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BVerwG - Entscheidung vom 25.01.2007

10 B 42.06

BVerwG, Beschluss vom 25.01.2007 - Aktenzeichen 10 B 42.06

DRsp Nr. 2007/4624

Gründe:

Die auf den Revisionszulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ) gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtsfrage dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zugrundeliegenden Einzelfall hinausgehenden klärungsbedürftigen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO ) zu erwarten ist (Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 >n.F.< VwGO Nr. 26 S. 14). Daran fehlt es hier.

1. Die Beschwerde hält für klärungsbedürftig die Frage,

ob bereits die Gründe für die vorläufige Besitzänderung ausreichen, die planfestgestellte Maßnahme zu rechtfertigen und ob dies gegebenenfalls auch dann gilt, wenn die Fachplanung selbst eine besondere Dringlichkeit für die Umsetzung ihrer Maßnahme gerade nicht vorgibt und für die Änderung der Eigentumsverhältnisse darauf abstellt, dass diese zunächst in einem Flurbereinigungsverfahren geklärt werden sollen.

Diese Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Die Beschwerde unterstellt einen Sachverhalt, der in den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz so keine Grundlage findet und schon deshalb in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht zugrunde gelegt werden könnte. Außerdem ist fraglich, ob die Beschwerde, indem sie auf Umstände des konkreten Falles abstellt, überhaupt eine über den Einzelfall hinausgehende verallgemeinerungsfähige Rechtsfrage aufzeigt. Zumindest lässt sich diese Rechtsfrage auf der Grundlage der vorhandenen Rechtsprechung und mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Gesetzesauslegung ohne weiteres im Sinne der hierzu im vorinstanzlichen Urteil vertretenen Auffassung beantworten. § 36 Abs. 1 FlurbG verlangt für den Erlass einer vorläufigen Anordnung, mit der zur Vorbereitung eines Flurbereinigungsplanes der Besitz von Grundstücken geregelt wird, dass die Regelung aus dringenden Gründen erforderlich ist. Dies setzt zum einen voraus, dass die Anordnung eine Maßnahme betrifft, die Gegenstand eines Flurbereinigungsverfahrens sein kann (vgl. Urteil vom 21. Januar 1988 - BVerwG 5 C 5.84 - BVerwGE 79, 1 >10 f.<). Davon ist das Flurbereinigungsgericht ausgegangen, die Beschwerde greift dies auch nicht an. Zum anderen muss die Anordnung erforderlich sein und darüber hinaus dringend. Das bedeutet, dass mit der Regelung nicht bis zum Flurbereinigungsplan und seiner Ausführung (§§ 61 ff. FlurbG ) gewartet werden kann. Dies ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz und bedarf keiner Entscheidung im Revisionsverfahren. Wann genau diese Voraussetzungen erfüllt sind, entzieht sich einer generellen Regelung, sondern hängt von der Würdigung des einzelnen Falles ab (Beschluss vom 6. Februar 1958 - BVerwG 1 B 74.57 - Buchholz 424.01 § 36 FlurbG Nr. 1). Die Vorinstanz hat festgestellt, dass Besitz und Nutzung der betroffenen Teilfläche des Grundstücks der Kläger benötigt würden, weil es sich um eine Fläche handele, die für die Verwirklichung des gegenüber den Klägern unanfechtbaren Planfeststellungsbeschlusses des Regierungspräsidiums Gießen vom 7. Oktober 2003 heranzuziehen sei. Die Flurbereinigung diene letztlich dem Ziel, den Planfeststellungsbeschluss ausführen zu können und die vom Kleebach ausgehenden Hochwassergefahren bei Starkniederschlägen zu mindern. Am Unterlauf des Kleebaches sollten Schäden an Gebäuden und anderen baulichen Anlagen abgewendet werden, die in der Vergangenheit schon aufgetreten seien. All dies haben die Kläger nicht substantiiert infrage gestellt.

Vor diesem Hintergrund stellt sich die von der Beschwerde aufgeworfene Frage hier nicht. Die Vorinstanz ist nämlich nicht von einer Identität der Gründe für den Planfeststellungsbeschluss und der vorläufigen Anordnung ausgegangen, sondern sieht die Dringlichkeit gerade in Umständen, die sich aus der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses ergeben. Die Vorinstanz ist davon ausgegangen, dass die planfestgestellte Maßnahme nach ihrem Zweck zügig umgesetzt werden muss und nicht ein u.U. Jahre dauerndes Flurbereinigungsverfahren abgewartet werden kann. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

2. Die Beschwerde hält ferner für grundsätzlich klärungsbedürftig die Frage,

ob eine vorläufige Anordnung nach § 36 FlurbG auch dann zulässig ist, wenn weder eine Ersatzfläche zur Verfügung gestellt noch eine angemessene Entschädigung festgesetzt wurde.

Auch diese Frage bedarf keiner Entscheidung im Revisionsverfahren, sondern ergibt sich ohne weiteres aus dem Gesetz und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Zwar sieht § 36 Abs. 1 Satz 2 FlurbG vor, dass zum Ausgleich von Härten eine angemessene Entschädigung festgesetzt werden kann. Das der Behörde eingeräumte Ermessen bezieht sich nicht darauf, ob eine Entschädigung zu gewähren ist. Entschädigungsleistungen werden im Flurbereinigungsplan geregelt. Die Behörde ist lediglich ermächtigt, zu Lasten der Teilnehmergemeinschaft schon im Zeitpunkt des Erlasses der vorläufigen Anordnung über eine derartige Entschädigung für vorübergehende Nachteile zu entscheiden. Das wiederum setzt voraus, dass für die Betroffenen ohne eine solche Entscheidung eine Härte eintreten würde (Beschluss vom 6. März 1961 - BVerwG 1 B 141.60 - Buchholz 424.01 § 36 FlurbG Nr. 2). Hierzu hat die Vorinstanz keine Tatsachen festgestellt; die Kläger haben dazu auch nichts vorgebracht.

3. Die Beschwerde begehrt darüber hinaus eine Zulassung der Revision wegen Abweichung von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ). Damit genügt sie nicht den Darlegungsanforderungen an diesen Zulassungsgrund (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO ). Diese setzen voraus, dass die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen die Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift widersprochen hat (stRspr, vgl. etwa Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 >n.F.< VwGO Nr. 26). Die Behauptung einer fehlerhaften Anwendung von Rechtssätzen des Bundesverwaltungsgerichts genügt den Zulässigkeitsanforderungen an eine Divergenzrüge nicht. So liegen die Dinge hier. Die Beschwerde führt lediglich an, dass das Bundesverwaltungsgericht in seiner Entscheidung vom 6. Februar 1958 (BVerwG 1 B 74.57 a.a.O.) entschieden hat, dass der Vorausbau nicht schon kraft Gesetzes dringlich sei, sondern nur kraft besonderer Dringlichkeitsgründe im Einzelfall und meint, diese Voraussetzungen seien hier nicht gegeben. Damit behauptet die Beschwerde lediglich eine aus ihrer Sicht unzutreffende Rechtsanwendung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 , § 159 Satz 2 VwGO . Die Festsetzung des Werts des Streitgegenstandes beruht auf § 52 Abs. 2 , § 47 Abs. 1 und 3 GKG .

Vorinstanz: VGH Hessen, vom 06.04.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 23 F 2340/05