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BVerfG - Entscheidung vom 15.06.2007

1 BvR 1073/07

Normen:
ZPO § 41 § 49
BVerfGG § 90 Abs. 1

Fundstellen:
NJW 2007, 3200

BVerfG, Beschluss vom 15.06.2007 - Aktenzeichen 1 BvR 1073/07

DRsp Nr. 2007/12766

Begriff der Maßnahme öffentlicher Gewalt; Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde gegen die bloße Meinungsäußerung eines Gerichtspräsidenten

In der von einem Gerichtspräsidenten geäußerten Ansicht, dem Beschwerdeführer stehe gegen einen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kein Ablehnungsrecht zu, liegt keine Maßnahme öffentlicher Gewalt i.S. des § 90 Abs. 1 BVerfGG . Zwar ist, wie sich aus § 49 ZPO ergibt, die Rechtsansicht unzutreffend, jedoch ist nicht der Gerichtspräsident, sondern der entsprechende Spruchkörper zur Entscheidung über das Ablehnungsgesuch berufen, so dass eine unmittelbare Betroffenheit nicht vorliegt.

Normenkette:

ZPO § 41 § 49 ; BVerfGG § 90 Abs. 1 ;

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil die Voraussetzungen des § 93 a Abs. 2 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes ( BVerfGG ) nicht vorliegen. Sie ist unzulässig.

Der Beschwerdeführer wendet sich vorliegend gegen die aus seiner Sicht sachwidrige Behandlung eines Antrags, mit dem er den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle wegen Besorgnis der Befangenheit gemäß § 54 Abs. 1 VwGO in Verbindung mit §§ 41 ff. ZPO abgelehnt hat. Er trägt vor, das Bayerische Verwaltungsgericht München habe ihm das Ablehnungsrecht "generell abgesprochen".

1. Verfassungsbeschwerde kann gemäß § 90 Abs. 1 BVerfGG nur gegen eine Maßnahme öffentlicher Gewalt erhoben werden. Insoweit kommt nur das Schreiben des Präsidenten des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 12. Dezember 2006 in Betracht. Darin wird auf die Dienstaufsichtsbeschwerde des Beschwerdeführers hin mitgeteilt, dass ein Urkundsbeamter keine richterlichen Tätigkeiten wahrnehme und deshalb auch nicht nach den Vorschriften über die Richterablehnung abgelehnt werden könne. Diese Ansicht trifft nicht zu. Gemäß § 54 Abs. 1 VwGO gelten für die Ausschließung und Ablehnung der Gerichtspersonen §§ 41 bis 49 der Zivilprozessordnung ( ZPO ) entsprechend; nach § 49 ZPO sind die Vorschriften des Titels 4 auf den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle entsprechend anzuwenden (vgl. Kopp/Schenke, VwGO , 14. Auflage 2005, § 54 Rn. 1; Vollkommer, in: Zöller, ZPO , 26. Auflage 2007, § 49 Rn. 1; Bayerisches Verwaltungsgericht München, Beschluss vom 13. November 1996 - M 6 K 96.1826 -, in JURIS).

2. Insoweit handelt es sich aber um eine bloße Meinungsäußerung zur Rechtslage im Rahmen des Verfahrens der Dienstaufsicht. Im Ablehnungsverfahren, für das der nach der Geschäftsverteilung berufene Spruchkörper, nicht aber der Präsident des Bayerischen Verwaltungsgerichts München zuständig ist, bindet dessen Rechtsansicht nicht. Angesichts dessen handelt es sich bei dem Schreiben vom 12. Dezember 2006 um keine Maßnahme öffentlicher Gewalt im Sinne des § 90 Abs. 1 BVerfGG , die mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden könnte (vgl. BVerfGE 3, 162 [172]; 29, 304 [309]; 37, 57 [61]).

3. Dem Beschwerdeführer steht es frei, die - bereits getroffene oder noch zu treffende - Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichts München über das Ablehnungsgesuch innerhalb der Frist des § 93 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG mit der Verfassungsbeschwerde anzugreifen.

Von einer weiteren Begründung wird nach § 93 d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Fundstellen
NJW 2007, 3200