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BGH - Entscheidung vom 07.11.2007

IV ZR 149/04

Normen:
GG Art. 103 Abs. 1

BGH, Beschluß vom 07.11.2007 - Aktenzeichen IV ZR 149/04

DRsp Nr. 2007/23989

Umfang des rechtlichen Gehörs im Zivilverfahren

Das Gericht ist verpflichtet, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Sie sind nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen und es in allen Einzelheiten zu bescheiden.

Normenkette:

GG Art. 103 Abs. 1 ;

Gründe:

Die Beschwerde ist zurückzuweisen, weil ein Zulassungsgrund nicht dargelegt ist (§§ 543 Abs. 2 Satz 1, 544 Abs. 2 Satz 3 ZPO ). Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs.

1. Die Beklagten werden durch das Berufungsurteil nicht in entscheidungserheblicher Weise in ihrem Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.

a) Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG kann nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW-RR 2002, 68 f.; NJW 1998, 2583 , 2584 und BVerfGE 96, 205 , 216 f., jeweils m.w.N.) nur festgestellt werden, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Sie sind aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen und es in allen Einzelheiten zu bescheiden (vgl. auch BGH, Beschluss vom 10. Mai 2005 - VI ZR 89/04 - WuM 2005, 475 und Urteile vom 13. Februar 1992 - III ZR 28/90 - NJW 1992, 2080 unter I 2 b bb und vom 26. Juni 1989 - II ZR 128/88 - NJW 1990, 573 unter II 1).

b) Die Ausführungen des Berufungsgerichts lassen noch ausreichend erkennen, dass es den Vortrag der Beklagten in seinem Kern zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat.

aa) Für die Beweiskraft der Quittungen ist es unerheblich, dass das Berufungsgericht sich nur auf Fotokopien bezogen hat. Wie die Beschwerde nicht verkennt, haben die Originale dem Landgericht vorgelegen und ist unstreitig, dass diese von den Beklagten unterschrieben worden sind.

bb) Das Berufungsgericht hat im Ergebnis auch zu Recht angenommen, dass die Beklagten einen Blankettmissbrauch nicht behauptet haben. Der Beklagte zu 1 hat an den von der Beschwerde zitierten Aktenstellen (GA I 113, 183, 185, II 65) die Behauptung des Klägers, der Text auf der Quittung vom 11. März 1982 über die 60.000 DM sei zeitlich vor der Unterschrift des Beklagten zu 1 eingetragen worden, lediglich mit Nichtwissen bestritten und hierzu Vermutungen angestellt. Dieses Bestreiten war nach § 138 Abs. 4 ZPO unzulässig und damit unbeachtlich. Einer Partei ist es grundsätzlich gemäß § 138 Abs. 4 ZPO verwehrt, eigene Handlungen und Wahrnehmungen mit Nichtwissen zu bestreiten. Nur ausnahmsweise kommt ein Bestreiten eigener Handlungen und Wahrnehmungen dann in Betracht, wenn die Partei nach der Lebenserfahrung glaubhaft macht, sich an gewisse Vorgänge nicht mehr erinnern zu können. Die bloße Behauptung, sich nicht zu erinnern, reicht indessen nicht aus (BGH, Urteil vom 10. Oktober 1994 - II ZR 95/93 - NJW 1995, 130 unter 3 d aa). Mit dem Gutachten des Sachverständigen Dr. B., der im Übrigen zur Entstehungsreihenfolge von Unterschrift und Textschrift keine verwertbaren Erkenntnisse gewinnen konnte, brauchte sich das Berufungsgericht danach nicht zu befassen.

cc) Gleiches gilt für die Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagten hätten das Darlehen über die 60.000 DM in Form des Verrechnungsschecks vom 11. März 1982 an diesem Tage erhalten. Der Kläger hat im Schriftsatz vom 24. März 2004 behauptet, die Beklagte zu 2 habe den Scheck auf der Rückseite giriert und auf ihr Konto eingezogen. Diese hat zunächst die Unterschrift als die ihrige anerkannt und weiter ausgeführt, die auf der Rückseite notierte Kontonummer stamme nicht von ihr, an eine solche Kontonummer könne sie sich nicht erinnern, sie bestreite mit Nichtwissen, dass die Rückseite zu dem Scheck über die 60.000 DM gehöre. Auch der Beklagte zu 1 hat sich auf ein Bestreiten mit Nichtwissen zurückgezogen. Dieses Bestreiten war nach § 138 Abs. 4 ZPO unbeachtlich. Beide Beklagte hatten sich darüber zu erklären, ob sie den Scheck auf eines ihrer Konten, etwa eines mit der auf der Scheckrückseite notierten Nummer ..., eingezogen hatten. Sie hätten dazu Erkundigungen bei ihren Banken einholen können und müssen (vgl. BGH, Urteile vom 19. April 2001 - I ZR 238/98 - NJW-RR 2002, 612 unter II 1 und vom 10. Oktober 1994 aaO. unter 3 d bb). Auf die Angabe des Klägers in der Berufungsverhandlung, die Beklagte habe den Scheck bei der A. auf das Konto ... eingereicht, dies sei die einzige Bank gewesen, die den Beklagten damals noch Geld gewährt habe, haben diese sich nicht geäußert und auch kein Schriftsatzrecht beantragt.

2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts ist auch nicht willkürlich.

a) Ein Verstoß gegen das Willkürverbot ist selbst bei einer zweifelsfrei fehlerhaften Anwendung einfachen Rechts noch nicht anzunehmen. Hinzu kommen muss vielmehr, dass die fehlerhafte Rechtsanwendung unter Berücksichtigung der das Grundgesetz beherrschenden Gedanken nicht mehr verständlich ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruht (BVerfG NJW 1994, 2279 ).

b) Von einer nicht mehr verständlichen, unter keinem denkbaren Aspekt vertretbaren Rechtsanwendung des Berufungsgerichts kann keine Rede sein, wie sich den Ausführungen unter 1. b) ohne weiteres entnehmen lässt.

3. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 544 Abs. 4 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen.

Vorinstanz: OLG Karlsruhe, vom 19.05.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 15 U 7/02
Vorinstanz: LG Karlsruhe, vom 09.01.2002 - Vorinstanzaktenzeichen 10 O 590/00