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BFH - Entscheidung vom 06.03.2007

IV B 118/05

Normen:
EStG § 15 Abs. 2 § 6b
FGO § 115 Abs. 2
HGB § 266 Abs. 2

Fundstellen:
BFH/NV 2007, 1128

BFH, Beschluss vom 06.03.2007 - Aktenzeichen IV B 118/05

DRsp Nr. 2007/6771

NZB: Grundbesitz eines gewerblichen Unternehmens als Umlaufvermögen

1. Ist ein gewerblicher Grundstückshandel begründet, sind von vornherein zur Veräußerung bestimmter Objekte auch dann notwendiges BV, wenn sie zwischenzeitlich mehrere Jahre lang vermietet werden.2. Was bei natürlichen PersG bürgerlichen Rechts für die Abgrenzung zwischen Betriebs- und Privatvermögen gilt, muss bei Unternehmen, die bereits wegen ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielen, für die Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen gelten.3. Die zur Veräußerung bestimmten Grundstücke einer gewerblich tätigen PersG gehören daher auch dann zum Umlaufvermögen, wenn zwischen Erwerb und Veräußerung die bei Erwerb bestehenden Mietverhältnisse fortgeführt werden.

Normenkette:

EStG § 15 Abs. 2 § 6b ; FGO § 115 Abs. 2 ; HGB § 266 Abs. 2 ;

Gründe:

I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG. Einzige Kommanditistin ist die Stadt X. Die Klägerin wurde im Mai des Streitjahres (1998) zu dem Zweck gegründet, umfangreichen Grundbesitz der Stadt zu erwerben und zu vermarkten. Die Stadt hatte sich dazu entschlossen, um ihren Haushalt zu sanieren und den Veräußerungserlös unmittelbar in den Haushalt einstellen zu können. Der Kaufvertrag wurde im August 1998 geschlossen und betraf ... nahezu ausschließlich vermietete Wohnungs- und Gewerbeeinheiten sowie ... Garagen. Der Kaufpreis belief sich auf ... DM.

Die Bewirtschaftung des Grundbesitzes durch Vermietung und Modernisierung sowie die Verkaufstätigkeit ließ die Klägerin aufgrund eines Generalmietvertrages und eines Geschäftsbesorgungsvertrages von der X AG, der alleinigen Gesellschafterin ihrer Komplementär-GmbH, durchführen.

Bis Mitte 2005 wurden 49 v.H. der ursprünglich erworbenen Objekte veräußert.

Im Rahmen der Gewinnermittlung des Streitjahres und auch des Folgejahres 1999 behandelte die Klägerin den erworbenen Grundbesitz zunächst als Umlaufvermögen. Diese Betrachtung legte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) der Gewinnfeststellung 1998 zugrunde. Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch machte die Klägerin Absetzung für Abnutzung (AfA) in Höhe von ... DM geltend. Hilfsweise beantragte sie, die im Streitjahr erzielten Veräußerungsgewinne in gleicher Höhe in eine Rücklage nach § 6b des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) einzustellen. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.

Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Klage, mit der sie geltend machte, bei dem erworbenen Grundbesitz handle es sich um Anlagevermögen. Außerdem sei auch bei der Annahme von Umlaufvermögen die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG zulässig. Auch die Klage blieb erfolglos. Die Revision gegen sein Urteil ließ das Finanzgericht (FG) nicht zu.

II. Die hiergegen gerichtete Beschwerde ist unbegründet.

1. Abweichungen von Entscheidungen anderer Gerichte (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --)

Es kann dahinstehen, ob die Divergenzen in zulässiger Weise dargelegt sind (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ). Jedenfalls liegen die behaupteten Abweichungen nicht vor.

a) Das Urteil des Niedersächsischen FG vom 19. Januar 2000 2 K 699/97 (Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2000, 615 ) enthält zwar den Rechtssatz, dass bei einem Betrieb, dessen Zweck zumindest auch in der gewerblichen Grundstücksvermietung liegt, Grundstücke zum Anlagevermögen gehören, bei denen zum Zeitpunkt ihres Erwerbs sowohl eine bedingte Veräußerungs- als auch eine bedingte Vermietungsabsicht besteht und sich die zunächst offene Verwendungsabsicht durch langfristige Vermietung als Vermögensmehrung durch Substanzausbeute konkretisiert.

Von diesem Rechtssatz ist die Vorinstanz jedoch nicht abgewichen. Ihr liegt vielmehr die Feststellung zugrunde, dass die Klägerin bei Erwerb des Grundbesitzes nicht die Absicht hatte, diesen durch Vermietung zu nutzen (S. 8 der Urteilsreinschrift). Es ist auch kein Zeitpunkt ersichtlich, zu dem die Klägerin ihre Absicht zur Vermögensmehrung durch Substanzausbeute durch Abschluss von Mietverträgen zum Ausdruck gebracht hat. Im Zeitpunkt der Veräußerung bestand vielmehr bereits ein Generalmietvertrag, in den die Klägerin lediglich eingetreten ist. Diesem Umstand kommt aber keinerlei Aussagewert hinsichtlich der Abgrenzung zwischen Veräußerungs- und Vermietungsabsicht zu. Vielmehr hat die Rechtsprechung ein Indiz dafür, dass ein Grundstück nicht zum Umlaufvermögen eines Grundstückshändlers, sondern zu seinem Anlagevermögen oder zum Privatvermögen gehört --abgesehen vom hier nicht interessierenden Fall der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken-- nur darin gesehen, dass der Erwerber des Grundstücks selbst (nach Erwerb oder Bebauung) einen langfristigen Mietvertrag abgeschlossen hat (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. Februar 2003 III R 10/01, BFHE 201, 515 , BStBl II 2003, 510 zu II.3.a cc; vom 16. Oktober 2002 X R 74/99, BFHE 200, 380, BStBl II 2003, 245 zu II.2.a aa ccc; Vogelgesang, Betriebs-Berater --BB-- 2004, 183, 187).

b) Aus den vorstehend dargestellten Erwägungen ist das FG auch nicht von den BFH-Urteilen vom 28. September 1987 VIII R 46/84 (BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65 ) und vom 23. April 1996 VIII R 27/94 (BFH/NV 1997, 170) abgewichen. Im ersten Fall hatten die Erwerber selbst den streitigen Grundbesitz nach Bebauung langfristig vermietet. Im zweiten Urteil wird lediglich auf die Grundsätze der ersten Entscheidung hingewiesen (zu 1.b cc letzter Abs. der Gründe).

c) Auch eine Divergenz vom BFH-Urteil vom 17. März 1981 VIII R 149/78 (BFHE 133, 44 , BStBl II 1981, 522 ) liegt nicht vor. Dieses Urteil hebt hervor, dass beim gewerblichen Grundstückshandel Grundstücke zum Umlaufvermögen gehören, während sie im Falle der gewerblichen Grundstücksvermietung dem Anlagevermögen zuzurechnen sind. Davon ist auch das FG --unter ausdrücklichem Hinweis auf das Urteil in BFHE 133, 44 , BStBl II 1981, 522 -- ausgegangen. Eine Divergenz liegt auch nicht vor, soweit das Urteil in BFHE 133, 44 , BStBl II 1981, 522 (zu I.3.) den Satz enthält, bei gewerblichen Vermietungsunternehmen könne Umlaufvermögen nur insoweit in Betracht kommen, als Grundstücke zum Zwecke der Weiterveräußerung erworben und alsbald auch veräußert werden. Dieser Satz kann nur bedeuten, dass bei einem gewerblichen Vermietungsunternehmen der Umstand, dass ein Grundstück nicht "alsbald" verkauft wird, ein Indiz gegen eine von Anfang an bestehende Absicht zum baldigen Verkauf darstellen kann. Das gilt vor allem vor dem Hintergrund, dass die Absicht beim Erwerb regelmäßig schwer festzustellen ist. Der Satz kann dagegen nicht bedeuten, dass bei einer Gesellschaft, die gezielt zum Erwerb und zur Veräußerung eines bestimmten (hier des städtischen) Grundbesitzes gegründet worden ist, die Grundstücke, deren Veräußerung sich nicht "alsbald" realisieren lässt, allein aus diesem Grund bereits rückwirkend auf das Jahr des Erwerbs (hier das Streitjahr) dem Anlagevermögen zuzurechnen sind. Das wird durch die spätere Rechtsprechung klargestellt. Ist ein gewerblicher Grundstückshandel begründet, so sind von vornherein zur Veräußerung bestimmte Objekte auch dann notwendiges Betriebsvermögen, wenn sie zwischenzeitlich mehrere Jahre lang vermietet werden (BFH-Urteile vom 11. März 2003 IX R 77/99, BFH/NV 2003, 911 , und vom 5. Mai 2004 XI R 7/02, BFHE 206, 141 , BStBl II 2004, 738 ; Schmidt/Weber-Grellet, EStG , 25. Aufl., § 15 Rz 77). Was bei natürlichen Personen und Gesellschaften bürgerlichen Rechts für die Abgrenzung zwischen Betriebs- und Privatvermögen gilt, muss bei Unternehmen, die --wie die Klägerin-- bereits wegen ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielen, für die Abgrenzung zwischen Anlage- und Umlaufvermögen gelten (Senatsurteil vom 5. Dezember 2002 IV R 57/01, BFHE 201, 169 , BStBl II 2003, 291 zu 3.; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen --BMF-- vom 24. Februar 2004, BStBl I 2004, 434, Tz. 32).

Das FG hat die Bestimmung des gesamten Grundbesitzes zum Verkauf aus der Konzeption der Klägerin hergeleitet (S. 9 der Urteilsreinschrift). Außerdem hat es ein Indiz für die Zugehörigkeit zum Umlaufvermögen darin gesehen, dass die Klägerin selbst in den Jahren 1998 und 1999 eine solche Zuordnung vorgenommen hat. Ob die Würdigung des FG zutreffend ist, kann der Senat im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht überprüfen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 6. Aufl., § 115 Rz 82). Die Würdigung des FG ist jedenfalls nicht willkürlich, so dass auch unter diesem Gesichtspunkt eine Zulassung der Revision nicht in Betracht kommt (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluss vom 9. März 2004 X B 68/03, BFH/NV 2004, 1112 ).

d) Eine Abweichung von den BFH-Urteilen vom 31. März 1977 V R 44/73 (BFHE 122, 184 , BStBl II 1977, 684 ), vom 17. November 1981 VIII R 86/78 (BFHE 135, 35 , BStBl II 1982, 344 --Vorführwagen--), vom 13. Januar 1972 V R 47/71 (BFHE 106, 142 , BStBl II 1972, 744 --buy-back-Fahrzeuge--) und vom 9. Februar 2006 IV R 15/04 (BFH/NV 2006, 1267 --Flugzeugvermietung--) kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich dort um bewegliche Wirtschaftsgüter handelte. Sie unterscheiden sich von Grundstücken in mehrfacher --hier maßgeblicher-- Hinsicht. So werden sie beispielsweise --anders als Grundbesitz-- nicht häufig in vermietetem Zustand erworben. Auch verlieren sie durch die Nutzung an Wert, während sich das von Gebäuden in dieser Form nicht sagen lässt. Aus dieser Unterscheidung erklärt sich, dass der BFH im Rahmen eines gewerblichen Grundstückshandels die zum Verkauf bestimmten Grundstücke --abgesehen von den bereits dargestellten Ausnahmen (zu 1.a der Gründe dieses Beschlusses)-- auch dann dem Umlaufvermögen zurechnet, wenn sie zwischen Erwerb und Verkauf vermietet werden (Senatsurteil in BFHE 201, 169 , BStBl II 2003, 291 zu 3.).

e) Die Divergenz zum BFH-Beschluss vom 9. Dezember 2004 III B 89/04 (BFH/NV 2005, 915 ) ist schon deshalb nicht in zulässiger Weise dargelegt, weil sie nach Ablauf der am 7. November 2005 endenden Beschwerdebegründungsfrist (§ 116 Abs. 3 Satz 1 FGO ) geltend gemacht wurde, obwohl der Beschluss bereits vor diesem Zeitpunkt veröffentlicht war (Juni 2005). Abgesehen davon ist das FG auch nicht von dem Rechtssatz, den die Klägerin diesem Urteil entnimmt, abgewichen, weil es gerade auf den nach seiner Sicht erkennbaren Willen der Klägerin abgestellt hat.

2. Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO )

Die Darlegungen der Klägerin zur Divergenz lassen auch nicht erkennen, dass eine Entscheidung des BFH in dem angestrebten Revisionsverfahren grundsätzliche Bedeutung hätte.

Grundsätzliche Bedeutung könnte die Frage haben, in welcher Weise sich zeigt, dass ein ursprünglich in Veräußerungsabsicht erworbenes Grundstück in Anlagevermögen umgewidmet wird, weil sich herausstellt, dass es in absehbarer Zeit nicht zu veräußern sein wird. Die Frage ist im Streitfall jedoch nicht klärungsfähig, da das Streitjahr als Rumpfgeschäftsjahr lediglich die ersten Monate nach dem Erwerb betrifft.

3. Verfahrensmängel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO )

a) Aus den Darlegungen der Klägerin ergibt sich kein Verstoß gegen das Gebot, der Entscheidung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Wenn das FG ausgeführt hat, die Klägerin habe nicht die Absicht gehabt, die Grundstücke längerfristig durch Vermietung zu nutzen, so bezog sich das nur auf das Jahr des Erwerbs (Rumpfgeschäftsjahr 1998). Diese Würdigung des FG lässt nicht erkennen, dass es einen Teil des Gesamtergebnisses des Verfahrens nicht in seine Überlegungen einbezogen hätte.

b) Es ist auch nicht erkennbar, dass das vorinstanzliche Urteil teilweise nicht mit Gründen versehen wäre (§ 119 Nr. 6 FGO ). Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, dass ein Verfahrensmangel i.S. von § 119 Nr. 6 FGO dann vorliegt, wenn den Beteiligten die Möglichkeit entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Das ist hier nicht der Fall. Die Klägerin rügt, das FG sei mit keinem Wort auf ihre Argumentation eingegangen, dass die Bildung einer Rücklage nach § 6b EStG für die Veräußerungsgewinne des Streitjahres auch dann zulässig sei, wenn der erworbene Grundbesitz nicht Anlagevermögen, sondern Umlaufvermögen darstelle. Dass die Begünstigung nach § 6b EStG auf Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens beschränkt ist, räumt auch die Klägerin in ihrer Klagebegründung ein (S. 21). Offenkundig ging das FG davon aus, die auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise gestützte Argumentation der Klägerin sei so fernliegend, dass es genüge, die Zulässigkeit der Rücklage unter Hinweis auf den Gesetzeswortlaut zu verneinen.

Vorinstanz: FG Düsseldorf, vom 19.08.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 18 K 1345/02
Fundstellen
BFH/NV 2007, 1128