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BVerwG - Entscheidung vom 07.02.2007

1 B 286.06

BVerwG, Beschluss vom 07.02.2007 - Aktenzeichen 1 B 286.06

DRsp Nr. 2007/5612

Gründe:

Die auf einen Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ) gestützte Beschwerde bleibt ohne Erfolg.

Die Beschwerde macht geltend, das Berufungsgericht habe den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör dadurch verletzt, dass es zu Unrecht über die Berufung durch Beschluss nach § 130a VwGO entschieden habe. Damit sei dem Kläger keine Möglichkeit gegeben worden, seine Befürchtungen für den Fall einer Rückkehr in den Irak im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu äußern. Bereits in der ersten Instanz sei der Kläger nicht angehört worden. Das erstinstanzliche Gericht habe in Fällen wie dem vorliegenden (Widerruf des Flüchtlingsstatus von irakischen Staatsangehörigen) teilweise förmlich eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der faktisch aber nach Absprache mit dem Richter niemand erschienen sei, da es nach der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auf den individuellen Vortrag nicht angekommen sei.

Mit diesem Vorbringen wird der behauptete Verfahrensverstoß nicht den Anforderungen des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO entsprechend dargelegt. Voraussetzung einer begründeten Rüge der Versagung rechtlichen Gehörs ist nämlich die (erfolglose) Ausschöpfung sämtlicher verfahrensrechtlich eröffneten und nach Lage der Dinge tauglichen Möglichkeiten, sich rechtliches Gehör zu verschaffen. Eine Partei, die von einer ihr insoweit eingeräumten Möglichkeit keinen Gebrauch gemacht hat, kann sich später nicht darauf berufen, ihr sei das rechtliche Gehör versagt worden (vgl. Beschluss vom 30. Januar 2003 - BVerwG 1 B 169.02 - Buchholz 11 Art. 103 Abs. 1 GG Nr. 67 ). Der Kläger wurde mit der Anhörungsmitteilung vom 6. Juli 2006 auf die Absicht des Berufungsgerichts hingewiesen, über die Berufung nach § 130a VwGO durch Beschluss zu entscheiden. Der anwaltlich vertretene Kläger hatte insoweit Gelegenheit vorzutragen, warum seiner Auffassung nach eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht ergehen durfte. Die Beschwerde hat nicht dargelegt, ob und wie der Kläger nach der Anhörungsmitteilung dem behaupteten Anspruch auf eine mündliche Verhandlung Geltung verschafft hat. Dies ist tatsächlich auch nicht geschehen. Im Schriftsatz vom 10. August 2006 ist der Bevollmächtigte des Klägers der Absicht des Berufungsgerichts, gemäß § 130a VwGO durch Beschluss zu entscheiden, nicht entgegengetreten.

Im Übrigen zeigt die Beschwerde auch unabhängig hiervon nicht auf, dass das Berufungsgericht § 130a VwGO fehlerhaft ausgelegt und angewendet und damit den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzt hat.

Der Gesetzgeber hat - wie sich aus dem Zusammenhang mit § 84 Abs. 2 VwGO erschließt - das vereinfachte Berufungsverfahren nach § 130a VwGO nur unter der Voraussetzung zugelassen, dass in erster Instanz eine mündliche Verhandlung stattgefunden hat oder dem Berufungskläger jedenfalls eröffnet war. Eine Entscheidung durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung ist danach unzulässig, wenn der Klage in erster Instanz durch Gerichtsbescheid stattgegeben wurde (vgl. Urteil vom 14. März 2002 - BVerwG 1 C 15.01 - Buchholz 310 § 130a VwGO Nr. 58). Dies macht die Beschwerde indessen nicht geltend. Tatsächlich hat das Verwaltungsgericht ausweislich der Niederschrift vom 5. August 2005 eine mündliche Verhandlung durchgeführt, zu der der Kläger nicht erschienen ist, wobei nach den Angaben der Beschwerde in den in Rede stehenden Fällen eine entsprechende Absprache mit dem Gericht getroffen wurde. Damit hat der Kläger auf eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und die damit verbundene Gelegenheit, persönlich vor Gericht vorzutragen, verzichtet (vgl. zur Zulässigkeit einer Entscheidung nach § 130a VwGO in dem - hier nicht gegebenen - Fall eines Verzichts auf mündliche Verhandlung nach § 101 Abs. 2 VwGO das erwähnte Urteil vom 14. März 2002 a.a.O. m.w.N.). Das Berufungsgericht war hierdurch an einer Entscheidung nach § 130a VwGO nicht gehindert. Der Umstand, dass es - wie die Beschwerde darlegt - auf den Vortrag des Klägers nach der damaligen Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts für den Erfolg der Klage nicht ankam, ändert hieran nichts. Die Beschwerde zeigt schließlich auch nicht auf, dass sich das Berufungsgericht durch Anhörung einen eigenen Eindruck von der Glaubwürdigkeit des Klägers hätte verschaffen müssen (vgl. auch Beschluss vom 10. Mai 2002 - BVerwG 1 B 392.01 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 259).

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 133 Abs. 5 Satz 2 Halbs. 2 VwGO ).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO . Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylVfG nicht erhoben. Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Satz 1 RVG .

Vorinstanz: OVG Schleswig-Holstein, vom 27.09.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 1 LB 96/05