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BVerfG - Entscheidung vom 19.12.2007

1 BvR 2793/04

Normen:
GG Art. 8
VersG § 15 Abs. 1

Fundstellen:
NVwZ 2008, 671

BVerfG, Beschluss vom 19.12.2007 - Aktenzeichen 1 BvR 2793/04

DRsp Nr. 2008/1907

Verfassungsmäßigkeit der Erteilung von Auflagen gegenüber den Veranstaltern einer Versammlung

Das Rufen von Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" oder deren Verwendung in schriftlicher Form, etwa in Flugblättern sowie die Verwendung von Aussagen zu den Bezeichnungen "Nationaler Widerstand Hochsauerland" und "Freie Nationalisten Sauerland/Siegerland" darf nicht durch versammlungsrechtliche Auflagen untersagt werden, da sie nicht im Einklang mit Art. 5 Abs. 2 GG durch Strafgesetze oder andere Gesetze verboten sind.

Normenkette:

GG Art. 8 ; VersG § 15 Abs. 1 ;

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen beschränkende Verfügungen ("Auflagen") gemäß § 15 Abs. 1 VersG , durch welche unter anderem das Rufen von Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" auf einer von dem Beschwerdeführer angemeldeten Versammlung untersagt wurde, sowie gegen verwaltungsgerichtliche Entscheidungen hierzu.

I. 1. Der Beschwerdeführer meldete für den 30. Juni 2001 eine Kundgebung mit Umzug unter dem Motto "Gegen Demonstrationsverbote" an. Am 27. Juni 2001 erließ die Ordnungsbehörde eine Verfügung, die insgesamt elf als "Auflagen" bezeichnete beschränkende Verfügungen umfasste. Die allein angegriffenen Auflagen Nr. 9 und 10 dieser Verfügung lauteten wie folgt:

9. Das Rufen von Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" wie zum Beispiel "Hier marschiert der Nationale Widerstand" oder "Hier spaziert der Nationale Widerstand" wird untersagt. Die Verwendung dieser v.g. Parolen in schriftlicher Form, wie z.B. auf Flugblättern, Plakaten usw. wird ebenfalls untersagt.

10. In Versammlungsreden und Sprechchören sowie auf Transparenten haben Aussagen zur verbotenen "Freiheitlichen Arbeiterpartei Deutschlands (FAP)" bzw. zu den Bezeichnungen "Nationaler Widerstand Hochsauerland" und "Freie Nationalisten Sauerland/Siegerland" zu unterbleiben.

Zur Begründung der Auflage Nr. 9 führte die Behörde aus, diese Auflage ergebe sich im Wesentlichen aus dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Februar 2001 - 5 B 180/01 - (auszugsweise abgedruckt in NJW 2001, S. 1441 f.). Dort heißt es unter anderem: "In Übereinstimmung mit dem Antragsgegner und dem Verwaltungsgericht geht der Senat davon aus, dass die Parole 'nationaler Widerstand' bei vergleichbaren Veranstaltungen in jüngerer Vergangenheit von einem rechtsextremen Spektrum verwandt worden ist. Das gemeinsame laute Skandieren dieser Parole verfolgt die Absicht, eine Überlegenheit des deutschen Volkes im Sinne einer ausschließlichen Blutsgemeinschaft zu propagieren. Auf diese Weise wird eine militante, aggressive und fremdenfeindliche Stimmung erzeugt, die die öffentliche Ordnung unmittelbar gefährdet und damit gegen das Versammlungsgesetz verstößt. Der vom Verwaltungsgericht zitierte Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 1999, S. 101 f., belegt, dass der Begriff 'Nationaler Widerstand' das Erkennungszeichen einer gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene ist. Zu ihr gehört z.B. auch der vor wenigen Tagen wegen des Verdachts des versuchten Mordes an einem Griechen festgenommene D.T., der ausweislich der zitierten Homepage des NIT Rheinland ... zum Gesinnungs-Umfeld der für den 10. Februar erwarteten Demonstranten zählt. Soweit der Antragsteller geltend macht, die Auflage verbiete auch Parolen wie 'Hier spaziert der Nationale Widerstand' oder dergleichen, führt dies zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Angesichts des phonetischen Gleichklangs von Begriffen wie 'marschieren', 'spazieren', 'flanieren' beim lauten Rufen entsprechender Parolen kann eine die öffentliche Ordnung unmittelbar gefährdende Wirkung nur bei einer gleichzeitigen Untersagung des Skandierens der Wortfolge 'Nationaler Widerstand' erzielt werden."

Hinsichtlich der Auflage Nr. 10 führt die Ordnungsbehörde aus, sie resultiere daraus, dass Aussagen zu den genannten Organisationen in der Bevölkerung Assoziationen zum Nationalsozialismus hervorrufen könnten.

2. Nach Durchführung der Veranstaltung am 30. Juni 2001 erhob der Beschwerdeführer bei dem Verwaltungsgericht Arnsberg Fortsetzungsfeststellungsklage. Mit dieser beantragte er festzustellen, dass die Auflagenverfügung vom 27. Juni 2001 hinsichtlich des Verbots, Trommeln und Fahnen, außer der Bundesflagge und den Fahnen der Bundesländer, zu benutzen (Auflage Nr. 4), sowie hinsichtlich der Auflage Nr. 9 in vollem Umfang und hinsichtlich der Auflage Nr. 10, soweit es den "Nationalen Widerstand Hochsauerland" sowie die "Freien Nationalisten Sauerland/Siegerland" betreffe, rechtswidrig sei. Mit dem angegriffenen Urteil stellte das Verwaltungsgericht Arnsberg fest, dass die Verfügung hinsichtlich der Auflage Nr. 4 rechtswidrig gewesen sei, soweit sie die Benutzung von Trommeln und Fahnen betreffe; im Übrigen wies es die Klage als unbegründet ab. Die Auflage Nr. 9 sei rechtmäßig; zur Begründung verwies das Verwaltungsgericht insoweit im Wesentlichen ebenfalls auf die Ausführungen in dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 9. Februar 2001 - 5 B 180/01 -. Auch der vom Beschwerdeführer beanstandete Teil der Auflage Nr. 10 sei rechtmäßig.

3. Das Oberverwaltungsgericht wies den Antrag des Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung mit dem angegriffenen Beschluss als unbegründet zurück. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestünden nicht. In dem verwaltungsgerichtlichen Urteil, ebenso wie in der Entscheidung des Senats vom 9. Februar 2001 - 5 B 180/01 -, sei nicht allein auf die Worte "Nationaler Widerstand" sowie "Freie Nationalisten" abgestellt worden. Vielmehr habe das Verwaltungsgericht - in Übereinstimmung mit dem Senat - maßgeblich auf das Zusammenwirken mit dem im Übrigen erwarteten Auftreten der Versammlungsteilnehmer abgestellt. Danach hätten die Worte "Nationaler Widerstand" als Parole gemeinsam laut skandiert werden sollen, wie dies nach den gerichtlichen Feststellungen in jüngster Zeit im rechtsextremen Spektrum bei vergleichbaren Veranstaltungen geschehen sei. Ohne Erfolg mache der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Es sei allein die Würdigung der Umstände des Einzelfalls des Beschwerdeführers ausschlaggebend dafür, ob die Auflagen Nr. 9 und 10 rechtmäßig seien oder nicht. Allein die Anwendung des § 15 Abs. 1 VersG auf den konkreten Fall stehe in Rede. Die grundsätzliche Bedeutung der Sache könne auch nicht daran festgemacht werden, dass der Beschwerdeführer sich in der Ausübung seiner Grundrechte aus Art. 5 und Art. 8 GG beschränkt sehe und eine Trennung zwischen der Verbreitung einer Meinung in Massenmedien einerseits sowie der Verbreitung auf Demonstrationen andererseits als willkürlich und den Wesenskern der genannten Grundrechte verletzend bewerte. Das Verwaltungsgericht habe gerade nicht isoliert auf den Inhalt der in Rede stehenden Äußerungen, sondern maßgeblich auf die Umstände der Zusammenkunft und die Art und Weise der kollektiven Meinungskundgabe abgestellt.

4. Mit seiner Verfassungsbeschwerde greift der Beschwerdeführer die Auflage Nr. 9 sowie die Auflage Nr. 10 der Verfügung vom 27. Juni 2001 an, diese, soweit sie die Bezeichnungen "Nationaler Widerstand Hochsauerland" und "Freie Nationalisten Sauerland/Siegerland" betrifft, ferner das Urteil des Verwaltungsgerichts sowie den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts. Er rügt Verletzungen seiner Rechte aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1, Art. 8 Abs. 1 und Art. 3 GG .

Die Verwendung des Sprechchores "Hier marschiert der Nationale Widerstand" sei bereits Gegenstand früherer verfassungsgerichtlicher Eilverfahren gewesen. Das Bundesverfassungsgericht habe ausgeführt, die aufgeworfenen Rechtsfragen müssten gegebenenfalls in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden. Seither würden entsprechende Auflagen äußerst regelmäßig erlassen. Diese hätten sich sogar noch verschärft. Im Ausgangsbescheid sei sogar die Verwendung der entsprechenden Parolen in schriftlicher Form untersagt worden. Dies führe dazu, dass nicht einmal ein Flugblatt, das diese Wortkombination enthalte, im Zuge der Demonstration verteilt werden dürfe; und zwar nicht einmal dann, wenn dies nur gegenüber den "eigenen" Demonstranten geschehe und nicht gegenüber der breiteren Öffentlichkeit. Dies widerspreche Art. 5 und Art. 8 GG . Das Schutzgut der öffentlichen Ordnung könne nicht zur Repression von politischen Inhalten herangezogen werden, deren Äußerung nicht unter Strafe gestellt sei. Darum gehe es jedoch, wenn die Wortfolge "Nationaler Widerstand" verboten werde. Die Formulierung "Nationaler Widerstand" werde nicht allein von so genannten neonazistischen Kreisen verwendet, sondern in gleichem Maße auch von der NPD, einer nicht vom Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 21 GG für verfassungswidrig erklärten Partei. Der Begriff sei diffus und lasse sich keiner einzelnen Organisation zuordnen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei verletzt, weil regelmäßig gegen Veranstaltungen des Beschwerdeführers sowie von Veranstaltern "vergleichbarer Couleur" umfangreiche Auflagenkataloge mit Auflagen der angegriffenen Art erlassen würden, gleichartige Auflagen aber gegen die regelmäßig gegen die Versammlungen des Beschwerdeführers gerichteten Gegendemonstrationen nicht erlassen würden.

5. Zu der Verfassungsbeschwerde hat das Innenministerium des Landes Nordrhein-Westfalen Stellung genommen. Die Beschwerde sei unbegründet. Die Auflage Nr. 9 habe der Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Ordnung gedient. Werde die öffentliche Ordnung allerdings ausschließlich durch die Inhalte der auf einer Versammlung geäußerten Meinungen gefährdet, sei ein Rückgriff auf dieses Schutzgut ausgeschlossen. Dies gelte jedoch nicht für Fälle, in denen die besonderen Umstände der kollektiven Meinungskundgabe - beispielsweise die Modalitäten des Auftretens der Versammlungsteilnehmer - eine Gefahr für die öffentliche Ordnung bewirkten. Danach begründe das Rufen von Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" sowie die Verwendung dieser Parole in schriftlicher Form eine unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung. Insbesondere durch das gleichförmige Marschieren und laute Skandieren der Parole und den damit verbundenen paramilitärischen Charakter werde eine militante, aggressive Stimmung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung sowie ein fremdenfeindliches Klima erzeugt.

II. Die Verfassungsbeschwerde ist zur Entscheidung anzunehmen, weil dies zur Durchsetzung der Rechte des Beschwerdeführers aus Art. 8 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG ). Das Bundesverfassungsgericht hat die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen zur Versammlungsfreiheit bereits entschieden (vgl. BVerfGE 69, 315 [342 ff.]; 90, 241 [246 ff.]; 111, 147 [154 ff.]). Danach ist die zulässige Verfassungsbeschwerde offensichtlich begründet im Sinne des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG .

1. Die Hoheitsakte verletzten den Beschwerdeführer, soweit sie mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen sind, in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit (Art. 8 Abs. 1 GG ). Daneben ist die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG betroffen. Der Beschwerdeführer will allerdings nicht erreichen, dass er die in den Auflagen erwähnten Aussagen als Einzelner äußern darf, sondern dass dies in einer von ihm veranstalteten Versammlung ermöglicht wird. Insoweit geht es ihm um das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit.

a) Durch die Auflagen wird die in Art. 8 Abs. 1 GG geschützte Freiheit berührt, mit anderen Personen zum Zwecke einer gemeinschaftlichen, auf die Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung gerichteten Erörterung oder Kundgebung örtlich zusammen zu kommen. Der Schutzbereich dieser Grundrechtsnorm ist nicht nur betroffen, wenn eine Versammlung verboten oder aufgelöst wird, sondern auch, wenn die Art und Weise ihrer Durchführung durch staatliche Maßnahmen beschränkt wird (vgl. BVerfGE 111, 147 [154 f.]). Wird der Versammlung verboten, in bestimmter Weise Meinungsinhalte zu artikulieren, so beschränkt dies ihre Möglichkeit, in einer selbst bestimmten Weise an der öffentlichen Meinungsbildung durch gemeinschaftliche Erörterung oder Kundgebung teilzuhaben. Eine solche Beschränkung liegt insbesondere vor, wenn versammlungstypische Äußerungsformen, wie etwa Aufrufe, gemeinsame Lieder oder Transparente (vgl. BVerfGE 69, 315 [343]) behindert werden. Weitere Beispiele sind Redeverbote (vgl. BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 8. Dezember 2001 - 1 BvQ 49/01 -, NVwZ 2002, S. 713, und vom 11. April 2002 - 1 BvQ 12/02 -, NVwZ-RR 2002, S. 500 [501]) oder die Untersagung der Verwendung von öffentlichkeitswirksamen Symbolen wie Fahnen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. März 2002 - 1 BvQ 9/02 -, NVwZ 2002, S. 983). Derartige Maßnahmen betreffen den Schutzbereich der Versammlungsfreiheit.

Solche Beschränkungen in der Kombination des Inhalts und der versammlungsspezifischen Ausdrucksform von Meinungen betreffen ebenfalls die Meinungsfreiheit des Art. 5 Abs. 1 GG und sind daher auch vor Art. 5 Abs. 2 GG zu rechtfertigen (vgl. BVerfGE 90, 241 [247]; 111, 147 [154]).

b) Das Bundesverfassungsgericht hatte sich schon verschiedentlich mit Auflagen des vorliegenden Typs zu befassen, allerdings bisher nur im Rahmen von Anträgen auf vorläufigen Rechtsschutz gemäß § 32 BVerfGG . In mehreren Eilentscheidungen hat es entsprechende Auflagen der Versammlungsbehörde nach § 15 Abs. 1 VersG oder vergleichbare Maßgaben der Fachgerichte nach § 80 Abs. 5 Satz 4 VwGO nicht beanstandet oder in dem Tenor seiner Eilrechtsentscheidung bekräftigt. Das Gericht hat aber vielfach ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es nach den Grundsätzen des Eilrechtsschutzes entschieden habe, und hinzugefügt, dass die Überprüfung der Rechtmäßigkeit solcher Auflagen nach § 15 Abs. 1 VersG den Fachgerichten im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleibe (vgl. statt vieler BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. März 2002 - 1 BvQ 9/02 -, NVwZ 2002, S. 983). Das Bundesverfassungsgericht hat im Rahmen seiner Folgenabwägung Beschränkungen der Modalitäten der Versammlungsdurchführung allein daraufhin geprüft, ob sie zu einer Gefahrenminderung beitragen können, die eine Durchführung der Versammlung ungeachtet verbleibender Risiken hinnehmbar erscheinen lasse (vgl. statt vieler BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 7. April 2001 - 1 BvQ 17/01 u.a. -, NJW 2001, S. 2072 [2075], und vom 1. Mai 2001 - 1 BvQ 22/01 -, NJW 2001, S. 2076 [2078]). Es hat dementsprechend beschränkende Verfügungen und Maßgaben unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit hingenommen oder Maßgaben selbst angeordnet, wenn sie eine mildere Maßnahme zur Gefahrenabwehr darstellten als das von der Behörde angeordnete Versammlungsverbot oder eine bestimmte Auflage.

Demgegenüber ist vorliegend zu überprüfen, ob die angegriffenen Auflagen und die dazu im Hauptsacheverfahren ergangenen Entscheidungen der Verwaltungsgerichte den grundrechtlichen Anforderungen außerhalb des Eilrechtsschutzes genügen.

c) Die in den angegriffen Auflagen erfolgten Beschränkungen der Versammlungsfreiheit bedürfen gemäß Art. 8 Abs. 2 GG einer gesetzlichen Grundlage.

Vorliegend wird die beschränkende Verfügung auf § 15 Abs. 1 VersG gestützt. Diese Norm sieht mit Rücksicht auf die verfassungsrechtliche Gewährleistung der Versammlungsfreiheit beschränkende Verfügungen gegenüber Versammlungen nur für den Fall vor, dass die öffentliche Sicherheit oder Ordnung nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren Umständen bei Durchführung der Versammlung oder des Aufzugs unmittelbar gefährdet ist. Die beschränkende Verfügung soll Rechtsgütern dienen, deren Schutz im betroffenen Fall der Ausübung der Versammlungsfreiheit vorgeht, und sie soll den Gefahren auf eine Weise entgegenwirken, die stärker beeinträchtigende Maßnahmen, etwa ein Verbot der Versammlung, nicht erforderlich werden lassen. Nicht auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 VersG werden demgegenüber behördliche Maßgaben erlassen, die nicht eine Abwehr konkret bevorstehender unmittelbarer Gefahren bezwecken, sondern sich in bloßen Hinweisen auf die allgemeine Rechtslage erschöpfen, Vorkehrungen für abstrakt gefährliche Tatbestände vorsehen oder im Sinne vorsorgender Maßnahmen lediglich den reibungslosen Ablauf einer Versammlung gewährleisten sollen (vgl. dazu BVerfG, Beschlüsse der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. März 2007 - 1 BvR 232/04 -, NVwZ 2007, S. 1183 [1184], und vom 25. Oktober 2007 - 1 BvR 943/02 -). Soweit solche Maßnahmen keine Grundrechtseingriffe darstellen, bedürfen sie auch keiner besonderen gesetzlichen Grundlage.

Das für beschränkende Verfügungen vorauszusetzende Erfordernis einer unmittelbaren Gefährdung setzt eine Sachlage voraus, die bei ungehindertem Geschehensablauf mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für die der Versammlungsfreiheit entgegenstehenden Interessen führt (vgl. BVerfGE 69, 315 [353, 360]). Unter Berücksichtigung der Bedeutung der Versammlungsfreiheit darf die Behörde bei dem Erlass von vorbeugenden Verfügungen keine zu geringen Anforderungen an die Gefahrenprognose stellen (vgl. BVerfGE 69, 315 [354]). Daher müssen zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung erkennbare Umstände dafür vorliegen, aus denen sich die unmittelbare Gefährdung der öffentlichen Ordnung ergibt. Als Grundlage der Gefahrenprognose sind konkrete und nachvollziehbare tatsächliche Anhaltspunkte erforderlich (vgl. BVerfGE 69, 315 [353 f.]; 115, 320 [361]; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 29. März 2002 - 1 BvQ 9/02 -, NVwZ 2002, S. 983); bloße Vermutungen reichen nicht aus (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 21. April 1998 - 1 BvR 2311/94 -, NVwZ 1998, S. 834 [835]).

d) Soweit Beschränkungen mit dem Inhalt der die Versammlung betreffenden Meinungsäußerungen begründet werden, ist die besondere Gewährleistung der Meinungsfreiheit aus Art. 5 GG zu berücksichtigen. Der Inhalt von Meinungsäußerungen, der im Rahmen des Art. 5 GG nicht unterbunden werden darf, kann auch nicht zur Rechtfertigung von Maßnahmen herangezogen werden, die das Grundrecht des Art. 8 GG beschränken (vgl. BVerfGE 90, 241 [246]; 111, 147 [155]). Die angegriffenen Auflagen untersagen das Rufen von Parolen bestimmten Inhalts sowie deren schriftliche Verwendung sowie "Aussagen zu" bestimmten Gruppierungen. Der Inhalt dieser Meinungsäußerungen kann nicht im Rahmen von Art. 5 GG unterbunden werden; mit ihm kann daher eine Beschränkung der Versammlungsfreiheit vorliegend nicht gerechtfertigt werden.

aa) Meinungen im Sinne des Art. 5 Abs. 1 GG sind durch die subjektive Einstellung des sich Äußernden zum Gegenstand der Äußerung gekennzeichnet (vgl. BVerfGE 93, 266 [289]). Für sie ist das Element der Stellungnahme und des Dafürhaltens kennzeichnend (vgl. BVerfGE 90, 241 [247]). Unerheblich ist, ob die Äußerung "wertvoll" oder "wertlos", "richtig" oder "falsch", emotional oder rational begründet ist (vgl. BVerfGE 61, 1 [7]).

Bezeichnungen wie "Nationaler Widerstand" (Auflage Nr. 9) oder "Nationaler Widerstand Hochsauerland" (Auflage Nr. 10) weisen ein Element der Stellungnahme und Beurteilung jedenfalls dann auf, wenn sie als ein "verbales Erkennungszeichen politisch agierender 'Rechtsradikaler'" (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 29. August 2006 - 1 B 19.05 -, JURIS, Rn. 13) verwendet werden. Sie beziehen sich mit dem Wort "national" in positiv wertender Absicht auf eine entsprechende politische Einstellung und verhalten sich mit dem Ausdruck "Widerstand" ablehnend zu dazu gegenläufigen Einstellungen und Verhältnissen. Entsprechendes gilt auch für die Bezeichnung "Freie Nationalisten" (Auflage Nr. 10), die neben der Bezeichnung der Gruppierung als "frei" die befürwortende Stellungnahme für einen "nationalistischen" Standpunkt einschließt. Der politisch wertende Charakter derartiger Bezeichnungen entfällt nicht dadurch, dass sie von denjenigen, die die so gekennzeichnete politische Anschauung teilen, zur kollektiven Selbstbezeichnung gebraucht werden. Die Auffassung, Äußerungen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" seien als bloße Kennzeichnung einer rechtsradikalen politischen Bewegung bereits vom Schutzbereich der Meinungsfreiheit nicht umfasst (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, aaO.), beruht auf einer Verkennung der Reichweite dieses Grundrechts.

bb) Die Meinungsfreiheit ist nicht schrankenlos gewährleistet. Beschränkungen der Freiheit, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern, bedürfen einer Rechtfertigung anhand der Schranken des Art. 5 Abs. 2 GG , auch wenn die Äußerung in einer oder durch eine Versammlung erfolgt (vgl. BVerfGE 90, 241 [246]; 111, 147 [154]).

Allgemeine Gesetze im Sinne des Art. 5 Abs. 2 GG sind solche, die sich nicht gegen die Meinungsfreiheit an sich oder gegen die Äußerung einer bestimmten Meinung richten, die vielmehr dem Schutz eines schlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung, zu schützenden Rechtsguts dienen. Dieses Rechtsgut muss in der Rechtsordnung allgemein und damit unabhängig davon geschützt sein, ob es durch Meinungsäußerungen oder auf andere Weise verletzt werden kann (vgl. BVerfGE 117, 244 [260]).

§ 15 Abs. 1 VersG dient dem Schutz schlechthin geschützter Rechtsgüter unabhängig davon, ob sie durch Meinungsäußerungen oder auf andere Weise gefährdet werden. Allerdings bedarf § 15 Abs. 1 VersG aus verfassungsrechtlichen Gründen einer einschränkenden Auslegung dahingehend, dass eine Gefahr für die öffentliche Ordnung als Grundlage beschränkender Verfügungen ausscheidet, soweit sie im Inhalt von Äußerungen gesehen wird (vgl. BVerfGE 111, 147 [155 ff.]).

Der Gesetzgeber hat in den allgemeinen Gesetzen, insbesondere den Strafgesetzen, Beschränkungen von Meinungsäußerungen an nähere tatbestandliche Voraussetzungen gebunden; eine Berufung auf das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Ordnung ist insofern nicht vorgesehen (vgl. BVerfGE 111, 147 [155]). Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass Meinungsäußerungen in der pluralistischen Demokratie des Grundgesetzes grundsätzlich frei sind, es sei denn, der Gesetzgeber hat im Interesse des Rechtsgüterschutzes Schranken im Einklang mit Art. 5 Abs. 2 GG festgelegt. Für den Begriff der öffentlichen Ordnung ist demgegenüber kennzeichnend, dass er auf ungeschriebene Regeln verweist, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird (vgl. BVerfGE 69, 315 [352]; BVerfGK 2, 1 [6]).

Das Grundrecht der Meinungsfreiheit ist ein Recht auch zum Schutz von Minderheiten; seine Ausübung darf nicht allgemein und ohne eine tatbestandliche Eingrenzung, die mit dem Schutzzweck des Grundrechts übereinstimmt, unter den Vorbehalt gestellt werden, dass die geäußerten Meinungsinhalte herrschenden sozialen oder ethischen Auffassungen nicht widersprechen (vgl. BVerfGE 111, 147 [155 f.]). Ermächtigungen zur Beschränkung grundrechtlicher Freiheiten knüpfen nicht an die Gesinnung, sondern an Gefahren für Rechtsgüter an, die aus konkreten Handlungen folgen (vgl. BVerfGE 25, 44 [57 f.]; 111, 147 [159]; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. September 2006 - 1 BvR 605/04 u.a. -, JURIS, Rn. 51). Dementsprechend hat der Gesetzgeber in seiner Rechtsordnung, insbesondere in den Strafgesetzen, Meinungsäußerungen nur dann beschränkt, wenn sie zugleich sonstige Rechtsgüter - etwa die Menschenwürde oder das allgemeine Persönlichkeitsrecht - verletzen (vgl. BVerfGE 111, 147 [156]). Das Grundgesetz enthält darüber hinaus in Art. 9 Abs. 2, Art. 18 und Art. 21 Abs. 2 sowie auch in Art. 26 Abs. 1 besondere Schutzvorkehrungen, die zeigen, dass der Verfassungsstaat des Grundgesetzes sich gegen Gefährdungen seiner Grundordnung - auch soweit sie auf der Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts beruhen - im Rahmen rechtsstaatlich geregelter Verfahren wehrt. Aus den aufgeführten Normen des Grundgesetzes können aber keine weiter gehenden Rechtsfolgen als die ausdrücklich angeordneten abgeleitet werden. Die Sperrwirkung dieser Vorschriften steht daher insbesondere einer Berufung auf ungeschriebene verfassungsimmanente Schranken als Rechtfertigung für sonstige Maßnahmen zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung entgegen (vgl. BVerfGE 111, 147 [158 f.]). Das Grundgesetz baut zwar auf der Erwartung auf, dass die Bürger die allgemeinen Werte der Verfassung akzeptieren und verwirklichen, erzwingt die Werteloyalität aber nicht. Kritik an der Verfassung und ihren wesentlichen Elementen ist ebenso erlaubt wie die Äußerung der Forderung, tragende Bestandteile der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu ändern (vgl. BVerfGE 113, 63 [82]; BVerfGK 2, 1 [5]; 7, 221 [227]).

Die Strafrechtsordnung ermöglicht die Bekämpfung solcher Rechtsgutverletzungen, die etwa durch antisemitische oder rassistische Äußerungen erfolgen. Werden die entsprechenden Strafgesetze durch Meinungsäußerungen missachtet, so liegt darin eine Verletzung der öffentlichen Sicherheit; eine so begründete Gefahr kann deshalb durch die Ordnungsbehörden abgewehrt werden, und zwar auch mit Auswirkungen auf Versammlungen (vgl. BVerfGE 111, 147 [156]). Auf eine derartige Gefahr ist der Bescheid vorliegend jedoch nicht gestützt worden.

e) Beschränkende Verfügungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung sind insoweit verfassungsrechtlich unbedenklich, als sich die in § 15 Abs. 1 VersG vorausgesetzte Gefahr nicht aus dem Inhalt der Äußerung, sondern aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung ergibt (vgl. BVerfGE 111, 147 [156 f.]). Für eine solche Gefahrenlage sind vorliegend hinsichtlich der Auflagen Nr. 9 und 10 jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte gegeben.

aa) Eine Gefahr für die öffentliche Ordnung infolge der Art und Weise der Durchführung einer Versammlung kann beispielsweise bei einem aggressiven und provokativen, die Bürger einschüchternden Verhalten der Versammlungsteilnehmer bestehen, durch das ein Klima der Gewaltdemonstration und potentieller Gewaltbereitschaft erzeugt wird. Ein Anlass für Beschränkungen der Versammlungsfreiheit unter Berufung auf das Schutzgut der öffentlichen Ordnung kann ferner gegeben sein, wenn Rechtsextremisten einen Aufzug an einem speziell der Erinnerung an das Unrecht des Nationalsozialismus und den Holocaust dienenden Feiertag so durchführen, dass von seiner Art und Weise Provokationen ausgehen, die das sittliche Empfinden der Bürgerinnen und Bürger erheblich beeinträchtigen (vgl. auch BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 26. Januar 2006 - 1 BvQ 3/06 -, NVwZ 2006, S. 585 ). Gleiches gilt, wenn ein Aufzug sich durch sein Gesamtgepräge mit den Riten und Symbolen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft identifiziert und durch Wachrufen der Schrecken des vergangenen totalitären und unmenschlichen Regimes andere Bürger einschüchtert (vgl. BVerfGE 111, 147 [157]). Art. 8 GG schützt zwar Aufzüge, nicht aber Aufmärsche mit paramilitärischen oder in vergleichbarer Weise aggressiven und einschüchternden Begleitumständen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom 24. März 2001 - 1 BvQ 13/01 -, NJW 2001, 2069 [2071]).

bb) Offenbar mit Blick auf diese Rechtsprechung hat die Ordnungsbehörde im vorliegenden Fall insbesondere in weiteren Auflagen eine Reihe von beschränkenden Verfügungen auf § 15 Abs. 1 VersG gestützt, die ausweislich der Begründung solchen Erscheinungsformen einer Versammlung entgegenwirken sollen. So wurde die Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie das Tragen von Uniformen, Uniformteilen oder gleichartigen Kleidungsstücken als Ausdruck einer gemeinsamen politischen Gesinnung ebenso untersagt wie das gemeinsame Tragen von dunklen Springerstiefeln in Verbindung mit dem Tragen von Bomberjacken, gegebenenfalls nebst einer militärischen Kopfbedeckung. Auch wurde das geschlossene Marschieren in Blöcken, Zügen und Reihen verboten.

Diese Auflagen sind allerdings nicht Gegenstand der Rügen des Beschwerdeführers. Die Verfassungsbeschwerde begrenzt sich auf die Auflagen Nr. 9 und 10 und damit auf zwei Auflagen mit Versammlungsbezug, die gewisse Formen der Äußerung bestimmter Inhalte beschränken. Die besonderen Vorkehrungen in den anderen soeben erwähnten Auflagen verdeutlichen, dass die Ordnungsbehörde sich mit den Auflagen Nr. 9 und 10 den in den anderen Auflagen noch nicht erfassten Gefährdungen zuwenden wollte.

cc) Die Rechtmäßigkeit der Auflagen Nr. 9 und 10 richtet sich danach, ob sie der Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung dienten, die aus der Art und Weise der Durchführung der Versammlung folgten. Das war vorliegend nicht der Fall.

(1) Durch die Auflagen wurde das Rufen von Parolen mit der Wortfolge "Nationaler Widerstand" oder deren Verwendung in schriftlicher Form, etwa in Flugblättern (Auflage Nr. 9), ebenso untersagt wie Aussagen zu den Bezeichnungen "Nationaler Widerstand Hochsauerland" und "Freie Nationalisten Sauerland/Siegerland" in Versammlungsreden und Sprechchören sowie auf Transparenten (Auflage Nr. 10). Derartige Äußerungen können - wie ausgeführt (II 1 d bb) - nur dann gemäß § 15 Abs. 1 VersG untersagt werden, wenn sie im Einklang mit Art. 5 Abs. 2 GG durch Strafgesetze oder andere Gesetze verboten sind. Dass die Aussagen mit dem untersagten Inhalt strafbar oder auf andere Weise gesetzlich verboten seien, hat die Ordnungsbehörde jedoch nicht angenommen. Insbesondere ist sie nicht davon ausgegangen, dass es sich bei den damit bezeichneten Gruppierungen um Vereine handele, die auf der Grundlage von Art. 9 Abs. 2 GG gemäß § 3 VereinsG durch die Verbotsbehörde verboten worden seien. Dementsprechend hat sie die untersagten Äußerungen auch weder als "Parolen und Grußformen" verbotener Vereine, deren Verwendung § 9 Abs. 2 Satz 1 in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 2 VereinsG für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbots verbietet, noch als eine gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 5 VereinsG strafbare Verwendung der Kennzeichen verbotener Vereine angesehen. Auch hat sie die Äußerungen nicht als eine Verwendung von "Parolen und Grußformen" bewertet, die gemäß § 86a Abs. 2 in Verbindung mit § 86a Abs. 1 Nr. 1 und § 86 Abs. 1 Nr. 1 , 2 oder 4 StGB strafbar wäre.

(2) Die Auflage Nr. 10 beruht auf der Annahme, Aussagen zu den dort erwähnten Organisationen könnten in der Bevölkerung Assoziationen zum Nationalsozialismus hervorrufen. Diese letztere Annahme scheidet als Grundlage einer beschränkenden versammlungsrechtlichen Verfügung aus, da sie allein auf die durch den Inhalt der Aussage ausgelösten Wirkungen bei Dritten abstellt, nicht aber auf spezifische mit der Art und Weise der Durchführung der Versammlung verbundene Gefahrenmomente verweist.

Zur Auflage Nr. 9 bezieht sich die Begründung ausschließlich auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen vom 9. Februar 2001. Damit wird dessen Argumentation übernommen. In dem Beschluss wurde die Gefahr in dem gemeinsamen lauten Skandieren der Parole "Nationaler Widerstand" gesehen.

Das gemeinsame laute Skandieren von Parolen ist eine versammlungstypische Ausdrucksform, die am Schutz der Versammlungsfreiheit teilhat. Mit der Bedeutung der Versammlungsfreiheit wäre es unvereinbar, bereits aus den versammlungstypischen Formen gemeinsamer Meinungskundgabe, wie dem lauten gemeinsamen Rufen oder Skandieren sowie der Verwendung von Transparenten oder Flugblättern, jene versammlungsspezifischen Wirkungen ableiten zu wollen, die zu der bloßen Äußerung bestimmter Meinungsinhalte hinzutreten müssen, um Beschränkungen der Versammlungsfreiheit unter Berufung auf die öffentliche Ordnung zu rechtfertigen. Ob und unter welchen ergänzenden Umständen es verfassungsmäßig sein kann, das gemeinsame laute Skandieren zu untersagen, bedarf vorliegend keiner Klärung. Jedenfalls muss von Verfassungs wegen für die Zulässigkeit der Beschränkung durch Auflagen das in § 15 Abs. 1 VersG formulierte Erfordernis erfüllt sein, dass die öffentliche Ordnung nach den zur Zeit des Erlasses der Verfügung erkennbaren, zu der Nutzung versammlungstypischer Kundgabeformen hinzutretenden Umständen durch die Art und Weise der Durchführung der Versammlung unmittelbar gefährdet ist. Diesen Anforderungen wird die Verfügung nicht gerecht.

In dem von der Ordnungsbehörde in Bezug genommenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen heißt es, das "gemeinsame laute Skandieren" dieser Parole verfolge, wie vergleichbare Veranstaltungen in jüngerer Vergangenheit gezeigt hätten, die Absicht, eine Überlegenheit des deutschen Volkes im Sinne einer ausschließlichen Blutsgemeinschaft zu propagieren. Damit wird auf den Inhalt der Aussage abgestellt. Das Oberverwaltungsgericht führt darüber hinaus aus, es werde eine militante, aggressive und fremdenfeindliche Stimmung erzeugt, die die öffentliche Ordnung unmittelbar gefährde. Eine nachvollziehbare Begründung für die Annahme derart weit reichender Wirkungen durch das laute Skandieren der in der Auflage Nr. 9 enthaltenen Aussagen wird jedoch nicht gegeben; erst recht fehlt es an den gebotenen Ausführungen zu weiteren, zu dem gemeinsamen lauten Skandieren hinzutretenden Begleitumständen. Es wird lediglich darauf hingewiesen, dass die Parole "Nationaler Widerstand" bei vergleichbaren Veranstaltungen in jüngerer Vergangenheit von einem rechtsextremen Spektrum verwandt worden sei. Ergänzend wird auf den Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen für das Jahr 1999, S. 101 f., verwiesen, der belege, dass der Begriff "Nationaler Widerstand" das Erkennungszeichen einer gewaltbereiten rechtsextremistischen Szene sei. Dies sind Ausführungen zum Inhalt der Aussage, nicht aber zu Gefahren, die speziell von dem lauten Skandieren der Parolen ausgehen.

Ausführungen konkret zu der Art und Weise der Durchführung der vom Beschwerdeführer geplanten Versammlung finden sich in dem auf eine frühere Versammlung bezogenen Zitat naturgemäß nicht. Es wird aber auch nicht angegeben, auf welche konkreten Ereignisse oder Begleitumstände sich die frühere Prognose stützte, dass durch das laute Skandieren der Parolen eine militante, aggressive und fremdenfeindliche Stimmung erzeugt werde. Wenn die Parole "Nationaler Widerstand" bei vergleichbaren Veranstaltungen laut skandiert worden ist, hätte die Prüfung nahe gelegen, ob und warum Gefahren seinerzeit eingetreten waren und ob die jetzige Prognose damit auf hinreichende Tatsachen gegründet ist.

Da schon die verfassungsrechtlich geforderten nachvollziehbaren tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Gefahrenprognose in der Verfügung nicht angeführt werden, genügt der Auflagenbescheid nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen an Beschränkungen von Meinungsäußerungen im Rahmen einer Versammlung. Erst recht hat die Behörde jedoch die grundrechtlichen Anforderungen dadurch verkannt, dass sie davon ausgegangen ist, allein aus dem gemeinsamen lauten Skandieren könnte eine hinreichende Gefahr für die öffentliche Ordnung abgeleitet werden. Im Übrigen ist der Bescheid auch insoweit verfassungsrechtlich zu beanstanden, als er die Verletzung der öffentlichen Ordnung in den geäußerten Inhalten selbst sah.

f) Auch die angegriffenen Gerichtsentscheidungen verletzen, soweit die Rügen des Beschwerdeführers sich gegen sie richten, das Grundrecht auf Versammlungsfreiheit.

Das Verwaltungsgericht hat durch sein Urteil, soweit es hier angegriffen ist, die Fortsetzungsfeststellungsklage als unbegründet abgewiesen, weil die Auflagen in der Verfügung vom 27. Juni 2001, soweit vom Beschwerdeführer angegriffen, rechtmäßig seien. Es hat damit verkannt, dass die angegriffenen Auflagen gegen Art. 8 Abs. 1 GG verstoßen, weil sie die Äußerung bestimmter Meinungsinhalte in versammlungstypischen Formen untersagen, anstatt das Verbot mit einer aus hinzutretenden Umständen folgenden, unmittelbar bevorstehenden Gefahr für die öffentliche Ordnung aus Anlass der Art und Weise der Durchführung der geplanten Versammlung zu begründen. Auch die Verneinung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO durch das Oberverwaltungsgericht verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Versammlungsfreiheit aus Art. 8 Abs. 1 GG , weil das Oberverwaltungsgericht hierbei verkannt hat, dass die tragende Annahme des Verwaltungsgerichts, die Auflagen könnten in dieser Weise gemäß § 15 Abs. 1 VersG auf Gefährdungen der öffentlichen Ordnung gestützt werden, mit der Versammlungsfreiheit unvereinbar ist.

2. a) Die angegriffenen Hoheitsakte beruhen auch auf dem festgestellten Grundrechtsverstoß. Für eine Aufhebung der angegriffenen Auflagen bleibt allerdings kein Raum, weil sie sich bereits erledigt haben (vgl. BVerfGE 50, 234 [243]). Die angegriffenen Gerichtsentscheidungen unterliegen hingegen, soweit sie mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen sind, der Aufhebung und Zurückverweisung (§ 95 Abs. 2 BVerfGG ).

b) Da die Verfassungsbeschwerde bereits wegen des Verstoßes gegen Art. 8 Abs. 1 GG Erfolg hat, bedarf es keiner Prüfung, ob auch weitere Grundrechte verletzt sind.

c) Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG , die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit auf § 37 Abs. 2 RVG (vgl. BVerfGE 79, 357 [361 ff.]; 79, 365 [366 ff.]).

Vorinstanz: OVG Nordrhein-Westfalen, vom 09.11.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 5 A 880/03
Vorinstanz: VG Arnsberg, vom 08.11.2002 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 2630/01
Fundstellen
NVwZ 2008, 671