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BVerfG - Entscheidung vom 16.04.2007

2 BvR 463/07

Normen:
GG Art. 19 Abs. 4

BVerfG, Beschluss vom 16.04.2007 - Aktenzeichen 2 BvR 463/07

DRsp Nr. 2007/10172

Wegfall des Rechtsschutzinteresses an der Überprüfung ermittlungsbehördlicher Maßnahmen nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens

Es ist verfassungsrechtlich unbedenklich, wenn die Fachgerichte davon ausgehen, dass 4 1/2 Jahre nach Vollzug einer Ermittlungsmaßnahme und nahezu drei Jahre nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens das Rechtsschutzbedürfnis für eine gerichtliche Entscheidung entfallen ist.

Normenkette:

GG Art. 19 Abs. 4 ;

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vorliegt. Sie hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Eine Verletzung der Beschwerdeführer in ihren Grundrechten aus Art. 1, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3, Art. 3 Abs. 1, Art. 11 , Art. 13 Abs. 1 und Art. 103 Abs. 1 GG ist weder gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG hinreichend konkret dargelegt noch sonst ersichtlich. Insoweit bestehen bereits Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde.

2. Die angegriffenen Beschlüsse verletzen die Beschwerdeführer nicht in ihren Rechten aus Art. 19 Abs. 4 GG . Die fachgerichtliche Zurückweisung der Anträge und Beschwerden der Beschwerdeführer mangels Rechtsschutzinteresses ist von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden. Es ist grundsätzlich mit dem Gebot, effektiven Rechtsschutz zu gewährleisten, vereinbar, die Rechtsschutzgewährung von einem vorhandenen und fortbestehenden Rechtsschutzinteresse abhängig zu machen (vgl. BVerfGE 96, 27 [39]; 104, 220 [232]; Beschlüsse der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Dezember 2002 - 2 BvR 1660/02 -, NJW 2003, S. 1514 [1515] und der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2006 - 2 BvR 371/06 -, juris). Auch ein an sich unbefristeter Antrag kann deshalb nicht nach Belieben hinausgezögert oder verspätet gestellt werden, ohne unzulässig zu werden.

Die Fachgerichte haben bei ihren Entscheidungen nicht verkannt, dass das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführer auch nach Beendigung der Beschlagnahme aufgrund des rechtskräftigen Abschlusses des Steuerstrafverfahrens fortbestehen kann. In Anbetracht des Zeitablaufs - die Beschwerdeführer beantragten erst viereinhalb Jahre nach Vollzug der Maßnahme und nahezu drei Jahre nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens die gerichtliche Entscheidung - ist die Annahme der Fachgerichte, dass das Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführer zwischenzeitlich entfallen ist, von Verfassungs wegen nicht zu beanstanden.

Die Strafverfolgungsbehörden müssen sich hier auch nicht entgegenhalten lassen, eine gerichtliche Entscheidung verzögert zu haben und aus eigenen Fehlern, Unklarheiten oder Versäumnissen Nachteile für die Beschwerdeführer abgeleitet zu haben. Das Landgericht hat beanstandungsfrei ausgeführt, dass sich aus den (auch dem Bundesverfassungsgericht) von den Beschwerdeführern vorgelegten Unterlagen kein ausdrücklicher Widerspruch der Beschwerdeführer gegen die Beschlagnahme der Unterlagen ergibt. Soweit die Beschwerdeführer auf ihr Schreiben vom 20. Januar 2003 und die hierauf bezogenen Kurzmitteilungen der Steuerfahndungsstelle verweisen, verkennen sie, dass sie sich damals lediglich gegen die Unzulässigkeit der Durchsuchung der von dem Zeugen G. genutzten Räume und die Verwertung der in diesen Räumen aufgefundenen Unterlagen gewandt hatten. Von diesen Maßnahmen waren sie aber selbst nicht in eigenen Rechten betroffen.

Allein die von den Beschwerdeführern zitierte finanzgerichtliche Rechtsprechung zur Geltendmachung von Beweisverwertungsverboten führt hier strafprozessual nicht zu einem Wiederaufleben des Rechtsschutzinteresses der Beschwerdeführer. Der Umstand, dass die Beschwerdeführer zur Geltendmachung eines Beweisverwertungsverbots im Steuerverfahren eine Entscheidung der Strafgerichte zur Rechtwidrigkeit der Durchsuchung und Beschlagnahme benötigen, hindert nicht den Eintritt der Verwirkung. Obwohl die Beschwerdeführer rechtzeitig eine Entscheidung der Strafgerichte hätten herbeiführen können, sind sie unter Verhältnissen untätig geblieben, unter denen vernünftigerweise etwas zur Wahrung des Rechts unternommen zu werden pflegt (vgl. Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 6. März 2006 - 2 BvR 371/06 -, juris, m.w.N.).

Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: LG Itzehoe, vom 01.02.2007 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Qs 264/06
Vorinstanz: AG Elmshorn, vom 27.11.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 32 Gs 133/06