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BVerwG - Entscheidung vom 26.04.2007

3 C 15.06

Normen:
VZOG § 8 Abs. 5 S. 1, 2, Abs. 4 S. 2

Fundstellen:
NJ 2007, 475

BVerwG, Urteil vom 26.04.2007 - Aktenzeichen 3 C 15.06

DRsp Nr. 2007/11931

Vermögenszuordnungsrecht - Erlösauskehr; Erlösauskehranspruch; Verkehrswertauskehranspruch; Ersetzungsbefugnis; Ersatzgrundstück

»1. Die in § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG der verfügenden Stelle eingeräumte Befugnis, dem nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG Auskehrberechtigten anstelle der Auskehrung des Erlöses oder des Wertes das Eigentum an dem Grundstück, Grundstücksteil oder Gebäude oder an einem Ersatzgrundstück zu verschaffen, setzt keine dingliche Einigung mit dem Auskehrberechtigten voraus. 2. Als Ersatzgrundstück i.S.v. § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG können nicht beliebige Grundstücke angeboten werden. Es muss sich um "ein" Ersatzgrundstück, also um eine wirtschaftliche Einheit handeln. Das angebotene Grundstück muss außerdem nach seiner Funktion und seinen wertbildenden Faktoren dem veräußerten Grundstück entsprechen.«

Normenkette:

VZOG § 8 Abs. 5 S. 1, 2, Abs. 4 S. 2 ;

Gründe:

I. Die Klägerin erstrebt die Verpflichtung der Beklagten, Grundstücke gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG der Beigeladenen zuzuordnen, um damit einen von dieser geltend gemachten Erlösauskehranspruch abzuwenden.

1991 verkaufte die Klägerin zusammen mit anderen Grundstücken eine Teilfläche von 20 900 m² des Flurstücks ... der Gemarkung U., die mit einem Jugendtouristhotel bebaut war. Der Kaufpreis für alle Grundstücke betrug 4 Mio. DM. Davon wurden dem Erwerber 2,6 Mio. DM als zinsloses Darlehen gewährt, das in jährlichen Raten in Höhe von 78 000 DM, beginnend zum 1. Juli 1992, getilgt werden sollte. Der Erwerber wurde im November 1991 als Eigentümer des nach Vermessung neu gebildeten Flurstücks ... in das Grundbuch eingetragen.

Mit Bescheid vom 6. Juni 1996 wurde der Beigeladenen das Eigentum an dem Flurstück ... mit einer Fläche von 31 691 m2 zugeordnet. Die dagegen gerichtete Anfechtungsklage der Klägerin wies das Verwaltungsgericht Chemnitz mit rechtskräftigem Urteil vom 27. Februar 2001 ab.

Daraufhin forderte die Beigeladene die Klägerin zur Auskehr von Erlös bzw. Verkehrswert in Höhe von 2 528 000 DM auf. Dieser Betrag entsprach dem Anteil der veräußerten Teilfläche am Gesamtkaufpreis. Die Klägerin stimmte dem Anspruch dem Grunde nach zu und bot zur Tilgung die Verschaffung des Eigentums an folgenden Grundstücken an:

- Flurstück ... der Gemarkung H. mit einer Fläche von 3 722 m2 . Es ist mit einem Schulhaus mit Turnhalle aus dem Jahr 1927 bebaut, das später als Wohn- und Verwaltungsgebäude genutzt wurde.

- Flurstück ... der Gemarkung U. mit einer Fläche von 3 238 m2. Es ist mit einem zuletzt als Jugendhaus genutzten Objekt bebaut, das seit längerer Zeit leer steht.

- Flurstücke ... und ... der Gemarkung U. mit einer Fläche von 1 111 m2 bzw. 5 159 m2, die mit der Mittelschule von O. überbaut sind.

- Flurstück ... der Gemarkung H. mit einer Gesamtfläche von 19 818 m2. Dabei handelt es sich um eine unbebaute Wiese in Hanglage.

Eine Einigung über die Annahme der angebotenen Grundstücke konnte nicht erzielt werden.

Den Antrag der Klägerin, der Beigeladenen die Grundstücke zuzuordnen, lehnte das Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen - Vermögenszuordnungsstelle Chemnitz - mit Bescheid vom 21. Dezember 2004 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, Ersatzgrundstücke i.S.v. § 8 Abs. 5 VZOG müssten Grundstücke sein, die in der Höhe des Erlöses bzw. Verkehrswertes für den Zuordnungsberechtigten verwertbar seien. Da hierüber zwischen den Beteiligten keine Einigung erzielt worden sei, sei der Antrag abzulehnen gewesen.

Die daraufhin erhobene Verpflichtungsklage hat das Verwaltungsgericht Chemnitz mit Urteil vom 9. Juni 2005 abgewiesen. Der Begriff "Eigentumsverschaffung" in § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG lasse sich nur so verstehen, dass das Eigentum am Grundstück übertragen werden müsse. Hierfür sei, nachdem ein Zuordnungsbescheid nicht ergangen sei, eine dingliche Einigung i.S.v. § 925 BGB mit dem Auskehrberechtigten erforderlich. Daran fehle es hier. Die Klägerin habe die Einigung auch nicht willkürlich abgelehnt. Der Auskehrberechtigte müsse das Recht haben, angebotene Grundstücke abzulehnen, wenn Streit über deren Werthaltigkeit oder Verwertbarkeit bestehe.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin zum einen die Verletzung formellen Rechts, weil das Verwaltungsgericht ohne Beweisaufnahme und entgegen ihrem Sachvortrag - zudem überraschend - davon ausgegangen sei, dass die Gebäude auf den zuzuordnenden Grundstücken der Sanierung bedürften. Zum anderen wendet sich die Klägerin gegen die Annahmen des Verwaltungsgerichts, es sei auf eine Willkürkontrolle beschränkt, die Zuordnung nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG setze eine dingliche Einigung zwischen den Beteiligten voraus und Streitigkeiten über den Wert oder die Verwertbarkeit sowie die Sanierungsbedürftigkeit der Ersatzgrundstücke ließen einen Anspruch des Auskehrverpflichteten auf Zuordnung von Ersatzgrundstücken entfallen. Aus § 8 Abs. 5 VZOG ergebe sich, dass schon die Absicht der verfügenden Stelle genüge, ein Ersatzgrundstück zu leisten. Der Gesetzgeber habe ausweislich der Begründung des Gesetzesentwurfs den regelmäßig betroffenen Kommunen durch die Möglichkeit der Verschaffung von Ersatzgrundstücken eine finanzielle Entlastung zukommen lassen wollen. Daraus folge, dass zivilrechtliche Rechtsgeschäfte zwischen den Beteiligten nicht notwendig seien.

Die Beklagte und die Beigeladene, die keinen Antrag stellt, verteidigen das angefochtene Urteil. § 8 Abs. 5 VZOG räume dem Auskehrpflichtigen zwar die Möglichkeit ein, den Auskehranspruch durch die Bereitstellung eines Ersatzgrundstücks zu erfüllen. Dabei müsse es sich aber um ein vergleichbares, gleichwertiges Ersatzgrundstück handeln, also zum Zeitpunkt der Übernahme den Wert verkörpern, der andernfalls und nach § 8 Abs. 4 VZOG primär als Erlös bzw. Verkehrswert auszukehren wäre. Ein solches Grundstück habe die Klägerin hier aber nicht angeboten..

In einem Parallelverfahren ist die Stadt O. zur Auskehr des Verkehrswerts des Grundstücks, über das verfügt worden war, verurteilt worden (vgl. Urteil vom 26. April 2007 - BVerwG 3 C 14.06).

II. Die Revision bleibt ohne Erfolg. Das angefochtene Urteil steht im Ergebnis mit Bundesrecht in Einklang (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO ).

1. Das angefochtene Urteil ist verfahrensfehlerfrei zustande gekommen. Gerügt wird insoweit ein Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO , da vom Verwaltungsgericht kein Sachverständigengutachten zur Sanierungsbedürftigkeit der angebotenen Ersatzgrundstücke eingeholt worden sei, obwohl sich dies aufgedrängt habe. Der Umfang der Amtsermittlungspflicht wird jedoch von der materiellrechtlichen Ausgangsposition des Verwaltungsgerichts bestimmt. Hier hat das Verwaltungsgericht eine "Ablehnungsbefugnis" des Zuordnungsberechtigten aber bereits deshalb angenommen, weil Streit über die Werthaltigkeit der angebotenen Grundstücke bestand. Die Frage der Sanierungsbedürftigkeit war nur ein zusätzlicher Gesichtspunkt, auf den es nicht mehr ankam und zu dem daher auch kein Beweis erhoben werden musste. Dementsprechend greifen auch die Rügen eines Verstoßes gegen den Überzeugungsgrundsatz und gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs nicht durch.

2. In der Sache ist das angegriffene Urteil zwar nicht frei von Rechtsfehlern. Im Ergebnis stellt sich die Entscheidung aber als richtig dar; denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erlass des begehrten Zuordnungsbescheides. Die Revision muss daher nach § 144 Abs. 4 VwGO zurückgewiesen werden.

a) Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG kann die verfügende Stelle im Falle des Absatzes 4 Satz 2 anstelle der Auskehrung des Erlöses oder des Wertes das Eigentum an dem Grundstück, Grundstücksteil oder Gebäude oder an einem Ersatzgrundstück verschaffen. Beabsichtigt die verfügende Stelle so vorzugehen, wird nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG auf ihren Antrag hin das Eigentum durch Zuordnungsbescheid (§ 2 VZOG ) der nach § 1 VZOG zuständigen Behörde auf den nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG Berechtigten übertragen.

Schon der Wortlaut der Norm zeigt, dass die Vorstellung des Verwaltungsgerichts, die Ersetzung des Auskehranspruchs setze eine vorherige dingliche Einigung mit dem Berechtigten über den Eigentumsübergang an dem ersatzweise zu verschaffenden Grundstück i.S.d. § 925 BGB voraus, verfehlt ist. Es handelt sich nicht lediglich um die gemeinsame Befugnis der Beteiligten, die Schuld im Wege der Vereinbarung durch eine andere Schuld zu ersetzen; eine derartige Befugnis besteht ohnehin (vgl. § 364 Abs. 2 BGB ) und hätte deshalb in § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG nicht gesondert geregelt werden müssen. Vielmehr handelt es sich um eine einseitige Ersetzungsbefugnis der verfügenden Stelle, wie sowohl die Eingangswendung von § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG ("Die verfügende Stelle kann ...") als auch die Eingangswendung des nachfolgenden § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG ("Beabsichtigt die verfügende Stelle nach Satz 1 vorzugehen, ...") verdeutlichen. Einer dinglichen Einigung mit dem Auskehrberechtigten bedarf es dagegen nicht.

Dies gilt nicht nur in Ansehung des veräußerten Grundstücks, Grundstücksteils oder Gebäudes selbst, sondern auch in Ansehung eines Ersatzgrundstücks. Auch insofern entfaltet das Angebot der verfügenden Stelle seine Ersetzungswirkung nicht erst, wenn der Berechtigte dem zustimmt. Zur Lösung von Meinungsverschiedenheiten der Beteiligten über die Eignung des angebotenen Grundstücks als "Ersatzgrundstück" wäre es dem Gesetzgeber möglich gewesen, die ersetzende Wirkung in diesem Falle - ähnlich wie bei § 2 Abs. 1 Satz 6 VZOG - an die Zustimmung des Berechtigten zu knüpfen. Das Gesetz bietet hierfür jedoch keinen Anhaltspunkt. Vielmehr lässt es auch beim Ersatzgrundstück die einseitige Ersetzungserklärung der verfügenden Stelle genügen. Dabei tritt die Ersetzungswirkung nicht erst mit der Eigentumsverschaffung - dem dinglichen Eigentumswechsel - ein, sondern schon mit dem Angebot eines geeigneten Ersatzgrundstücks durch die verfügende Stelle. Das besagt § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG zwar nicht ausdrücklich, es lässt sich aber seinem Zusammenhang mit § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG entnehmen. Beabsichtigt die verfügende Stelle, nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG vorzugehen, so wird gemäß § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG auf ihren Antrag hin das Eigentum durch Zuordnungsbescheid der zuständigen Behörde auf den Berechtigten übertragen. Dies dient dem Vollzug des Ersatzangebots, mit dem die verfügende Stelle den Auskehranspruch des Berechtigten abwenden kann. Ohne § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG müsste die verfügende Stelle das wiederbeschaffte Grundstück oder das Ersatzgrundstück dem Berechtigten rechtsgeschäftlich - durch Auflassung und Eintragung - übertragen. Um den Vollzug der Eigentumsübertragung im Grundbuch leichter bewirken zu können, wollte der Gesetzgeber auch hier die Vorteile des Vermögenszuordnungsverfahrens nutzen (BTDrucks 12/5553 S. 168; Beschluss vom 28. Juli 2006 - BVerwG 3 B 56.06 - Buchholz 428.2 § 8 VZOG Nr. 5 [Rn. 6] = ZOV 2006, 368 [Rn. 6]). Der erforderliche Rechtsgrund der Zuordnung ist in diesem Fall darin zu finden, dass sich der grundsätzliche Auskehranspruch des Berechtigten nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG nicht mehr auf Geld, sondern nunmehr auf das zuzuordnende Grundstück richtet. Das aber setzt die wirksame Ersetzung des Zahlungsanspruchs durch einen Eigentumsverschaffungsanspruch voraus. Dementsprechend lässt § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG für die Zuordnung nach seinem Wortlaut bereits genügen, dass die verfügende Stelle "beabsichtigt ..., nach Satz 1 vorzugehen", also deren einseitige Erklärung.

Die Ersetzungserklärung der verfügenden Stelle ist jedenfalls in einem Zuordnungsantrag nach § 8 Abs. 5 Satz 2 VZOG zu sehen. Sie kann jedoch auch außerhalb eines Zuordnungsverfahrens, namentlich vor, während oder selbst noch nach Abschluss des auf Zahlung gerichteten Auskehrprozesses abgegeben werden (vgl. Beschluss vom 28. Juli 2006 aaO. [Rn. 8 f.]).

b) Obwohl die Beklagte und - ihr folgend - das Verwaltungsgericht die Ersetzungsbefugnis nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG zu Unrecht von einer Einigung der Beteiligten abhängig gemacht haben, ist der Klägerin dennoch zu Recht die begehrte Zuordnung verweigert worden; denn eine wirksame Erklärung zur Verschaffung eines Ersatzgrundstücks hat sie nicht abgegeben.

aa) Die Klägerin meint, sie dürfe dem Berechtigten jedwedes Grundvermögen anbieten, das mit seinem Verkehrswert auf die Auskehrpflicht anzurechnen sei und diese entsprechend mindere. Dieser Auffassung ist jedoch nicht zu folgen. Sie steht schon mit dem Wortlaut der Vorschrift nicht im Einklang.

Nach § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG besteht die Ersetzungsbefugnis der verfügenden Stelle - neben dem Vermögensgegenstand selbst - nicht für beliebige andere Grundstücke, sondern nur für "ein Ersatzgrundstück". Dass das angebotene Grundstück ein "Ersatz" sein soll, meint ersichtlich nicht einen Ersatz für die Geldleistung, sondern einen Ersatz für das Grundstück, Grundstücksteil oder Gebäude, über das die verfügende Stelle zum Nachteil des Berechtigten verfügt hat. Das bestätigt die Systematik der Vorschrift. Das Gesetz geht davon aus, dass der Berechtigte an sich - auf der Primärebene - Zuordnung und Herausgabe des Vermögensgegenstandes selbst verlangen kann, dass ihm also ein Sachleistungsanspruch zusteht. Weil dieser Anspruch infolge einer nach § 8 Abs. 1 VZOG wirksamen Verfügung nicht mehr realisierbar ist, tritt an dessen Stelle - als Surrogat - der Anspruch auf Auskehr des Erlöses oder des Verkehrswertes nach § 8 Abs. 4 Satz 2 VZOG , also ein Geldleistungsanspruch. Die Ersetzungsbefugnis des § 8 Abs. 5 Satz 1 VZOG ermöglicht nun der verfügenden Stelle, gewissermaßen wieder auf die Primärebene zurückzukehren. Das ist für die erste Alternative der Vorschrift zweifelsfrei: Gelingt es der verfügenden Stelle, den Vermögensgegenstand - das Grundstück, den Grundstücksteil oder das Gebäude - wieder zu beschaffen, so kann sie den Geldzahlungsanspruch abwenden, indem sie sich verpflichtet, dem Berechtigten doch noch das Eigentum an dem Vermögensgegenstand zu verschaffen. Nichts anderes gilt aber für die zweite Alternative, die sich sowohl durch das "oder" als auch durch den Ersatz-Gedanken an die erste Alternative anschließt. Hiernach kann sich die verfügende Stelle wahlweise auch dazu verpflichten, dem Berechtigten das Eigentum an einem Ersatzgrundstück zu verschaffen. Das Ersatzgrundstück ist mithin der Ersatz für den Vermögensgegenstand selbst, also für die Sachleistungspflicht innerhalb der Primärebene, nicht lediglich ein Ersatz für die Geldleistungspflicht auf der Sekundärebene.

bb) Als Ersatzgrundstück kommt demgemäß nicht jedwedes Grundvermögen in Betracht, sondern nur ein Grundstück, das "Ersatz" für den Vermögensgegenstand sein kann, der dem Berechtigten eigentlich zugestanden hätte. Dies lässt eine genauere Bestimmung sowohl in quantitativer wie in qualitativer Hinsicht zu.

Zunächst muss es sich - wie der Wortlaut belegt - um "ein" Ersatzgrundstück handeln. Die Formulierung im Singular spricht gegen die Annahme, es komme nur darauf an, die Geldleistungspflicht durch beliebiges Grundvermögen, also auch durch beliebige und beliebig viele Grundstücke, wertmäßig abzulösen. Andernfalls hätte das Gesetz von "Ersatzgrundstücken" in der Mehrzahl sprechen müssen. Abzustellen ist insofern auf einen wirtschaftlichen Grundstücksbegriff; das Ersatzgrundstück kann daher durchaus aus mehreren Buchgrundstücken bestehen oder aber nur einen abtrennbaren Teil eines größeren Buchgrundstücks umfassen, muss aber eine wirtschaftliche Einheit darstellen. Eine Vielzahl verstreut liegender Grundstücke kommt jedoch als "ein" Ersatzgrundstück von vornherein nicht in Betracht, es sei denn, der Auskehrberechtigte wäre damit einverstanden.

Ferner muss das Grundstück "Ersatz" für den Vermögensgegenstand selbst, also geeignet sein, an dessen Stelle zu treten. Daher muss das Ersatzgrundstück dem Vermögensgegenstand - jedenfalls annähernd - wertgleich sein; inwieweit verbleibende Wertdifferenzen auszugleichen sind, kann hier offenbleiben. Ob ein Grundstück als Ersatzgrundstück in Betracht kommt, bestimmt sich außerdem nach der Funktion, die der vorenthaltene Vermögensgegenstand für den Berechtigten gehabt hätte. Stand der Vermögensgegenstand - wie hier - dem Berechtigten als Finanzvermögen zu, so kommt es - über den wirtschaftlichen Wert hinaus - auch auf eine vergleichbare Verwertbarkeit des Ersatzgrundstücks an; denn Art. 22 Abs. 1 EV geht davon aus, dass Gegenstände des Finanzvermögens nicht nur im öffentlichen Vermögen gehalten, sondern - etwa zur Schuldentilgung - auch verwertet werden sollen. Die Verwertbarkeit eines Grundstücks aber wird namentlich durch seine Größe, Zuschnitt, Lage, Bebauung und sonstige Ausstattung sowie durch seine Nutzbarkeit bestimmt. Das Ersatzgrundstück muss dem vorenthaltenen Vermögensgegenstand zwar nicht in jedem einzelnen dieser wertbestimmenden Faktoren gleichen, wohl aber in einer Gesamtwürdigung dieser Umstände gleichermaßen verwertbar sein.

Die Eignung eines Grundstücks als Ersatzland oder Ersatzgrundstück - über den wirtschaftlichen Wert hinaus - auch nach seiner Funktion zu bestimmen, entspricht der Verwendung dieses Rechtsbegriffs in anderen Gebieten des Bundesrechts. Das zeigt zunächst ein Blick aufs Enteignungsrecht. So setzt § 100 Abs. 1 BauGB voraus, dass ein Grundstück als Ersatzland für ein enteignetes anderes Grundstück "geeignet" sein muss; dieser Gedanke beherrscht nicht nur das bodenrechtliche Enteignungsrecht, sondern auch das Umlegungs- und Flurbereinigungsrecht. Ähnlich liegt es im Vermögensrecht. So braucht bei der Erteilung eines Investitionsvorrangbescheides ein Vorhaben des Anmelders bei unbebauten Grundstücken dann nicht berücksichtigt zu werden, wenn ihm ein Ersatzgrundstück zur Verfügung gestellt wird, das nicht nur gleichwertig, sondern zudem für seine Zwecke gleichermaßen geeignet sein muss (§ 7 Abs. 1 Satz 5 InVorG ; hierzu Uechtritz in RVI, B 130, Rn. 44 zu § 7 InVorG ). Und wenn im allgemeinen Vermögensrecht ein Grundstück wegen redlichen Dritterwerbs (§ 4 Abs. 2 VermG) dem Berechtigten nicht zurückübertragen werden konnte, so konnte die Entschädigung nach § 9 VermG a.F. statt in Geld auch durch Übertragung eines Ersatzgrundstücks erfolgen. Zwar bestimmte § 9 Satz 1 VermG insofern lediglich, dass das Ersatzgrundstück von "möglichst vergleichbarem Wert" zu sein hatte. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hat aber den sachlichen Zusammenhang mit dem Restitutionsgedanken betont und hieraus - jedenfalls für den Fall einer nötigen Auswahl unter mehreren Anwärtern auf ein Ersatzgrundstück - gefolgert, dass die Vermögensbehörde den Berechtigten solche Grundstücke zukommen lassen müsse, die auch unter dem Gesichtspunkt der vorhandenen Bausubstanz, der Lage und der tatsächlichen Nutzbarkeit den jeweils entzogenen Grundstücken möglichst nahekommen (Urteil vom 17. September 1998 - BVerwG 7 C 6.98 - BVerwGE 107, 205 [208 f., 214, 215]).

Gegen die Annahme, dass dem Auskehrberechtigten ggf. auch mehrere Grundstücke angeboten werden können, spricht auch der Gedanke des Schadensausgleichs durch Sachleistung. Der hier durch die nach § 8 Abs. 1 VZOG getroffene Verfügung Beeinträchtigte soll möglichst so gestellt werden, wie er ohne dieses Ereignis stünde. Daher kann ihm, geht es - wie hier - um Finanzvermögen, zwar der Aufwand für die Verwertung eines Ersatzgrundstücks zugemutet werden, da er ihn in vergleichbarer Weise auch gehabt hätte, wenn ihm das an sich zustehende Grundstück erhalten geblieben wäre. Dagegen würde der notwendige Aufwand für ihn bei mehreren Grundstücken entsprechend höher.

cc) Im vorliegenden Fall hat die Klägerin in Anbetracht dieser Maßstäbe von ihrer Ersetzungsbefugnis nicht wirksam Gebrauch gemacht. Die fünf Grundstücke, die sie angeboten hat, kommen weder zusammen noch einzeln als Ersatzgrundstück in Betracht.

Zusammen könnten sie nur "ein" Ersatzgrundstück sein, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit darstellten, also namentlich eine zusammenhängende Fläche bildeten. Davon kann keine Rede sein; nur zwei von ihnen grenzen aneinander, während die übrigen verstreut liegen.

Es kommt aber auch jedes einzelne von ihnen als Ersatzgrundstück nicht in Betracht. Keines von ihnen ist nach seinem wirtschaftlichen Wert sowie nach seiner Verwertbarkeit mit dem Vermögensgegenstand, einem zum Finanzvermögen zählenden Hotelgrundstück, selbst auch nur entfernt vergleichbar. Eine Vergleichbarkeit scheitert hinsichtlich der angebotenen Grundstücke ..., ... sowie ... und ... schon an der unzureichenden Größe und hinsichtlich des angebotenen Grundstücks ... an der ganz anderen Nutzbarkeit (als nicht bebaute und nicht bebaubare Wiese) und demzufolge auch Verwertbarkeit.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO .

Vorinstanz: VG Chemnitz, vom 09.06.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 6 K 98/05
Fundstellen
NJ 2007, 475