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BVerwG - Entscheidung vom 15.02.2007

5 B 117.06

BVerwG, Beschluss vom 15.02.2007 - Aktenzeichen 5 B 117.06

DRsp Nr. 2007/5637

Gründe:

Die Beschwerde ist nicht begründet. Die allein geltend gemachte Abweichung (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ) der Berufungsentscheidung von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. August 2006 - BVerwG 5 C 13.05 - juris (zur Veröffentlichung in der Entscheidungssammlung BVerwGE vorgesehen) liegt nicht vor.

1. Es erscheint bereits fraglich, ob - wie die Beschwerde meint - den Sätzen aus der Berufungsentscheidung

"Die hier geschlossene vorläufige Vergütungsvereinbarung, auf Grund derer Abschlagspflegesätze in der genannten Höhe gezahlt worden sind, ist aus den im Folgenden dargestellten Gründen endgültigen Vereinbarungen im Sinne des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 gleichzusetzen mit der Folge, dass hier ein Sonderfall nach § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG nicht angenommen werden kann und der Kläger keinen über die gezahlten Abschläge hinaus gehenden Anspruch hat. Die Vorschrift des § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 ist auf diese Fälle nach Sinn und Zweck der Regelungen in § 93 Abs. 2 und 3 BSHG Fassung 1999, deren Zusammenhang und der darin zum Ausdruck gekommenen Konzeption des Gesetzes entsprechend anzuwenden."

ein (abstrahierungsfähiger) Grundsatz dahin entnommen werden kann,

"dass die Vereinbarung zwischen Einrichtungsträger und Sozialhilfeträger über vorläufige Abschläge auf die endgültige Vergütung bzw. die Festsetzung vorläufiger Abschläge durch die Schiedsstelle § 94 BSHG mit der Vereinbarung endgültiger Vergütungen gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 gleichzusetzen sei."

Aus den weiteren Ausführungen in der Berufungsentscheidung ergibt sich, dass vorläufigen Vereinbarungen und darauf beruhenden Abschlagszahlungen Bedeutung nur zukommt, wenn endgültige Vereinbarungen noch zu erwarten sind (BA S. 11 Abs. 2), und eine (vorläufige) Beschränkung der Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers auf Abschlagszahlungen nur bis zum Inkrafttreten einer endgültigen Regelung berechtigt ist (BA S. 11). Das Berufungsgericht setzt die vorläufigen Vereinbarungen den endgültigen mithin nicht insgesamt gleich, sondern nur insoweit, als sie seiner (zutreffenden) Auffassung nach einer Übernahme der Vergütung nach § 93 Abs. 3 BSHG entgegenstehen.

Außerdem käme es darauf nach dem Urteil des Senats vom 4. August 2006 (a.a.O.) nicht an. Wie der Senat in diesem Urteil näher ausgeführt hat, liegt - auch im Verhältnis zu ortsfremden Sozialhilfeträgern - ein "anderer Fall" i.S.d. § 93 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 BSHG F. 1994 bzw. ein Fall des § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG F. 1999 nicht vor, solange gemäß § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG F. 1994 bzw. § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG F. 1999 eine Vereinbarung bzw. eine sie gestaltende Schiedsstellenentscheidung zwischen einer Einrichtung und dem örtlich zuständigen Träger der Sozialhilfe tatsächlich und rechtlich möglich ist. Vorläufig festgesetzte oder vereinbarte Entgelte bzw. Vergütungen stehen zwar den endgültig vereinbarten oder festgesetzten Entgelten bzw. Vergütungen nicht gleich. Die Gewährung von Sozialhilfe ohne Bezug zu einer Vereinbarung ist aber "gesperrt", solange der angestrebte Abschluss einer Vereinbarung bzw. eine vereinbarungsgestaltende Schiedsstellenentscheidung rechtlich und tatsächlich möglich ist (Urteil vom 4. August 2006 a.a.O. juris Rn. 23).

2. Es kann auch offenbleiben, ob die Gleichsetzung von vorläufigen mit endgültigen Vereinbarungen in Bezug auf den Anwendungsausschluss des § 93 Abs. 3 BSHG durch das Berufungsgericht von dem Urteil vom 4. August 2006 (a.a.O. u.a. juris Rn. 24) abweicht. Nach diesem Urteil ist ein Anspruch auf endgültig höhere Sozialhilfeleistungen für die Heimunterbringung nicht deshalb - derzeit - unbegründet, weil für die streitgegenständliche Zeit vorläufige Entgelte bzw. Vergütungen sei es aufgrund von Schiedsstellenentscheidungen oder von gerichtlichen Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz festgesetzt oder als vorläufig vereinbart worden sind, sondern deshalb, weil eine angestrebte endgültige Vereinbarung (noch) nicht abgeschlossen ist bzw. eine Schiedsstellenentscheidung noch nicht bestandskräftig ist, solches aber noch möglich ist. Im Einklang hiermit hat das Berufungsgericht zwischen vorläufiger und endgültiger Vergütungsvereinbarung differenziert und darauf abgestellt, dass "solange (die) auf den Abschluss (endgültiger) Vereinbarungen gerichteten Verhandlungen/Verfahren ,schweben' und im Hinblick hierauf Abschläge an den Einrichtungsträger gezahlt werden, nicht angenommen werden (kann), dass Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 Satz 1 BSHG Fassung 1999 nicht abgeschlossen sind und damit ein Fall einer nicht vertragsgebundenen Einrichtung vorliegt, den allein § 93 Abs. 3 Satz 1 BSHG Fassung 1999 regelt"(BA S. 11 Abs. 1).

Selbst wenn das Berufungsgericht mit einer Gleichsetzung von vorläufigen und endgültigen Vereinbarungen von dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. August 2006 (a.a.O.) abweichen sollte, so beruht die Berufungsentscheidung jedenfalls hierauf nicht. Denn diese Gleichsetzung ist für den Ausschluss der Anwendung des § 93 Abs. 3 BSHG in der Berufungsentscheidung nicht tragend.

3. Soweit der Kläger vorträgt, das Bundesverwaltungsgericht habe im Urteil vom 4. August 2006 (a.a.O.) entschieden, die Klage auf die Übernahme einer höheren Vergütung sei derzeit unbegründet, während das Berufungsgericht die Klage auf die Übernahme einer höheren Vergütung endgültig abgewiesen habe, verkennt er, dass das Berufungsgericht dahin erkannt hat, dass der Kläger "nach (auf Grund) der gegenwärtigen Sachlage" keinen Anspruch auf die Übernahme einer höheren Vergütung habe (BA S. 5 a.E. und 17 Abs. 4). Dem schließt sich im Berufungsbeschluss die Feststellung an, dass der Beklagte für den Fall, dass eine endgültige Vergütungsvereinbarung/Vergütungsfestsetzung für den entscheidungserheblichen Zeitraum einen höheren Pflegesatz vorsehen sollte, ausdrücklich die Nachzahlung des Differenzbetrages zugesagt habe.

4. Die Ausführungen der Beschwerde dazu, dass die Unterschiede zwischen dem angefochtenen Beschluss und dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. August 2006 zu der Notwendigkeit unterschiedlicher Tatsachengrundlagen führten und der angefochtene Beschluss keine Feststellungen dazu enthalte, ob der Abschluss von Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen für die streitgegenständliche Zeit rechtlich und tatsächlich noch möglich sei, führen nicht auf einen Revisionszulassungsgrund. Die Beschwerde wendet sich insoweit lediglich gegen die tatsächliche und rechtliche Würdigung des Berufungsgerichts, ohne einen Bezug zu einem der in § 132 Abs. 2 VwGO bezeichneten Zulassungsgründe aufzuzeigen.

5. Jedenfalls die Ergebnisrichtigkeit der Berufungsentscheidung steht in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO (stRspr; vgl. etwa Beschlüsse vom 17. März 1998 - BVerwG 4 B 25.98 - Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 66 und vom 22. August 1996 - BVerwG 8 B 100.96 - Buchholz 310 § 144 VwGO Nr. 62 m.w.N.) der Zulassung der Revision entgegen.

6. Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO , die Gerichtskostenfreiheit auf § 188 Satz 2 VwGO .

Vorinstanz: OVG Niedersachsen, vom 16.08.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 4 LC 135/05