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BVerwG - Entscheidung vom 19.04.2007

10 B 66.06

BVerwG, Beschluss vom 19.04.2007 - Aktenzeichen 10 B 66.06

DRsp Nr. 2007/9251

Gründe:

Die auf die Revisionszulassungsgründe des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (Verfahrensmangel) und des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (Divergenz) i.V.m. § 138 Abs. 1 Satz 2 FlurbG gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Als Verfahrensmangel macht die Beschwerde geltend, das Oberverwaltungsgericht habe die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO ) verletzt, weil es den Wert der klägerischen Grundstücke unzureichend ermittelt habe. Diese Rüge greift nicht durch.

Das ergibt sich zunächst daraus, dass die - anwaltlich vertretenen - Kläger es unterlassen haben, das Gericht mit einem förmlichen Beweisantrag zur weiteren Sachaufklärung hinsichtlich der von ihnen behaupteten Tatsachen anzuhalten. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um in der Tatsacheninstanz einem Verfahrensbeteiligten anzulastende Versäumnisse zu kompensieren (vgl. etwa Beschluss vom 17. März 2000 - BVerwG 8 B 287.99 - Buchholz 428 § 30a VermG Nr. 14 S. 20).

Dass sich dem Oberverwaltungsgericht die von den Klägern vermissten weiteren Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken durch einen Beweisantrag von sich aus hätten aufdrängen müssen, legt die Beschwerde nicht in einer den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechenden Weise dar (vgl. hierzu Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 >n.F.< VwGO Nr. 26). Die bloßen Angriffe der Beschwerde gegen die Richtigkeit der Wertermittlung, die unter Hinweis auf den nach persönlicher Einschätzung des Prozessbevollmächtigten der Kläger "einmalig niedrigen" Wert und unter undifferenzierter Angabe von Fällen mit angeblich höheren Bodenwerten in Frage gestellt wird, reichen hierfür nicht aus, weil es sich insoweit um Kritik an der tatrichterlichen Beurteilung handelt, die einen Verfahrensmangel nicht begründen kann.

Dem Oberverwaltungsgericht war es im Übrigen nicht verwehrt, sich auf das vom Beklagten eingeholte Sachverständigengutachten Dr. S. zu stützen und es als Urteilsgrundlage zu verwerten. Dass es dennoch weiterer Beweiserhebung bedurft hätte, weil das Gutachten grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters aufkommen lässt (vgl. hierzu BVerfG, Kammerbeschluss vom 12. September 2005 - 2 BvR 277.05 - NJW 2006, 136 >137 f.<; BVerwG, Beschlüsse vom 2. März 1995 - BVerwG 5 B 26.95 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 267 S. 12 und vom 7. Juni 1995 - BVerwG 5 B 141.94 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 268 S. 14), legt die Beschwerde nicht substantiiert dar. Mit dem Hinweis der Kläger auf das abweichende Wertermittlungsgutachten E. hat sich das Oberverwaltungsgericht auseinandergesetzt und die dort getroffenen Aussagen nachvollziehbar als veraltet und undifferenziert dargestellt. Mit der Rüge, Gutachten und Oberverwaltungsgericht hätten weitere Vergleichskauffälle ermitteln müssen, bezeichnet die Beschwerde einen Verfahrensmangel nicht in der von § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO geforderten Weise, weil sie nicht darlegt, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (vgl. hierzu Beschluss vom 19. August 1997 a.a.O.).

2. Die Divergenzrüge ist ebenfalls nicht begründet. Die Beschwerde benennt zwar Rechtssätze aus der angefochtenen Entscheidung, denen sie solche aus der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 26. März 2003 - BVerwG 9 C 5.02 - BVerwGE 118, 91 ) gegenüberstellt. Widersprüche zwischen diesen Rechtssätzen zeigt sie damit jedoch nicht auf.

Das Oberverwaltungsgericht hat die angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts erkannt und sich in seinem Urteil hierauf gestützt. Eine Divergenz besteht nicht. Die von der Beschwerde benannten Rechtssätze des Bundesverwaltungsgerichts betreffen zunächst die Frage, welche Vergleichsgrundstücke auszuwählen sind. Danach ist es unzulässig, den Verkehrswert der zu bewertenden Grundstücke des bodenordnungsrechtlichen Verfahrensgebietes ausschließlich durch einen Vergleich mit "Bereinigungsfällen" zu ermitteln, bei denen Grund- und Gebäudeeigentum auseinanderfallen (Urteil vom 26. März 2003, a.a.O. S. 94 f.). Diesem Verbot hat das Oberverwaltungsgericht aber weder ausdrücklich noch der Sache nach zuwidergehandelt. Die vom Gutachter Dr. S. ermittelten und in seinem Gutachten aufgeführten Fälle beschränken sich nämlich nicht auf den Kreis bloßer "Bereinigungsfälle". Soweit das Bundesverwaltungsgericht darüber hinaus - wie von der Beschwerde angeführt - verlangt, die Wertermittlung müsse auf einer hinreichend breiten Grundlage von Vergleichsverkaufsfällen beruhen, ist ebenfalls kein Widerspruch erkennbar, weil das erwähnte Gutachten und das sich hierauf stützende Urteil des Oberverwaltungsgerichts die Wertermittlung nicht auf einen solchen Verkaufsfallvergleich gründen. Wenn die Beschwerde der Sache nach kritisiert, das Oberverwaltungsgericht habe "ohne Not" darauf verzichtet, Vergleichsgrundstücke aus vergleichbaren Gebieten heranzuziehen, ist darauf hinzuweisen, dass nach der angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts - gerade im Interesse einer angemessenen Begrenzung des Ermittlungsaufwandes, den auch das Gutachten hervorhebt - keine zwingende Verpflichtung besteht, das Ermittlungsgebiet zu erweitern (Urteil vom 26. März 2003, a.a.O. S. 95).

Zu der vom Gutachten angewandten und vom Oberverwaltungsgericht im Ergebnis nicht beanstandeten Wertermittlungsmethode verhält sich die angeführte Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Darlegungen, die insoweit eine Umdeutung der Divergenzrüge in eine Grundsatzrüge (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) rechtfertigen könnten, sind der Beschwerde nicht zu entnehmen (vgl. zu den Darlegungsanforderungen Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O.). Abgesehen davon stützt sich das Oberverwaltungsgericht alternativ auf zwei unterschiedliche Wertermittlungsmethoden, so dass ein Revisionszulassungsgrund hinsichtlich beider Begründungen geltend gemacht werden und vorliegen müsste (vgl. auch hierzu Beschluss vom 19. August 1997, a.a.O. S. 15).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 , § 159 Satz 2, § 162 Abs. 3 VwGO , die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3 , § 52 Abs. 3 GKG .

Vorinstanz: OVG Sachsen, vom 27.07.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 7 D 4/06