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BGH - Entscheidung vom 28.02.2007

IV ZR 320/04

Normen:
ZPO § 116 Nr. 1

Fundstellen:
DZWIR 2007, 299
NJW-RR 2007, 993
NZI 2007, 410

BGH, Beschluß vom 28.02.2007 - Aktenzeichen IV ZR 320/04

DRsp Nr. 2007/7713

Bewilligung von Prozesskostenhilfe für den Insolvenzverwalter; Zumutbarkeit eines Prozesskostenvorschusses

Im Insolvenzfall sind wirtschaftlich Beteiligte i.S. von § 116 Nr.1 ZPO diejenigen Gläubiger, deren Befriedigungsaussichten sich dadurch konkret verbessern, dass der Insolvenzverwalter obsiegt. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn ein Gläubiger mit einer nahezu vollständigen Befriedigung seiner Forderung rechnen kann.

Normenkette:

ZPO § 116 Nr. 1 ;

Gründe:

I. Im Ausgangsrechtsstreit wurde rechtskräftig festgestellt, dass der S. verein a.G. U. U. (im Folgenden: Restitutionskläger) dem Schuldner F. P. (im Folgenden: Restitutionsbeklagter) Versicherungsschutz für die Havarie eines bei ihm versicherten Binnenschiffs zu gewähren hat, die sich am 26. Juni 2000 in einer B. Schleuse ereignet hatte. Der Restitutionskläger macht, gestützt auf § 580 Nr. 7b ZPO , geltend, er habe erst nach rechtskräftigem Abschluss des Rechtsstreits durch Erhalt eines Auszugs aus dem Schiffsregister erfahren, dass der Restitutionsbeklagte zum Zeitpunkt des Versicherungsfalles nicht mehr Eigentümer des havarierten Binnenschiffs gewesen sei.

Das Berufungsgericht hat die Restitutionsklage durch Urteil vom 22. Januar 2004 als unzulässig verworfen und die Revision zugelassen.

Mit Beschluss vom 20. Januar 2005 ist über das Vermögen des Restitutionsbeklagten das Insolvenzverfahren eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt worden. Dieser beantragt nunmehr Bewilligung von Prozesskostenhilfe für die Aufnahme des Restitutions-Rechtsstreits im Revisionsverfahren. Wegen des aus der Havarie entstandenen Schadens sind Ersatzforderungen von vier Gläubigern in Höhe von insgesamt 25.723,72 EUR zur Insolvenztabelle angemeldet und in der Zwischenzeit auch festgestellt worden.

II. Der Antrag des Insolvenzverwalters, über den gemäß § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO ohne Prüfung der Erfolgsaussichten zu entscheiden war, bleibt ohne Erfolg.

Der Insolvenzverwalter erhält gemäß § 116 Nr. 1 ZPO als Partei kraft Amtes nur dann Prozesskostenhilfe, wenn die Verfahrenskosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und es den am Rechtsstreit wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, diese Kosten aufzubringen.

Im vorliegenden Fall können die Prozesskosten zwar nicht aus der verwalteten Vermögensmasse aufgebracht werden (§ 116 Satz 1 Nr. 1 Halbs. 1 ZPO ), da eine solche nicht vorhanden ist und der Rechtsschutzversicherer des Restitutionsbeklagten wegen Überschreitung des Deckungslimits eine Deckungszusage abgelehnt hat. Der Bewilligung von Prozesskostenhilfe steht indes entgegen, dass am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten die Kostenaufbringung zugemutet werden kann.

1. Vorschüsse auf die Prozesskosten sind nur solchen Beteiligten zuzumuten, die die erforderlichen Mittel unschwer aufbringen können und für die der zu erwartende Nutzen bei vernünftiger, auch das Eigeninteresse sowie das Prozesskostenrisiko angemessen berücksichtigender Betrachtungsweise bei einem Erfolg der Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung voraussichtlich größer sein wird (BGH, Beschlüsse vom 27. September 1990 - IX ZR 250/89 - VersR 1991, 118 unter 1 und vom 6. März 2006 - II ZB 11/05 - ZIP 2006, 682 unter Tz. 9). Im Insolvenzfall sind wirtschaftlich beteiligt in diesem Sinne diejenigen Gläubiger, deren Befriedigungsaussichten sich dadurch konkret verbessern, dass der Insolvenzverwalter obsiegt (BGH, Beschluss vom 27. September 1990 aaO.; vgl. auch Musielak/Fischer, ZPO 5. Aufl. § 116 Rdn. 6).

2. Danach ist den vier Gläubigern, deren Schadensersatzforderungen gegen den Restitutionsbeklagten aus der Havarie vom 26. Juni 2000 nach der glaubhaften Mitteilung des Antragstellers zur Insolvenztabelle angemeldet und festgestellt worden sind, die Aufbringung des Prozesskostenvorschusses in Höhe von insgesamt 5.652,22 EUR zumutbar. Gemäß § 157 VVG können diese Gläubiger wegen der ihnen zustehenden Schadensersatzansprüche gegen den Restitutionsbeklagten abgesonderte Befriedigung aus dessen Entschädigungsforderung gegen den Restitutionskläger verlangen, sollte es bei der rechtskräftigen Feststellung seiner Eintrittspflicht im Ausgangsrechtsstreit verbleiben. Die vier absonderungsberechtigten Gläubiger können in diesem Fall mit einer nahezu (§ 171 Abs. 1 und 2 InsO ) vollständigen Befriedigung ihrer Forderungen rechnen. Auf die Erwägungen des Antragsstellers in seinem Schreiben vom 10. Mai 2006 kommt es aus diesem Grund nicht an.

Vorinstanz: OLG Celle, vom 22.01.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 8 U 164/01
Vorinstanz: LG Stade, vom 05.10.2001 - Vorinstanzaktenzeichen 2 O 205/00
Fundstellen
DZWIR 2007, 299
NJW-RR 2007, 993
NZI 2007, 410