Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BGH - Entscheidung vom 23.01.2007

X ZB 3/06

Normen:
PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3, 6

BGH, Beschluß vom 23.01.2007 - Aktenzeichen X ZB 3/06

DRsp Nr. 2007/6859

Gewährung des rechtlichen Gehörs in Verfahren vor den Patentgerichten; Anforderungen an die Begründung eines Beschlusses

1. Das rechtliche Gehör im Verfahren vor den Patentgerichten ist verletzt, wenn das Gericht zur Rechtfertigung seiner Entscheidung Rechtsquellen heranzieht, die nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen sind, ohne darauf hinzuweisen. Sind diese Rechtsquellen jedoch in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen und in der Beschreibung des Patents als maßgebliches Regelwerk benannt, so ist das rechtliche Gehör nicht verletzt.2. Der Patentinhaber muss damit rechnen, dass die Patentgerichte sich mit dem Sachverstand seiner technischen Mitglieder das allgemeine Wissen des Fachmanns zu erschließen sucht und die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse verwertet. Da gem. § 4 PatG eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gilt, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, kann auf die Heranziehung des allgemeinen Fachwissens bei der Bewertung, ob eine patentfähige Erfindung gegeben ist, nicht verzichtet werden. Die Patentgerichte müssen daher Feststellungen zum allgemeinen Fachwissen treffen, soweit es im Hinblick auf die Entwicklung der verteidigten Lehre zum technischen Handeln von Bedeutung ist. Hierzu kann der Sachverstand der zur Entscheidung berufenen technischen Richter genutzt werden, ohne dass es einer vorherigen Ankündigung unter Darlegung der vorhandenen technischen Kenntnisse bedarf.3. § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG eröffnet keine Richtigkeitskontrolle der angefochtenen Entscheidung. Den Anforderungen ist genügt, wenn die Entscheidung überhaupt mit Gründen versehen ist, aus denen sich ergibt, welche rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte die getroffene Entscheidung tragen sollen.

Normenkette:

PatG § 100 Abs. 3 Nr. 3 , 6 ;

Gründe:

I. Dem Rechtsbeschwerdeführer ist das deutsche Patent 101 13 038 erteilt worden. Hiergegen hat die Verfahrensbeteiligte Einspruch eingelegt. Der Patentinhaber hat mit einem Hauptantrag und vier Hilfsanträgen gebeten, das Patent beschränkt aufrechtzuerhalten. Nach dem Hauptantrag sollen die Patentansprüche 1 und 11 wie folgt lauten:

1. Verfahren zur Steuerung und Betrieb einer Windenergieanlage in einem Betriebsbereich, in welchem die Erregerfrequenz des Rotors der Windenergieanlage in einer Bandbreite der Eigenfrequenz des Turmes +/- 5 % liegt, mit einem Turm, einer Steuereinrichtung zur Betriebsführung der Windenergieanlage oder Teile hiervon, wobei Mittel vorgesehen sind, mit denen eine Schwingung des Turms der Windenergieanlage erfasst wird, wobei die Mittel zur Erfassung der Turmschwingung den Schwingweg und/oder die absolute Auslenkung des Turms im oberen Teil des Turms aus seiner Ruhelage erfassen und die von dem Mittel zur Erfassung der Turmschwingung ermittelten Werte in der Steuerungseinrichtung verarbeitet werden und zwar derart, dass die Betriebsführung der Windenergieanlage oder Teile hiervon verändert wird, wenn der Schwingweg und/oder die absolute Auslenkung des Turms einen vorgebbaren ersten Grenzwert überschreitet.

11. Windenergieanlage mit einem Turm und einer Steuerungseinrichtung zur Betriebsführung der Windenergieanlage sowie einer Einrichtung zur Erfassung des Schwingweges des Turms, wobei die Windenergieanlage für einen Betrieb, in welchem die Erregerfrequenz des Rotors der Windenergieanlage in einer Bandbreite der Eigenfrequenz des Turms +/- 5 % liegt, vorgesehen ist, und wobei Mittel vorgesehen sind, mit denen eine Schwingung des Turms der Windenergieanlage erfasst wird, wobei die Mittel zur Erfassung der Turmschwingung den Schwingweg und/oder die absolute Auslenkung des Turms im oberen Teil des Turms aus seiner Ruhelage erfassen und die von dem Mittel zur Erfassung der Turmschwingung ermittelten Werte in der Steuerungseinrichtung verarbeitet werden und zwar derart, dass die Betriebsführung der Windenergieanlage oder Teile hiervon verändert wird, wenn der Schwingweg und/oder die absolute Auslenkung des Turms einen vorgebbaren ersten Grenzwert überschreitet.

Wegen des Wortlauts der mit den Hilfsanträgen 1 bis 4 verteidigten jeweiligen Hauptansprüche wird auf den angefochtenen Beschluss verwiesen.

Das Bundespatentgericht hat das Patent widerrufen. Dabei hat es näher ausgeführt, die Schritte der Verfahren, die nach dem Haupt- und den Hilfsanträgen mit dem jeweiligen Verfahrensanspruch 1 beansprucht seien, seien dem zuständigen Fachmann durch den Stand der Technik auf Grund seines Fachwissens nahe gelegt gewesen. Die jeweils nebengeordneten, auf eine Windenergieanlage bezogenen Vorrichtungsansprüche teilten das Schicksal der Verfahrensansprüche.

Hiergegen richtet sich die - nicht zugelassene - Rechtsbeschwerde des Patentinhabers.

Die Einsprechende tritt diesem Rechtsmittel entgegen.

II. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 100 Abs. 3 PatG ohne Zulassung statthaft, weil der Patentinhaber rügt, ihm sei das rechtliche Gehör versagt worden (§ 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG ) und der angefochtene Beschluss sei nicht mit Gründen versehen (§ 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG ).

Beide Rügen sind jedoch nicht berechtigt, so dass die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen ist.

1. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (z.B. Beschl. v. 11.6.2002 - X ZB 27/01, GRUR 2002, 957 - Zahnstruktur, m.w.N.) ist der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt, wenn das Gericht entscheidungserhebliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung nicht in Erwägung gezogen hat oder wenn es Erkenntnisse verwertet hat, zu denen die Verfahrensbeteiligten nicht Stellung nehmen konnten.

Letzteres macht der Patentinhaber geltend, soweit er beanstandet, die vom Bundespatentgericht zur Rechtfertigung seiner Entscheidung herangezogene Richtlinie für Windkraftanlagen des Deutschen Instituts für Bautechnik sei nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen und das Bundespatentgericht habe einen Hinweis unterlassen, dass es - wie Seite 16 des angefochtenen Beschlusses geschehen - bei seiner Entscheidung dieser Richtlinie Bedeutung zumessen werde. Eine Gehörsverletzung ergibt sich daraus jedoch nicht.

Denn die Richtlinie war in den ursprünglichen Anmeldeunterlagen und in der Beschreibung des Patents als ein für Windkraftanlagen maßgebliches Regelwerk benannt, und zwar unter ausdrücklicher Wiedergabe der Angabe, die das Bundespatentgericht bei seiner Prüfung der Patentfähigkeit des Patents in der verteidigten Fassung verwertet hat. Damit gehörte dieser Inhalt der Richtlinie zum Prozessstoff und der Patentinhaber konnte damit rechnen, dass es für die vom Bundespatentgericht vorzunehmende Bewertung des Patents in der verteidigten Fassung auch auf diese Schrift und insoweit darauf werde ankommen können, dass dort bereits auf die Notwendigkeit einer Schwingungsüberwachung bei Windenergieanlagen abgestellt war, die - wie es in den verteidigten Patentansprüchen 1 heißt - in einem Bereich betrieben werden, in welchem die Erregerfrequenz des Rotors der Windenergieanlage in einer Bandbreite der Eigenfrequenz des Turms +/- 5 % liegt.

Der Patentinhaber war dadurch in die Lage versetzt, seine Sicht von der Bedeutung dieser Notwendigkeit für die Frage des Naheliegens des Gegenstands des mit geänderter Fassung verteidigten Patents zu Gehör zu bringen. Zu weitergehenden Hinweisen bestand kein Anlass (vgl. Senat, Beschl. v. 25.1.2000 - X ZB 7/99, GRUR 2000, 792 , 793 - Spiralbohrer).

Soweit die Rechtsbeschwerde noch meint, der Richtlinie für Windkraftanlagen des Deutschen Instituts für Bautechnik sei nichts zu entnehmen, was dem Patent nach dem Stand der Technik in Verbindung mit dem Fachwissen entgegengehalten werden könne, stellt die Rechtsbeschwerde allein in Frage, ob die Wertung des Patents in der verteidigten Fassung durch das Bundespatentgericht rechtsfehlerfrei getroffen worden ist. § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG steht aber nur zur Verfügung, damit ein sich insoweit verletzt fühlender Verfahrensbeteiligter sein Recht auf rechtliches Gehör wahren kann. Für eine Richtigkeitskontrolle der angefochtenen Entscheidung ist das hiermit eröffnete Verfahren nicht zugelassen (ständige Rechtsprechung z.B. Senat, Beschl. v. 29.4.2003 - X ZB 10/02, Umdr. S. 7; Beschl. v. 26.7.2005 - X ZB 1/04, Umdr. S. 11 m.w.N.)

2. Die Rechtsbeschwerde macht ferner geltend, das Bundespatentgericht habe vom Patentinhaber vorgetragene Unterschiede zu herkömmlicher Beschleunigungsmessung und damit den von dem Patentinhaber vorgetragenen Inhalt des Patents nicht zur Kenntnis genommen und sich deshalb nicht mit dessen Besonderheiten befasst. Auch damit wird eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht dargetan.

Die Behauptung des Patentinhabers, auf welche die Rechtsbeschwerde in diesem Zusammenhang abhebt, nämlich dass mit der vom Bundespatentgericht erörterten Schwingungsüberwachung mittels Beschleunigungsmessung weder ein Grenzwert für den Schwingweg vorgegeben sei noch Mittel bereitgestanden hätten, die Betriebsführung der Windenergieanlage oder Teile hiervon zu ändern, wenn der Schwingweg und/oder die absolute Auslegung des Turms einen vorgebbaren ersten Grenzwert überschreitet, ist Teil der Auseinandersetzung des Patentinhabers mit den Entgegenhaltungen gewesen, die als Anlagen D 1 und D 2 in das Einspruchsverfahren eingeführt worden sind. Auf diese Schriften hat das Bundespatentgericht seine Entscheidung jedoch nicht gestützt. Es hat das Patent in der verteidigten Fassung allein deshalb widerrufen, weil neben der bereits erwähnten Richtlinie auch das 1988 erschienene Buch "Windkraftanlagen" von Erich Hau zum Stand der Technik gehört, in dem schon damals angegeben war, dass große Windkraftanlagen über eine elektronisch arbeitende Schwingungsüberwachung verfügen, bei der Signale verschiedener Indikationen wie Dehnmessstreifen und Beschleunigungsmesser in einem Prozessor ausgewertet und bei Überschreiten der festgesetzten Grenzwerte des Sicherheitssystems aktiviert werden. Eine ausdrückliche Erwähnung und Behandlung des in anderem Zusammenhang gemachten Vortrags des Patentinhabers war deshalb entbehrlich, so dass aus deren Fehlen nicht darauf geschlossen werden kann, der Vortrag des Patentinhabers sei vom Bundespatentgericht nicht zur Kenntnis genommen und bei dessen Entscheidung nicht berücksichtigt worden. Der Umstand, dass das Bundespatentgericht - wie auch die Rechtsbeschwerde angibt - den Gegenstand des verteidigten Patents als neue Lehre zum technischen Handeln erkannt und nur deshalb als nicht patentfähig angesehen hat, weil unzulässig hohe Schwingungsausschläge eines Turms einer Windenergieanlage eine Schwingungsüberwachung erforderten und die hierzu im Patent beanspruchten Mittel aufgrund des allgemeinen Fachwissens durch diese Notwendigkeit veranlasst naheliegend gewesen seien, folgt vielmehr, dass das Bundespatentgericht sich durchaus bewusst war, dass das Patent vom Stand der Technik abweicht.

Soweit die Rechtsbeschwerde darzulegen versucht, auch das Buch von Hau setze sich nicht mit den Maßnahmen auseinander, auf die es nach dem Patent in seiner verteidigten Fassung ankomme, danach werde vielmehr eine besondere Schwingungsüberwachung beansprucht, wird lediglich die Richtigkeit der Auslegung des Patents durch das Bundespatentgericht und dessen Würdigung eines Stands der Technik angegriffen. Die hiermit gewünschte Richtigkeitsüberprüfung durch den Senat sieht § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG - wie bereits ausgeführt - jedoch nicht vor.

3. Die Rechtsbeschwerde rügt ferner, dass das Bundespatentgericht die im druckschriftlichen Stand der Technik nicht offenbarten Merkmale des Patents in seiner verteidigten Fassung als zum allgemeinen Fachwissen gehörende Lösungsmittel angesehen habe, ohne das Bestreiten des Patentinhabers insoweit zur Kenntnis genommen und ohne die Frage des Vorhandenseins eines solchen Fachwissens mit den Verfahrensbeteiligten erörtert zu haben. Wenn das Gericht ohne nachprüfbare Belege ein angeblich bestehendes allgemeines Fachwissen immer heranziehe, wenn es eine Lücke zwischen der beanspruchten Lehre und dem Stand der Technik zu schließen gelte, so werde auf das Fehlen von Neuheit oder erfinderischer Tätigkeit ohne jede Möglichkeit einer tatsächlichen Überprüfung willkürlich geschlossen. Auch das füllt den Tatbestand des § 100 Abs. 3 Nr. 3 PatG nicht aus.

Zunächst kann nicht davon ausgegangen werden, dass das Bundespatentgericht ein Bestreiten des Patentinhabers nicht zur Kenntnis genommen hat. Das Bundespatentgericht hat gemäß § 87 Abs. 1 PatG den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Dem ist das Gericht im Streitfall nachgekommen. Denn es hat das von ihm seiner Entscheidung zugrunde gelegte Fachwissen nicht etwa als unstreitig behandelt, sondern insoweit aufgrund der durchgeführten mündlichen Verhandlung unter Nutzung des technischen Sachverstands seiner Mitglieder eigene Feststellungen getroffen.

Das Bundespatentgericht hat hierbei die Möglichkeit, nach freier Überzeugung zu entscheiden, genutzt, die auch diesem Gericht zusteht (§ 93 Abs. 1 Satz 1 PatG ). Diese Möglichkeit schließt grundsätzlich ein, auch Umstände festzustellen und zu verwerten, für die das Gericht nicht auf förmliche Beweismittel verweisen kann, die also nicht durch entsprechende Urkunden, Sachverständigengutachten, Aussagen von Zeugen oder Verfahrensbeteiligten oder eine Augenscheinseinnahme belegt sind. Das Fachwissen des Fachmanns betreffende Umstände sind hiervon nicht ausgenommen. Als Ergebnis freier Würdigung ist eine Feststellung insoweit zudem Teil der Entscheidungsfindung. Der Akt der Entscheidungsfindung ist aber allein dem Gericht übertragen. Dieser Vorgang kann als solcher den Anspruch auf rechtliches Gehör nicht berühren. Der Rechtsbeschwerde kann deshalb auch nicht insoweit beigetreten werden, als in ihr anklingt, das Bundespatentgericht habe seine Überzeugung, wie weit das Fachwissen zum für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Zeitpunkt reichte und welche Möglichkeiten es dem Fachmann bot, zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör den Verfahrensbeteiligten zuvor eröffnen und mit diesen diskutieren müssen.

Zum anderen musste der Patentinhaber damit rechnen, dass das Bundespatentgericht sich mit dem Sachverstand seiner technischen Mitglieder das allgemeine Fachwissen des Fachmanns zu erschließen sucht und die auf diese Weise gewonnenen Erkenntnisse verwertet. Da gemäß § 4 PatG eine Erfindung als auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhend gilt, wenn sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergibt, kann auf die Heranziehung des allgemeinen Fachwissens bei der Bewertung, ob eine patentfähige Erfindung gegeben ist, nicht verzichtet werden. Denn das allgemeine Fachwissen repräsentiert zusammen mit dem Fachkönnen das, was den Fachmann ausmacht, auf den nach § 4 PatG abzustellen ist. Es bildet die Grundlage für die Erfassung und Nutzung derjenigen Kenntnisse, die gemäß § 3 Abs. 1 PatG der Stand der Technik umfasst. Das Bundespatentgericht musste deshalb Feststellungen zum allgemeinen Fachwissen treffen, soweit es im Hinblick auf die Entwicklung der verteidigten Lehre zum technischen Handeln von Bedeutung ist.

Für Verfahren vor dem Bundespatentgericht ist es schließlich eine Selbstverständlichkeit, dass hierzu der Sachverstand der zur Entscheidung berufenen technischen Richter genutzt wird. Eine vorherige Ankündigung unter Darlegung der vorhandenen technischen Kenntnisse, wie sie von anderen Gerichten zu verlangen sein mag (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 23.11.2006 - III ZR 65/06, Tz. 14), ist deshalb entbehrlich. Unter diesen Umständen bestand für den Patentinhaber auch ohne entsprechende Vorgabe des Bundespatentgerichts in der mündlichen Verhandlung alle Veranlassung, zum Fachwissen des Fachmanns alles vorzutragen, was er für berücksichtigungswert hielt, und sich auf diese Weise rechtliches Gehör zu verschaffen.

4. Ebenfalls zu Unrecht macht die Rechtsbeschwerde eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör mit ihrem Vorwurf geltend, das Bundespatentgericht habe ohne vorherige Erörterung mit den Verfahrensbeteiligten eine neue Rechtsprechung begründet, weil es allein auf das jeweilige Bekanntsein der einzelnen Merkmale der verteidigten Patentansprüche abgestellt habe, obwohl nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und des Bundespatentgerichts die funktionale Wirkung aller Merkmale in ihrer Gesamtheit im Hinblick auf die Lösung der gestellten Aufgabe zu Grunde zu legen sei und die Frage des Naheliegens für diese Gesamtheit beantwortet werden müsse.

Es ist schon nicht ersichtlich, dass das Bundespatentgericht erkannt hat, mit den hierfür von der Rechtsbeschwerde ins Feld geführten Ausführungen auf Seite 20 des angefochtenen Beschlusses könnten anerkannte Rechtsgrundsätze in Frage gestellt werden. Auch die Art und Weise, wie das Bundespatentgericht zuvor geprüft hat, ob es den verteidigten Patentansprüchen an einer erfinderischen Tätigkeit mangele, lässt nicht erkennen, dass das Bundespatentgericht im Streitfall einen Maßstab anlegen wollte, der durch höchstrichterliche Rechtsprechung nicht gedeckt ist. Veranlassung zu einer Erörterung mit den Verfahrensbeteiligten, ob ein solcher Maßstab zugrunde gelegt werden könne oder dürfe, bestand deshalb nicht.

5. Eine Verletzung des Rechts auf Gewährung rechtlichen Gehörs kann schließlich auch nicht wegen der Erwähnung einer "Temperaturdrift bei Beschleunigungssensoren" im Rahmen der Behandlung des mit dem 4. Hilfsantrag verteidigten Patentanspruchs 1 festgestellt werden.

Den - wenn auch kurzen - Ausführungen des Bundespatentgerichts zu dem diesen Patentanspruch kennzeichnenden zusätzlichen Merkmal, nach dem wenigstens ein Parameter zur Ermittlung des Schwingweges zunächst vorgegeben und im laufenden Betrieb anhand der tatsächlich erfassten Messwerte korrigiert wird, kann ohne weiteres entnommen werden, dass das Bundespatentgericht der Sache nach diesen Patentanspruch als nicht auf erfinderischer Tätigkeit beruhend eingestuft hat, weil bei ihm nur ein Merkmal hinzukommt, dessen Verwirklichung mangels jeglicher Konkretisierung im Patentanspruch selbst im Belieben des Fachmanns gelegen habe. Der Hinweis des Bundespatentgerichts, dass bei Beschleunigungssensoren die Temperaturdrift als Parameter genommen werden könne, hat dann nur den Charakter eines Beispiels, das zudem durch die Beschreibung des Patents vorgegeben war, weil dort zur Ermittlung des Schwingwegs die Verwendung von zwei Beschleunigungssensoren an der Spitze des Turms als Teil der beschriebenen bevorzugten Lösung vorgeschlagen ist, diese Sensoren Temperaturschwankungen ausgesetzt sind und ihr Temperaturgang die Messung und die Feststellung des jeweiligen Schwingwegs beeinflussen kann, so dass es nötig sein kann, im laufenden Betrieb auch ihre jeweilige Temperatur zu messen und hiernach die ausgehend von einer vorgegebenen Temperatur ermittelten Werte des Schwingwegs anzupassen. Unter diesen Umständen war der Patentinhaber nicht gehindert, sich Gehör auch hinsichtlich des insoweit der Entscheidung des Bundespatentgerichts zugrunde gelegten Prozessstoffs zu verschaffen. Denn bei der Breite des zusätzlichen Merkmals handelt es sich um einen Umstand, der auch ihm nicht verborgen geblieben sein kann.

6. Das Verfahren vor dem Bundespatentgericht leidet auch nicht an dem ferner gerügten Mangel, dass der angefochtene Beschluss nicht mit Gründen versehen sei.

§ 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG soll sicherstellen, dass der unterlegene Verfahrensbeteiligte aus den Gründen der Entscheidung entnehmen kann, welche rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte nach dem Willen des Bundespatentgerichts die getroffene Entscheidung tragen sollen. Darauf, ob diese Gesichtspunkte in tatsächlicher Hinsicht zutreffen oder gar durch druckschriftlichen oder anderen Stand der Technik belegt sind, ob die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen möglich sind und eine lückenlose Herleitung, dass eine erfinderische Tätigkeit nicht gegeben ist, erlauben, und ob die rechtliche Würdigung der herangezogenen Umstände fehlerfrei ist, kommt es dagegen nicht an. Denn § 100 Abs. 3 Nr. 6 PatG eröffnet keine Richtigkeitskontrolle der angefochtenen Entscheidung (st. Rspr.; z.B. Senat, Beschl. v. 12.7.2006 - X ZB 33/05, GRUR 2006, 929 - Rohrleitungsprüfverfahren, m.w.N.). Zu Unrecht meint die Rechtsbeschwerde deshalb, der sowohl hinsichtlich des Hauptantrags als auch hinsichtlich der Hilfsanträge vom Bundespatentgericht allein für ausreichend gehaltene Hinweis, deren Einzelmerkmale beinhalteten bekannte, selbstverständliche oder sich dem Fachmann ohne Schwierigkeiten erschließende Maßnahmen, bedeute keine Begründung, weil dies durch keinen Stand der Technik belegt sei. Das Bundespatentgericht hat vielmehr unter Abhandlung aller Merkmale der Fassungen des Verfahrensanspruchs 1, mit denen der Patentinhaber sein Patent verteidigt hat, angegeben, warum es den jeweiligen Gegenstand für nicht patentfähig hält. Wie die vorstehend gemachten Ausführungen zum Hilfsantrag 4 ergeben, ist auch die insoweit vom Bundespatentgericht gegebene Begründung keinesfalls schlechterdings nicht nachvollziehbar. Wie schließlich in den beiden letzten Sätzen des angefochtenen Beschlusses noch einmal zum Ausdruck kommt, wird die Entscheidung des Bundespatentgerichts vielmehr von der Überzeugung getragen, dass die jeweiligen Fassungen des verteidigten Patents nur bekanntes Fachwissen zusammenführen und dass das Beanspruchte deshalb in seiner jeweiligen Gesamtheit für den Fachmann naheliegend war.

7. Die Kostenentscheidung folgt aus § 109 Abs. 1 Satz 2 PatG .

Vorinstanz: BPatG, vom 08.02.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 9 W (pat) 370/03