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BVerfG - Entscheidung vom 19.04.2007

2 BvR 90/07

Normen:
GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3
StPO § 467 Abs. 4, 5

BVerfG, Beschluss vom 19.04.2007 - Aktenzeichen 2 BvR 90/07

DRsp Nr. 2007/10205

Verfassungsmäßigkeit einer Auslagenentscheidung nach Einstellung eines Strafverfahrens

Dass der Beschwerdeführer seine gesamten außergerichtlichen Auslagen zu tragen hat, entspricht der Besonderheit der Einstellung nach § 153a StPO . Der bloßen Kostenfolge wohnt keine Aussage zur Schuld des Täters inne, sondern sie ist Ausdruck des Wesens der kooperativen Verfahrensbeendigung.

Normenkette:

GG Art. 2 Abs. 1 Art. 20 Abs. 3 ; StPO § 467 Abs. 4 , 5 ;

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen. Ein Annahmegrund gemäß § 93a Abs. 2 BVerfGG liegt nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.

1. Soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landgerichts vom 20. September 2005 richtet, ist sie verfristet.

2. Der Beschluss des Landgerichts vom 31. Oktober 2005 wurde mit Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 - 2 BvR 2059/05 - aufgehoben. Eine Beschwer ist ihm nicht mehr eigen.

3. Die Entscheidung des Landgerichts vom 20. Dezember 2006 lässt die Möglichkeit einer Verletzung von Grundrechten des Beschwerdeführers - hier der Unschuldsvermutung als besonderer Ausprägung des Rechtsstaatsprinzips (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG ) - nicht erkennen. Vielmehr bringt das Gericht die Vorschriften der §§ 464 ff. StPO zu den Kostenfolgen anlässlich der Durchführung und des Abschlusses eines Strafverfahrens in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise zur Anwendung. Der Anschein einer Schuldzuweisung (vgl. BVerfGE 82, 106 [117]) wird durch die erneute Entscheidung nicht erweckt.

a) Während das Landgericht mittels der vorangegangenen Beschlüsse dem Beschwerdeführer die notwendigen Auslagen im Verfahren gemäß § 467 Abs. 4 StPO auferlegt hatte und gehalten war, seine Erwägungen zur Ermessensausübung im Hinblick auf die Kostentragung in den Entscheidungen darzulegen, bringt es nun - zutreffend - § 467 Abs. 5 StPO zur Anwendung. Die Entscheidung über die Kostentragung bei endgültiger Einstellung nach vorangegangener vorläufiger Einstellung gemäß § 153 a StPO ist nicht Gegenstand von Ermessenserwägungen nach § 467 Abs. 4 StPO , das Gericht ist vielmehr bei seiner Entscheidung gebunden: Der Angeschuldigte trägt in diesen Fällen seine notwendigen Auslagen selbst. Dies hat das Gericht bei seinen vorangegangenen Entscheidungen verkannt. Die Einsicht in das Erfordernis der Anwendung von § 467 Abs. 5 StPO bringt das Gericht in seinem Beschluss vom 20. Dezember 2006 durch die optische Hervorhebung der Vorschrift mittels Unterstreichens zum Ausdruck. Sie ist mithin keiner "Verschärfung" eines zu vermittelnden negativen "Eindrucks" vom Beschwerdeführer geschuldet, sondern auf die vorangegangene fehlerhafte Anwendung der Vorschrift des § 467 Abs. 4 StPO zurückzuführen.

b) Dass der Beschwerdeführer seine gesamten außergerichtlichen Auslagen zu tragen hat, entspricht der Besonderheit der Einstellung nach § 153 a StPO : Der Angeschuldigte unterwirft sich freiwillig Sanktionen besonderer Art, um die Weiterführung des gesamten Verfahrens zu vermeiden (vgl. Löwe/Rosenberg-Hilger, Die Strafprozessordnung und das Gerichtsverfassungsgesetz , 25. Aufl. 2001, § 467 Rn. 72). Eine Differenzierung im Hinblick auf Kosten "gewonnener" Instanzen findet nicht statt. Der bloßen Kostenfolge wohnt - wie auch der Erfüllung von Auflagen oder Weisungen anlässlich einer Einstellung nach § 153 a StPO - keine Aussage zur Schuld des Täters inne. Vielmehr ist sie Ausdruck des Wesens der kooperativen Verfahrensbeendigung (vgl. Meyer-Goßner, Strafprozessordnung , 49. Aufl. 2006, § 153 a Rn. 9-12).

c) Die Neufassung der Kostenfolge durch Beschluss vom 20. Dezember 2006 ersetzt die fehlerhaft unter Anwendung von § 467 Abs. 4 StPO erfolgte Kostenregelung in der landgerichtlichen Entscheidung vom 20. September 2005. Eine Beschwer ist dieser nicht mehr eigen. Einer gesonderten Aufhebung hat es nicht bedürft.

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG ).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: LG Bonn, vom 20.12.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 35 U 4/06
Vorinstanz: LG Bonn, vom 31.10.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 32 U 3/05
Vorinstanz: LG Bonn, vom 20.09.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 32 U 3/05