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BSG - Entscheidung vom 07.09.2007

B 1 KR 83/07 B

Normen:
SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 § 160a Abs. 2 S. 3

BSG, Beschluss vom 07.09.2007 - Aktenzeichen B 1 KR 83/07 B

DRsp Nr. 2008/337

Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde wegen eines Verfahrensmangels im sozialgerichtlichen Verfahren

1. Ein Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen 2. Zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde genügt es nicht, dass sich die Beschwerde nur gegen die Beweiswürdigung durch das LSG richtet. [Nicht amtlich veröffentlichte Entscheidung]

Normenkette:

SGG § 160 Abs. 2 Nr. 3 § 160a Abs. 2 S. 3 ;

Gründe:

I. Die 1984 geborene, bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin begehrt aufgrund eines im Juni 2002 gestellten Leistungsantrages die Gewährung einer beidseitigen Mammareduktionsplastik (MRP) als Sachleistung. Nach mehreren Ermittlungsmaßnahmen, insbesondere Einholung von Sachverständigengutachten im Verwaltungsverfahren und gerichtlichen Verfahren sowie klagestattgebendem erstinstanzlichen Urteil hat das Landessozialgericht (LSG) auf die Berufung der Beklagten hin die Klage abgewiesen: Die Beweisaufnahme habe keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bei der Klägerin eine Entstellung oder Funktionseinschränkung der Brüste vorliege. Für die allein zu behandelnden orthopädischen Beschwerden sei die MRP nicht notwendig, ohne dass entschieden werden müsse, ob dem schon fehlende wissenschaftliche Erkenntnisse über einen ursächlichen Zusammenhang mit der Brustgröße entgegenstünden. Die MRP solle nur mittelbar der Krankheitsbekämpfung dienen. An der dafür nötigen besonderen Rechtfertigung fehle es, weil - wie näher ausgeführt wird - erhebliche, schwerwiegende Erkrankungen der Wirbelsäule bei der Klägerin nicht vorlägen und von einer erfolglosen Ausschöpfung aller konservativen orthopädischen Behandlungsmaßnahmen nicht ausgegangen werden könne. Überzeugende Gesichtspunkte, die bei der Klägerin die Notwendigkeit des Eingriffs in die gesunden körperlichen Organe rechtfertigen könnten, ließen sich nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme bei Abwägung der Umstände nicht erkennen. Aus chirurgischen Leitlinien folge nichts anderes. Dem Hilfsantrag, ein weiteres Sachverständigengutachten dazu einzuholen, "ob durch die MRP aufgrund der Vorschädigung des Skelettaufbaus der Klägerin eine Linderung des Krankheitsbildes erreicht werden kann", sei nicht zu folgen; die Beweisaufnahme habe dies bereits geklärt; ein Zusammenhang zwischen Brustgröße/-gewicht und Wirbelsäulenbeschwerden habe sich nicht feststellen lassen (Urteil vom 10.5.2007).

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 2 iVm § 169 Satz 3 SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG .

Nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann; der Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung von § 109 SGG und § 128 Abs 1 Satz 1 SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) und auf eine Verletzung des § 103 SGG (Amtsermittlungsgrundsatz) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Um einen Verfahrensmangel in diesem Sinne geltend zu machen, müssen die Umstände bezeichnet werden, die den entscheidungserheblichen Mangel ergeben sollen (vgl zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Das Beschwerdevorbringen legt einen Verfahrensmangel nicht in diesem Sinne dar.

Die Beschwerdebegründung vom 15.8.2007 rügt die Ablehnung des oben bezeichneten Hilfsantrags durch das LSG. Dazu hätte jedoch dargelegt werden müssen, dass die Ablehnung des Beweisantrages verfahrensfehlerhaft gewesen sei. Daran fehlt es. Es genügt nicht, dass sich die Beschwerde nur gegen die Beweiswürdigung durch das LSG richtet. Diese kann gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 iVm § 128 Abs 1 SGG im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerügt werden. Die Klägerin macht insoweit geltend: Sie gehe weiter davon aus, dass eine MRP zur Behebung der bereits eingetretenen Krankheitserscheinungen vorzunehmen sei; es könne nicht auf anderweitige noch auszuschöpfende konservative Behandlungen abgestellt werden (da: erfolglose jahrelange Aufbaugymnastik; bei Abgabe einer ärztlichen Stellungnahme bereits ein Jahr intensive Krankengymnastik erfolgt und kein nur "verhältnismäßig kurzer Zeitraum"; ohnehin nur noch Gewährung von ineffektivem Reha-Sport durch die Beklagte); es fehle an anlagebedingten orthopädischen Beschwerden (altersgemäße Normalbeweglichkeit bis zur Pubertät, heute Haltung einer "alten Frau"; Gutachten Dr. D. gegenüber demjenigen von Dr. Sch. nicht überzeugender; Begründung des LSG "nicht nachvollziehbar"); das LSG habe die Frage, ob (allgemein) ein kausaler Zusammenhang zwischen orthopädischen Leiden und der Brustgröße wissenschaftlich erwiesen sei, nicht offen lassen dürfen. Mit alledem rügt die Beschwerde lediglich die Beweiswürdigung. Sie trägt Umstände vor, welche aus ihrer Sicht entgegen dem LSG zu einer ihr günstigen Bewertung der vorgenommenen medizinischen Ermittlungsmaßnahmen hätte führen müssen. Nicht wird dagegen deutlich, weshalb sich das LSG von seinem rechtlichen Standpunkt aus trotz seiner Annahme, der Sachverhalt sei bereits geklärt, zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen hätte gedrängt fühlen müssen, etwa weil es die Grenzen freier richterlicher Beweiswürdigung verletzt hätte oder weil ihm eine vorweggenommene Beweiswürdigung streitiger Tatsachen anzulasten wäre (vgl zu diesen Erfordernissen für eine Aufklärungsrüge allgemein: BSG SozR 1500 § 160 Nr 5; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 4. Aufl 2005, Kap IX RdNr 134 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG .

Vorinstanz: LSG Nordrhein-Westfalen, vom 10.05.2007 - Vorinstanzaktenzeichen L 5 KR 118/04
Vorinstanz: SG Dortmund, vom 11.05.2004 - Vorinstanzaktenzeichen S 44 (8) KR 347/02