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BVerfG - Entscheidung vom 14.08.2007

2 BvR 124/05

Normen:
StPO § 354 Abs. 1a S. 1

BVerfG, Beschluss vom 14.08.2007 - Aktenzeichen 2 BvR 124/05

DRsp Nr. 2007/15635

Verfassungsmäßigkeit einer Rechtsfolgenentscheidung durch das Revisionsgericht

§ 354 Abs. 1a S. 1 StPO ist mit der Verfassung vereinbar, sofern dem Revisionsgericht für seine Entscheidung im der Rechtsfolgen ein wahrheitsgetreuer und ausreichend ermittelter Sachverhalt zur Verfügung steht. Um diese Entscheidungsgrundlage sicher zu stellen und um den Anspruch des Angeklagten aus Art. 103 Abs. 1 GG zu wahren, ist es allerdings erforderlich, diesem im Revisionsverfahren die Möglichkeit einzuräumen, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gegen eine Sachentscheidung nach § 354 Abs. 1a StPO vorzutragen (BVerfG - 2 BvR 1447/05 - 14.06.2007; BVerfG - 2 BvR 136/05 - 14.06.2007).

Normenkette:

StPO § 354 Abs. 1a S. 1 ;

Gründe:

Ein Annahmegrund nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist unbegründet.

§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO ist mit der Verfassung vereinbar, sofern dem Revisionsgericht für seine Entscheidung im Bereich der Rechtsfolgen ein wahrheitsgetreuer und ausreichend ermittelter Sachverhalt zur Verfügung steht (vgl. BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 14. Juni 2007 - 2 BvR 1447/05, 2 BvR 136/05 -, Abs. 92 ff., juris). Um diese Entscheidungsgrundlage sicherzustellen und um den Anspruch des Angeklagten aus Art. 103 Abs. 1 GG zu wahren, ist es allerdings erforderlich, diesem im Revisionsverfahren die Möglichkeit einzuräumen, in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht gegen eine Sachentscheidung nach § 354 Abs. 1a StPO vorzutragen (vgl. BVerfG, aaO., Abs. 94 ff.). Zudem muss das Revisionsgericht in seinem Erkenntnis im Regelfall darlegen, aufgrund welcher Umstände es von einer Angemessenheit der durch das Tatgericht fehlerhaft begründeten Strafzumessung ausgeht (vgl. BVerfG, aaO., Abs. 102 f.).

Diese von Verfassungs wegen an eine Sachentscheidung nach § 354 Abs. 1a Satz 1 StPO zu stellenden Anforderungen hat das Oberlandesgericht beachtet. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob neben der Staatsanwaltschaft auch der Beschwerdeführer durch das Gericht auf die beabsichtigte Anwendung des Satzes 1 des Absatzes 1a des § 354 StPO hingewiesen wurde. Jedenfalls im Rahmen der anberaumten Revisionshauptverhandlung hatte der Beschwerdeführer durch seine Verteidiger ausreichend Gelegenheit, mit Hinweis auf eine unzureichende und möglicherweise fehlerhafte Tatsachengrundlage gegen eine Sachentscheidung des Strafsenats über die Angemessenheit der verhängten Strafe vorzutragen und vom Strafsenat die aus dessen Sicht für ein Aufrechterhalten der vom Landgericht verhängten Strafen sprechenden Gründe zu erfragen. Es ist nicht ersichtlich, dass den Verteidigern des Beschwerdeführers diese Möglichkeit abgeschnitten wurde oder das Oberlandesgericht angebrachtes Verteidigungsvorbringen übergangen hätte. Insoweit liegt weder ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG noch gegen das Verbot willkürlicher Rechtsanwendung vor. Der Strafsenat hat seine Prüfung der Angemessenheit der Rechtsfolge auch begründet, ohne dass diese Begründung, die in einer Abwägung strafmildernder und strafschärfender Umstände besteht, sachfremde Erwägungen erkennen ließe.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: SchlHOLG - 1 Ss 81/04 (95/04) - 14.12.2004,
Vorinstanz: LG Lübeck - 716 Js 6319/02 - 3 Ns (kl. 133/03) - 31.3.2004,