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BVerwG - Entscheidung vom 10.05.2007

10 B 10.07

BVerwG, Beschluß vom 10.05.2007 - Aktenzeichen 10 B 10.07

DRsp Nr. 2007/16950

Gründe:

Die auf sämtliche Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

1. Die begehrte Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung der Sache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) kommt nicht in Betracht. Das würde voraussetzen, dass die Beschwerde eine bestimmte, höchstrichterlich noch ungeklärte und für die angestrebte Revisionsentscheidung erhebliche Rechtsfrage des revisiblen Rechts formuliert und außerdem angibt, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Sache bestehen soll (vgl. z.B. Beschluss vom 19. August 1997 - BVerwG 7 B 261.97 - Buchholz 310 § 133 [n.F.] VwGO Nr. 26 S. 14). Einwendungen gegen die sachliche Richtigkeit des angefochtenen Urteils reichen ebenso wenig aus, um diese Voraussetzung zu erfüllen, wie der bloße Hinweis darauf, der streitige Sachverhalt und damit zusammenhängende Rechtsfragen seien bisher nicht Gegenstand der höchstrichterlichen Rechtsprechung geworden. Dies muss sich die Beschwerde entgegenhalten lassen, wenn sie nach Art einer Rechtsmittelschrift die Rechtsanwendung der Vorinstanz in verschiedener Hinsicht als fehlerhaft beanstandet. Hinzu kommt, dass die kritisierte Rechtsanwendung die Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 der Verwaltungsgebührenordnung (VGebO Bln) i.d.F. der Verordnung vom 21. November 2001 (GVBl Bln 2001, 588) betrifft, mithin eine Rechtsnorm, deren Auslegung und Anwendung vom Revisionsgericht nicht nachgeprüft wird (vgl. § 137 Abs. 1 VwGO). Die Beschwerde hat dies zwar erkannt und versucht deswegen einen Bezug zum revisiblen Bundesrecht herzustellen, indem sie die Heranziehung bundesrechtlicher Normen (namentlich §§ 14, 66, 67 AO) durch die Vorinstanz mit dem Argument angreift, diese seien nicht einschlägig. Dabei übersieht die Beschwerde aber, dass die Rechtsfrage, ob die genannten Normen des Bundesrechts einschlägig sind oder nicht, sich nur auf der Grundlage der Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VGebO Bln beantworten lässt. Sie hängt nämlich zwingend davon ab, wie die dort normierte Tatbestandsvoraussetzung ("... wenn die Amtshandlung unmittelbar der Durchführung gemeinnütziger, mildtätiger oder kirchlicher Zwecke dient") für eine persönliche Gebührenbefreiung zu verstehen ist. Soweit die Beschwerde unter Bezugnahme auf die Maßstäbe, die sich aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 20 Abs. 3 GG für jede Rechtsauslegung ableiten lassen, Verstöße gegen Bundesrecht rügt, fehlt es an einer Darlegung (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), dass der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu den bundesrechtlichen Normen, deren Verletzung geltend gemacht wird, bisher keine Aussagen zu entnehmen sind, die eine bundesrechtskonforme Auslegung und Anwendung des Landesrechts gewährleisten (vgl. z.B. Beschluss vom 23. März 1992 - BVerwG 5 B 174.91 - Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 306).

2. Die Rüge der Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) greift nicht durch, weil sie sich darauf beschränkt, eine fehlerhafte oder unterbliebene Anwendung von Rechtssätzen durch die Vorinstanz geltend zu machen, was weder den Zulässigkeitsanforderungen für eine Grundsatz- noch denen für eine Divergenzrüge genügt (vgl. z.B. Beschluss vom 19. August 1997 aaO. S. 14).

3. Ein Verfahrensfehler, der zur Zulassung der Revision führen könnte (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), ergibt sich aus dem Beschwerdevorbringen ebenso wenig. Die Frage, ob das vorinstanzliche Verfahren an einem Mangel leidet, beurteilt sich nach dem materiellrechtlichen Standpunkt der Tatsacheninstanz, selbst wenn dieser Standpunkt Bedenken unterliegen sollte (vgl. z.B. Beschluss vom 23. Januar 1996 - BVerwG 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1 S. 1). Hier hat die Vorinstanz in Auslegung der zuvor zitierten Tatbestandsvoraussetzung die Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VGebO Bln dahingehend verstanden, der Normgeber habe mit der Novellierung eine Anpassung an die Voraussetzungen angestrebt, "unter denen bei der Verwirklichung gemeinnütziger Zwecke nach §§ 51 ff. AO 1977 Steuerfreiheit gewährt wird" (UA S. 6). Auf die Tatsachen, deren Ermittlung und Würdigung die Beschwerde vermisst, kam es danach nicht entscheidungserheblich an. Soweit die Beschwerde in diesem Zusammenhang einen richterlichen Hinweis für geboten hält, stellt sie überspannte Anforderungen an die prozessuale Fürsorgepflicht der Vorinstanz. Nachdem bereits das erstinstanzliche Urteil (UA S. 5) die von der Beschwerde angegriffene Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 VGebO Bln vertreten hatte, musste sich der Vorinstanz nicht der Gedanke aufdrängen, dass es zu einer Überraschungsentscheidung führen konnte, wenn sie sich dieser Rechtsauffassung anschließt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 3 GKG.

Vorinstanz: OVG Berlin-Brandenburg, vom 16.11.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 5 B 2.05