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BVerwG - Entscheidung vom 20.09.2007

8 B 67.07

BVerwG, Beschluß vom 20.09.2007 - Aktenzeichen 8 B 67.07

DRsp Nr. 2007/18781

Gründe:

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Revision ist nicht wegen der geltend gemachten grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ).

Die Kläger halten die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob staatliche Verwaltung im Sinne von § 18 Abs. 2 Vermögensgesetz auch dann vorliegt, wenn eine staatliche Stelle eine Aufbauhypothek bestellt und dazu wahrheitswidrig behauptet hat, das entsprechende Grundstück sei in staatliche Verwaltung übernommen worden, während tatsächlich auch keine privatrechtliche Bevollmächtigung oder Beauftragung erfolgt ist. Diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision, weil sie sich in einem Revisionsverfahren wegen des vom Verwaltungsgericht festgestellten Sachverhalts so nicht stellen würde. Außerdem lässt sich anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts beantworten, wann eine staatliche Verwaltung vorliegt.

Gemäß § 18 Abs. 2 VermG sind Aufbauhypotheken und vergleichbare Grundpfandrechte zur Sicherung von Baukrediten, die durch den staatlichen Verwalter bestellt wurden, mit Abschlägen zu berücksichtigen. Die Fallgruppen, in denen nach dem Recht der DDR staatliche Verwaltung anzuordnen war, sind in § 1 Abs. 4 VermG allgemein umschrieben und die entsprechenden Rechtsvorschriften in den Erläuterungen der Bundesregierung hierzu angegeben (vgl. BTDrucks 11/7831 S. 2). Danach erfassten, abgesehen von der Fallgruppe des Vermögens ausländischer Staatsangehöriger, Rechtsvorschriften über die Anordnung der staatlichen Verwaltung namentlich die Vermögenswerte von Bürgern, die die DDR oder Berlin-Ost bis zum 10. Juni 1953 mit Genehmigung oder nach dem 10. Juni 1953 ohne erforderliche Genehmigung verlassen hatten, sowie diejenigen deutschen Staatsangehörigen, die ihren Wohnsitz oder ständigen Aufenthalt bereits am 8. Mai 1945 im Westen Deutschlands hatten (Urteil vom 29. April 1999 - BVerwG 7 C 18.98 - Buchholz 428 § 1 Abs. 4 VermG Nr. 3).

§ 1 Abs. 4 VermG ist entsprechend dem Zweck des Schädigungstatbestandes auch dann anwendbar, wenn die staatliche Verwaltung ohne formelle Anordnung tatsächlich ausgeübt wurde; denn die Vorschrift gewährt Wiedergutmachung dafür, dass dem Eigentümer die Befugnis, über den Vermögenswert selbst oder durch einen Bevollmächtigten zu verfügen, aufgrund staatlicher Verwaltung nach der Rechtswirklichkeit der DDR erkennbar entzogen war. Dementsprechend kann andererseits von einer "faktischen" staatlichen Verwaltung nicht ausgegangen werden, wenn die nach den einschlägigen Rechtsvorschriften mögliche staatliche Verwaltung tatsächlich nicht ausgeübt wurde. Staatliche Verwaltung erfolgte typischerweise aufgrund hoheitlicher Anordnung durch den Rat des Kreises. Demgegenüber ist von privater Grundstücksverwaltung auszugehen, wenn der Verwalter aufgrund zivilrechtlicher Vorschriften als Bevollmächtigter des privaten Grundstückseigentümers eingesetzt wurde. Als nicht staatlicher Verwalter konnte auch eine dem Staat zugeordnete Stelle wie die kommunale Wohnungsverwaltung beauftragt werden. Grundlage der Verwaltung blieb unter solchen Umständen die zivilrechtliche Übertragung. Ob staatliche oder private Verwaltung anzunehmen ist, richtet sich bei der Verwaltung durch eine staatliche Stelle nicht nach der organischen Zuordnung des Verwalters, sondern vorrangig nach dem Rechtsgrund des Verwaltungsverhältnisses (Urteil vom 29. April 1999 - BVerwG 7 C 18.98 - aaO.).

Typisches Merkmal des Schädigungstatbestandes des § 1 Abs. 4 VermG ist eine hoheitliche Vermögensverwaltung, die Bundesbürger und Ausländer hinnehmen müssen, weil sie nach Verlassen der DDR oder mangels eines derartigen Wohnsitzes über ihr Eigentum nicht mehr verfügen konnten (Beschluss vom 4. August 2004 - BVerwG 7 B 41.04 - Buchholz 428 § 18 VermG Nr. 20). Einen derartigen Sachverhalt hat das Verwaltungsgericht gerade nicht festgestellt. Nach den vom Verwaltungsgericht ermittelten und nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Tatsachen steht vorliegend fest, dass für das streitgegenständliche Grundstück keine staatliche Verwaltung angeordnet war und auch tatsächlich nicht ausgeübt worden ist, weil die materiellen Voraussetzungen nicht vorgelegen hätten. Das Verwaltungsgericht hat dazu festgestellt, dass der Rat der Stadt R. mit Beschluss Nr. 26/6/1981 am 23. März 1981 die Aufnahme einer Aufbauhypothek zur Erhaltung von Wohnraum und Wohngebäuden "zur Durchführung umfangreicher Werterhaltungsmaßnahmen und Wohnraumerhaltung" für das hier in Rede stehende Grundstück in Höhe von 18 000 Mark genehmigt hat. Das Verwaltungsgericht hat berücksichtigt, dass der VEB Gebäudewirtschaft in Folge hinsichtlich der Aufbauhypothek und der Kreditgewährung gehandelt und hierbei wider besseres Wissen vorgetragen hat, das Grundstück sei mit Wirkung zum 15. April 1981 in staatliche Verwaltung übernommen worden. Diese Behauptung wider besseres Wissen hat aber nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht dazu geführt, dass die Kläger auf das Kreditgeschäft und die Verwaltung ihres Grundstücks keinen Einfluss mehr hätten nehmen können. Der Schriftverkehr aus den Jahren 1981 und 1982, insbesondere das Schreiben vom 7. Mai 1981 zeigen, dass sich der VEB Gebäudewirtschaft D. durchaus bewusst war, dass er nicht als staatlicher Verwalter hat handeln können und er sich im Rahmen von Aussprachen um die Klärung einer Vollmacht bemüht hat. Durch das Handeln des VEB Gebäudewirtschaft sind die Eigentümer weder vollständig aus ihrer Eigentümerposition verdrängt worden noch ist ihnen die Verfügungsbefugnis über das Grundstück entzogen worden. Der Kläger zu 2 hat sogar mit Schreiben vom 30. August 1982 die Einsetzung des VEB Gebäudewirtschaft als Bevollmächtigten auf Widerruf erklärt. Gerade weil es zu keiner staatlichen Verwaltung gekommen ist, ist mit Beschluss vom 10. März 1983 durch das Staatliche Notariat D. eine Abwesenheitspflegschaft für die Kläger zu 1 und zu 2 angeordnet worden.

Davon abgesehen reicht es nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für die Annahme einer nach § 18 Abs. 2 VermG erforderlichen staatlichen Verwaltung allein nicht aus, dass die privaten Eigentümer keine Einwirkungsmöglichkeiten bei der Aufnahme des Kredits und auf die Bestellung der Hypothek hatten (Urteil vom 24. April 2002 - BVerwG 8 C 21.01 - Buchholz 428 § 18 VermG Nr. 15 S. 19). Ebenso hat das Bundesverwaltungsgericht eine entsprechende Anwendung des § 18 Abs. 2 VermG abgelehnt, wenn die Eintragung des Grundpfandrechts zu Lasten eines nicht staatlich verwalteten Grundstücks auf einer staatlichen Anordnung beruhte (Beschluss vom 12. September 2000 - BVerwG 7 B 103.00 - Buchholz 428 § 18 VermG Nr. 11).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 und 3 i.V.m. § 52 GKG .

Vorinstanz: VG Leipzig, vom 01.03.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 233/04