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BGH - Entscheidung vom 24.10.2007

1 StR 480/07

Normen:
StPO § 22 § 226 Abs. 1 § 338 Nr. 5

Fundstellen:
DRiZ 2008, 93
NStZ 2008, 353
StV 2008, 337
wistra 2008, 110

BGH, Beschluß vom 24.10.2007 - Aktenzeichen 1 StR 480/07

DRsp Nr. 2007/21339

Sitzungsvertretung durch einen als Zeugen vernommenen Staatsanwalt

1. Die (weitere) Sitzungsvertretung durch einen Staatsanwalt, der zuvor als Zeuge vernommen worden war, stellt keinen unbedingten Revisionsgrund im Sinne von § 338 Nr. 5 StPO dar.2. Der Senat bekräftigt seine Bedenken, ob die bisherige Rechtsprechung so aufrecht zu erhalten ist, wonach ein als Zeuge in der Hauptverhandlung vernommener Staatsanwalt auch für den Rest der Hauptverhandlung an der Wahrnehmung der Aufgaben des Sitzungsvertreters gehindert sein kann.

Normenkette:

StPO § 22 § 226 Abs. 1 § 338 Nr. 5 ;

Gründe:

Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts vom 26. September 2007 bemerkt der Senat:

Es stellt keinen durchgreifenden Rechtsfehler dar, dass Staatsanwalt - GL - R. den Schlussvortrag gehalten hat, obgleich er zuvor in der Hauptverhandlung als Zeuge zu der Frage vernommen wurde, ob einem anderen Zeugen möglicherweise Zugeständnisse gemacht worden seien. Während der Zeugenvernehmung war er als Sitzungsstaatsanwalt von StA - GL - B. vertreten worden.

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die von der Revision erhobene Rüge keinen unbedingten Revisionsgrund im Sinne von § 338 Nr. 5 StPO betrifft (vgl. BGHSt 14, 265 , 267). Des Weiteren bekräftigt der Senat seine im Urteil vom 25. April 1989 (NStZ 1989, 583 f.) geäußerten Bedenken, ob die bisherige Rechtsprechung so aufrecht zu erhalten ist, wonach ein als Zeuge in der Hauptverhandlung vernommener Staatsanwalt auch für den Rest der Hauptverhandlung an der Wahrnehmung der Aufgaben des Sitzungsvertreters gehindert sein kann (vgl. hierzu BGHSt 21, 85 , 89); denn im Gegensatz zu als Zeugen vernommenen Richtern (§ 22 Nr. 5 StPO ), Schöffen, Urkundsbeamten und Protokollführern (§ 31 in Verbindung mit § 22 Nr. 5 StPO ) enthält die StPO für Beamte der Staatsanwaltschaft keine Regelung. Dass der Gesetzgeber eine entsprechende Ausschlussmöglichkeit nicht vorgesehen und auch zwischenzeitlich nicht geregelt hat, könnte ohne Weiteres darauf beruhen, dass ansonsten durch geschickte Beweisantragsstellung und in rechtsmissbräuchlicher Weise der mit der Sache befasste und eingearbeitete Anklagevertreter aus dem Verfahren entfernt werden könnte, was letztlich nahezu immer zu einer nach Verfassungsgrundsätzen zu vermeidenden Verfahrensverzögerung führen würde.

Letztlich kann der Senat diese Frage nochmals offen lassen; denn es kann vorliegend ausgeschlossen werden, dass das Urteil auf dem behaupteten Verfahrensverstoß beruht. Zunächst kann der Senat auch aufgrund des Revisionsvorbringens nicht feststellen, dass der Sitzungsvertreter überhaupt die seiner Zeugenvernehmung zugrunde liegende Beweisbehauptung und seine darauf erfolgte Aussage im Schlussvortrag gewürdigt hat. Im Übrigen betraf die Aussage auch keine eigenen Wahrnehmungen des Staatsanwalts, sondern allein Fragen der dienstlichen Befassung mit dem Verfahren, welche auch - wie vorliegend geschehen - im Rahmen einer dienstlichen Äußerung in ausreichender Weise hätten geklärt werden können. Dies hätte auf keinen Fall einen Ausschluss des Sitzungsvertreters mit sich gebracht.

Der Schriftsatz vom 23. Oktober 2007 lag dem Senat bei seiner Entscheidung vor.

Vorinstanz: LG Landshut, vom 08.05.2007
Fundstellen
DRiZ 2008, 93
NStZ 2008, 353
StV 2008, 337
wistra 2008, 110