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BVerfG - Entscheidung vom 06.07.2007

2 BvR 1226/07

Normen:
StGB § 251
GG Art. 1 Abs. 1 Art. 103 Abs. 1

BVerfG, Beschluss vom 06.07.2007 - Aktenzeichen 2 BvR 1226/07

DRsp Nr. 2007/14526

Zurückweisung der Verfassungsbeschwerde gegen die Verhängung der Mindeststrafe von zehn Jahren wegen Raubes mit Todesfolge

1. Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber für den Strafrahmen des Verbrechens des Raubes mit Todesfolge eine Mindeststrafe von zehn Jahren Freiheitsstrafe festgelegt hat.2. Allenfalls bei sehr geringem Unwertgehalt der Tat kann die Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren schuldunangemessen sein.

Normenkette:

StGB § 251 ; GG Art. 1 Abs. 1 Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe:

Ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet. Ein Verstoß gegen das Prinzip schuldangemessenen Strafens (vgl. BVerfGE 96, 245 [249]) und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt nicht vor.

Mit seiner vom Bundesgerichtshof bestätigten Entscheidung hat das Landgericht gegen den Beschwerdeführer die Mindeststrafe, die das Gesetz für das Verbrechen des Raubes mit Todesfolge vorsieht, verhängt. Für eine Unterschreitung der Mindeststrafe contra legem bestand kein Anlass.

1. Im Rechtsstaat bestimmt der demokratisch legitimierte Gesetzgeber über die Strafwürdigkeit menschlicher Verhaltensweisen und die Art und Weise sowie den Umfang der Sanktionierung. Grenzen sind ihm dabei insoweit gesetzt, als dass die zu verhängende Strafe Schuld voraussetzt und in einem gerechten Verhältnis zur Schwere der Tat und zum Verschulden des Täters stehen muss (vgl. BVerfGE 50, 205 [214 f.]). Dies folgt aus dem Umstand, dass Kriminalstrafe die am stärksten eingreifende staatliche Sanktion für begangenes Unrecht darstellt und Strafrecht daher nur als "ultima ratio" des Rechtsgüterschutzes eingesetzt werden darf. Eine in ihren Auswirkungen zur begangenen Tat in keinem Verhältnis stehende Strafe greift nicht nur in Freiheitsrechte des Verurteilten ein. Sie bringt auch ein sozial-ethisches Unwerturteil mit sich und berührt deshalb die Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG (vgl. BVerfGE 96, aaO.).

2. Mit diesen Anforderungen, die von Verfassungs wegen an den Prozess der Straffindung zu stellen sind, ist die Festsetzung eines sich durch eine Mindest- und eine Höchstsstrafe umgrenzten Strafrahmens durch den Gesetzgeber vereinbar. Das Strafrecht kennt keine "freie" Strafzumessungstätigkeit der Gerichte.

3. Verfassungsrechtlich ist auch nichts dagegen zu erinnern, dass der Gesetzgeber für den Strafrahmen des Verbrechens des Raubes mit Todesfolge eine Mindeststrafe von zehn Jahren Freiheitsstrafe festgelegt hat. Der von zehnjähriger Freiheitsstrafe bis zur Verhängung der lebenslangen Freiheitsstrafe reichende Strafrahmen trägt dem Umstand Rechnung, dass die Vorschrift des § 251 StGB ein qualifiziertes Raubdelikt darstellt, bei dem zu dem Verbrechen des Raubes der zusätzliche Schaden einer durch die Begehung des Eigentumsdelikts schuldhaft herbeigeführten Tötung eines Menschen tritt. Der Unrechtsgehalt einer solchen Tat ist grundsätzlich so hoch, dass er die Verhängung einer zehnjährigen Freiheitsstrafe rechtfertigt.

4. Ob es Einzelfälle geben mag, in denen eine Freiheitsstrafe in Höhe von zehn Jahren schuldunangemessen wäre, braucht das Bundesverfassungsgericht nicht zu entscheiden. Der Fall des Beschwerdeführers gibt hierfür keinen Anlass. Den von den Strafgerichten zu Gunsten des Beschwerdeführers gewerteten Umständen - jugendliches Alter, geringe Tatbeute, keine übermäßige Gewaltanwendung, Geständnisbereitschaft im Strafverfahren - kommt kein solches Gewicht zu, dass es die Strafwahl des Landgerichts als sachlich nicht gerechtfertigte Rechtsanwendung erscheinen ließe. Die Tat weist keinen so geringen Unwertgehalt auf, dass eine Unterschreitung des Strafrahmens geboten wäre.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: BGH, vom 02.05.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 1 StR 118/07
Vorinstanz: LG Baden-Baden - 3 KLs 300 Js 3/06 Hw., E. - 26.10.2006,