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BVerwG - Entscheidung vom 27.03.2007

6 B 108.06

BVerwG, Beschluss vom 27.03.2007 - Aktenzeichen 6 B 108.06

DRsp Nr. 2007/8172

Gründe:

1. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Nach § 132 Abs. 2 VwGO kann die Revision nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Berufungsentscheidung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Berufungsentscheidung beruhen kann. Wird wie hier die Nichtzulassung der Revision mit der Beschwerde angefochten, muss in der Beschwerdebegründung die grundsätzliche Bedeutung dargelegt oder die Entscheidung, von der die Berufungsentscheidung abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ). Die Prüfung des beschließenden Senats ist demgemäß auf fristgerecht geltend gemachte Beschwerdegründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO beschränkt.

Die Rechtssache hat nicht die allein geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO . Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn sie eine für die Revisionsentscheidung erhebliche Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die im Interesse der Einheit oder der Fortbildung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf. Das Darlegungserfordernis des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO verlangt die Bezeichnung einer konkreten Rechtsfrage, die für die Revisionsentscheidung erheblich sein wird, und einen Hinweis auf den Grund, der ihre Anerkennung als grundsätzlich bedeutsam rechtfertigen soll. Die Beschwerde muss daher erläutern, dass und inwiefern die Revisionsentscheidung zur Klärung einer bisher revisionsgerichtlich nicht beantworteten fallübergreifenden Rechtsfrage führen kann. Die von der Beschwerde angesprochenen Themen verleihen der Sache keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung.

Der Kläger wirft schon keine Rechtsfragen auf, sondern legt in der Art einer Berufungs- oder Revisionsbegründung seine Rechtsansichten dar. Das genügt nicht den dargestellten Anforderungen. Davon abgesehen rechtfertigen die von dem Kläger angesprochenen Themen nicht die Zulassung der Grundsatzrevision.

a) Der Kläger, der eine Erlaubnis nach § 26 WaffG 2002 zur nichtgewerbsmäßigen Herstellung von Schusswaffen begehrt, spricht im Zusammenhang mit der vom Oberverwaltungsgericht vorgenommenen Prüfung der Erteilungsvoraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 2, § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG 2002 (waffenrechtliche Zuverlässigkeit trotz vorliegenden strafgerichtlichen Verurteilungen) die Frage an, ob das Oberverwaltungsgericht zu seinen Gunsten hätte berücksichtigen müssen, dass im Zeitpunkt der ihm angelasteten vorsätzlichen Straftat des vorsätzlichen Führens eines Fahrzeugs trotz Fahrverbots am 7. September 2004 (Strafbefehl des Amtsgerichts Peine vom 26. Januar 2005) der das Fahrverbot aussprechende Bußgeldbescheid bereits mehr als drei Jahre rechtskräftig gewesen ist. Damit möchte der Kläger anscheinend zur Prüfung stellen, ob die Vollstreckungsverjährung nach § 79 Abs. 1 , Abs. 3 Nr. 5 StGB entsprechend auf das nach § 25 StVG angeordnete Fahrverbot anzuwenden ist.

Auch wenn das Beschwerdevorbringen in dieser Weise verstanden wird, rechtfertigt es nicht die Zulassung der Revision. Der Kläger legt schon nicht dar, dass diese Frage über seinen Fall hinaus Bedeutung hat. Außerdem lässt sein Vorbringen eine Auseinandersetzung mit der Problematik vermissen, ob mit der rechtskräftigen Verurteilung wegen einer Straftat, an die § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG 2002 den Regeltatbestand anknüpft, nicht bereits jedenfalls im Grundsatz die Prüfung abgeschnitten ist, ob diese Verurteilung etwa wegen einer Vollstreckungsverjährung bezüglich des Fahrverbots nicht hätte erfolgen dürfen. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist nämlich zum Regelversagungstatbestand des § 5 Abs. 2 Satz 1 WaffG 1976, dem in der Struktur insoweit § 5 Abs. 2 WaffG 2002 entspricht, entschieden worden, dass die Anwendung des Regeltatbestandes keine Prüfung der Waffenrechtsbehörde dahingehend erfordert, ob der Betroffene die Straftat tatsächlich begangen hat. Die Behörde darf danach grundsätzlich von der Richtigkeit der Verurteilung ausgehen und sich auf die Prüfung beschränken, ob das die Verurteilung begründende Verhalten im Zusammenhang mit den sonstigen Umständen die Annahme der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit rechtfertigt oder ob die Regelvermutung aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise ausgeräumt ist (vgl. Beschluss vom 22. April 1992 - BVerwG 1 B 61.92 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 63, S. 51 f.). Die Beschwerde hätte daher herausarbeiten müssen, dass und warum hier etwas anderes gelten könnte. Daran fehlt es ebenfalls.

Der Kläger berücksichtigt zudem nicht genügend, dass das Fahrverbot (§ 25 Abs. 1 StVG ; dazu BVerfG, Beschluss vom 16. Juli 1969 - 2 BvL 11/69 - BVerfGE 27, 36) mit der Rechtskraft des Bußgeldbescheides wirksam wird (§ 25 Abs. 2 Satz 1 StVG ) und diese Wirksamkeit zur amtlichen Verwahrung des Führerscheins führt (§ 25 Abs. 2 Satz 2 StVG ). Der Betroffene ist, auch im eigenen, sich aus der Folge des § 25 Abs. 5 Satz 1 StVG ergebenden Interesse gehalten, den Führerschein zur amtlichen Verwahrung zu geben. Geschieht dies nicht, ist der Führerschein zu beschlagnahmen (§ 25 Abs. 2 Satz 4 StVG ), wie es nach den Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts auch vom Polizeipräsidium angeordnet ist (UA S. 9). Die Einziehung des Führerscheins ist indes zunächst tatsächlich nicht gelungen, wie die weiteren Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts ergeben. Da das Fahrverbot mit der Rechtskraft des Bußgeldbescheids wirksam wird, muss und kann es nicht "vollstreckt" werden. Nur die Beschlagnahme kann als Vollstreckungsmaßnahme angesehen werden. Für die Annahme einer "Vollstreckungsverjährung" des Fahrverbots besteht daher kein Anlass (vgl. Weller, in: Senger (Hrsg.), Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten , 3. Aufl. 2006, § 34 Rn. 21).

Die vom Kläger angesprochene Überlegung, dass es unter Umständen gerechtfertigt sein könne, ein Fahrverbot nach § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG nicht zu verhängen, wenn die zu ahndende Tat längere Zeit zurückliegt, der Betroffene sich zwischenzeitlich verkehrsgerecht verhalten hat und die für die lange Verfahrensdauer maßgeblichen Umstände außerhalb des Einflussbereichs des Betroffenen liegen (vgl. BayObLG, Beschluss vom 23. Januar 2002 - 1 ObOWi 671/01 - NZV 2002, 280 ), betrifft den Zeitraum bis zur Verhängung des Fahrverbots, nicht aber die sich aus einem ausgesprochenen Fahrverbot ergebenden Konsequenzen. Überdies legt die Beschwerde auch nicht dar, dass der verhältnismäßig lange Zeitraum zwischen der Verhängung des Fahrverbotes bis zur Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis außerhalb des Einflussbereichs des Klägers gelegen hat. Derartiges ist angesichts des dargestellten Regelungssystems des § 25 StVG auch schwer vorstellbar, da der Betroffene es in der Hand hat, den Führerschein zur amtlichen Verwahrung zu geben.

b) Der Kläger meint, die "waffenrechtliche Beschränkung" des § 5 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a WaffG 2002 sei ungeeignet, den Gesetzeszweck zu erfüllen und greife in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit und in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit ein, ohne dass es dafür einen sachlichen Grund gebe. Dazu unterbreitet er ausgewähltes statistisches Material über Straftaten gegen das Leben (Mord und Totschlag) mit Waffen. Dieses Vorbringen rechtfertigt keine Revisionszulassung. Abgesehen davon, dass der Kläger Tatsachen vorträgt, die das Berufungsgericht nicht festgestellt hat, und dass er sich nicht mit anderen Straftaten als Mord und Totschlag befasst, muss nicht erst in einem Revisionsverfahren geklärt werden, dass gegen das Erfordernis der waffenrechtlichen Zuverlässigkeit keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Die durch Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete allgemeine Handlungsfreiheit ist durch die Regelung über die Versagung sowie den Widerruf und die Rücknahme waffenrechtlicher Erlaubnisse bei fehlender Zuverlässigkeit des Betroffenen formell und materiell wirksam eingeschränkt. Die in einem formellen Gesetz getroffene Regelung ist Teil der verfassungsmäßigen Ordnung, die nach Art. 2 Abs. 1 GG die Handlungsfreiheit beschränkt, ohne ihren Wesensgehalt im Sinne des Art. 19 Abs. 2 GG anzutasten. Dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist bei der Vermutungsregelung dadurch genügt, dass den Besonderheiten des Einzelfalls in Ausnahmefällen Rechnung getragen werden kann (vgl. Urteil vom 13. Dezember 1994 - BVerwG 1 C 31.92 - BVerwGE 97, 245 >250 f.<). Mit dieser noch zum Waffengesetz 1976 ergangenen Entscheidung, deren grundsätzliche Aussage auf § 5 WaffG 2002 übertragen werden kann, und der grundsätzlichen gesetzgeberischen Einschätzungsbefugnis darüber, wer auch in Anbetracht des grundsätzlich entgegenstehenden Sicherheitsinteresses der Bevölkerung ausreichend zuverlässig ist, mit Waffen umzugehen, setzt sich der Kläger nicht auseinander.

Dass der Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG eröffnet sein könnte, versteht sich nach dem mit der Klage verfolgten Ziel der Erteilung einer Erlaubnis für eine "nichtgewerbsmäßige Herstellung von Waffen" schon nicht von selbst. Die nunmehr im Beschwerdeverfahren vorgetragene Tätigkeit als Berater und Entwickler von Waffen ist im angefochtenen Urteil nicht festgestellt. Im Übrigen müssten die im Urteil vom 13. Dezember 1994 - BVerwG 1 C 31.92 - a.a.O. genannten Erwägungen im Anwendungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ebenfalls Geltung beanspruchen. Die Beschwerdebegründung zeigt mithin auch insoweit keine Gesichtspunkte auf, die eine Befassung des Revisionsgerichts mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs. 2 WaffG 2002 erforderten.

c) Der Kläger meint, das Waffenrechtsänderungsgesetz 2002 sei "wegen Kompetenzüberschreitung des Bundes verfassungswidrig". Der Bundesgesetzgeber habe nicht nur die "Zuverlässigkeit der Waffenbesitzer", sondern auch diejenige der Jagdscheininhaber geregelt, obwohl er für das Jagdrecht nur eine Rahmengesetzgebungskompetenz gehabt habe. Dieses Vorbringen führt ebenfalls nicht zur Revisionszulassung. Der Kläger zeigt nicht ansatzweise auf, dass und warum der Umfang der Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Jagdwesen Bedeutung haben könnte für die Regelung des Waffenrechts, um die es hier allein geht. Dazu hätte es zumindest einer näheren Erörterung der naheliegenden Frage bedurft, warum eine angeblich mangelnde Gesetzgebungskompetenz für Vorschriften über die Zuverlässigkeit im Jagdwesen Auswirkungen auf die Normen über die für die Erlangung waffenrechtlicher Erlaubnisse erforderliche Zuverlässigkeit haben könnte. Eine derartige Darlegung wäre umso mehr erforderlich gewesen, als das Bundesverwaltungsgericht bereits entschieden hat, dass Jagdrecht und Waffenrecht zwei verschiedene Ordnungsbereiche sind (Urteil vom 13. Dezember 1994 - BVerwG 1 C 31.92 - a.a.O. S. 252). Die Beschwerde hätte daher aufbereiten müssen, warum nach ihrer Ansicht die von ihr angenommene Ungültigkeit der Regelungen über das Jagdrecht in Art. 15 des Gesetzes zur Neuregelung des Waffenrechts vom 11. Oktober 2002 zur Ungültigkeit der in Art. 1 des vorgenannten Gesetzes geregelten Bestimmungen des Waffengesetzes führen musste, obwohl insofern dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis zustand (Art. 74 Abs. 1 Nr. 4a GG a.F.) und nunmehr sogar die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz zusteht (Art. 73 Abs. 1 Nr. 12 GG n.F.). Daran fehlt es.

2. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 47 , 52 Abs. 2 GKG .

Vorinstanz: OVG Hamburg, vom 12.10.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 3 Bf 306/04