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BVerwG - Entscheidung vom 16.10.2007

7 C 29.07

Normen:
ZuG (2007) § 4 Abs. 3, 4 § 5 § 7 Abs. 1, 2, 3, 4, 5, 10, 11, 12 § 8 Abs. 1, 6 § 10 Abs.1 § 11 Abs. 1, 5 § 12 Abs. 1, 5 § 13 Abs. 1

BVerwG, Urteil vom 16.10.2007 - Aktenzeichen 7 C 29.07

DRsp Nr. 2007/25122

Emissionsschutzrecht - Emissionshandel; Emissionsberechtigung; Zuteilungsmethode; Bestandsanlage; Neuanlage; jüngere Bestandsanlage; Optionsanlage; Optierer; Emissionsminderungen, frühzeitige; Emissionen, historische, prozessbedingte; Benchmarks, BVT; Emissionsziel; Emissionsbudget; Erfüllungszeit; Erfüllungsfaktor; anteilige Kürzung; Basisperiode; Minderungsverpflichtung; Gesetzesauslegung, systematische, teleologische; Wortauslegung

»Die Zuteilungen von Emissionsberechtigungen an Optionsanlagen im Sinne von § 7 Abs. 12 ZuG 2007 unterliegen keiner anteiligen Kürzung nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007.«

Normenkette:

ZuG (2007) § 4 Abs. 3, 4 § 5 § 7 Abs. 1, 2, 3, 4, 5, 10, 11, 12 § 8 Abs. 1, 6 § 10 Abs.1 § 11 Abs. 1, 5 § 12 Abs. 1, 5 § 13 Abs. 1 ;

Gründe:

I. Die Klägerinnen wenden sich gegen die Kürzung der Zuteilung von Emissionsberechtigungen für Kohlendioxid für die Handelsperiode 2005 bis 2007 auf der Grundlage des Zuteilungsgesetzes 2007 (ZuG 2007). Sie haben solche für ihre Bestandsanlagen auf der Basis der Parameter für Neuanlagen beantragt (sog. Optionsanlagen, § 7 Abs. 12 i.V.m. § 11 ZuG 2007). Gemäß dieser Regelung erfolgt die Zuteilung der Berechtigungen auf Grund einer Prognose der Produktionsmenge unter Zugrundelegung von BVT-Benchmarks (Emissionswerte von Anlagen gleicher Produktionsart je erzeugter Produktionseinheit bei bester verfügbarer Technik - BVT). Nach dem Dafürhalten der Klägerinnen sind anteilige Kürzungen nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007 auf Zuteilungen an Optierer nicht anwendbar.

Den zwischen 1965 und 1992 in Betrieb genommenen Anlagen der Klägerinnen hat die Beklagte mit Bescheiden vom 16. Dezember 2004 Emissionsberechtigungen zugeteilt, und zwar an die Klägerin zu 1 2 563 461 Berechtigungen, an die Klägerin zu 2 4 365 450 Berechtigungen, an die Klägerin zu 3 402 912 Berechtigungen und an die Klägerin zu 4 22 155 Berechtigungen; ohne anteilige Kürzungen nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007 wären weitere 124 173 (Klägerin zu 1) bzw. 71 690 (Klägerin zu 2) bzw. 14 013 (Klägerin zu 3) bzw. 1 073 (Klägerin zu 4) Berechtigungen zuzuteilen gewesen. Die insoweit erhobenen Widersprüche hat die Beklagte zurückgewiesen.

Die Klägerinnen haben Klage erhoben und beantragt, die Zuteilungs- und Widerspruchsbescheide aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, Emissionsberechtigungen ohne anteilige Kürzung nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007 zuzuteilen. Nach der Systematik des Gesetzes würden Neuanlagen (§ 11 ZuG 2007), jüngere Bestandsanlagen (§ 8 ZuG 2007) und Anlagen mit frühzeitigen Emissionsminderungen (§ 12 ZuG 2007) gegenüber Bestandsanlagen nach § 7 ZuG 2007 insgesamt bevorzugt, da anteilige Kürzungen nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007 nicht zur Anwendung kämen. Dies müsse auch für Zuteilungen an Optionsanlagen gelten; diese mit anteiligen Kürzungen zu belasten, verstieße gegen den Gleichheitsgrundsatz.

Das Verwaltungsgericht hat die Klagen abgewiesen. Der Gesetzgeber habe sich primär für die Zuteilung auf der Basis historischer Emissionen entschieden. Für Bestandsanlagen sei zwar durch die Optionsregelung in § 7 Abs. 12 ZuG 2007 die Möglichkeit geschaffen worden, sich für eine im jeweiligen Einzelfall günstigere Variante der Zuteilung zu entscheiden. Optionsanlagen blieben aber trotz der Zuteilung von Berechtigungen nach § 11 ZuG 2007 Bestandsanlagen. Für die Einhaltung des nationalen Zuteilungsplanes sei die anteilige Kürzung unverzichtbar. Insbesondere kämen Optierer ihrer Reduktionsverpflichtung nicht bereits durch die Orientierung an den BVT-Benchmarks nach. Die Nichtanwendung der anteiligen Kürzung auf Zuteilungen an Optionsanlagen würde eine ungerechtfertigte Besserstellung gegenüber den verbleibenden Bestandsanlagen darstellen.

Auf die Berufungen der Klägerinnen hat das Oberverwaltungsgericht die Urteile des Verwaltungsgerichts abgeändert und die Beklagte - antragsgemäß - zur Zuteilung zusätzlicher Emissionsberechtigungen verpflichtet: Zuteilungen an Optionsanlagen unterlägen keiner anteiligen Kürzung nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007, da der Erfüllungsfaktor auf diese nicht anwendbar sei. Die unterschiedlichen Formulierungen in § 4 Abs. 4 ZuG 2007 und in § 11 Abs. 1 Satz 3 ZuG 2007 rechtfertigten keine andere Betrachtung. Dem Gesetz lasse sich auch in weiteren Fällen keine einheitliche Diktion entnehmen. Für Anlagen nach § 8 und § 12 ZuG 2007, auf die ein Erfüllungsfaktor ebenfalls keine Anwendung finde und bei denen es sich ebenfalls um Bestandsanlagen handele, unterlägen die Zuteilungen auch nach Auffassung der Beklagten keiner anteiligen Kürzung. Die Anwendung der anteiligen Kürzung auf Optionsanlagen stehe hierzu in Widerspruch. Optionsanlagen seien auf Grund des Rechtsfolgenverweises vielmehr in vollem Umfang dem Zuteilungsregime für Neuanlagen unterworfen. Eine der Härtefallregelung des § 7 Abs. 10 Satz 2 ZuG 2007 entsprechende Bestimmung, nämlich dass der Erfüllungsfaktor unberührt bleibe, fehle in § 7 Abs. 12 ZuG 2007. Dass die anteilige Kürzung in § 4 ZuG 2007 im Kontext der nationalen Emissionsziele geregelt sei, besage nichts darüber, ob sie losgelöst von einem Erfüllungsfaktor betrachtet werden könne. Das Argument der Anlagenakzessorietät führe ebenfalls nicht zur Anwendung der anteiligen Kürzung auf Optionsanlagen; dies sei kein das Zuteilungsrecht überwölbender Grundsatz. Eine Akzessorietät bestehe vielmehr zwischen Erfüllungsfaktor und anteiliger Kürzung. Zuteilungen nach § 7 und § 11 ZuG 2007 seien stimmige und in sich geschlossene Methoden der Zuteilung, die nicht vermengt werden dürften. Die Bemessung nach BVT-Benchmarks gemäß § 11 ZuG 2007 diene ebenso dem Erreichen des nationalen Emissionszieles wie die anteilige Kürzung bei Zuteilungen nach § 7 ZuG 2007. Die Optionsmöglichkeit gefährde nicht die Einhaltung der nationalen Emissionsziele, da § 4 Abs. 4 ZuG 2007 eine automatische Kappung der Zuteilungsmenge von 495 Mio. t vorsehe. Verstärktes Gebrauchmachen von der Optionsmöglichkeit führe lediglich zu einer höheren anteiligen Kürzung. Den verbleibenden Bestandsanlagen sei die durch den Faktor der abgewanderten Optierer verstärkte anteilige Kürzung zumutbar, zumal die Nichtanwendung der anteiligen Kürzung auf Optionsanlagen den Kürzungsfaktor im Zuteilungszeitraum lediglich um 9 Tausendstel verschärft habe. Ob ohne die vorherige Ankündigung einer anteiligen Kürzung auf Optionsanlagen durch die Beklagte es zu einem "Run" auf die Zuteilung nach § 7 Abs. 12 ZuG 2007 gekommen wäre, sei spekulativ.

Die Beklagte hat die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt. Zu deren Begründung trägt sie vor: Zweck der eingeräumten Option sei es, Betreibern von Anlagen mit zu geringer Auslastung in der Basisperiode oder mit Standards, die BVT-Benchmarks nahekämen, im Sinne einer Auffang- und Übergangsregelung eine Alternative zur Regelzuteilung nach § 7 Abs. 1 ZuG 2007 zur Verfügung zu stellen. § 7 Abs. 12 ZuG 2007 solle Optierer nicht generell von der Verknappungslast befreien. Von dieser seien nur Neuanlagen, sowie Anlagen nach §§ 8, 12 und 13 ZuG 2007 freigestellt. Die anteilige Kürzung nach § 4 Abs. 4 ZuG 2007 sei im Zusammenhang mit der Einführung der Optionsregelung in das Gesetz eingefügt worden, um die Einhaltung der nationalen Emissionsziele zu gewährleisten. Optionsanlagen seien daher lediglich vom Erfüllungsfaktor, nicht aber von der anteiligen Kürzung befreit. Komme es zu einer Überschreitung der Kappungsgrenze, müssten die Zuteilungen - und insbesondere auch solche an Optierer - gekürzt werden, da letztere eine wesentliche Ursache für die Überschreitung gesetzt haben. Das Berufungsurteil bleibe insbesondere eine Beantwortung der Frage schuldig, über welchen Zeitraum Optionsanlagen befreit werden sollten. Bei den streitgegenständlichen Anlagen sei die 14-Jahres-Frist bereits abgelaufen. Wollte man die Zuteilungen an Optionsanlagen von der anteiligen Kürzung ausnehmen, sei zudem im Voraus kaum mehr zu berechnen, ob die Zuteilung nach § 7 ZuG 2007 oder nach BVT-Benchmarks eine Besserstellung mit sich bringe; dies hätte zu einem sich selbst verstärkenden Effekt, nämlich einem Run auf die Optionsregelung führen können, was wiederum Betriebe, die von der Optionsregelung nicht Gebrauch gemacht hätten, durch steigende anteilige Kürzungen übermäßig belastet hätte. Sowohl die Auslegung an Hand des Wortlauts des § 4 Abs. 4 ZuG 2007, die eine Anlagenakzessorietät der anteiligen Kürzung bestätige, wie auch die systematische Auslegung des Gesetzes stünden der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts entgegen. Optionsanlagen würden gegenüber Neuanlagen sogar bessergestellt, wenn man wie das Berufungsgericht die Frist des § 11 Abs. 1 Satz 6 ZuG 2007 außer Acht lasse. In § 7 Abs. 12 ZuG 2007 habe der Gesetzgeber aber keine bisherige Besserstellungen übertreffenden Begünstigungen regeln wollen. Die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts laufe zudem auf eine Option zu Lasten Dritter hinaus, nämlich der nicht optierenden Betreiber von Bestandsanlagen, was der Gesetzgeber keinesfalls gewollt habe. Schließlich blieben bei einer Gleichstellung von Optionsanlagen mit Neuanlagen Vergünstigungen nach § 12 und § 13 ZuG 2007 für erstere ohne Bedeutung. Dem Transparenzgebot der Emissionshandelsrichtlinie und dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot genüge alleine die Auslegung der Optionsregelung als Auffang- und Übergangsvorschrift.

Die Klägerinnen treten der Revision entgegen und verteidigen die angegriffenen Urteile.

Die Klägerin zu 1 trägt vor: Eine Systematik sei in den unterschiedlichen Formulierungen des Zuteilungsgesetzes 2007 kaum erkennbar. Die Wortauslegung ergebe jedenfalls, dass dort, wo kein Erfüllungsfaktor die Zuteilung mindere, dies auch nicht durch eine anteilige Kürzung der Fall sein könne. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollten Bestandsanlagen mit Neuanlagen auf der Basis des BVT-Standards gleichbehandelt werden. Die Festlegung von Benchmarks für bestimmte Brennstoffe stelle kein milderes Mittel gegenüber der anteiligen Kürzung dar. Beide Maßnahmen griffen in grundsätzlich gleicher Weise in die Handlungsfreiheit der Anlagenbetreiber ein. Eine Besserstellung der Optionsanlagen gegenüber den vorrangig von § 11 ZuG 2007 erfassten Neuanlagen erschließe sich schon nach der eigenen Verhaltenspraxis der Beklagten nicht, da diese von ihr als echte Neuanlagen betrachtete Kraftwerke nach § 8 Abs. 6 ZuG 2007 gerade von der anteiligen Kürzung ausnehme.

Die Klägerin zu 2 trägt vor: Die Revision vermenge die Methoden der Auslegung. Aus dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 könne eine Anlagenakzessorietät nicht abgeleitet werden. Der Ansatz der Revision, dass Optionsanlagen weiterhin Bestandsanlagen blieben, habe mit einer grammatikalischen Auslegung nichts zu tun. Die Formulierung, ob eine Anlage dem Erfüllungsfaktor unterliege oder der Erfüllungsfaktor keine Anwendung finde, könne mit einem inhaltlichen Bedeutungsunterschied nicht verbunden werden. Der Gesetzgeber verwende insoweit noch andere Formulierungen, die jedoch inhaltlich identisch seien. Die Wortwahl des Gesetzgebers sei bestenfalls als diffus zu bezeichnen. Auch die Auffassung, dass mit der Optionsregelung lediglich eine relative Besserstellung gegenüber der Regelzuteilung verbunden sei, könne nicht überzeugen. § 7 Abs. 12 ZuG 2007 lasse sich nicht als bloße Übergangsregelung im Grenzbereich zwischen echten Härtefällen nach § 7 Abs. 10 und 11 ZuG 2007 und der Regelzuteilung nach § 7 Abs. 1 ZuG 2007 verstehen. Für eine Verknüpfung von Benchmarking und anteiliger Kürzung gebe es im Zuteilungsgesetz 2007 keine Rechtsgrundlage. Die 14-Jahres-Frist des § 11 Abs. 1 Satz 6 ZuG 2007 gelte nur für Neuanlagen, nicht aber für Optionsanlagen. Aus der Entstehungsgeschichte des Gesetzes sei nichts anderes herzuleiten. Optionsanlagen, die auf die beste verfügbare Technik zum Zeitpunkt der Zuteilungsentscheidung bereits Zugriff hätten, müssten von Belastungen durch den Erfüllungsfaktor sowie die anteilige Kürzung freigestellt werden, weil schon rein technisch keine zusätzlichen Vermeidungsanreize mehr entstehen könnten.

Die Klägerin zu 3 trägt vor: § 4 Abs. 4 ZuG 2007 könne eine Anlagenakzessorietät der anteiligen Kürzung nicht entnommen werden. Der Erfüllungsfaktor sei bereits nach dem Wortlaut der Norm zuteilungsakzessorisch, womit im Optionsfall eine anteilige Kürzung ausscheide. § 7 Abs. 12 ZuG 2007 sehe einen uneingeschränkten Austausch der Zuteilungsmethoden vor. Die Beklagte übersehe, dass § 7 Abs. 12 ZuG 2007 nicht nur für von § 7 Abs. 1 ZuG 2007 erfasste Bestandsanlagen gelte, sondern infolge des Verweises in § 8 Abs. 6 ZuG 2007 auch auf Bestandsanlagen Anwendung finde, die erst 2003/2004 in Betrieb gegangen seien. Von einer bloßen Übergangsregelung könne folglich keine Rede mehr sein. Aus § 8 Abs. 6 ZuG 2007 folge vielmehr die durch die Optionsregelung beabsichtigte völlige Gleichstellung von Bestandsanlagen und Neuanlagen. Die Regelungen in § 12 und § 13 ZuG 2007 würden nicht unterlaufen, da für deren Anwendung im Rahmen der Zuteilung nach § 11 ZuG 2007 kein Raum sei. Eine Besserstellung von Optionsanlagen gegenüber Neuanlagen liege nicht vor. Die Funktion der 14-Jahres-Regelung sei zukunftsbezogen und solle Investitionssicherheit schaffen.

Die Klägerin zu 4 trägt vor: Die schon aus der Wortauslegung folgende Unanwendbarkeit der anteiligen Kürzung auf Optionsanlagen werde durch systematische Überlegungen bestätigt. § 7 Abs. 12 ZuG 2007 nehme keine Normbestandteile des § 11 ZuG 2007 aus. Bei anderen Verweisungen - wie im Falle des § 7 Abs. 10 ZuG 2007 - habe sich der Gesetzgeber anders verhalten. Zuteilungsmethoden nach § 7 und § 11 ZuG 2007 dürften nicht miteinander vermischt werden. Durch die Anlegung des Maßstabs der besten verfügbaren Technik werde bereits eine Minderung der zuzuteilenden Emissionsberechtigungen und damit der tatsächlichen Treibhausgasemissionen angestrebt. Eine weitere Kürzung über diese Optimierung hinaus sei rechtlich nicht möglich. Insbesondere werde durch das Nichtanwenden der anteiligen Kürzung auf Optionsanlagen der Regelungszweck der § 12 und § 13 ZuG 2007 nicht unterlaufen. Diese Sonderregelungen umfassten Zuteilungen auf der Grundlage von historischen Emissionen, was sich bereits aus der Bezugnahme auf § 7 ZuG 2007 ergebe. Optionsanlagen seien entgegen der Ansicht der Beklagten keine eigene Anlagengruppe, wie auch die Optionsregelung keine den Härtefallregelungen vergleichbare Funktion erfülle. § 7 Abs. 12 ZuG 2007 enthalte eine Rechtsfolgenverweisung.

Der Vertreter des Bundesinteresses tritt dem Vorbringen der Revision bei. Die Gleichstellung der Optionsregel mit der Zuteilungsregel für Neuanlagen widerspreche dem Zuteilungsgesetz 2007. Die Zuteilung auf der Basis von BVT-Benchmarks und die Anwendung weiterer Kürzungsfaktoren seien weder verfassungsrechtlich noch innerhalb des Regimes des Zuteilungsgesetzes 2007 ausgeschlossen.

II. Die Revision ist unbegründet.

Ohne Bundesrecht zu verletzen (§ 137 Abs. 1 VwGO ), hat das Oberverwaltungsgericht die Beklagte zur Zuteilung der zusätzlich begehrten Emissionsberechtigungen verpflichtet. Denn deren Zuteilungen an Bestandsanlagen auf der Grundlage der Optionsregelung des § 7 Abs. 12 des Gesetzes über den nationalen Zuteilungsplan für Treibhausgas-Emissionsberechtigungen in der Zuteilungsperiode 2005 bis 2007 (vom 26. August 2004, BGBl I S. 2211 - ZuG 2007) unterliegen keiner anteiligen Kürzung gemäß § 4 Abs. 4 ZuG 2007. Einer - von der Beklagten durch grammatikalische Auslegung des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 gewonnenen - strikten Anlagenakzessorietät der anteiligen Kürzung kann nicht beigetreten werden (1.); auch steht die weitere systematische (2.) und die vom Sinn und Zweck bestimmte Auslegung (3.) des Zuteilungsgesetzes 2007 der Annahme entgegen, dass Zuteilungen an Optionsanlagen über die Vorgaben des § 11 ZuG 2007 hinaus noch zusätzlichen Belastungen unterliegen.

1. Entgegen der Annahme der Revision kann dem Wortlaut des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 nicht ausschließlich oder zumindest hinreichend deutlich entnommen werden, dass Zuteilungen allein an "die Anlagen", die dem Erfüllungsfaktor unterliegen, anteilig gekürzt werden, und hierzu grundsätzlich alle Bestandsanlagen nach § 7 ZuG 2007 zu zählen sind. Näher liegt die Auslegung, dass nicht die Anlagen, sondern die "Zuteilungen", die dem Erfüllungsfaktor unterliegen, anteilig gekürzt werden, der Nebensatz sich somit auf die Zuteilungen und nicht auf die Anlagen bezieht; bei diesem Verständnis ist hinsichtlich des Erfüllungsfaktors und damit der anteiligen Kürzung von einer Zuteilungsakzessorietät, nicht aber von einer Anlagenakzessorietät auszugehen.

2. Nur letzteres Verständnis steht in Übereinstimmung mit der Systematik des Zuteilungsgesetzes 2007. Während für Zuteilungen an Bestandsanlagen der Erfüllungsfaktor gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 ZuG 2007 unberührt bleibt und diese somit der anteiligen Kürzung unterfallen, wird für jüngere Bestandsanlagen gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 ZuG 2007 die Anwendung des Erfüllungsfaktors für die Dauer von 12 Jahren ausgeschlossen; derselbe Ausschluss gilt für Zuteilungen an Neuanlagen als Ersatzanlagen gemäß § 10 Abs. 1 Satz 3 ZuG 2007 und generell für Zuteilungen an Neuanlagen gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 ZuG 2007 für die Dauer von jeweils 14 Jahren. Der Gesetzgeber regelt in Abschnitt 3 des Zuteilungsgesetzes 2007 somit die Zuteilung der Berechtigungen, wobei er in Unterabschnitt 1 Bestimmungen über die Art und Weise der Zuteilung an bestimmte Anlagentypen trifft. Auch in Unterabschnitt 2 hebt der Gesetzgeber auf Zuteilungen ab, die bestimmte Anlagen besonders begünstigen. Kennzeichnend für das Gesetz sind in Bezug auf die einzelnen Anlagen somit verschiedenartig ausgestaltete Zuteilungsregelungen, die überwiegend von einer Anwendung des Erfüllungsfaktors und damit auch von einer anteiligen Kürzung absehen.

Die Revision räumt ein, dass die nach ihrer Ansicht aus § 4 Abs. 4 ZuG 2007 zu gewinnende Anlagenakzessorietät der anteiligen Kürzung nicht als ein "das gesamte Zulassungsrecht gleichsam überwölbender, ungeschriebener Grundsatz" zu verstehen ist. Insbesondere für Zuteilungen nach den besonderen Regeln der §§ 12 und 13 ZuG 2007 zieht die Beklagte nicht in Zweifel, dass bei Anlagen mit frühzeitigen Emissionsminderungsmaßnahmen und bei Anlagen mit prozessbedingten Emissionen teleologische und systematische Gründe gegen eine anteilige Kürzung sprechen, obwohl es sich auch hier um originäre Bestandsanlagen im Sinne von § 7 ZuG 2007 handelt. Dieser argumentativen Schwäche setzt sich ein Verständnis des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 nicht aus, wonach nur Zuteilungen, die dem Erfüllungsfaktor unterliegen, der anteiligen Kürzung unterfallen (ähnlich wohl BVerfG, Beschluss vom 13. März 2007 - 1 BvF 1/05 - NVwZ 2007, 937, Rn. 13 f.). Ohne auf eine Anlagenakzessorietät abzustellen, bestimmt somit die jeweilige Zuteilungsregelung selbst über eine Anwendung des Erfüllungsfaktors und damit einhergehend über die anteilige Kürzung. Da die Optionsregelung in § 7 Abs. 12 ZuG 2007 für die Rechtsfolgen uneingeschränkt auf § 11 ZuG 2007 verweist, kann und darf auch für Optionsanlagen die Unanwendbarkeit des Erfüllungsfaktors gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 ZuG 2007 nicht übergangen werden.

Hiermit steht nicht in Widerspruch, dass der Gesetzgeber die anteilige Kürzung - trotz deren Abhängigkeit vom Erfüllungsfaktor - nicht unmittelbar in § 5 ZuG 2007 geregelt hat. Denn die anteilige Kürzung dient als Korrektiv für die Einhaltung des in § 4 Abs. 3 ZuG 2007 festgeschriebenen nationalen Emissionsziels und ist daher im Anschluss an diese Vorgabe geregelt und eingefügt worden. Zudem bedarf es keiner anteiligen Kürzung - wohl aber der Anwendung des dem Ziel der Emissionsminderung dienenden Erfüllungsfaktors -, wenn die Gesamtmenge von 495 Mio. t Kohlendioxid im Zuteilungsverfahren nicht überschritten wird.

Wenn die Revision gegen das Verständnis des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 im Sinne einer Zuteilungsakzessorietät der anteiligen Kürzung auf andere Möglichkeiten des Gesetzgebers zur Ausformulierung des § 4 Abs. 4 ZuG 2007 verweist - nämlich dass bei gleicher Zielrichtung zum Beispiel "der Erfüllungsfaktor anteilig gekürzt wird" -, leitet sie dies aus einem Präzisionsverständnis her, das dem Gesetzgeber bei Erlass des Zuteilungsgesetzes 2007 - allein schon bei Betrachtung der unterschiedlichen Formulierungen im Zusammenhang mit dem Verzicht auf die Anwendung des Erfüllungsfaktors - nicht unterstellt werden kann. Dies gilt ebenso für den Einwand der Revision, dass Optionsanlagen als Bestandsanlagen grundsätzlich dem Erfüllungsfaktor im Sinne von § 4 Abs. 4 ZuG 2007 "unterliegen" und damit Zuteilungen anteilig zu kürzen sind, während § 11 Abs. 1 Satz 3 ZuG 2007 lediglich von einer "Nichtanwendung des Erfüllungsfaktors" spricht, so dass es bei einer anteiligen Kürzung verbleibt; mit diesem Einwand kann jedoch nicht die grundsätzliche Bindung der anteiligen Kürzung an den Erfüllungsfaktor überspielt werden.

Auch die weitere Systematik der normativen Bestimmungen bestätigt die Auslegung des Gesetzes im Sinne einer Zuteilungsakzessorietät.

Die Beklagte geht davon aus, dass mit der Einfügung des § 7 Abs. 12 ZuG 2007 in das Gesetz unmittelbar vor Ende des Gesetzgebungsverfahrens ähnlich wie mit dem zeitgleich eingefügten § 7 Abs. 10 und 11 ZuG 2007 Sonderfälle bzw. mit der Zuteilung nach § 7 ZuG 2007 einhergehende Härten abgefedert werden sollten. Dabei kann als zutreffend unterstellt werden, dass die Optionsregel insbesondere auf Anlagen zielen sollte, die infolge schwacher Konjunktur in der Basisperiode des § 7 ZuG 2007 ihre Produktionskapazitäten nicht ausgelastet hatten; historische Emissionen wären für diese Anlagen wenig repräsentativ, wenn im Zuteilungszeitraum möglicherweise mit einer stärkeren oder vollen Auslastung der Anlage zu rechnen sein würde. Ein derart restriktiver Anwendungsbereich der Optionsregelung kommt aber im Gesetz nicht zum Ausdruck. Die Gesetz gewordene Fassung des § 7 Abs. 12 ZuG 2007 bezieht sich - anders als etwa die Bestimmungen in § 7 Abs. 10 und 11 ZuG 2007 - gerade nicht auf spezielle Sonderfälle. Dies hat zur Folge, dass wegen der insoweit uneingeschränkten Fassung des Gesetzes auch Betreiber von Bestandsanlagen mit mehr oder weniger deutlich an die Benchmarks heranreichenden Techniken sich für die Optionsregelung entscheiden konnten, um den Erfüllungsfaktor, aber insbesondere die im Voraus schwer kalkulierbare anteilige Kürzung rein vorsorglich zu umgehen. Der Gesetzgeber eröffnete mit der Fassung des § 7 Abs. 12 ZuG 2007 damit den Betreibern von Bestandsanlagen die uneingeschränkte Möglichkeit, statt der Zuteilung auf der Basis historischer Emissionen sich für die gänzlich andere Zuteilungsmethode, nämlich diejenige für Neuanlagen zu entscheiden. Da mit der Rechtsfolgenverweisung in § 7 Abs. 12 ZuG 2007 ein völliger Wechsel der Zuteilungsmethode verbunden ist, findet auf Optionsanlagen der Erfüllungsfaktor und damit die anteilige Kürzung keine Anwendung. Weshalb Optionsanlagen über die von den strengen Anforderungen der BVT-Benchmarks bestimmten Vorgaben der gewählten Zuteilungsmethode hinaus zusätzliche Minderungspflichten übernehmen sollen, bleibt nach der Systematik des Gesetzes unerfindlich.

Die volle und uneingeschränkte Anwendung des Regimes des § 11 ZuG 2007 auf Optionsanlagen ergibt sich auch daraus, dass der Gesetzgeber Anlagen vom Erfüllungsfaktor ausdrücklich ausnimmt, die nach seinem Dafürhalten einen Klimaschutzbeitrag bereits geleistet haben bzw. denen der Klimaschutzbeitrag nach Benchmark-Kriterien abverlangt wird oder bei denen ein solcher produktspezifisch nicht möglich ist. Für Neuanlagen ergibt sich dies aus § 11 Abs. 1 Satz 3 ZuG 2007, für jüngere Bestandsanlagen aus § 8 Abs. 1 ZuG 2007, für Ersatzanlagen aus § 10 Abs. 1 Satz 3 ZuG 2007, für Anlagen mit frühzeitigen Modernisierungsmaßnahmen aus § 12 Abs. 5 ZuG 2007 und für Anlagen mit prozessbedingten Emissionen aus § 13 Abs. 1 ZuG 2007. Scheidet in all diesen Fällen - auch nach Ansicht der Beklagten - eine anteilige Kürzung der Zuteilungen gemäß § 4 Abs. 4 ZuG 2007 aus, so wäre es Sache des Gesetzgebers gewesen, in § 7 Abs. 12 ZuG 2007 bezüglich der Verweisung auf § 11 Abs. 1 Satz 3 ZuG 2007 eine Einschränkung vorzunehmen. Von einer derartigen Einschränkung hat der Gesetzgeber offenbar bewusst abgesehen; denn in der zeitgleich in den Gesetzesentwurf eingefügten Härtefallregelung des § 7 Abs. 10 ZuG 2007 findet sich in Satz 2 die Einschränkung, dass bei einer Zuteilung an den Anlagenbetreiber in entsprechender Anwendung des § 8 ZuG 2007 die Anwendung des Erfüllungsfaktors unberührt bleibt.

In diesen Kontext fügt sich auch die Bestimmung des § 8 Abs. 6 ZuG 2007 mit der dortigen Verweisung auf § 7 Abs. 12 ZuG 2007 ein. Die Beklagte geht nicht davon aus, dass die Zuteilung von Berechtigungen an jüngere Bestandsanlagen, für die von der Optionsregel des § 7 Abs. 12 ZuG 2007 Gebrauch gemacht wird, einem Kürzungsfaktor unterliegt. Ein insoweit differenzierendes Verständnis der Rechtsfolgenverweisung des § 7 Abs. 12 ZuG 2007, das die Option der Betreiber alter Bestandsanlagen im Gegensatz zur Option der Betreiber jüngerer Bestandsanlagen einer anteiligen Kürzung unterzieht, ist ohne jede nähere gesetzliche Ausgestaltung nicht möglich.

3. Auch mit dem Sinn und Zweck des Zuteilungsgesetzes 2007, das die nationalen Ziele für die Emissionen von Kohlendioxid festlegt und deren Einhaltung durch Regeln über die Zuteilung und Ausgabe von Emissionsberechtigungen an Anlagenbetreiber sicherstellen will, ist die Freistellung der Optionsanlagen von der anteiligen Kürzung gemäß § 4 Abs. 4 ZuG 2007 ohne weiteres vereinbar. Die Nichtanwendung eines Erfüllungsfaktors auf Optionsanlagen widerspricht nicht dem Zweck des Gesetzes, die Zuteilung für diese Anlagen nach den Regeln für Neuanlagen vorzunehmen, wenn sie die für Neuanlagen geltenden Voraussetzungen erfüllen. Sollten insoweit defizitäre Bestandsanlagen für eine Zuteilung nach § 11 ZuG 2007 optiert haben, werden sie ihren Produktionsumfang einschränken oder Berechtigungen zukaufen müssen, was wiederum zum einen bezogen auf den Handel mit Emissionsberechtigungen und zum anderen durch die Schaffung von Modernisierungsanreizen dem Zweck des Gesetzes entspricht. Dagegen widerspricht es dem Zweck der Wahlmöglichkeit, auch die ersichtlich auf Neuanlagen beschränkte Investitionsschutzregelung des § 11 Abs. 1 Satz 6 ZuG 2007 auf Optionsanlagen anzuwenden. Eine Anwendung dieser Regelung hätte zur Folge, dass Betreiber von Bestandsanlagen, deren Inbetriebnahme mehr als 14 Jahre zurückliegt, von der Ausübung des Wahlrechts ausgeschlossen wären. Eine solche Folge wäre unvereinbar mit dem Zweck, den Optierern ein Wahlrecht einzuräumen.

Der Einwand der Revision, dass bei Ausschluss der anteiligen Kürzung auf Optionsanlagen es sich um eine Option zu Lasten Dritter, nämlich der nicht optierenden Bestandsanlagen handeln würde, wertet die gegenläufige Systematik des Gesetzes zu gering: Zwar ist nicht in Abrede zu stellen, dass es bei einem überproportionalen Gebrauch der Optionsmöglichkeit durch Betreiber von Bestandsanlagen zu einer stärkeren anteiligen Kürzung kommen kann, weil bei einem Überschreiten des im nationalen Zuteilungsplan festgelegten Gesamtbudgets der übersteigende Betrag auf weniger nicht optierende Bestandsanlagen im Wege der anteiligen Kürzung verteilt werden müsste. Doch ist dieser Anstieg nur relativ - und gegebenenfalls geringfügig -, da jede optierende Bestandsanlage sich nunmehr an den BVT-Benchmarks messen lassen muss und ein etwaiger hoher Kohlendioxidausstoß in der Basisperiode nicht mehr zu Lasten des Budgets geht und somit ohne Bedeutung bleibt. Insbesondere im Zusammenhang mit dem von der Beklagten befürchteten "Run" auf die Optionsregelung würde sich bei deren Inanspruchnahme durch emissionsstarke Bestandsanlagen ein kompensatorischer oder gar gegenläufiger Effekt ergeben. Bei der theoretischen Annahme einer äußersten Inanspruchnahme der Optionsmöglichkeit wäre es gegebenenfalls nicht einmal auszuschließen, dass infolge der übermäßigen Zahl optierender Bestandsanlagen das Gesamtbudget des § 4 Abs. 3 ZuG 2007 nicht mehr überschritten würde und damit die anteilige Kürzung gemäß § 4 Abs. 4 ZuG 2007 für verbleibende, nicht optierende Bestandsanlagen entfallen könnte. Ins Spekulative führt es somit, dass jeder Nichtoptierer durch jeden weiteren Optierer zusätzlich belastet werde. Im Übrigen kommt es bei einem vom Oberverwaltungsgericht prognostisch als nur geringfügig erachteten Anstieg der anteiligen Kürzung zu keiner "Bestrafung" von nicht optierenden Bestandsanlagen; es werden vielmehr auch hiermit - dem Sinn und Zweck des Gesetzes entsprechend - Anreize geschaffen, verstärkt in die Modernisierung der Bestandsanlage zu investieren, um gegebenenfalls in eine andere Methode der Zuteilung wechseln zu können. Dass mit dem System der Zuteilung von Emissionsberechtigungen auf der Grundlage des Zuteilungsgesetzes 2007 durch Minderzuteilungen für einzelne Betriebe verfassungsrechtliche Grenzen überschritten worden wären, ist in diesem Zusammenhang von keinem Verfahrensbeteiligten behauptet worden.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO .

Vorinstanz: OVG Berlin-Brandenburg, vom 30.11.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 12 B 15.06
Vorinstanz: VG Berlin, vom 07.04.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 10 A 352.05