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BGH - Entscheidung vom 04.07.2007

XII ZB 55/05

Normen:
BGB § 1587h Nr. 1
VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 1

Fundstellen:
FamRZ 2007, 2058
NJW-RR 2007, 1585

BGH, Beschluß vom 04.07.2007 - Aktenzeichen XII ZB 55/05

DRsp Nr. 2007/15305

Schuldrechtlicher Ausgleich einer betrieblichen Altersversorgung

a) Zur Ermittlung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente, wenn das schuldrechtlich auszugleichende Anrecht bereits zuvor gemäß § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG teilweise öffentlich-rechtlich ausgeglichen worden ist (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2005 - XII ZB 127/01 - FamRZ 2005, 1464 ff.; vom 6. Juli 2005 - XII ZB 107/02 - NJW-RR 2005, 1522 f.; vom 10. August 2005 - XII ZB 191/01 - FamRZ 2005, 1982 f.; vom 9. November 2005 - XII ZB 228/03 - FamRZ 2006, 323 f.; vom 25. Oktober 2006 - XII ZB 211/04 - FamRZ 2007, 120 ff. und vom 20. Dezember 2006 - XII ZB 166/04 - FamRZ 2007, 363 ff.).b) Zur Anwendung der Härteklausel des § 1587 h Nr. 1 BGB beim schuldrechtlichen Ausgleich einer betrieblichen Altersversorgung mit Rücksicht auf die Kranken- und Pflegeversicherungsbeitragspflicht des ausgleichspflichtigen Ehegatten (Fortführung der Senatsbeschlüsse vom 10. August 2005 - XII ZB 191/01 - FamRZ 2005, 1982 ff.; vom 9. November 2005 - XII ZB 228/03 - FamRZ 2006, 323 ff.; vom 25. Oktober 2006 - XII ZB 211/04 - FamRZ 2007, 120 ff. und vom 20. Dezember 2006 - XII ZB 166/04 - FamRZ 2007, 363 ff.).

Normenkette:

BGB § 1587h Nr. 1 ; VAHRG § 3b Abs. 1 Nr. 1 ;

Gründe:

I. Die Parteien streiten um schuldrechtlichen Versorgungsausgleich.

Die am 11. Dezember 1964 geschlossene Ehe der Parteien wurde 1989 durch Verbundurteil rechtskräftig geschieden und der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt.

Nach den Feststellungen im Verbundurteil hatten beide Ehegatten in der Ehezeit (1. Dezember 1964 bis 31. Oktober 1988, § 1587 Abs. 2 BGB ) Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben, die Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) in Höhe von 438,10 DM, der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) in Höhe von 1.499,40 DM, jeweils monatlich und bezogen auf den 31. Oktober 1988. Außerdem hatte das Amtsgericht für den Ehemann Anrechte auf eine dem Grunde nach unverfallbare Betriebsrente der S. AG in Höhe von jährlich 17.388 DM festgestellt, deren Ehezeitanteil es mit 10.309,63 DM errechnet hatte. Es hatte den Versorgungsausgleich sodann dahin geregelt, dass es im Wege des Splittings von dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Bundesversicherungsanstalt in Berlin (BfA) auf das Rentenkonto der Ehefrau bei der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von 530,65 DM, monatlich und bezogen auf den 31. Oktober 1988, übertragen hat. Zum Ausgleich der Betriebsrente des Ehemannes hatte es im Wege des erweiterten Splittings weitere 61,60 DM (= 31,50 EUR), monatlich und bezogen auf den 31. Oktober 1988, vom Rentenkonto des Ehemannes bei der BfA auf das der Ehefrau bei der BfA übertragen. Dabei war es davon ausgegangen, dass die Betriebsrente nicht dynamisch ist; es hatte sie deshalb mittels der BarwertVO (in der damals geltenden Fassung) in eine monatliche dynamische Rentenanwartschaft umgerechnet. Im übrigen hatte das Amtsgericht den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

Beide Parteien beziehen inzwischen Altersrente der gesetzlichen Rentenversicherung, der Ehemann zudem die Betriebsrente, deren Höhe ab dem 1. Januar 2002 2.391 DM = 1.222,50 EUR monatlich beträgt.

Auf den Antrag der Ehefrau hat das Amtsgericht den Ehemann im vorliegenden Verfahren verpflichtet, an sie ab dem 1. Januar 2002 eine schuldrechtliche Ausgleichsrente in Höhe von 17,0004 % der ihm jeweils gewährten Betriebsrente, derzeit 207,83 EUR, zu zahlen und an die Ehefrau seinen Anspruch auf Zahlung der Betriebsrente in Höhe des genannten Vom-Hundert-Satzes abzutreten.

Auf die Beschwerde der Ehefrau hat das Oberlandesgericht diese Entscheidung abgeändert und den Ehemann verpflichtet, an sie zum Ausgleich seiner Betriebsrente eine schuldrechtliche Ausgleichsrente zu zahlen, und zwar ab dem 1. Januar 2002 in Höhe von 320,68 EUR, ab dem 1. Juli 2002 in Höhe von 319,78 EUR und ab dem 1. Juli 2003 in Höhe von 319,34 EUR. Außerdem hat es den Ehemann verpflichtet, seinen Anspruch auf Zahlung der Betriebsrente in Höhe der zuvor genannten Ausgleichsbeträge abzutreten.

Hiergegen wendet sich der Ehemann mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.

II. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Nach den Feststellungen des Oberlandesgerichts war der Ehemann bei der S. AG insgesamt 376 Monate beschäftigt, von denen 223 Monate in die Ehezeit fallen. Es hat dementsprechend den Ehezeitanteil der mit 1.222,50 EUR ausgezahlten Betriebsrente mit 725,05 EUR ermittelt. Das ist nicht zu beanstanden (vgl. § 1587 b Abs. 2 Nr. 3 lit. b) BGB ); auch die Rechtsbeschwerde erinnert hiergegen nichts.

2. Das Oberlandesgericht geht davon aus, dass der Ehefrau ein Anspruch auf eine schuldrechtliche Ausgleichsrente zustehe, deren Höhe sich aus dem hälftigen Zahlbetrag der ehezeitanteiligen Betriebsrente des Ehemannes ergebe; dieser sei um die der Ehefrau bereits im Wege des öffentlich-rechtlichen Teilausgleichs übertragenen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung zu vermindern. Der Nominalbetrag dieser (dynamischen) Anrechte sei dabei nicht unter Anwendung der BarwertVO in einen Betrag entsprechender nicht-dynamischer Anrechte umzurechnen. Vielmehr sei die Dynamik des öffentlich-rechtlichen Teilausgleichs bei der Berechnung der schuldrechtlichen Ausgleichsrente dadurch zu berücksichtigen, dass der Nominalbetrag der im öffentlich-rechtlichen Teilausgleich übertragenen Anrechte in dem Verhältnis angepasst werde, in dem der zum Ehezeitende geltende aktuelle Rentenwert gegenüber dem derzeit geltenden aktuellen Rentenwert gestiegen sei. Während der aktuelle Rentenwert für Oktober 1988 37,27 DM = 19,0558 EUR betragen habe, betrage der aktuelle Rentenwert für das erste Halbjahr 2002 25,31406 EUR, so dass sich der im Wege des erweiterten Splittings bereits ausgeglichene Teilbetrag deshalb mit (31,50 EUR : 19,0558 x 25,31406 =) 41,85 EUR errechne; dieser Betrag sei für das erste Halbjahr 2002 von der schuldrechtlichen Ausgleichsrente abzusetzen, die sich damit auf (725,05 EUR : 2 - 41,85 EUR =) 320,68 EUR belaufe. Für die Zeit vom 1. Juli 2002 bis zum 30. Juni 2003 betrage der aktuelle Rentenwert 25,86 EUR und der aktualisierte Teilausgleichsbetrag mithin (31,50 EUR : 19,0558 x 25,86 =) 42,75 EUR, so dass sich eine Ausgleichsrente von (725,05 EUR : 2 - 42,75 EUR =) 319,78 EUR errechne. Seit dem 1. Juli 2003 betrage der aktuelle Rentenwert 26,13 EUR und der aktualisierte Teilausgleichsbetrag mithin (31,50 EUR : 19,0558 x 26,13 =) 43,19 EUR, so dass sich eine Ausgleichsrente von (725,05 EUR : 2 - 43,19 EUR =) 319,34 EUR ergebe.

Auch hiergegen sind rechtliche Bedenken nicht zu erheben.

a) Der Rechenweg des Oberlandesgerichts ist geeignet, die Mängel der bis 31. Dezember 2002 geltenden Barwert-Verordnung, die der Senat in seinem Beschluss vom 5. September 2001 als verfassungswidrig bezeichnet hat (BGHZ 148, 351 , 361 ff. = FamRZ 2001, 1695 , 1698 ff.), in Grenzen aufzufangen. Zwar hat der Verordnungsgeber den Beanstandungen des Senats inzwischen durch die seit dem 1. Januar 2003 geltende 2. Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 26. Mai 2003, BGBl. I 728 (Senatsbeschluss BGHZ 156, 64 , 67 ff. = FamRZ 2003, 1639 f.) und durch die 3. Verordnung zur Änderung der Barwert-Verordnung vom 3. Mai 2006, BGBl. I 1144 (Senatsbeschluss vom 20. September 2006 - XII ZB 248/03 - FamRZ 2007, 23 , 26 f.) hinreichend Rechnung getragen. Dennoch erscheint es nicht angängig, einen unter der Geltung der früheren, verfassungswidrigen Barwert-Verordnung durchgeführten Versorgungsausgleich nunmehr - im Hinblick auf einen nach § 3 b Abs. 1 Nr. 1 VAHRG erfolgten Teilausgleich - dadurch zu korrigieren, dass eine nach § 1587 g BGB zu zahlende schuldrechtliche Ausgleichsrente um einen unter der Geltung der früheren Barwert-Verordnung ermittelten, aber nunmehr nach der neuen Barwert-Verordnung "entdynamisierten" Teilausgleichsbetrag gekürzt wird, mag sich die von der Novellierung der Barwert-Verordnung bewirkte Aufwertung der Betriebsrenten auch im Einzelfall auf die Höhe der dem ausgleichsberechtigten Ehegatten im öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich übertragenen oder begründeten Anrechte nicht unmittelbar auswirken.

b) Der Senat hat deshalb nach Erlass des angefochtenen Beschlusses mehrfach entschieden, dass es im Ergebnis vertretbar ist, einen unter der bis 31. Dezember 2002 geltenden Barwert-Verordnung durchgeführten erweiterten öffentlich-rechtlichen Ausgleich im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs dadurch zu berücksichtigen, dass der auf das Ehezeitende bezogene Nominalbetrag des so übertragenen oder begründeten Anrechts wegen seiner zwischenzeitlichen Wertsteigerungen auf den aktuellen Nominalbetrag "hochgerechnet" und dieser vom Nominalbetrag des schuldrechtlich auszugleichenden Betrages in Abzug gebracht wird. Dies gilt jedenfalls dann, wenn sich nicht weitere Verzerrungen dadurch ergeben, dass der erweiterte Ausgleich zu Lasten eines nicht volldynamischen Anrechts durchgeführt worden ist und das Anrecht des Ausgleichspflichtigen aufgrund des erweiterten Ausgleichs stärker gekürzt wird als die schuldrechtliche Ausgleichsrente nach der vom Oberlandesgericht befolgten Methode (Senatsbeschlüsse vom 20. Dezember 2006 - XII ZB 166/04 - FamRZ 2007, 363 , 364; vom 9. November 2005 - XII ZB 228/03 - FamRZ 2006, 323 , 324; vom 10. August 2005 - XII ZB 191/01 - FamRZ 2005, 1982 f.; vom 6. Juli 2005 - XII ZB 107/02 - NJW-RR 2005, 1522 , 1523 und vom 25. Mai 2005 - XII ZB 127/01 - FamRZ 2005, 1464 , 1467). Ebenso hält es der Senat nach der erneuten Novellierung der Barwert-Verordnung für geboten, einem unter Geltung der am 31. Mai 2006 außer Kraft getretenen Barwert-Verordnung durchgeführten erweiterten öffentlich-rechtlichen Ausgleich im Rahmen des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs durch eine entsprechende Aktualisierung des ausgeglichenen Teilbetrages Rechnung zu tragen (Senatsbeschluss vom 25. Oktober 2006 - XII ZB 211/04 - FamRZ 2007, 120 , 121 f.). Für einen unter der seit 1. Juni 2006 geltenden Barwert-Verordnung durchgeführten Teilausgleich bleibt es hingegen dabei, dass der ausgeglichene Teilbetrag anhand der novellierten Barwert-Verordnung rückzurechnen ist (Senatsbeschluss vom 20. Dezember 2006 - XII ZB 166/04 - FamRZ 2007, 363 , 364).

In dem der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegenden Fall war der erweiterte Ausgleich unter der bis 31. Dezember 2002 geltenden Barwert-Verordnung durchgeführt worden. Der vom Oberlandesgericht eingeschlagene Weg einer Aktualisierung des dabei übertragenen Anrechts der gesetzlichen Rentenversicherung anhand der seit Ehezeitende erfolgten Steigerung des aktuellen Rentenwerts ist deshalb aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Vorinstanz: OLG Köln, vom 08.03.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 25 UF 46/03
Vorinstanz: AG Leverkusen, vom 12.02.2003 - Vorinstanzaktenzeichen 32 F 383/01
Fundstellen
FamRZ 2007, 2058
NJW-RR 2007, 1585