig geblieben. Der persönliche Geltungsbereich dieser Gesamtbetriebsvereinbarung erfasst ausschließlich Arbeitnehmer, die das 54. Lebensjahr vollendet haben und bei Austritt noch keine 56 Jahre alt sind. Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers war diese Regelung immer noch in Kraft. Hinsichtlich der Altersversorgung enthält sie folgende Bestimmung:

"7. Altersversorgung

Bei der Berechnung eines unverfallbaren Betriebsrentenanspruchs wird die Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld als Betriebszugehörigkeitszeit angerechnet."

Im G-Geschäftsbericht 1994 heißt es unter der Überschrift "Mitarbeiter" unter anderem:

"...

Wir haben die Instrumente Qualifizierung und Umschulung genutzt sowie ein "Seniorenprogramm" umgesetzt, mit dem wir über 54jährigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den Eintritt in den vorgezogenen Ruhestand ermöglichten.

Darüber hinaus wurden Aufhebungsvereinbarungen auf Basis unseres Beschäftigungsplans abgeschlossen. Betriebsbedingte Kündigungen konnten bis auf wenige Einzelfälle vermieden werden.

..."

Am 1. Mai 2003 wurde über das Vermögen der letzten Arbeitgeberin des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet. Seit dem 1. Juli 2004 nimmt der Kläger gesetzliche Altersrente in Anspruch. Der Beklagte als Träger der Insolvenzsicherung gewährt dem Kläger auf der Basis der AV I/84 eine Betriebsrente in Höhe von monatlich 117,70 Euro, deren Berechnung zwischen den Parteien nicht in Streit steht.

Der Kläger hat die Differenz zwischen den Leistungen, die ihm nach der AV I/79 und der AV I/84 zustehen verlangt. Hilfsweise hat er einen angemessenen Verlustausgleich geltend gemacht, der nach § 315 Abs. 3 BGB zu ermitteln sei.

Diese Forderung hat er aus der Protokollnotiz hergeleitet. Ziff. 1a dieser Protokollnotiz habe Mitarbeiter bei Austritt schützen wollen, die nicht unter Ziff. 2 der Übergangsbetriebsvereinbarung gefallen seien. Die Protokollnotiz sei Ergebnis des Drucks des Gesamtbetriebsrats gewesen: Mitarbeiter, bei denen sich schon abzeichnet habe, dass sie auf Veranlassung des Arbeitgebers in den vorzeitigen Ruhestand gehen sollten, hätten ähnlich abgesichert werden sollen, wie diejenigen, deren Versorgungsfall noch bis zum 30. Juni 1988 eingetreten sei. Der Begriff "Pensionierung" habe nach dem bei G üblichen Sprachgebrauch jedes vorzeitige Ausscheiden aufgrund sog. Seniorenprogramme oder Vorruhestandsregelungen gemeint. Die Protokollnotiz habe für alle Arbeitnehmer und nicht nur für Führungs- und Schlüsselkräfte, also solche der "Leitungsebene" gelten sollen.

Ergänzend hat der Kläger mehrere ausgeschiedene Angestellte der Leitungsebene benannt, die nach dem 30. Juni 1988 ausgeschieden sind und bei denen weiterhin die AV I/79 angewandt wurde. Zumindest in einem Fall sei - ebenso wie bei ihm - ein 52-jähriger in den Ruhestand getreten. In diesem Zusammenhang stützt sich der Kläger auch auf Gleichbehandlung.

Der Kläger hat erstinstanzlich noch eine monatliche Differenz seiner Betriebsrente in Höhe von 558,30 Euro geltend gemacht und sich auf einen bezifferten Klageantrag beschränkt. Im Berufungsverfahren ist er dann noch von einer monatlichen Differenz in Höhe von 418,65 Euro ausgegangen. Diesen Betrag hat er seit dem 1. Dezember 2005 laufend und für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 1. November 2005 Rückstände in Höhe von insgesamt 7.117,05 Euro geltend gemacht. Er hat zuletzt sinngemäß beantragt:

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn wie folgt zu zahlen:

a) für die Zeit vom 1. Juli 2004 bis zum 1. November 2005 eine rückständige Altersrente in Höhe von 7.117,05 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit,

b) ab dem 1. Dezember 2005 monatlich über die bereits geleistete Betriebsrente in Höhe von 117,70 Euro hinaus einen weiteren Betrag in Höhe von 418,65 Euro, insgesamt also 536,35 Euro.

2. hilfsweise, den Beklagten zu verurteilen, die Differenz zwischen der Betriebsrente nach der Versorgungsordnung AV I/79 zur Versorgungsordnung AV I/84 iVm. der Protokollnotiz vom 24. Februar 1984 nach Schätzung des Gerichts angemessen auszugleichen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die noch auf den höheren Differenzbetrag gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht auch die hinsichtlich des Differenzbetrages beschränkte und um den Hilfsantrag erweiterte Klage abgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Klageantrag weiter, macht aber rückständig nur noch 7.107,05 Euro geltend. Er stützt sein Begehren nunmehr ergänzend darauf, dass er wegen seiner Betriebsratstätigkeit nicht zu dem Kreis der leitenden bzw. Angestellten mit Schlüsselfunktion, also solchen der "Leitungsebene" habe aufrücken können, die von der Arbeitgeberin Einzelzusagen auf Weiteranwendung der AV I/79 erhalten haben. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Entscheidungsgründe;

I. Die Revision ist unzulässig, soweit sich der Kläger erstmals in der Revisionsinstanz darauf beruft, ohne seine Betriebsratstätigkeit hätte auch er eine Position auf "Leitungsebene" erreicht, mit der Folge, dass auch ihm eine Zusage nach der AV I/79 gemacht worden wäre. Dieses Vorbringen war bislang nicht Gegenstand des Verfahrens und der Entscheidung der Vorinstanzen. Es stellt einen neuen Streitgegenstand dar, da es gegenüber der Frage, wie die Protokollnotiz auszulegen ist, um einen anderen Tatsachenkomplex geht. Der Sache nach handelt es sich deshalb um eine Klageerweiterung. Klageerweiterungen sind in der Revisionsinstanz grundsätzlich unzulässig, da das Revisionsgericht an Tatsachenvorbringen und Feststellungen im Berufungsverfahren gebunden ist (§ 559 ZPO ; vgl. BAG 9. November 2005 - 5 AZR 105/05 - AP TVG § 1 Tarifverträge: Metallindustrie Nr. 196 = EzA TVG § 4 Metallindustrie Nr. 132, zu I 1 der Gründe). Daher ist der vom Kläger nunmehr erstmals zur gerichtlichen Beurteilung gestellte Tatsachenkomplex auch nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden.

II. Soweit die Revision danach zulässig ist, hat sie in der Sache keinen Erfolg.

1. Prozessuale Bedenken stehen einer Sachentscheidung auch über den Hilfsantrag nicht entgegen.

a) Die auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfenden (BAG 12. Juni 2007 - 3 AZR 186/06 - AP BetrAVG § 1 Nr. 47 = EzA BetrAVG § 1 Nr. 90, zu A I der Gründe) Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Berufung sind gegeben. Bedenken dagegen, dass der Hilfsantrag erst in der Berufungsinstanz gestellt wurde, bestehen nicht.

aa) Im Ergebnis zu Recht ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, dass § 533 ZPO der Ergänzung des Antrages um den Hilfsantrag nicht entgegensteht. Diese Vorschrift legt besondere Zulassungsvoraussetzungen ua. für Klageänderungen in der Berufungsinstanz fest. Sie ist jedoch dann nicht anzuwenden, wenn ein Fall des § 264 Nr. 2 ZPO vorliegt und daher nach ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung eine Antragsänderung nicht als Klageänderung anzusehen ist. Diese gesetzliche Definition des Begriffs der Klageänderung gilt auch in der Berufungsinstanz (BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - BAGE 117, 370 , zu II 3 b der Gründe; BGH 19. März 2004 - V ZR 104/03 - BGHZ 158, 295 , zu II 2 der Gründe). § 264 Nr. 2 ZPO bestimmt, dass keine Klageänderung ua. dann vorliegt, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache erweitert wird. So liegt der Fall hier. Der Kläger begehrt aufgrund desselben Tatsachenkomplexes - Heranziehung der Protokollnotiz - lediglich eine andere Rechtsfolge und er erweitert seinen Antrag entsprechend (vgl. BAG 21. Februar 2006 - 3 AZR 77/05 - AP BetrAVG § 1 Auslegung Nr. 4, zu I der Gründe mwN).

bb) Die Berufung ist auch nicht lediglich deswegen eingelegt worden, um die Modifizierung der Klageanträge zu ermöglichen und aus diesem Grund unzulässig (vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 271/06 - BAGE 119, 238 , zu A I 3 der Gründe). In erster Linie hat der Kläger seinen Hauptantrag weiterverfolgt.

b) Der Hilfsantrag ist auch nicht zu unbestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ). Allerdings sind Geldforderungen grundsätzlich durch bezifferten Klageantrag geltend zu machen. Ein unbezifferter Klageantrag ist aber zulässig, wenn sich der auszuurteilende Betrag erst aus einer Entscheidung des Gerichts ergibt, wie dies bei der Festlegung einer angemessenen Geldleistung nach § 315 Abs. 3 BGB der Fall ist. Ein solcher unbezifferter Klageantrag muss allerdings die Tatsachen, die das Gericht für die Festlegung heranziehen soll, benennen und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung klarstellen (vgl. BAG 31. Juli 2007 - 3 AZR 810/05 - AP BetrAVG § 16 Nr. 65 = EzA BetrAVG § 16 Nr. 52, zu I der Gründe; 3. September 1998 - 8 AZR 14/97 - zu A der Gründe). So verhält es sich hier. Der Kläger hat die aus seiner Sicht maßgeblichen Tatsachen für die Bestimmung der angemessenen Leistung benannt und durch den Bezug auf die Differenz zwischen den Ansprüchen nach der AV I/84 und der AV I/79 auch die maximale Größenordnung der Forderung klargestellt.

2. Weder die Auslegung der Protokollnotiz noch Gleichbehandlungsgesichtspunkte geben dem Kläger einen Anspruch auf weitere Anwendung der AV I/79. Ebenso wenig steht ihm ein Anspruch auf Anpassung nach § 313 BGB zu, für den der Beklagte als Träger der Insolvenzsicherung einzustehen hätte. Daher bleiben Haupt- und Hilfsantrag erfolglos.

a) Dem Kläger steht kein Anspruch auf Anwendung der AV I/79 zur Seite.

aa) Dahingestellt bleiben kann, ob es sich bei der Protokollnotiz um eine Betriebsvereinbarung handelt und ob, falls man dies bejaht, auch die Regelung in Ziff. 1a den Arbeitnehmern unmittelbar Rechte einräumt, also normative Wirkung (§ 77 Abs. 4 BetrVG ) hat. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei dem Ausscheiden des Klägers um eine Frühpensionierung eines einzelnen Mitarbeiters auf Wunsch des Arbeitgebers im Sinne dieser Regelung handelt. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, eine Frühpensionierung liege nicht vor. Das ist insoweit bedenklich, als es auf den allgemeinen Sprachgebrauch abgestellt hat. Es hat dabei übersehen, dass es für das Verständnis von Betriebsvereinbarungen auf den Sprachgebrauch in ihrem Geltungsbereich ankommt (BAG 24. Januar 2006 - 3 AZR 479/04 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 27, zu II 2 der Gründe). Die für die Auslegung einer Betriebsvereinbarung notwendigen Feststellungen obliegen dabei nach § 293 ZPO dem Tatsachengericht (vgl. BAG 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - zu B I 4 b bb der Gründe), ohne dass es auf Beweisantritte ankäme. Als Indiz dafür, dass danach nicht nur der unmittelbare Eintritt in den Ruhestand als Frühpensionierung anzusehen ist, könnte der G-Geschäftsbericht 1994 anzusehen sein.

bb) Der Klärung der damit zusammenhängenden Fragen bedarf es jedoch deshalb nicht, weil sich ein möglicher Anspruch des Klägers aus Ziff. 1a der Protokollnotiz nicht auf die weitere Anwendung der AV I/79 richtete, selbst wenn auch insoweit eine normativ wirkende Betriebsvereinbarung vorläge.

(1) Die Auslegung von Betriebsvereinbarungen richtet sich nach den Grundsätzen der Gesetzesauslegung. Auszugehen ist dementsprechend zunächst vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Von besonderer Bedeutung sind ferner Sinn und Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt (vgl. BAG 11. Dezember 2007 - 1 AZR 824/06 - EzA BetrVG 2001 § 77 Nr. 21, zu II 2 b aa der Gründe und ständig).

(2) Nach der Protokollnotiz sind für die ausscheidenden Arbeitnehmer auszugleichen "etwaige Verluste in der Altersversorgung, die aufgrund der Versorgungsordnung AV I 1979/1984 eintreten". Schon der Wortlaut enthält keine Regelung dahingehend, dass die Verluste aufgrund der Änderung der Versorgungsordnung auszugleichen sind. Auch die Systematik der Regelung deutet nicht auf eine derartige Rechtsfolge hin. Anknüpfungspunkt für den Verlustausgleich ist die Frühpensionierung. Es geht also um das vorzeitige Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Wenn daran geknüpft ein Verlustausgleich angeordnet wird, so spricht dies dafür, dass gerade der dadurch entstehende Verlust ausgeglichen wird. Das sind die Nachteile, die aufgrund der Anwendung der maßgeblichen Versorgungsordnung entstehen, weil der Arbeitnehmer wegen seiner geringeren Betriebszugehörigkeit keine weitere Rente aufbauen kann und wegen der vorgezogenen Inanspruchnahme Rentenkürzungen hinnehmen muss, nicht jedoch die Unterschiede zwischen beiden Versorgungsordnungen.

Nur ein derartiges Verständnis der Protokollnotiz führt zu einem praktisch brauchbaren Ergebnis. Der Beklagte hat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich andernfalls die Übergangsregelung in Ziff. 2 der Übergangsbetriebsvereinbarung im Ergebnis unbegrenzt ausdehnen würde. Derart weitreichenden Konsequenzen steht jedoch die Detailgenauigkeit der Übergangsbetriebsvereinbarung entgegen.

Etwas Anderes folgt entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht daraus, dass in der Protokollnotiz beide Versorgungsordnungen genannt sind. Vielmehr hat diese Formulierung ihren Grund darin, dass vor dem Hintergrund der Regelung in Ziff. 3 der Übergangsbetriebsvereinbarung die AV I/79 für die Berechnung der Betriebsrente auch der Mitarbeiter teilweise maßgeblich bleibt, auf die nach dem 30. Juni 1983 an sich die neue Regelung anzuwenden ist.

Unerheblich ist die Behauptung des Klägers, die Betriebsparteien oder jedenfalls der Gesamtbetriebsrat hätten in Wirklichkeit das gewollt, was er der Protokollnotiz entnimmt. Ein derartiger Wille der Betriebsparteien hätte jedenfalls keinen ausreichenden Niederschlag in der Protokollnotiz gefunden und könnte deshalb nicht zur Auslegung herangezogen werden.

cc) Die von ihm begehrte Rechtsfolge kann der Kläger auch nicht aus dem allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz herleiten. Er hat kein generalisierendes Prinzip dargelegt, aufgrund dessen ihm Ansprüche entstehen könnten, sondern sich nur auf Einzelfälle berufen (vgl. BAG 22. Mai 2007 - 3 AZR 357/06 - AP BetrAVG § 1 Auskunft Nr. 5, zu 5 der Gründe).

b) Der Kläger hat auch mit seinem Begehren auf Anpassung nach billigem Ermessen keinen Erfolg, da im vorliegenden Fall der Beklagte als Träger der Insolvenzsicherung nicht für Anpassungspflichten der ehemaligen Arbeitgeberin einzustehen hätte.

aa) Der Kläger verlangt die Anpassung seiner Versorgungsbezüge nach billigem Ermessen (§ 315 BGB ). Eine derartige Anpassungsentscheidung hat weder seine frühere Arbeitgeberin noch der Beklagte getroffen. Deshalb steht die Entscheidung über die Billigkeit wegen einer Verzögerung der Festlegung den Gerichten zu (§ 315 Abs. 3 BGB ). Diese Bestimmung obliegt in erster Linie den Tatsachengerichten. Das gilt aber dann nicht, wenn alle maßgeblichen Umstände für die Billigkeitsentscheidung festgestellt sind und letztlich nur eine Entscheidung in Betracht kommt (vgl. BAG 10. Mai 2005 - 9 AZR 294/04 - AP TVG § 1 Altersteilzeit Nr. 20 = EzA TVG § 4 Altersteilzeit Nr. 15, zu B IV 1 der Gründe).

bb) Ein derartiger Fall liegt hier vor.

Wie oben - II 2 a bb - dargelegt, ist Maßstab für die nach der Versorgungsordnung zu ermittelnden und angemessen auszugleichenden Nachteile der Verlust, den der Arbeitnehmer durch das frühere Ausscheiden und die vorgezogene Inanspruchnahme der Betriebsrente hat. Bezogen darauf ist ein angemessener Ausgleich zu finden. Anders als es der Kläger meint, ist Anlass für den Ausgleich daher nicht der Wechsel der Versorgungsordnungen, sondern es sind die Nachteile, die zum Zeitpunkt seines Ausscheidens durch das vorzeitige Ausscheiden entstanden sind. Aus diesem Ansatzpunkt folgt zugleich, dass "angemessen" iSd. Protokollnotiz ist, was zum Zeitpunkt des Ausscheidens gilt, da zu diesem Zeitpunkt das Arbeitsverhältnis endet und letztlich auch die Nachteile erst zu diesem Zeitpunkt ermittelt werden können.

Stellt man auf diesen Zeitpunkt ab, kann nicht unberücksichtigt bleiben, was die Betriebsparteien in der "Gesamtbetriebsvereinbarung Vorruhestandsregelung" vereinbart haben. Der Kläger unterfällt zwar dieser Betriebsvereinbarung nicht, weil er mit einem jüngeren Lebensalter als andere Arbeitnehmer ausschied. Er kann jedoch nicht besser gestellt werden als die Arbeitnehmer, die tatsächlich der kollektiven Regelung unterfallen. Gleichzeitig wird aus der kollektiven Regelung deutlich, was die in erster Linie regelungsbefugten Betriebsparteien als angemessen gesehen haben. Gründe dafür, bei einer gerichtlichen Bestimmung von diesem kollektiven Regelungsmechanismus abzuweichen, bestehen nicht. Dies gilt um so mehr, wenn man dem tatsächlichen Vortrag des Klägers folgt, wonach sich sein Ausscheiden ohnehin an der Betriebsvereinbarung Vorruhestandsregelung orientiert hat und der Aufhebungsvertrag nur aus anderen Gründen zurückdatiert wurde.

Unabhängig davon, wie hoch sich der Nachteil des Klägers tatsächlich errechnete, ergibt sich der angemessene Ausgleich daher nach Ziff. 7 der Gesamtbetriebsvereinbarung Vorruhestandsregelung vom 16. August 1994. Folge ist, dass bei einer Heranziehung von § 315 BGB bei der Berechnung in der Betriebsrente die Zeit des Bezuges von Arbeitslosengeld als Betriebszugehörigkeitszeit anzurechnen ist.

cc) Für eine derartige Anrechnung hätte allerdings zwar die ehemalige Arbeitgeberin des Klägers, nicht jedoch der Pensions-Sicherungs-Verein als Träger der Insolvenzsicherung einzustehen.

Der Kläger war zum Zeitpunkt des Sicherungsfalles - Insolvenzeröffnung (§ 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 BetrAVG ) - noch kein Betriebsrentner, sondern lediglich mit einer Anwartschaft bei seinem Arbeitgeber ausgeschieden. Die Anwartschaft war unverfallbar. Die Versorgungszusage ist vor dem 1. Januar 2001 erteilt worden, das Arbeitsverhältnis hat vor Eintritt des Versorgungsfalles aber nach Vollendung des 30. Lebensjahres geendet und zu diesem Zeitpunkt hat die Versorgungszusage mindestens zehn Jahre bestanden (§ 30f BetrAVG ). Für die Eintrittspflicht des Beklagten ist deshalb § 7 Abs. 2 BetrAVG maßgeblich. Nach Satz 3 dieser Bestimmung richtet sich der Umfang der Insolvenzsicherung nach der Höhe der Leistungen gem. § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 5 des Betriebsrentengesetzes. Diese Berechnungsgrundsätze stehen nicht zur Disposition der Vertrags-, Betriebs- und Tarifparteien, da die Insolvenzsicherung auf den gesetzlichen Mindestschutz unverfallbarer Versorgungsanwartschaften beschränkt ist.

Der gesetzliche Mindestschutz unverfallbarer Versorgungsanwartschaften und der darauf aufbauende Insolvenzschutz für Versorgungsanwärter errechnet sich danach in zwei Schritten: Zunächst ist durch Hochrechnungen die ohne das vorzeitige Ausscheiden anfallende fiktive Vollrente zu ermitteln. Die maßgeblichen Versorgungsregelungen und Bemessungsgrundlagen ergeben sich aus den getroffenen Vereinbarungen. Der Pensions-Sicherungs-Verein ist an die Gestaltung der Versorgungsordnung gebunden, die Insolvenzsicherung "akzessorisch". Der nächste Rechenschritt besteht in der Kürzung dieser Vollrente um den Zeitwert oder Unverfallbarkeitsfaktor. Dieser ist in § 2 Abs. 1 iVm. § 7 Abs. 2 Satz 3 BetrAVG losgelöst von der konkreten Versorgungszusage eigenständig geregelt. Er entspricht dem Verhältnis der Dauer der Betriebszugehörigkeit zu der Zeit von Beginn der Betriebszugehörigkeit bis zur Vollendung der festen Altersgrenze. Der Begriff der Betriebszugehörigkeit ist gesetzlich vorgegeben und unterliegt nicht der Parteidisposition. Die Betriebszugehörigkeit ist von der versorgungsfähigen Beschäftigungszeit zu unterscheiden. Soweit die Versorgungsordnung die versorgungsfähige Beschäftigungszeit abweichend vom gesetzlichen Modell - sei es nach oben oder unten - regelt, verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung (vgl. zum Ganzen BAG 30. Mai 2006 - 3 AZR 205/05 - AP BetrAVG § 2 Nr. 54 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 26, zu B der Gründe mit umfassenden Nachweisen).

Die dem Kläger etwa zugute kommende Anpassung hätte sich nicht auf die erreichbare Vollrente, sondern - in Abweichung vom gesetzlichen Modell der Unverfallbarkeit und dem daran anknüpfenden Insolvenzschutz - lediglich auf die versorgungsfähige Dienstzeit bezogen. Der Kläger hätte Anspruch auf eine weitergehende Berücksichtigung von Dienstzeiten gehabt. Diese Abweichung wäre also von der Art gewesen, für die der Pensions-Sicherungs-Verein nicht einstehen muss. Der Kläger könnte deshalb aus der Protokollnotiz iVm. der "Gesamtbetriebsvereinbarung Vorruhestandsregelung" keine Ansprüche gegen den Beklagten als Träger der Insolvenzsicherung herleiten.

Verhältnis zu bisheriger Rechtsprechung:

Zur Klageänderung in der Berufungsinstanz: Anwendung von BAG 11. April 2006 - 9 AZN 892/05 - BAGE 117, 370 , zu II 3 b der Gründe; BGH 19. März 2004 - V ZR 104/03 - BGHZ 158, 295 , zu II 2 der Gründe

Zur Maßgeblichkeit und Feststellung des maßgeblichen Sprachgebrauchs bei Auslegung von Betriebsvereinbarungen: Anwendung von BAG 24. Januar 2006 - 3 AZR 479/04 - AP BetrVG 1972 § 77 Betriebsvereinbarung Nr. 27, zu II 2 der Gründe; 15. April 2008 - 9 AZR 159/07 - zu B I 4 b bb der Gründe

Zur Eintrittspflicht des Pensionssicherungsvereins bei lediglich unverfallbarer Anwartschaft: Anknüpfung an die ständige Rechtsprechung zB BAG 30. Mai 2006 - 3 AZR 205/05 - AP BetrAVG § 2 Nr. 54 = EzA BetrAVG § 2 Nr. 26, zu B der Gründe

Vorinstanz: LAG Köln, vom 13.04.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 11 Sa 1303/06
Vorinstanz: ArbG Köln, vom 12.09.2006 - Vorinstanzaktenzeichen Ca 11000/05
Fundstellen
AP Nr. 9 zu § 264 ZPO
NZA-RR 2009, 327