Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerwG - Entscheidung vom 26.02.2007

3 B 120.06

BVerwG, Beschluss vom 26.02.2007 - Aktenzeichen 3 B 120.06

DRsp Nr. 2007/5619

Gründe:

Der Kläger begehrt Rehabilitierung nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz ( BerRehaG ). Das Verwaltungsgericht hat seine Klage abgewiesen, weil er weder die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 3 BerRehaG noch die des § 1 Abs. 1 Nr. 4 BerRehaG erfülle.

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts ist bereits unzulässig. Soweit der Kläger durch sein von ihm persönlich verfasstes Schreiben vom 11. Oktober 2006 Beschwerde erhoben hat, mag zwar die Einlegungsfrist gemäß § 133 Abs. 2 VwGO (Monatsfrist) eingehalten worden sein, welche mit der Zustellung des angefochtenen Urteils bei dem Bund der Mitteldeutschen, Landesverband Berlin e.V. als Prozessbevollmächtigten des Klägers in der Vorinstanz am 16. September 2006 zu laufen begann und am 16. Oktober 2006 endete. Gleichwohl kann es sich hierbei schon nicht um eine zulässige Beschwerde handeln, weil dem Vertretungserfordernis gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO nicht genügt worden ist. Auch durch das Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Vorinstanz vom 12. Oktober 2006, das ohnehin ausdrücklich nicht als Rechtsmittel verfasst war, ist dem Vertretungserfordernis gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO nicht genügt worden.

Soweit die jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers mit anwaltlichem Schriftsatz vom 30. Oktober 2006 eine Beschwerde angebracht hat, ist damit die Einlegungsfrist des § 133 Abs. 2 VwGO nicht gewahrt. Eine Anwendung des § 58 Abs. 2 VwGO scheidet aus, da der Kläger auf den Vertretungszwang und die geltenden Fristen in der dem Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung in ordnungsgemäßer Weise hingewiesen worden ist. Dadurch, dass das Gericht im zweiten Absatz der Rechtsmittelbelehrung gemäß dem Wortlaut des § 67 Abs. 1 Satz 1 und 2 VwGO ausdrücklich formulierte, dass der Vertretungszwang "auch für die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision" gelte, hat es den unabdingbaren Vertretungszwang unmissverständlich und ohne Raum für Zweifel zum Ausdruck gebracht.

Dem Kläger kann auch keine Wiedereinsetzung in die versäumte Einlegungsfrist im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO gewährt werden. Zur Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs hat der Kläger darlegen lassen, als juristischer Laie sei er davon ausgegangen, mit seinem Schreiben vom 11. Oktober 2006 die in der Rechtsmittelbelehrung genannte Frist eingehalten zu haben. Die Rechtsmittelbelehrung habe ihm "suggeriert", die Erhebung der Beschwerde beim Verwaltungsgericht sei noch ohne Anwalt möglich, während der Vertretungszwang lediglich für die Erhebung der Revision selbst gelte. Zudem habe seine Bevollmächtigte in der Vorinstanz ihm das Urteil erst am 27. September 2006 zukommen lassen, so dass er es frühestens am 28. September 2006 habe zur Kenntnis nehmen können. Als juristischer Laie sei er wiederum davon ausgegangen, dass die Frist erst mit seiner Kenntnisnahme zu laufen beginne. Seine Bevollmächtigte in der Vorinstanz habe ihn nicht entsprechend aufklären können, da sie ebenfalls juristischer Laie sei. Dieser Vortrag entschuldigt das verspätete ordnungsgemäße Einlegen der Beschwerde nicht. Wie dargelegt, war das Urteil mit einer ordnungsgemäßen Rechtsmittelbelehrung versehen. Der dem Wortlaut des Gesetzes folgende ausdrückliche Hinweis, dass der Vertretungszwang "auch für die Einlegung der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision" gilt, müsste auch einem juristischen Laien den unabdingbaren Anwaltszwang verdeutlichen. Hinsichtlich der Handlungen und Kenntnisse der Bevollmächtigten der Vorinstanz scheitert eine Berücksichtigung von deren etwaigen Versäumnissen schon daran, dass sich der Kläger deren Auswahl vollumfänglich zurechnen lassen muss.

Auch der Vortrag im Zusammenhang mit den im Anschluss an das persönliche Schreiben des Klägers vom 11. Oktober 2006 erfolgten Hinweisen des Gerichts belegt nicht, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, die gesetzliche Einlegungsfrist zu wahren. Da er das Schreiben vom 13. Oktober 2006 nach eigenem Vortrag erst am 24. Oktober 2006, also nach Ablauf der Einlegungsfrist erhalten hat, konnte dieses Schreiben in keiner Weise ursächlich für eine Entscheidung des Klägers gewesen sein. Davon abgesehen hat das Gericht durch seine Schreiben vom 13. Oktober und 20. Oktober 2006 im Gegensatz zur Auffassung der Beschwerde keineswegs den Rechtsschein gesetzt, dass die Beschwerdefrist verlängert werden könne. Vielmehr wird in dem Schreiben vom 13. Oktober 2006 auf die Rechtsmittelbelehrung am Ende des Urteils und insbesondere darauf verwiesen, "dass die Einlegung der Beschwerde durch einen Rechtsanwalt zu erfolgen hat". Auch das Schreiben vom 20. Oktober 2006 verhält sich nicht zu einer Verlängerung der Beschwerdefrist. Der Kläger wird lediglich zu einer Stellungnahme zum Schreiben des Gerichts vom 13. Oktober 2006 aufgefordert, wobei ihm für diese Stellungnahme eine Frist bis zum 26. Oktober 2006 gesetzt wird. Ausweislich eines Vermerks der Richterin der Vorinstanz über ein Gespräch mit dem Kläger vom 26. Oktober 2006 habe diese ihm "nochmals die Rechtsmittelbelehrung im Urteil erklärt und ihn darauf hingewiesen, dass eine Beschwerde durch einen Rechtsanwalt nicht fristgemäß eingelegt wurde". Mit dem Kläger sei dann vereinbart worden, dass er "morgen mitteilt, ob er mit dem ,Widerspruch' den Rechtsweg gegen das Urteil weiter beschreiten will oder das Verfahren nicht weiter betreiben will". Ausweislich eines weiteren Vermerks der Richterin der Vorinstanz über ein Gespräch mit einem vom Kläger zu einer weiteren Anfrage beauftragten Rechtsanwalt sei diesem der Inhalt des Gesprächs mit dem Kläger geschildert worden. Dieser Rechtsanwalt habe daraufhin mitgeteilt, er habe zwar von der "Materie Reha-Recht keine Ahnung", aber da es hier nur auf die Förmlichkeiten des Rechtsmittels ankomme, würde seiner Ansicht nach ein Festhalten an dem "Widerspruch" nur weitere Kosten produzieren.

Es ist möglich, dass der Kläger trotz dieser Erläuterungen glaubte, nicht die Äußerungsfrist über die Aufrechterhaltung seines "Widerspruchs" bis zum 27. Oktober 2006, sondern die Beschwerdefrist selbst bis zu diesem Zeitpunkt noch wahren zu können. So ist jedenfalls zu erklären, dass er sich am 27. Oktober 2006 nochmals von seiner ihn seit 1999 behandelnden Nervenärztin untersuchen ließ. Diese bescheinigte ihm dann auch, er sei "z.Zt. erneut in einer schweren depressiven Episode" und habe die "ihm aufgegebenen kurzen Fristen nicht einhalten" können. Es mag sein, dass mit diesem Attest bescheinigt wird, dass er die ihm aufgegebene Äußerungsfrist nicht einhalten konnte. Dieses Vorbringen führt jedoch nicht schlüssig auf ein begründetes Wiedereinsetzungsbegehren. Das aufgrund der Untersuchung vom 27. Oktober ausgestellte Attest trifft keine Aussage dazu, ob der Kläger in der eigentlichen Einlegungsfrist vom 16. September bis 16. Oktober 2006 nicht in der Lage war, die Frist einzuhalten. Jedenfalls konnte er am 11. Oktober noch selbst ein persönliches Rechtsmittelschreiben fertigen. Er konnte auch am 26. Oktober 2006 die Richterin der Vorinstanz anrufen, einen Rechtsanwalt aufsuchen und diesen bei Gericht anrufen lassen. Am 27. Oktober 2006 konnte er zweimal ein persönlich verfasstes Schreiben mit der Bitte um Fristverlängerung per Fax an das Gericht senden, ein ärztliches Attest einholen und eine Rechtsanwältin aufsuchen und mit der Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde beauftragen. Warum er gerade in der Einlegungsfrist ohne Verschulden an der Einhaltung der Frist gehindert gewesen sein soll, wird demzufolge nicht glaubhaft gemacht. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist auch nicht etwa deshalb zu gewähren, weil der Kläger innerhalb der Beschwerdefrist einen ordnungsmäßig begründeten und vollständigen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt hätte. Dies ist nicht der Fall. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe ging ebenfalls außerhalb der Beschwerdefrist ein.

Dem Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung eines Beschwerdeverfahrens gegen die Nichtzulassung der Revision Prozesskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwältin Brosey beizuordnen, kann nicht entsprochen werden, weil die von ihm beabsichtigte Rechtsverfolgung aus den vorstehenden Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO ).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO . Von der Erhebung von Gerichtskosten wird für das Beschwerdeverfahren gemäß § 21 Abs. 1 Satz 3 GKG abgesehen.

Vorinstanz: VG Chemnitz, vom 07.09.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 112/03