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BGH - Entscheidung vom 10.10.2007

IV ZR 37/06

Normen:
VVG § 178 Abs. 2

Fundstellen:
FamRZ 2007, 2065
NJW-RR 2008, 116
VersR 2008, 64

BGH, Urteil vom 10.10.2007 - Aktenzeichen IV ZR 37/06

DRsp Nr. 2007/19504

Geltendmachung von Rechten aus einer privaten Krankenversicherung durch den mitversicherten Ehegatten

Wird der Ehepartner des Versicherungsnehmers in der privaten Krankenversicherung mitversichert (§ 178a Abs. 1 VVG ) und enthalten die Versicherungsbedingungen keine besonderen Bestimmungen über seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag, so ist er nicht lediglich als bloße Gefahrperson eines allein im Eigeninteresse des Versicherungsnehmers abgeschlossenen Versicherungsvertrages anzusehen, sondern es liegt eine Krankheitskostenversicherung für fremde Rechnung vor, aus der dem Ehegatten eigene Rechte nach den Regelungen über den Vertrag zu Gunsten Dritter zustehen. Der mitversicherte Ehepartner kann deshalb nach § 328 Abs. 1 BGB eine ihm betreffende Versicherungsleistung gegenüber dem Versicherer im eigenen Namen geltend machen.

Normenkette:

VVG § 178 Abs. 2 ;

Tatbestand:

Der Ehemann der Klägerin hält beim Beklagten eine private Krankheitskostenversicherung, der Musterbedingungen für die Krankheitskostenversicherung (MB/KK) zugrunde liegen und in die die Klägerin als mitversicherte Person einbezogen ist. Sie begehrt im eigenen Namen die Erstattung des nach Leistungen der Beihilfestelle ihres Ehemannes noch offenen Restbetrages von 615,40 EUR für eine vom behandelnden Arzt am 11. November 2003 in Rechnung gestellte Heilbehandlung. Des Weiteren hatte sie ursprünglich die Feststellung begehrt, dass die so genannte Schulmedizinklausel des § 4 Abs. 6 MB/KK 94 nicht Bestandteil des Krankenversicherungsvertrages geworden sei. Nachdem der Beklagte dies gegenüber dem Ehemann der Klägerin schriftlich bestätigt hat, hat die Klägerin den Feststellungsantrag für erledigt erklärt.

Dem hat der Beklagte widersprochen und beantragt, die Klage insgesamt abzuweisen. Er meint, die Klägerin könne Rechte aus dem Krankenversicherungsvertrag nicht im eigenen Namen geltend machen, und bestreitet hilfsweise die Notwendigkeit der durchgeführten Heilbehandlung.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision hat Erfolg.

I. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert, weil ihr die gegenüber dem Beklagten geltend gemachten Rechte aus dem Krankenversicherungsvertrag nicht selbst zustünden. Auch eine Abtretung der Rechte ihres Ehemannes an sie sei nicht erfolgt. Die Klägerin sei lediglich als mitversicherte Person im Rahmen der Familienversicherung anzusehen, und habe, weil sie über kein eigenes Einkommen verfüge, als reine Gefahrperson keine eigenen Rechte aus dem Versicherungsvertrag. Denn dieser sei zwar mit Blick auf die Klägerin als Fremdversicherung im Sinne des § 74 Abs. 1 VVG anzusehen, der Ehemann als Versicherungsnehmer habe aber allein sein eigenes Interesse versichert, vor finanziellen Einbußen geschützt zu sein, die ihm aus Heilbehandlungen der Klägerin entweder über § 1357 BGB oder aufgrund seiner Unterhaltspflicht drohten.

Selbst wenn man die Klägerin nicht als bloße Gefahrperson ansähe, scheitere die Klage auch an § 75 Abs. 2 VVG , denn die dort vorausgesetzte Zustimmung des Versicherungsnehmers verstoße - unabhängig davon, ob die Klägerin im Besitz des Versicherungsscheins sei oder nicht - gegen das Abtretungsverbot aus § 6 Abs. 6 MB/KK 94.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Wie der Senat in seinem - erst nach Erlass des hier angefochtenen Berufungsurteils ergangenen - Urteil vom 8. Februar 2006 ( IV ZR 205/04 - VersR 2006, 686 unter 1 b) im Einzelnen dargelegt hat, ist die Anwendung der §§ 74 bis 80 VVG in der privaten Krankheitskostenversicherung durch § 178a Abs. 2 VVG ausgeschlossen. Wird der Ehepartner des Versicherungsnehmers mitversichert (§ 178a Abs. 1 VVG ) und enthalten die Versicherungsbedingungen - wie hier - keine besonderen Bestimmungen über seine Rechte aus dem Versicherungsvertrag, ist er nicht lediglich als bloße Gefahrperson eines allein im Eigeninteresse des Versicherungsnehmers abgeschlossenen Versicherungsvertrages anzusehen, sondern es liegt eine Krankheitskostenversicherung für fremde Rechnung vor, die wegen der Unanwendbarkeit der §§ 74 bis 80 VVG uneingeschränkt den Regelungen über den Vertrag zugunsten Dritter (vgl. insbesondere §§ 328 Abs. 1 , 335 BGB ) unterliegt. Darauf, ob der mitversicherte Ehepartner einer bezahlten Erwerbstätigkeit nachgeht oder durch Tätigkeit im Haushalt zum Familienunterhalt beiträgt, kommt es für die Frage, welches Interesse versichert ist, nicht an (Senat aaO. unter 1 c und 2 a).

2. Der mitversicherte Ehepartner kann deshalb nach § 328 Abs. 1 BGB eine ihn betreffende Versicherungsleistung gegenüber dem Versicherer in eigenem Namen - auch gerichtlich - geltend machen (Senat aaO. unter 2 b). Weiter gibt § 328 Abs. 1 BGB ihm die Befugnis, das Bestehen grundlegender Anspruchsvoraussetzungen gerichtlich feststellen zu lassen (Senat aaO. unter 2 c). Darin liegt keine Vertragsgestaltung, solange ein Feststellungsantrag nicht auf eine Veränderung des bestehenden Vertrages gerichtet ist, sondern nur darauf, dessen Inhalt als Voraussetzung für einen Leistungsanspruch festzustellen. Dazu gehört unter anderem auch das Begehren, die Wirksamkeit von Vertragsklauseln anhand der §§ 9 AGBG/307 BGB gerichtlich überprüfen zu lassen. Demgemäß konnte die Klägerin hier im eigenen Namen auf Feststellung klagen, dass die Schulmedizinklausel des § 4 Abs. 6 MB/KK 94, auf die der Beklagte vorgerichtlich seine Leistungsablehnung gestützt hatte, nicht Vertragsbestandteil geworden war.

3. Die Sache bedarf neuer Verhandlung und Entscheidung, weil der Tatrichter die weiteren Voraussetzungen des Klagebegehrens bisher noch nicht geprüft hat.

Vorinstanz: LG Darmstadt, vom 18.01.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 7 S 130/05
Vorinstanz: AG Lampertheim, vom 19.08.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 3 C 107/05
Fundstellen
FamRZ 2007, 2065
NJW-RR 2008, 116
VersR 2008, 64