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BGH - Entscheidung vom 25.06.2007

AnwZ (B) 9/05

Normen:
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
ZPO § 91a

BGH, Beschluß vom 25.06.2007 - Aktenzeichen AnwZ (B) 9/05

DRsp Nr. 2007/14623

Kostenentscheidung nach Erledigung eines anwaltsgerichtlichen Verfahrens betreffend den Widerruf der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft wegen Vermögensverfalls durch Aufhebung der Verfügung durch Konsolidierung der Vermögensverhältnisse

Normenkette:

BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7 ; ZPO § 91a ;

Gründe:

I. Die Antragstellerin ist seit 1995 zur Rechtsanwaltschaft bei dem Amtsgericht und Landgericht L. zugelassen, seit 2000 auch bei dem Oberlandesgericht D. Mit Bescheid vom 7. Juli 2004 hat die Antragsgegnerin die Zulassung wegen Vermögensverfalls widerrufen. Den dagegen gerichteten Antrag auf gerichtliche Entscheidung hat der Anwaltsgerichtshof zurückgewiesen. Dagegen hatte die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt und mit Schriftsatz vom 28. November 2005 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten beantragt. Während des Beschwerdeverfahrens hat das Amtsgericht L. mit Beschluss vom 30. August 2006 die Restschuldbefreiung angekündigt und mit Beschluss vom 2. November 2006 das am 11. November 2004 eröffnete Insolvenzverfahren über das Vermögen der Antragstellerin aufgehoben. Die Antragsgegnerin hat mit Verfügung vom 10. Januar 2007 den Widerrufsbescheid zurückgenommen. Antragstellerin und Antragsgegnerin haben daraufhin das Verfahren übereinstimmend für erledigt erklärt.

II. 1. Nach übereinstimmender Erledigungserklärung war in entsprechender Anwendung von § 91 a ZPO und § 13 a FGG über die Kosten zu entscheiden. Der Senat hat von der Erhebung gerichtlicher Gebühren und Auslagen abgesehen, weil sich die Vermögensverhältnisse der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren konsolidiert haben und der Widerruf der Zulassung der Antragstellerin daher nicht mehr gerechtfertigt war; dem hat die Antragsgegnerin durch die Rücknahme der Widerrufsverfügung Rechnung getragen. Da der Widerrufsgrund aber erst im Beschwerdeverfahren weggefallen ist, entspricht es nicht der Billigkeit, eine Erstattung der außergerichtlichen Auslagen anzuordnen.

2. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe war zurückzuweisen. Die Erledigung der Hauptsache führt zum Wegfall der Erfolgsaussichten für die Rechtsverfolgung (vgl. Philippi in Zöller, ZPO , 26. Aufl. § 114 Rdn. 20 a). Es kann dahinstehen, ob maßgeblich für die Beurteilung der Erfolgsaussichten der Erkenntnisstand zum Zeitpunkt der Entscheidung (BGH; Beschl. v. 27. Januar 1982 - IVb ZB 925/80, MDR 1982, 564) oder der Zeitpunkt der Entscheidungsreife ist (so im Falle der Verzögerung: BFH, BVH/NV 2001, 1598 Tz. 26; OVG Frankfurt, NVwZ-RR 2002, 789, 790; Philippi in Zöller, ZPO , 26. Aufl. § 119 Rdn. 44 m.w.N.). Eine rückwirkende Bewilligung der Prozesskostenhilfe käme im Falle der Erledigung der Hauptsache jedenfalls nur dann in Betracht, wenn das Prozesskostenhilfegesuch bereits vor Eintritt des erledigenden Ereignisses (der Rücknahme des Widerrufsbescheids) bewilligungsreif gewesen wäre. Dies ist indes nicht der Fall.

a) Das Prozesskostenhilfegesuch hätte zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife - nämlich nach Eingang der Stellungnahme der Antragsgegnerin zum Prozesskostenhilfegesuch am 7. Januar 2006 - zurückgewiesen werden müssen, da die Beschwerde zu diesem Zeitpunkt keine Aussicht auf Erfolg hatte.

(1) Im Zeitpunkt der Widerrufsentscheidung waren die Voraussetzungen des Vermögensverfalls gegeben. Beweisanzeichen hierfür sind insbesondere gegen den Rechtsanwalt ergangene Schuldtitel und Vollstreckungsmaßnahmen. Gegen die Antragstellerin wurde wegen einer Vielzahl titulierter Forderungen die Zwangsvollstreckung betrieben. Im Einzelnen hatte die Antragsgegnerin 31 Forderungen, darunter Forderungen aus dem Mietverhältnis für die Kanzleiräume in beträchtlicher Höhe aufgelistet und auf weitere Vollstreckungsmaßnahmen hingewiesen. Die Antragstellerin hatte die gegen sie geltend gemachten Forderungen nicht bestritten, ihre Gesamtverbindlichkeiten hatte sie gegenüber der Antragsgegnerin mit ca. eine Million Euro angegeben. Von ihr angestrebte Ratenzahlungsvereinbarungen waren zum Zeitpunkt der Widerrufsverfügung nicht zustande gekommen.

(2) Die Voraussetzungen für den Widerruf der Zulassung wegen Vermögensverfalls waren vor der Aufhebung des Insolvenzverfahrens und der Ankündigung der Restschuldbefreiung durch das Amtsgericht L. auch nicht nachträglich entfallen. Die Antragstellerin hatte im Gegenteil unter dem 30. August 2004 die eidesstattliche Versicherung abgegeben, am 11. November 2004 wurde über ihr Vermögen das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens beseitigte weder den Vermögensverfall noch die Gefährdung der Rechtsuchenden (BGH, Beschl. v. 7. Dezember 2004 - AnwZ (B) 40/04, NJW 2005, 1271 ).

(3) Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife über das Prozesskostenhilfegesuch waren auch sonst keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall hier ausnahmsweise nicht gefährdet waren.

b) Zwar war die Erfolgsaussicht der Beschwerde zu bejahen, nachdem das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Antragstellerin aufgehoben und der Antragstellerin Restschuldbefreiung angekündigt worden war (vgl. BGH, Beschl. v. 7. Dezember 2004 - AnwZ (B) 40/04, NJW 2005, 1271 ). Diese Änderung der tatsächlichen Verhältnisse konnte der Senat seiner Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch jedoch erst zugrunde legen, nachdem der Antragsgegnerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden war. Da die Antragsgegnerin den Widerrufsbescheid innerhalb der (am 26. Januar 2007 endenden) Stellungnahmefrist zurückgenommen hat, war die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels vor Eintritt der Entscheidungsreife weggefallen.

Vorinstanz: OLG Dresden, vom 05.11.2004 - Vorinstanzaktenzeichen AGH 15/04