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BFH - Entscheidung vom 13.03.2007

VI S 14/06 (PKH)

Normen:
FGO § 62a
ZPO § 114

Fundstellen:
BFH/NV 2007, 1328

BFH, Beschluss vom 13.03.2007 - Aktenzeichen VI S 14/06 (PKH)

DRsp Nr. 2007/8694

PKH; Vertretungszwang

Für den beim BFH als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf Bewilligung von PKH gilt - anders als für das beabsichtigte Rechtsmittelverfahren selbst - der Vertretungszwang nach § 62a FGO nicht.

Normenkette:

FGO § 62a ; ZPO § 114 ;

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für eine beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde.

Ursprünglich hatte die Antragstellerin eine Untätigkeitsklage erhoben, um das Finanzamt (FA) zu verpflichten, über ihre Einsprüche gegen die Einkommensteuerbescheide 2001 und 2002 zu entscheiden. Diese Klage wurde mit Urteil vom 17. Oktober 2003 als unzulässig abgewiesen. Daraufhin beantragte die Antragstellerin im Wege der Nichtigkeitsklage die Wiederaufnahme des Verfahrens mit der Begründung, das Finanzgericht (FG) habe das rechtliche Gehör verletzt. Auch diese Klage wurde als unzulässig abgewiesen, weil die gerügte Verletzung des Rechts auf Gehör nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) keinen Wiederaufnahmegrund darstelle (Urteil des FG vom 13. September 2006).

Mit einem am 5. November 2006 beim BFH eingegangenen Schreiben hat der Vater der Antragstellerin, der bereits in den vorhergehenden Verfahren als ihr Bevollmächtigter aufgetreten war, für die Antragstellerin beantragt, ihr PKH im Hinblick auf eine noch zu erhebende Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil vom 13. September 2006 zu gewähren sowie einen Prozessbevollmächtigten beizuordnen. Eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist beigefügt.

Die Antragstellerin trägt im Wesentlichen vor, das finanzgerichtliche Urteil sei fehlerhaft. Nach neuerem Rechtsverständnis sei die Wiederaufnahmeklage der geeignete Rechtsbehelf bei Gehörsverletzung. Die Vorentscheidung gehe auch insoweit fehl, als sie den zusätzlich gestellten Antrag, das FA zur Entscheidung über die Einsprüche betreffend Einkommensteuer 2001 und 2002 zu verpflichten und einen Folgenbeseitigungsanspruch dem Grunde nach festzustellen, als nicht sachdienliche Klageänderung angesehen habe, weil der Antrag gegen das örtlich zuständig gewordene FA zu richten wäre. Im Wiederaufnahmeverfahren könne es aber keinen Beteiligtenwechsel und damit keine Klageänderung geben. Das FG habe Klägervorbringen nahezu grundsätzlich unbeachtet gelassen. Ferner habe das FG die beantragte Akteneinsicht faktisch verweigert, da es diese nur in der eigenen Geschäftsstelle und nicht z.B. beim Amtsgericht (AG) in X zugelassen habe. Die Nichtzulassungsbeschwerde wäre auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) zu stützen, weil die Frage der Zulässigkeit eines Beklagtenwechsels in einem Wiederaufnahmeverfahren zu klären sei und außerdem die Verletzung des rechtlichen Gehörs in beiden Klageverfahren zu rügen sei.

Der Antrag auf Gewährung von PKH und Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten war abzulehnen.

1. Der Antrag ist zulässig, obwohl er nicht durch eine vor dem BFH vertretungsberechtigte Person i.S. des § 3 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes gestellt worden ist. Für den beim BFH als Prozessgericht zu stellenden Antrag auf Bewilligung von PKH gilt --anders als für das beabsichtigte Rechtsmittelverfahren selbst-- der Vertretungszwang nach § 62a FGO nicht (vgl. Gräber/Stapperfend, Finanzgerichtsordnung , 6. Aufl., § 142 Rz 63, m.w.N.).

2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.

Nach § 142 FGO i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung ( ZPO ) erhält ein Prozessbeteiligter bei Vorliegen bestimmter persönlicher Voraussetzungen auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussichten liegen dann vor, wenn bei summarischer Prüfung eine gewisse Wahrscheinlichkeit für den Eintritt des Erfolgs spricht (vgl. Gräber/Stapperfend, aaO., § 142 Rz 39). Nach der gebotenen summarischen Prüfung hat die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde der Antragstellerin keine Aussicht auf Erfolg, da das Vorliegen eines Zulassungsgrundes i.S. des § 115 Abs. 2 FGO nicht erkennbar ist (vgl. BFH-Beschluss vom 29. April 2002 IV S 2/02, BFH/NV 2002, 1312 ).

a) Der von der Antragstellerin aufgeworfenen Rechtsfrage, ob in einem Wiederaufnahmeverfahren ein Beklagtenwechsel zulässig sei, kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zu, weil die Frage im konkreten Streitfall nicht klärungsfähig ist. Denn das finanzgerichtliche Urteil beruht nicht auf dieser Rechtsfrage; diese ist nicht entscheidungserheblich (vgl. dazu Gräber/Ruban, aaO., § 115 Rz 30). Das FG hat über den im Wiederaufnahmeverfahren zusätzlich gestellten Verpflichtungs- und Feststellungsantrag nicht entschieden, weil es darin eine Klageänderung gesehen hat, die nach § 67 FGO unzulässig sei. Es fehle an der Einwilligung des FA. Zudem sei die Klageänderung nicht sachdienlich, weil die genannten Anträge an das für die Antragstellerin inzwischen zuständige Wohnsitzfinanzamt zu richten wären. Demgegenüber kann die Antragstellerin nicht mit Aussicht auf Erfolg geltend machen, dass es im Wiederaufnahmeverfahren keinen Beteiligtenwechsel geben könne. Denn die nachgeschobenen Anträge gehören gerade nicht zum Wiederaufnahmeverfahren, sondern könnten erst in einem erfolgreich wiederaufgenommenen Klageverfahren vorgebracht werden.

b) Soweit die Antragstellerin eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör darin sieht, dass das FG dem Antrag ihres Bevollmächtigten auf Akteneinsicht nicht durch Übersendung der Akten an das AG X entsprochen habe, ist ein Verfahrensfehler gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO nicht ersichtlich. Abgesehen davon, dass eine Aktenübersendung nicht beantragt war, läge ein Verstoß gegen § 78 FGO nur dann vor, wenn die Akteneinsicht ausdrücklich verweigert worden wäre (vgl. BFH-Beschluss vom 30. Dezember 1998 XI B 154/97, BFH/NV 1999, 946 ). Dies trifft indessen nicht zu, da das FG in der Ladung vom 29. August 2006 dem Bevollmächtigten Gelegenheit zur Akteneinsicht in der Senatsgeschäftsstelle gegeben hatte.

Das Vorbringen der Antragstellerin, das FG habe Klägervorbringen im Ausgangs- und im Wiederaufnahmeverfahren nahezu grundsätzlich unbeachtet gelassen, ist zu unbestimmt, um mit Erfolg als Verfahrensfehler geltend gemacht werden zu können.

c) Die Rüge, das finanzgerichtliche Urteil sei materiell fehlerhaft, kann (mit Ausnahme des hier nicht vorliegenden Grundes einer willkürlichen, unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbaren Entscheidung) nicht zur Zulassung der Revision führen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 14. November 2003 VII B 123/03, BFH/NV 2004, 533 ).

d) Gerichtsgebühren waren nicht festzusetzen.

Fundstellen
BFH/NV 2007, 1328