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BFH - Entscheidung vom 11.06.2007

XI B 92/06

Normen:
FGO § 115 Abs. 2

Fundstellen:
BFH/NV 2007, 1625

BFH, Beschluss vom 11.06.2007 - Aktenzeichen XI B 92/06

DRsp Nr. 2007/14234

Revisionszulassungsgründe: Divergenz, Rechtsfortbildung

1. Eine Divergenz scheidet aus, wenn der Sachverhalt, der dem angeblichen Divergenzurteil zu Grunde liegt, mit demjenigen des Streitfalls nicht vergleichbar ist. 2. Eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze des BFH auf die Besonderheiten im Streitfall kann die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 FGO nicht rechtfertigen. 3. Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts ist nur dann erforderlich, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt.

Normenkette:

FGO § 115 Abs. 2 ;

Gründe:

Die Beschwerde ist unbegründet.

1. Eine Divergenz i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) kann nur gegeben sein, wenn das Finanzgericht (FG) bei einem gleichen oder vergleichbaren Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage von der Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 16. Januar 2007 VI B 35/06, BFH/NV 2007, 941 ). Eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen genügt nicht (vgl. BFH-Beschluss vom 4. August 1993 II B 175/92, BFH/NV 1994, 718).

a) Die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gerügte Abweichung des angefochtenen Urteils von dem BFH-Urteil vom 26. Oktober 1994 X R 104/92 (BFHE 176, 3 , BStBl II 1995, 297 ) liegt nicht vor. Der Sachverhalt, der dem BFH-Urteil zugrunde lag, ist mit dem des Streitfalls nicht vergleichbar.

In dem vom BFH entschiedenen Fall ging es um frühere Kommanditisten einer KG, denen aufgrund der Auflösung ihrer negativen Kapitalkonten Gewinne zugerechnet worden waren. Die negativen Kapitalkonten waren in den Vorjahren durch Verluste entstanden, die sich aufgrund der Abzugsbeschränkung in § 10d Satz 4 des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) 1976 bei der Besteuerung der Kommanditisten nicht in vollem Umfang steuermindernd ausgewirkt hatten. Bei dieser Sachlage kam es zu einer Besteuerung der früheren Gesellschafter, der weder eine Mehrung ihres Betriebsvermögens zugrunde lag noch eine in den Vorjahren erzielte Steuerersparnis gegenüberstand. Der besteuerte Auflösungsgewinn war eine reine Rechengröße, mit deren Hilfe die vorangegangene Bildung der negativen Kapitalkonten steuerlich rückgängig gemacht wurde, und jener rückgängig gemachte Vorgang war zuvor steuerlich ohne Auswirkung geblieben. Die früheren Gesellschafter wurden mithin nicht mit Rücksicht auf einen Zuwachs an Leistungsfähigkeit besteuert; der Ansatz des Gewinns hatte vielmehr allein die Funktion, eine in den Vorjahren erzielte Steuerersparnis auszugleichen, die aber bei den Gesellschaftern tatsächlich nicht eingetreten war. In dieser besonderen Situation verfehlte die Besteuerung des Gewinns aus der Auflösung der negativen Kapitalkonten letztlich ihren Zweck (vgl. BFH-Urteil vom 31. März 2004 X R 25/03, BFH/NV 2004, 1212 ). Im Hinblick darauf wurde die Erhebung des Einkommensteueranspruchs als unbillig angesehen.

Demgegenüber macht der Kläger geltend, die ihm rechtskräftig zugerechneten Gewinne aus der Beteiligung an einer GbR mit seiner früheren Ehefrau hätten bei ihm nicht zu einer Vermögensmehrung geführt. Infolge mangelnder vertraglicher Vereinbarung habe ihn seine damalige Ehefrau nicht an den laufenden Gewinnen des Eiscafés beteiligt. Eine Vermögensmehrung ergebe sich nicht allein aus seiner Verfügungsbefugnis über das damalige Geschäftskonto. Soweit dieses Vorbringen dahin zu verstehen ist, dass der Kläger Gewinnanteile tatsächlich nicht erhalten haben will, unterscheidet sich der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt grundlegend von dem des BFH-Urteils in BFHE 176, 3 , BStBl II 1995, 297 . Eine Vergleichbarkeit ist nicht gegeben. Insoweit kann nicht allein auf die behauptete Folge der Sachverhaltsverwirklichung --den mangelnden Zuwachs an Leistungsfähigkeit-- abgestellt werden.

b) Das FG ist bei seiner Entscheidung erkennbar von den Rechtsgrundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ausgegangen (unter 3. der Entscheidungsgründe). Eine fehlerhafte Anwendung der Rechtsprechungsgrundsätze auf die Besonderheiten im Streitfall könnte die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht rechtfertigen (vgl. BFH-Beschluss vom 22. Mai 2000 III B 97/99, BFH/NV 2000, 1203).

2. Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ist insbesondere in Fällen erforderlich, in denen über bisher ungeklärte Rechtsfragen zu entscheiden ist, so beispielsweise wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Grundsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder des Verfahrensrechts aufzustellen oder Gesetzeslücken rechtsschöpferisch auszufüllen (vgl. BFH-Beschluss vom 23. Januar 2007 VIII B 211/05, BFH/NV 2007, 912 ). Erforderlich ist eine Entscheidung des BFH nur dann, wenn die Rechtsfortbildung über den Einzelfall hinaus im allgemeinen Interesse liegt und die Frage nach dem "ob" und ggf. "wie" der Rechtsfortbildung klärungsbedürftig ist. Es gelten insoweit die zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO höchstrichterlich entwickelten strengen Darlegungsanforderungen.

Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Der Kläger hält es für klärungsbedürftig, ob eine zum Erlass führende sachliche Unbilligkeit gegeben ist, wenn Gewinnanteile gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG dem Steuerpflichtigen unabhängig von einer tatsächlich nicht erfolgten Vermögensmehrung zugerechnet werden. In der Beschwerdebegründung setzt sich der Kläger nicht in der gebotenen Weise mit bisher ergangener Rechtsprechung des BFH auseinander. Nach dem BFH-Urteil vom 25. März 1988 III R 186/84 (BFH/NV 1989, 426) ist eine unbillige sachliche Härte nicht darin zu sehen, dass der Kommanditist den auf ihn nach dem bestandskräftigen Feststellungsbescheid entfallenden Gewinnanteil nicht tatsächlich erhalten hat. Die Gewinnanteile von Kommanditisten seien ebenso wie der Gewinn des Einzelunternehmers dem Einkommen des Wirtschaftsjahres zuzurechnen, in dem der Gewinn erzielt werde. Es komme nicht darauf an, wann der Gewinnanteil gutgeschrieben oder ausgeschüttet werde. Die höchstrichterliche Rechtsprechung geht nach diesen Grundsätzen davon aus, dass eine Gewinnzurechnung ohne Zufluss finanzieller Mittel beim Gesellschafter für sich genommen einen Erlass aus sachlichen Billigkeitsgründen nicht rechtfertigt.

Der Kläger hat zudem nicht dargelegt, dass die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage --ausgehend von dem durch das FG festgestellten, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Sachverhalt (§ 118 Abs. 2 FGO )-- in einem Revisionsverfahren klärbar wäre. Eine Feststellung des Inhalts, dass im Zusammenhang mit der Beteiligung an der GbR keine Vermögensmehrung beim Kläger eingetreten ist, lässt sich dem Urteil des FG nicht entnehmen. Der Kläger kann daher nicht mit dem Einwand gehört werden, aus dem Betrieb des Eiscafés weder laufende Gewinnanteile noch Zahlungen bei der Auflösung der GbR erhalten zu haben.

Vorinstanz: FG Niedersachsen, vom 26.04.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 337/05
Fundstellen
BFH/NV 2007, 1625