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BGH - Entscheidung vom 11.12.2007

X ZR 57/03

Normen:
ZPO § 559 Abs. 1

BGH, Urteil vom 11.12.2007 - Aktenzeichen X ZR 57/03

DRsp Nr. 2008/4558

Umfang des Tatsachenstoffs im Revisionsverfahren

Gem. § 559 Abs. 1 S. 1 ZPO unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen der Beurteilung des Revisionsgerichts, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Es ist dem Bundesgerichtshof verwehrt, Vorbringen, das darin nicht enthalten ist, aus den Akten zu entnehmen und seiner rechtlichen Prüfung zugrunde zu legen.

Normenkette:

ZPO § 559 Abs. 1 ;

Tatbestand:

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des am 10. Januar 1997 angemeldeten deutschen Patents 197 00 636 (Streitpatent), das ein Schleifwerkzeug für Dentalzwecke betrifft und 19 Patentansprüche umfasst. Patentanspruch 1 lautet (Bezugszeichen sind weggelassen):

"Schleifwerkzeug für Dentalzwecke mit einem flachen, flexiblen Trägerköper aus einem metallischen Werkstoff, welcher zumindest zum Teil an seiner Oberfläche mit abrasivem Material belegt ist, dadurch gekennzeichnet, dass der Tragkörper zumindest an Teilbereichen mit einer Wabenstruktur versehen ist."

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Lehre des Streitpatents sei nicht patentfähig, und sich dazu auf die US-Patentschriften 3 420 007 (D 1) und 3 716 950 (D 2), den Prospekt Horico Dental 92/94, Seiten 57, 58, 60 und 62 (D 3), die Schweizer Patentschrift 117 888 (D 4), die US-Patentschriften 5 470 273 (D 5) und 5 020 283 (D 6) sowie die DIN 4185 Teil 2, Oktober 1981 (D 7) berufen.

Die Klägerin hat beantragt,

das deutsche Patent 197 00 636 für nichtig zu erklären.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat das Streitpatent verteidigt, hilfsweise in der aus dem Tatbestand des angefochtenen Urteils ersichtlichen Fassung.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent für nichtig erklärt.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie das Streitpatent nur noch in folgender Fassung verteidigt (Änderungen in den wiedergegebenen Ansprüchen gegenüber der erteilten Fassung sind fett gesetzt; daneben ist ein Teil der Unteransprüche in der erteilten Fassung entfallen):

"1. Dentalschleifwerkzeug mit einem flachen, flexiblen Trägerkörper (2) aus einem metallischen Werkstoff, welcher zumindest zum Teil an seiner Oberfläche mit abrasivem Material (3) belegt und mit Ausnehmungen (5) versehen ist, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausnehmungen (5) im wesentlichen die gleiche Größe und Form aufweisen und jeweils in zueinander versetzten Reihen wie die Ausnehmungen einer Wabenstruktur angeordnet und von Stegen begrenzt sind, von welchen zumindest einige mit abrasivem Material belegt sind.

2. Schleifwerkzeug nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass die Wabenstruktur an konzentrischen Teilbereichen eines kreisplattenförmigen Trägerkörpers (2) ausgebildet ist.

3. Schleifwerkzeug nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Wabenstruktur an segmentartigen Teilbereichen des Trägerkörpers (2) ausgebildet ist.

4. Schleifwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Trägerkörper (2) im Wesentlichen ganzflächig mit der Wabenstruktur versehen ist.

5. Schleifwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Trägerkörper (2) in einem konzentrischen Mittelbereich mit der Wabenstruktur versehen ist.

6. Schleifwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass unterschiedliche konzentrische Teilbereiche mit Ausnehmungen (5) (entfallen: bzw. Ausprägungen) versehen sind.

7. Schleifwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass die Ausnehmungen (5) (entfallen: bzw. die Ausprägungen) in Form von Sechsecken ausgebildet sind.

8. Schleifwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Trägerkörper (2) aus Federstahl gefertigt ist.

9. Schleifwerkzeug nach einem der Ansprüche 12 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Trägerkörper (2) aus Titanwerkstoff gefertigt ist.

10. Schleifwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der Trägerkörper (2) aus einer Nickel-Titanlegierung gefertigt ist.

11. Schleifwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das abrasive Material (3) Diamant-Partikel umfasst.

12. Schleifwerkzeug nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass das abrasive Material (3) Siliziumkarbid oder Edelkorung/Aluminiumoxid umfasst."

Sie beantragt,

das Urteil des Bundespatentgerichts teilweise abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit sie gegen das Streitpatent in seinem noch verteidigten Umfang gerichtet ist.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil und trägt ergänzend unter Beweisantritt vor, Schleifscheiben, wie sie in dem Prospekt Horico Dental auf Seite 60 oben abgebildet seien, seien vor dem Prioritätstag vertrieben worden. Ein Exemplar dieser Schleifscheiben hat sie zu den Akten gereicht. In der mündlichen Verhandlung hat sich die Klägerin bezüglich der nunmehr nur noch verteidigten Fassung des Streitpatents ergänzend auf die veröffentlichte internationale Patentanmeldung WO 96/13358 bezogen.

Der Senat hat ein schriftliches Gutachten des Professors Dr. M. G. , ..., eingeholt, das der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat. Die Klägerin hat ein Gutachten des Professors Dr.-Ing. Dr. h.c. G. E. , ..., vorgelegt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung bleibt in der Sache ohne Erfolg. Nachdem die Beklagte das Streitpatent zulässigerweise nur noch in der Fassung des in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat neu gestellten Berufungsantrags verteidigt, ist das Streitpatent - soweit es nicht mehr verteidigt wird - ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr.; vgl. etwa BGHZ 170, 215, 220 - Carvedilol II; GRUR 1996, 857 , 858 - Rauchgasklappe; insoweit nicht in BGHZ 133, 57 abgedruckt). Die beschränkte Verteidigung hat zur Folge, dass das Patent nur in dem vom Patentinhaber verteidigten beschränkten Umfang der weiteren Prüfung im Nichtigkeitsberufungsverfahren unterliegt (st. Rspr.; BGHZ 21, 8, 10 ff. - Spritzgussmaschine; BGH GRUR 1960, 542, 543 - Flugzeugbetankung I, BGH GRUR 1962, 294, 296 - Hafendrehkran). In dem verteidigten Umfang fehlt dem Streitpatent die Patentfähigkeit nach § 4 PatG . Es ist daher nach § 21 Abs. 1 Nr.1, § 22 Abs. 1 PatG für nichtig zu erklären.

I. 1. Das Streitpatent betrifft ein Schleifwerkzeug für Dentalzwecke, mit dem sowohl Schleif- als auch Schneidvorgänge durchgeführt werden können und das sowohl von Zahnärzten als auch von Zahntechnikern verwendet werden kann. Derartige Schleifwerkzeuge werden vorzugsweise mit Diamant-Partikeln belegt und als kreisförmige oder streifenförmige Werkzeuge ausgebildet. Als allgemeine Anforderungen an derartige Werkzeuge für den Dentalbereich nennt die Beschreibung, dass sie sehr dünn sein müssen, um extrem dünne Schnitte ausführen zu können, dass sie flexibel sein müssen, um gewölbte dreidimensionale Flächen bearbeiten zu können, und dass sie über eine ausreichende Stabilität verfügen müssen (Beschreibung Spalte 1, Zeilen 49 - 64). Darüber hinaus bezeichnet es das Streitpatent als wünschenswert, dass die Schleifscheibe mit Ausnehmungen versehen ist, damit der Zahntechniker oder der Zahnarzt durch die rotierende Scheibe die zu bearbeitende Oberfläche betrachten kann (Spalte 1, Zeilen 26 - 29).

Derartige Werkzeuge waren am Prioritätstag in unterschiedlichen Ausgestaltungen bekannt. Hierzu verweist das Streitpatent auf den Prospekt "Horico Dental 92/94", Seiten 57, 58, 60 und 62. An diesen Werkzeugen wird kritisiert, dass die Ausnehmungen als relativ große, im konzentrischen Bereich angeordnete Löcher ausgebildet seien (Beschreibung Spalte 1, Zeilen 30, 31). An einer aus der US-Patentschrift 4 350 497 bekannten Schleifscheibe, die eine kastenförmige Wabenstruktur aufweise, bei der in die Hohlräume der einzelnen Waben ein Bindungsmaterial mit abrasiven Partikeln eingebracht werde, kritisiert das Streitpatent, dass die Scheibe insgesamt sehr dick und starr sei und zudem die Gefahr bestehe, dass sich das Bindungsmaterial mit den abrasiven Partikeln aus den Waben löse und brockenartig von der Scheibe trenne (Spalte 1, Zeilen 32 - 38).

2. Als Ziel der Erfindung nennt die Beschreibung des Streitpatents, ein Schleifwerkzeug für Dentalzwecke zu schaffen, welches bei einfacher Herstellbarkeit und betriebssicherer Anwendbarkeit ein hohes Maß an Flexibilität aufweist und dem Benutzer die Betrachtung der zu bearbeitenden Oberfläche ermöglicht.

Hierzu schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 in der mit der Berufung nur noch verteidigten Fassung die Ausbildung eines Schleifwerkzeugs vor, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

Das Dentalschleifwerkzeug

1. verfügt über einen Trägerkörper, der

a) flach und

b) flexibel ausgebildet ist,

c) aus einem metallischen Werkstoff besteht,

d) zumindest zum Teil an seiner Oberfläche mit abrasivem Material belegt ist und

e) mit Ausnehmungen versehen ist.

2. Die Ausnehmungen

a) weisen im Wesentlichen die gleiche Größe und Form auf,

b) sind jeweils in zueinander versetzten Reihen wie in einer Wabenstruktur angeordnet.

3. Die Ausnehmungen sind von Stegen begrenzt.

4. Zumindest einige der Stege sind mit abrasivem Material belegt.

II. Der Gegenstand nach Patentanspruch 1 in der verteidigten Fassung ist jedenfalls nicht als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend zu werten (§ 4 PatG ).

1. Wie die Erörterung mit den Parteien und dem gerichtlichen Sachverständigen ergeben hat, wurden am Prioritätstag des Streitpatents in der einschlägig tätigen Industrie typischerweise Personen mit der Entwicklung und Herstellung von Schleifwerkzeugen für den Dentalbereich betraut, die über eine Ausbildung zum Feinwerktechniker oder Zahntechniker verfügten. Soweit diese Fachleute eine Ausbildung zum Zahntechniker durchlaufen haben, haben sie sich die Kenntnisse eines Feinwerktechnikers im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit angeeignet oder einen Feinwerktechniker bei ihrer Entwicklungsarbeit hinzugezogen. Diese Fachleute verfügen - auch soweit sie keinen Ingenieurstudiengang durchlaufen haben - über entsprechende spezielle Kenntnisse und berufliche Erfahrungen betreffend rotierende Werkzeuge und die spanabhebende Bearbeitung. Soweit es um die Verbesserung von Werkzeugen dieser Art geht, werden die Anforderungen an die Werkzeuge in der Regel von den sie anwendenden Zahntechnikern an die mit der Entwicklung betrauten Techniker herangetragen, die diese Anforderungen in ihrer Entwicklungsarbeit umsetzen. Als Fachleute auf dem Gebiet des Streitpatents sind daher Techniker mit der genannten Qualifikation der Beurteilung des Streitpatents zugrunde zu legen, nicht dagegen Zahntechniker und/oder Zahnärzte, die die Werkzeuge lediglich anwenden und nicht über die genannten zusätzlichen technischen Kenntnisse und Erfahrungen im Bereich der rotierenden Werkzeuge, der spanabhebenden Bearbeitung und des Maschinenbaus verfügen. Aus dem Umstand, dass Schleifwerkzeuge oder sonstige medizinische Geräte in speziellen medizinischen Sparten benutzt werden, kann daher nicht hergeleitet werden, dass der Anwender eines solchen Werkzeugs oder Geräts zugleich Fachmann für dessen Entwicklung und Herstellung sei (vgl. Sen.Urt. v. 17.9.2002 - X ZR 1/99, Mitt. 2003, 116 f. - Rührwerk).

2. a) Ein Entwickler dieser Qualifikation, der sich am Prioritätstag vor die Aufgabe gestellt sah, Schleifwerkzeuge für den Dentalbereich bei hinreichender Stabilität einerseits flexibel auszugestalten und andererseits für "Durchsicht" zu sorgen, erhielt aus dem Prospekt "Diamant-Schleifinstrumente" Horico Dental 92/94 (D 3) den Hinweis, dass die Anordnung von Ausnehmungen (Löchern; Merkmal 1 e) in dem Trägerkörper der Schleifscheibe zugleich Durchsicht gestattet und für Flexibilität der Schleifscheibe sorgt. Die in diesem Prospekt abgebildete Schleifscheibe "Superdiaflex-Transvident" ist für Kronen- und Brückenarbeiten bestimmt; es handelt sich also um ein Dentalschleifwerkzeug im Sinne des Streitpatents. Aus der Abbildung des Werkzeugs ist ersichtlich, dass es über einen flachen Trägerkörper verfügt, denn die Dicke des Trägerkörpers ist in der Abbildung mit 0,15 mm angegeben, er ist also flach im Sinne des Merkmals 1 a des Gegenstands nach Patentanspruch 1 des Streitpatents. Auf die Flexibilität der Schleifscheibe (Merkmal 1 b) wird in dem Prospekt ausdrücklich hingewiesen. In dem Prospekt der Anlage D 3 ist zwar nicht ausdrücklich gesagt, dass der Trägerkörper der "Superdiaflex-Transvident"-Schleifscheiben aus einem metallischen Material (Merkmal 1 c) gefertigt ist; in dem Prospekt ist die Dicke der Schleifscheibe jedoch mit 0,15 mm angegeben. Wie die mündliche Verhandlung ergeben hat, ist daraus für eine Person mit der Qualifikation des Fachmanns ohne weiteres zu ersehen, dass es sich bei dem Trägerkörper um einen dünnen metallischen Körper in der Art einer Folie handelt. Im Übrigen wird auch durch die Schweizer Patentschrift 117 888 darauf hingewiesen, dass der Trägerkörper aus dünnem Stahlblech zu fertigen ist. Die Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung auch nicht in Zweifel gezogen, dass die Verwendung eines Trägerkörpers aus metallischem Werkstoff das Mittel der Wahl für die Ausbildung von Schleifwerkzeugen ist. Wie die Abbildung der "Superdiaflex-Transvident"-Schleifscheiben in dem genannten Prospekt schließlich zeigt, ist diese Schleifscheibe zumindest an einem Teil ihrer Oberfläche, nämlich im radial außen liegenden Teil, mit abrasivem Material belegt (Merkmal 1 d). Der Entwickler, der sich am Prioritätstag vor die Aufgabe gestellt sah, eine Schleifscheibe zu schaffen, die einerseits Durchsicht gestattet und andererseits flexibel ist, hatte daher Veranlassung, bei seiner Entwicklungsarbeit von einer Schleifscheibe der in dem Prospekt der Anlage D 3 beschriebenen Art auszugehen und nach Möglichkeiten Ausschau zu halten, wie eine Schleifscheibe der aus dem Prospekt der Anlage D 3 ersichtlichen Art verbessert werden kann.

Wie der gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, bietet es sich an, die Löcher der Schleifscheibe zu verkleinern und ihre Anzahl zu vergrößern, wenn Durchsicht und Flexibilität bei einer Schleifscheibe dieser Art verändert werden sollen (Gutachten Seite 16 f. unter 1; 18). Eine solche Maßnahme stellt eine reine Optimierungsmaßnahme dar, die keine erfinderische Tätigkeit verlangt. Bei einer entsprechenden Vielzahl von Ausnehmungen ergeben sich zwangsläufig Stege, die die einzelnen Ausnehmungen voneinander trennen (Merkmal 2 c) und in den mit abrasivem Material belegten Teil der Oberfläche des Trägerkörpers hineinragen können (Merkmal 3).

b) Soweit Patentanspruch 1 in der noch verteidigten Fassung das zusätzliche Merkmal enthält, dass die Ausnehmungen (Löcher) im Wesentlichen die gleiche Größe und Form aufweisen und in jeweils zueinander versetzten Reihen angeordnet werden, wird durch den Prospekt (Anlage D 3) und die Schweizer Patentschrift 117 888 auf eine solche Gestaltung eines Dentalschleifwerkzeugs hingewiesen. Beide Schriften zeigen die Anordnung von Ausnehmungen von im Wesentlichen gleicher Größe und Form, nämlich im Falle der "Superdiaflex-Transvident"-Schleifscheiben von kreisrunden und im Falle der Schweizer Patentschrift (Fig. 1) von länglichen Löchern gleicher Größe und Form, die in zwei jeweils konzentrischen Reihen so angeordnet sind, dass die Löcher der zweiten Reihe gegenüber den Löchern der ersten Reihe versetzt sind (Merkmale 2 a, b).

Beide Schriften geben zwar keinen Hinweis darauf, dass die Ausnehmungen (Löcher) "wie in einer Wabenstruktur" auszubilden sind, worunter eine Anordnung der Löcher in der Art einer Bienenwabe verstanden werden kann, bei der sie in zueinander parallelen und jeweils versetzten Reihen angeordnet sind. Auf diese Weise liegen sie nicht mehr auf konzentrischen Kreisen, sondern sind nicht-konzentrisch in zueinander parallelen Reihen ausgerichtet, wie dies in den Figuren 2 bis 4 sowie 6 bis 8 und 10 des Streitpatents im Unterschied zu den Figuren 5 und 9 dargestellt ist. Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat dargelegt hat, soll die nunmehr nur noch verteidigte Fassung des Patentanspruchs 1 der Beschränkung des Streitpatents auf eine solche Ausführungsform der Erfindung dienen.

Diese Maßnahme kann aber weder für sich noch in Kombination mit den sonstigen Merkmalen des Patentanspruchs 1 in der verteidigten Fassung als auf erfinderischer Tätigkeit beruhend gewertet werden, so dass hier dahinstehen kann, ob das Streitpatent in der verteidigten Fassung auf diese Ausgestaltung beschränkt ist. Der Fachmann, der sich bezüglich der Geometrie von Schleifscheiben mit dem Stand der Technik befasst, erhält aus der veröffentlichten internationalen Patentanmeldung WO 96/13358, Fig. 3, den Hinweis, dass die Löcher in Schleifscheiben in Reihen angeordnet werden können, die zueinander parallel, jedoch versetzt sind. Fig. 3 der US-Patentschrift 5 020 283 (D 6) zeigt, wie in der mündlichen Verhandlung erörtert, dass im Stand der Technik wahlweise eine konzentrische (Fig. 3 Teilsegment IV) wie eine nicht-konzentrische (Fig. 3, Teilsegment III) Ausrichtung der Geometrie der Schleifscheibe bekannt und damit für die Gestaltung von Schleifscheiben zur Hand waren. Schließlich zeigt auch die US-Patentschrift 5 470 273 (D 5) entsprechende bienenwabenartige Ausbildungen der Schleifscheibe in parallelen Reihen. Die genannten Schriften betreffen zwar Schleifscheiben allgemein, nicht dagegen Dentalschleifwerkzeuge im Besonderen. Von einem Entwickler mit der hier zugrundeliegenden Qualifikation ist jedoch zu erwarten, dass er sich auf dem seinem Fachgebiet übergeordneten allgemeinen technischen Gebiet, hier der spanabhebenden Bearbeitung mit rotierenden Werkzeugen, grob auskennt und sich dort zu findende Lösungen nutzbar macht (vgl. Sen.Urt. v. 24.10.1996 - X ZR 29/94, GRUR 1997, 272 , 273 - Schwenkhebelverschluss). Die genannten Schriften belegen zugleich, dass die nicht-konzentrische Ausbildung der Geometrie der Schleifflächen im Stand der Technik bekannt war. Deshalb fehlt es an Anhaltspunkten für die dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen zugrunde liegende Annahme, zum Auffinden des beanspruchten Gegenstands habe eine eingefahrene Fehlvorstellung überwunden werden müssen, der zufolge Löcher oder Ausnehmungen in Dentalschleifscheiben auf konzentrischen Kreisen auszubilden seien (Gutachten Seite 18). Das Gutachten hat zudem insoweit auf die Vorstellungen und Kenntnisse der die Schleifwerkzeuge verwendenden Zahntechniker und Zahnärzte abgestellt; diese sind, wie bereits dargelegt, nicht die mit der Entwicklung von Dentalschleifwerkzeugen befassten Fachleute; eine Fehlvorstellung bei den Anwendern von Werkzeugen der hier fraglichen Art ist demzufolge für die Wertung, ob der Gegenstand des Streitpatents auf erfinderischer Tätigkeit beruht, unerheblich.

III. Die Patentansprüche 2 bis 12 in der verteidigten Fassung sind gleichfalls nahegelegt; auch die Beklagte verteidigt sie nicht gesondert. Soweit Patentanspruch 7 auf die Gestaltung der Ausnehmungen in der Form von Sechsecken gerichtet ist, hat die mündliche Verhandlung ergeben, dass mit der Ausgestaltung der Ausnehmungen in der Form kreisrunder Löcher, wie sie im Stand der Technik bekannt war, derselbe Vorteil einer Verminderung des "Ratterns" des Schleifwerkzeugs erzielt wird wie bei der Ausgestaltung der Löcher in Form von Sechsecken, wobei die Ausgestaltung der Ausnehmungen in der Form von Sechsecken den Nachteil aufweist, dass im Winkelbereich der Sechsecke Kerbspannungen auftreten können, die zum Ausbrechen der Ecken führen können, was zu einer leicht erhöhten Bruchgefahr führt, was mit einer Ausgestaltung der Ausnehmungen in der Form runder Löcher vermieden wird. Federstahl, Titanwerkstoff oder Nickel-Titanlegierungen sind, wie der gerichtliche Sachverständige dargelegt hat, übliche Werkstoffe für Schleifscheiben im Dentalbereich, Diamant-Partikel, Siliziumkarbid und Edelkorund/Aluminiumoxid übliche Mittel für abrasive Schichten auf derartigen Schleifwerkzeugen.

IV. Die Berufung ist daher mit der Kostenfolge aus § 121 Abs. 2 PatG , § 97 ZPO zurückzuweisen.

Vorinstanz: BPatG, vom 06.02.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 4 Ni 9/02