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BFH - Entscheidung vom 12.07.2007

VII R 59/05

Normen:
VO Nr. 2423/88
VO Nr. 2200/90 Art. 2 Abs. 5 Art. 13 Abs. 11
VO Nr. 1607/92
VO Nr. 384/96 Art. 6 Abs. 9 Art. 11 Abs. 2 Art. 11 Abs. 5 Art. 2 Abs. 7
VO Nr. 2496/97
GATT-Antidumpingkodex 1979
GATT-Subventionskodex Art. 15
WTO-GATT-Antidumpingkodex 1994

Fundstellen:
BB 2007, 2053
BFH/NV 2007, 2042
BFHE 217, 351
DB 2007, 2354

BFH, Urteil vom 12.07.2007 - Aktenzeichen VII R 59/05

DRsp Nr. 2007/15983

Gültigkeit von Antidumpingverordnungen betreffend Silizium aus der Volksrepublik China; Berufungsfähigkeit von WTO-Übereinkommen; Verdoppelung des Antidumpingzolls; Ermittlung des Normalwertes gleichartiger Waren

»1. Es bestehen keine Zweifel an der Gültigkeit der Antidumpingverordnungen (EWG) Nr. 2200/90 und (EG) Nr. 2496/97 betreffend Einfuhren von Silicium-Metall mit Ursprung in der Volksrepublik China. 2. Ein Wirtschaftsteilnehmer kann sich bezüglich der Gültigkeit einer Antidumpingverordnung nicht darauf berufen, dass deren Vorschriften gegen WTO-Übereinkommen (hier: den WTO-Antidumpingkodex) verstoßen, wenn das Land, aus dem die gedumpten Einfuhren stammen, nicht WTO-Mitglied ist.«

Normenkette:

VO Nr. 2423/88; VO Nr. 2200/90 Art. 2 Abs. 5 Art. 13 Abs. 11 ; VO Nr. 1607/92; VO Nr. 384/96 Art. 6 Abs. 9 Art. 11 Abs. 2 Art. 11 Abs. 5 Art. 2 Abs. 7 ; VO Nr. 2496/97; GATT-Antidumpingkodex 1979; GATT-Subventionskodex Art. 15 ; WTO-GATT-Antidumpingkodex 1994;

Gründe:

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine Spedition, ließ in der Zeit von Juli 1996 bis April 1998 im Namen verschiedener Unternehmen Silizium zum freien Verkehr abfertigen. Da als Ursprungsland der Waren die Schweiz angegeben war und mit den Zollanmeldungen entsprechende Präferenznachweise vorgelegt wurden, erhob das Zollamt lediglich Einfuhrumsatzsteuer. Spätere Ermittlungen ergaben jedoch, dass das Silizium tatsächlich aus der Volksrepublik China stammte und die Schweizer Präferenznachweise zu Unrecht ausgestellt worden waren. Daraufhin erhob der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Hauptzollamt --HZA--) die bisher nicht erhobenen Einfuhrabgaben (Zoll, Antidumpingzoll und Einfuhrumsatzsteuer) nach und setzte diese gegen die Klägerin mit der Begründung fest, dass diese keine Vollmachten der von ihr vertretenen Unternehmen habe nachweisen können. Die weitaus meisten Einfuhranmeldungen hatte die Klägerin für ein Unternehmen abgegeben, deren damaliger Geschäftsführer der Beigeladene war, der später hinsichtlich der vorliegend streitigen Einfuhren wegen gewerbsmäßigen Schmuggels rechtskräftig verurteilt wurde.

Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage, die sich nur gegen die Erhebung des Antidumpingzolls richtet und mit der sich die Klägerin u.a. auf die Nichtigkeit der im Streitfall maßgeblichen Antidumpingverordnungen berief, wies das Finanzgericht (FG) ab. Das FG urteilte, dass die streitigen Antidumpingzölle auf der Grundlage der Verordnung (EWG) Nr. 2200/90 (AntidumpingVO Nr. 2200/90) des Rates vom 27. Juli 1990 zur Einführung eines endgültigen Antidumpingzolls auf die Einfuhren von Silicium-Metall mit Ursprung in der Volksrepublik China (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften --ABlEG-- Nr. L 198/57) i.d.F. der (Änderungs-) Verordnung (EWG) Nr. 1607/92 (VO Nr. 1607/92) des Rates vom 22. Juni 1992 (ABlEG Nr. L 170/1) bzw. auf der Grundlage der (Nachfolge-) Verordnung (EG) Nr. 2496/97 (AntidumpingVO Nr. 2496/97) des Rates vom 11. Dezember 1997 (ABlEG Nr. L 345/1) zu Recht festgesetzt worden seien. Diese Antidumpingverordnungen stünden im Einklang mit den jeweils maßgeblichen Grund-Verordnungen, nämlich der Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 (GrundVO Nr. 2423/88) des Rates vom 11. Juli 1988 über den Schutz gegen gedumpte oder subventionierte Einfuhren aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Ländern (ABlEG Nr. L 209/1), der (Nachfolge-)Verordnung (EG) Nr. 3283/94 (GrundVO Nr. 3283/94) des Rates vom 22. Dezember 1994 (ABlEG Nr. L 349/1) und der (Nachfolge-)Verordnung (EG) Nr. 384/96 (GrundVO Nr. 384/96) des Rates vom 22. Dezember 1995 (ABlEG Nr. L 56/1) sowie mit den Vorschriften des Art. VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens (GATT) und den dazu gehörigen Übereinkommen.

Mit ihrer Revision macht die Klägerin geltend, dass die Ansicht des FG, wonach das GATT und die dazu gehörenden Abkommen das Antidumpingrecht nicht abschließend regelten, insbesondere keine Regelungen zum Dumping bei Ausfuhren aus Staatshandelsländern enthielten, nicht zutreffend sei. Eine solche Regelung finde sich vielmehr in Art. 15 Subventionskodex, der auf die Anlage I Art. VI Abs. 1 Punkt 2 zum GATT verweise. Entgegen der Ansicht des FG widersprächen daher die im Streitfall maßgeblichen Antidumpingverordnungen und die ihnen zugrunde liegenden Grundverordnungen höherrangigem Recht, weil weder ein Dumping über einen Preisvergleich noch eine Schädigung positiv festgestellt worden sei. Die mit der VO Nr. 1607/92 vorgenommene Verdoppelung des Antidumpingzolls, mit der Begründung, dass die Hersteller/Ausführer den ursprünglichen Antidumpingzoll übernommen hätten, finde in den GATT-Vorschriften keine Stütze.

Die AntidumpingVO Nr. 2496/97 sei nichtig, weil die Volksrepublik China ermessenfehlerhaft als ein Land ohne Marktwirtschaft angesehen worden sei, obwohl nur vier Monate nach Erlass dieser Verordnung die GrundVO Nr. 384/96 dahin geändert worden sei, dass China aus der Liste der Länder ohne Marktwirtschaft gestrichen worden sei. Ermessensfehlerhaft sei es auch gewesen, bei der Ermittlung des Normalwerts Norwegen als Vergleichsland zu wählen, denn dies gehe auf den Antragsteller des Überprüfungsverfahrens zurück. Die Ermittlung des Normalwerts auf der Grundlage des in Norwegen zu zahlenden Preises verstoße zudem gegen Art. 2 Abs. 2 Antidumpingkodex 1994. Auch genügten die Feststellungen zum Merkmal der Schädigung, die mit der AntidumpingVO Nr. 2496/97 getroffen worden seien, nicht den Anforderungen, die Art. 3 Abs. 3 GrundVO Nr. 384/96 insoweit stelle. Schließlich habe zwischen dem Ende des Untersuchungszeitraums und dem Inkrafttreten der AntidumpingVO Nr. 2496/97 ein Zeitraum von mehr als 29 Monaten gelegen. Damit seien die in Art. 6 Abs. 9 GrundVO Nr. 384/96 und Art. 5 Abs. 10 Antidumpingkodex 1994 festgelegten Fristen weit überschritten worden; auch aus diesem Grund sei die AntidumpingVO Nr. 2496/97 nichtig.

Schließlich rügt die Klägerin als Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör, dass das FG nicht in einer prozessleitenden Verfügung, sondern erstmals in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen habe, dass die GATT-Regelungen möglicherweise keine Regelungen zum Dumping bei Ausfuhren aus Staatshandelsländern enthielten.

Im Übrigen verweist die Klägerin auf von ihr sowohl in der Vorinstanz als auch im Revisionsverfahren vorgelegte Rechtsgutachten.

Das HZA schließt sich den Ausführungen des FG an.

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat die Klage zu Recht abgewiesen; der angefochtene Steueränderungsbescheid ist, soweit Antidumpingzoll gegen die Klägerin festgesetzt worden ist, rechtmäßig (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO ).

Die Erhebung von Antidumpingzoll für den Zeitraum, in dem die streitigen Siliziumeinfuhren stattfanden, beruht auf der am 28. Juli 1990 in Kraft getretenen AntidumpingVO Nr. 2200/90 sowie der am 17. Dezember 1997 in Kraft getretenen AntidumpingVO Nr. 2496/97. Dass nach diesen Verordnungen Antidumpingzoll für die streitigen Siliziumeinfuhren in zutreffender Höhe vom HZA festgesetzt worden ist, bezweifelt die Klägerin nicht. Unstreitig ist auch, dass --wie das FG ausgeführt hat-- die Klägerin Schuldnerin der Einfuhrabgaben ist.

Streitig ist allein, ob die genannten Antidumpingverordnungen gültig sind. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist dies jedoch der Fall.

1. Die AntidumpingVO Nr. 2200/90 stützt sich auf die am 5. August 1988 in Kraft getretene GrundVO Nr. 2423/88. Sie steht im Einklang mit dieser Verordnung.

a) Dass Silizium aus der Volksrepublik China Gegenstand eines Dumpings war, ist mit der AntidumpingVO Nr. 2200/90 zutreffend festgestellt worden. Nach Art. 2 Abs. 2 GrundVO Nr. 2423/88 gilt eine Ware als Gegenstand eines Dumpings, wenn ihr Ausfuhrpreis nach der Gemeinschaft geringer ist als der Normalwert der gleichartigen Ware. Wie sich aus Nr. 3 ff. der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2200/90 ergibt, sind diese Voraussetzungen vom Rat festgestellt worden. Da die Volksrepublik China als ein Land ohne Marktwirtschaft angesehen wurde und da sich Preise oder Kosten der Hersteller gleichartiger Waren in einem Drittland mit Marktwirtschaft in Ermangelung einer zufriedenstellenden Zusammenarbeit der insoweit kontaktierten Unternehmen nicht bestimmen ließen, ist der Normalwert gemäß Art. 2 Abs. 5 Buchst. c GrundVO Nr. 2423/88 auf der Grundlage des in der Gemeinschaft für die gleichartige Ware zu zahlenden Preises, berichtigt um eine angemessene Gewinnspanne, ermittelt worden (Nr. 3, 4 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2200/90). Der Vergleich dieses Normalwerts mit den Ausfuhrpreisen führte zu der Feststellung, dass Dumping vorlag (Nr. 10 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2200/90).

b) Der mit der AntidumpingVO Nr. 2200/90 eingeführte Antidumpingzoll ist mit der am 26. Juni 1992 in Kraft getretenen VO Nr. 1607/92 verdoppelt worden. Der Grund hierfür war die Feststellung des Rates, dass der Antidumpingzoll durch die Hersteller/Ausführer übernommen worden war (Nr. 12, 13 der Erwägungsgründe zur VO Nr. 1607/92). Auch die Erhöhung des Antidumpingzolls lässt sich auf die GrundVO Nr. 2423/88 stützen, denn nach Art. 13 Abs. 11 GrundVO Nr. 2423/88 kann, falls der Ausführer den Antidumpingzoll trägt, ein zusätzlicher Antidumpingzoll erhoben werden, um den vom Ausführer getragenen Betrag auszugleichen.

2. Die AntidumpingVO Nr. 2496/97 stützt sich auf die am 6. März 1996 in Kraft getretene GrundVO Nr. 384/96. Sie steht im Einklang mit dieser Verordnung.

a) Da die Volksrepublik China als ein Land ohne Marktwirtschaft angesehen wurde, ist der Normalwert gemäß Art. 2 Abs. 7 GrundVO Nr. 384/96 anhand der Angaben von Herstellern in einem Vergleichsland mit Marktwirtschaft ermittelt worden, wobei als Vergleichsland Norwegen gewählt wurde (Nr. 13 bis 17 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97). Die insoweit vorgebrachten Einwände der Revision sind nicht begründet.

aa) Anders als die Revision meint, ist die Volksrepublik China zu Recht als ein Land ohne Marktwirtschaft behandelt worden. Zwar ist Art. 2 Abs. 7 GrundVO Nr. 384/96 durch die am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Verordnung (EG) Nr. 905/98 (VO Nr. 905/98) des Rates vom 27. April 1998 (ABlEG Nr. L 128/18) dahin geändert worden, dass für (u.a.) Einfuhren aus der Volksrepublik China die Ermittlung des Normalwerts unter bestimmten Voraussetzungen gemäß Art. 2 Abs. 1 bis 6 GrundVO Nr. 384/96 erfolgen konnte. Im Zeitpunkt des Erlasses der AntidumpingVO Nr. 2496/97 galt diese Änderung jedoch noch nicht. Vielmehr war durch den Verweis in Art. 2 Abs. 7 GrundVO Nr. 384/96 auf die Verordnung (EG) Nr. 519/94 des Rates vom 7. März 1994 (ABlEG Nr. L 67/89) die Volksrepublik China zwingend als ein Land ohne Marktwirtschaft anzusehen. Ein Ermessen des Verordnungsgebers beim Erlass der AntidumpingVO Nr. 2496/97, bereits im Vorgriff auf die bevorstehende Änderung des Art. 2 Abs. 7 GrundVO Nr. 384/96 den Normalwert anhand der für ein Land mit Marktwirtschaft geltenden Vorschriften zu ermitteln, bestand daher nicht; die VO Nr. 905/98 galt nach ihrem Art. 2 nur für Antidumpinguntersuchungen, die nach ihrem Inkrafttreten eingeleitet wurden. Ob die Voraussetzungen der mit Wirkung vom 1. Juli 1998 geltenden Vorschriften des Art. 2 Abs. 7 Buchst. b und c GrundVO Nr. 384/96, die eine Ausnahme von der bei Ländern ohne Marktwirtschaft grundsätzlich anzuwendenden Methode gemäß Buchst. a darstellen (Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften --EuG-- vom 14. November 2006 Rs. T-138/02, Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. C 326/54), in Anbetracht der unzulänglichen Mitwirkung der chinesischen Ausführer (vgl. Nr. 20 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97) überhaupt hätten erfüllt werden können, erscheint ohnehin zweifelhaft.

bb) Die Wahl Norwegens als Vergleichsland ist rechtlich nicht zu beanstanden. Nach Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 2 GrundVO Nr. 384/96 wird ein geeignetes Land mit Marktwirtschaft auf nicht unvertretbare Weise unter gebührender Berücksichtigung aller zuverlässiger Informationen, die zum Zeitpunkt der Auswahl zur Verfügung stehen, ausgewählt. Bei der Auswahl des geeigneten Vergleichslandes handelt es sich somit um eine Ermessensentscheidung. Im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen verfügen die Gemeinschaftsorgane wegen der Komplexität der von ihnen zu prüfenden wirtschaftlichen, politischen und rechtlichen Situationen über ein weites Ermessen, weshalb die richterliche Nachprüfung der von den Gemeinschaftsorganen insoweit vorgenommenen Beurteilungen auf die Prüfung der Frage beschränkt ist, ob die Verfahrensvorschriften eingehalten worden sind, ob der zugrunde gelegte Sachverhalt zutreffend festgestellt worden ist und ob keine offensichtlich fehlerhafte Beurteilung dieses Sachverhalts und kein Ermessensfehlgebrauch vorliegen (ständige Rechtsprechung, vgl. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH-- vom 7. Mai 1991 Rs. C-69/89, EuGHE 1991, I-2069, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern --ZfZ-- 1992, 381; vom 29. Mai 1997 Rs. C-26/96, EuGHE 1997, I-2817, ZfZ 1997, 377; EuG-Urteile vom 24. Oktober 2006 Rs. T-274/02, ABlEU Nr. C 310/11, und vom 14. März 2007 Rs. T-107/04, ABlEU Nr. C 95/37). Solche Ermessensfehler sind im Streitfall nicht ersichtlich.

Die Gründe, weshalb die Wahl auf Norwegen als Vergleichsland fiel, sind in den Erwägungsgründen zur AntidumpingVO Nr. 2496/97 dargelegt. Anders als die Revision meint, kann aus dem Umstand, dass diese Wahl auf die Angaben im Überprüfungsantrag zurückging, kein Ermessenfehler hergeleitet werden. Es ist zum einen lediglich eine Vermutung der Klägerin, dass die Antragsteller im Überprüfungsverfahren bewusst ein Land mit hohen Siliziumpreisen benannten; den Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, dass die norwegischen Preise höher waren als diejenigen in den anderen vorgeschlagenen Ländern Estland, Brasilien oder Rumänien. Zum anderen ist der Vorschlag Norwegen von der Kommission und vom Rat nicht ungeprüft übernommen worden. Vielmehr hatte die Untersuchung der Kommission bestätigt, dass Norwegen als wichtiger und effizienter Hersteller von Silizium wegen niedriger Energiepreise, gutem Zugang zum Rohstoff und wegen eines ähnlichen Fertigungsverfahrens wie in China als Vergleichsland gut geeignet war, während für Estland keine Beweise für die Repräsentativität der Produktion vorgelegt worden waren und auch für Brasilien und Rumänien nicht nachgewiesen worden war, dass diese als Vergleichsland jeweils besser geeignet waren als Norwegen (Nr. 15, 16 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97).

Soweit die Revision bemängelt, dass Norwegen trotz eines dort bestehenden "kooperierenden Duopols" von Herstellern ausgewählt worden sei, verkennt sie, dass die Formulierung der "beiden kooperierenden norwegischen Hersteller" im Erwägungsgrund Nr. 16 zur AntidumpingVO Nr. 2496/97 nicht bedeutet, dass diese beiden Hersteller miteinander wirtschaftlich kooperierten, sondern dass diese mit den die Untersuchung führenden Gemeinschaftsorganen kooperierten (vgl. die entsprechenden Formulierungen in Nr. 25, 31 und 83 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97). Im Übrigen hat die Untersuchung der Kommission ergeben, dass die Präsenz dieser beiden großen norwegischen Hersteller, die mit Einfuhren konkurrieren mussten, einen normalen Wettbewerb garantierte (Nr. 16 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97).

Nach alledem setzt die Revision mit ihren gegen die Entscheidung für Norwegen gerichteten Einwendungen den Ermessenserwägungen der Gemeinschaftsorgane nur ihre eigenen Erwägungen entgegen, zeigt jedoch keine Ermessensfehler der vorstehend beschriebenen Art auf.

b) Der Normalwert unter Zugrundelegung des Vergleichslandes Norwegen wurde nach Nr. 18, 19 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97 anhand der gewogenen Durchschnittspreise der gewinnbringenden Verkäufe an unabhängige Kunden auf dem norwegischen Inlandsmarkt ermittelt. Dies entspricht der Regelung in Art. 2 Abs. 7 Unterabs. 1 GrundVO Nr. 384/96, wonach im Fall von Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft der Normalwert in erster Linie (u.a.) auf der Grundlage des Preises oder des rechnerisch ermittelten Wertes in einem Drittland mit Marktwirtschaft ermittelt wird. Im Fall der AntidumpingVO Nr. 2496/97 hat die Kommission dabei --wie sich aus den vorstehend genannten Erwägungsgründen ergibt-- Art. 2 Abs. 2 und 4 GrundVO Nr. 384/96 entsprechend berücksichtigt. Rechtliche Bedenken bestehen insoweit nicht.

c) Weshalb --wie es die Revision geltend macht-- die sich aus den Erwägungsgründen Nr. 26 bis 52 zur AntidumpingVO Nr. 2496/97 ergebenden Feststellungen und Untersuchungsergebnisse nicht den Schluss aus Nr. 53 der Erwägungsgründe rechtfertigen, dass die gedumpten Einfuhren aus China eindeutig Druck auf den Marktpreis der Gemeinschaft ausübten, einen Einfluss auf die schlechte wirtschaftliche Lage des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft hatten und dem Wirtschaftszweig der Gemeinschaft eine bedeutende Schädigung i.S. des Art. 3 Abs. 1 GrundVO Nr. 384/96 verursachten (Nr. 44 der Erwägungsgründe), ist nicht ersichtlich. Auch insoweit handelt es sich um eine nur beschränkt gerichtlich überprüfbare Ermessensentscheidung der Gemeinschaftsorgane im Bereich handelspolitischer Schutzmaßnahmen. Die Revision zeigt bezüglich der Feststellung einer Schädigung keine Ermessensfehler der Gemeinschaftsorgane auf, sondern greift aus der Vielzahl der unter Berücksichtigung der Anforderungen des Art. 3 GrundVO Nr. 384/96 gefundenen Untersuchungsergebnisse einige wenige heraus, die ihrer Ansicht nach die Schlussfolgerung der Kommission zur Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft nicht rechtfertigen. Dabei verkennt sie, dass die gemäß Art. 3 GrundVO Nr. 384/96 zu prüfenden Kriterien einer Gesamtbewertung zu unterziehen sind und dass --wie es in dieser Vorschrift an mehreren Stellen ausdrücklich heißt-- weder eines noch mehrere dieser Kriterien notwendigerweise ausschlaggebend sind (Art. 3 Abs. 3 Satz 3, Abs. 5 Satz 2, Abs. 9 Satz 4 GrundVO Nr. 384/96).

Die Kommission hat insbesondere auch geprüft, ob die Schädigung des Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft andere Ursachen als die Einfuhren aus der Volksrepublik China hatte (Nr. 54 ff. der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97). Dass sich die Einfuhren aus Norwegen im Untersuchungszeitraum erhöht hatten, hat die Kommission dabei berücksichtigt. Die Revision nimmt insoweit mit ihrem Verweis auf das Gutachten des Prof. ... vom ... nur eine andere Bewertung der festgestellten Tatsachen vor, als es die Kommission und der Rat mit ihrer Schlussfolgerung (Nr. 59 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97) getan haben.

Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ein Antidumpingzoll auf Einfuhren von chinesischem Silizium bereits bestand und die Untersuchung der Gemeinschaftsorgane sich somit auf die Frage zu richten hatte, ob das Dumping und die Schädigung bei einem Auslaufen dieser Maßnahme wahrscheinlich anhalten oder erneut auftreten würde (Art. 11 Abs. 2 GrundVO Nr. 384/96). Diese Schlussfolgerung hat die Kommission aber auf der Grundlage der Feststellung in Nr. 31 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97, wonach sich bei einem Auslaufen des Antidumpingzolls eine Preisunterbietungsspanne für chinesisches Silizium von 30 % ergeben würde, ermessensfehlerfrei getroffen.

d) Anders als die Revision meint, ist mit dem Erlass der AntidumpingVO Nr. 2496/97 nicht gegen Art. 6 Abs. 9 GrundVO Nr. 384/96 und die dort vorgeschriebenen Untersuchungsfristen verstoßen worden. Diese Vorschrift gilt nur für das Untersuchungsverfahren gemäß Art. 5 Abs. 9 GrundVO Nr. 384/96, um das es im Streitfall aber nicht geht. Vielmehr betraf die Untersuchung, die zur AntidumpingVO Nr. 2496/97 führte, die Überprüfung der AntidumpingVO Nr. 2200/90 im Zusammenhang mit dem Auslaufen des darin vorgeschriebenen Antidumpingzolls auf Einfuhren von chinesischem Silizium gemäß Art. 11 Abs. 2 GrundVO Nr. 384/96 bzw. des gleichlautenden Art. 11 Abs. 2 der (Vorgänger-) GrundVO Nr. 3283/94. Für Untersuchungen dieser Art gelten aber gemäß Art. 11 Abs. 5 GrundVO Nr. 384/96 bzw. Art. 11 Abs. 5 GrundVO Nr. 3283/94 die Bestimmungen über die Fristen, also auch Art. 6 Abs. 9 GrundVO Nr. 384/96 bzw. Art. 6 Abs. 9 GrundVO Nr. 3283/94, nicht. Vorgeschrieben ist danach lediglich, dass die Überprüfungen ohne Verzögerungen durchgeführt und normalerweise innerhalb von zwölf Monaten nach der Einleitung der Überprüfungen abgeschlossen werden. Dieser Regelung ist aber nicht zu entnehmen, dass die Überschreitung der zwölfmonatigen Untersuchungsfrist zur Nichtigkeit der nach Abschluss der Untersuchung erlassenen Antidumpingverordnung führt. Vielmehr belässt die Regelung ("normalerweise") die Möglichkeit einer länger andauernden Untersuchung, wenn hierfür im Einzelfall anerkennenswerte Gründe bestehen (vgl. zum Begriff "normalerweise" in Art. 6 Abs. 1 GrundVO Nr. 384/96: EuG-Urteil in ABlEU Nr. C 326/54 Rz. 61).

Hinsichtlich der AntidumpingVO Nr. 2496/97 sind in Nr. 10 der Erwägungsgründe die Ursachen für das Überschreiten der für den Normalfall vorgesehenen Untersuchungsfrist genannt. Danach hatte sich das Untersuchungsverfahren schwierig gestaltet, weil die Lage der Hersteller in dem Vergleichsland Norwegen genau ermittelt werden musste. Dass dieser Grund nicht stichhaltig ist oder dass nach dem Ablauf der normalen zwölfmonatigen Untersuchungsfrist bis zum Erlass der AntidumpingVO Nr. 2496/97 Umstände eingetreten waren, die das Untersuchungsergebnis der Kommission als in wesentlichen Punkten unzutreffend erscheinen ließen, legt die Revision nicht dar. Auch fehlen entsprechende Feststellungen des FG, auf die sich eine solche Annahme stützen ließe.

3. Die im Streitfall einschlägigen GrundVO Nr. 2423/88 und Nr. 384/96, auf die sich die AntidumpingVO Nr. 2200/90 bzw. die AntidumpingVO Nr. 2496/97 stützen, sind schließlich auch nicht wegen Verstoßes gegen Vorschriften der zur Auslegung des Art. VI GATT bestehenden Übereinkommen nichtig. Bei den insoweit für den im Streitfall maßgeblichen Zeitraum in Betracht kommenden Übereinkommen, welche regeln, inwieweit nach dem GATT handelspolitische Schutzmaßnahmen gegen gedumpte Einfuhren völkerrechtlich zulässig sind, handelt es sich um das Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens --Antidumpingkodex 1979-- (ABlEG 1980 Nr. L 71/90) und das (Nachfolge-) Übereinkommen zur Durchführung des Artikels VI des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens 1994 --Antidumpingkodex 1994-- (ABlEG 1994 Nr. L 336/103) sowie um das Übereinkommen zur Auslegung und Anwendung der Artikel VI, XVI und XXIII des Allgemeinen Zoll- und Handelsabkommens --Subventionskodex-- (ABlEG 1980 Nr. L 71/72).

Diese Übereinkommen bilden indes keine rechtliche Grundlage zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der im Streitfall maßgeblichen gemeinschaftsrechtlichen Antidumpingverordnungen. Zwar ist die Gemeinschaft an die Bestimmungen des GATT und der Übereinkommen zu ihrer Durchführung gebunden (EuGH-Urteil in EuGHE 1991, I-2069, ZfZ 1992, 381); das heißt jedoch nicht, dass diese unmittelbare Wirkung innerhalb der Gemeinschaft in dem Sinne entfalten, dass der einzelne Marktbürger sich auf sie berufen kann, wenn er die Rechtswidrigkeit von Gemeinschaftshandlungen geltend macht. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH gehören nämlich die im Rahmen der Welthandelsorganisation geschlossenen völkerrechtlichen Verträge (WTO-Übereinkünfte) wegen ihrer Natur und ihrer Systematik grundsätzlich nicht zu den Normen, an denen Gerichte in der Gemeinschaft die Rechtmäßigkeit von Handlungen der Gemeinschaftsorgane messen (EuGH-Urteile vom 23. November 1999 Rs. C-149/96, EuGHE 1999, I-8395, und vom 1. März 2005 Rs. C-377/02, EuGHE 2005, I-1465, m.w.N.). Die WTO-Übereinkünfte entfalten in der Gemeinschaft keine unmittelbare Wirkung; ein einzelner Marktbürger kann sich somit nicht auf sie berufen, um --wie die Klägerin-- die Rechtswidrigkeit gemeinschaftsrechtlicher Verordnungen geltend zu machen. Von diesem Grundsatz gibt es lediglich zwei Ausnahmen: Nur wenn die Gemeinschaftsorgane eine bestimmte im Rahmen der WTO übernommene Verpflichtung erfüllen wollten oder wenn die Gemeinschaftshandlung ausdrücklich auf spezielle Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte verweist, hat der --für die Nichtigerklärung von Gemeinschaftshandlungen allein berufene-- EuGH die Rechtmäßigkeit der Gemeinschaftshandlung an den WTO-Regeln zu messen (vgl. EuGH-Urteile in EuGHE 1991, I-2069, ZfZ 1992, 381; in EuGHE 1999, I-8395, und in EuGHE 2005, I-1465, m.w.N.). In einem solchen Fall werden nämlich die völkerrechtlichen Bestimmungen durch einen ausdrücklichen Akt des Gemeinschaftsgesetzgebers in das Gemeinschaftsrecht implementiert und stehen dann im Rang über dem sekundären Gemeinschaftsrecht (vgl. Gabler, Das Streitbeilegungssystem der WTO und seine Auswirkungen auf das Antidumping-Recht der Europäischen Gemeinschaft, Frankfurt am Main 1997, S. 99).

Auf spezielle Bestimmungen der WTO-Übereinkünfte verweisen die im Streitfall maßgeblichen Antidumpingverordnungen und ihre Grundverordnungen nicht. Aus den Erwägungsgründen der Grundverordnungen ergibt sich jedoch, dass der Rat mit diesen Verordnungen seine im Rahmen des GATT bzw. der WTO übernommenen Verpflichtungen erfüllen wollte. So heißt es in Abs. 2 der Erwägungsgründe sowohl zur GrundVO Nr. 2423/88 als auch zur GrundVO Nr. 3283/94 und in Nr. 2 zur GrundVO Nr. 384/96, dass die Regelungen der Grundverordnung in Übereinstimmung mit den internationalen Verpflichtungen aus Art. VI GATT, dem Antidumpingkodex 1979 und dem Subventionskodex festgelegt worden seien. Zum Antidumpingkodex 1994 heißt es in Nr. 5 der Erwägungsgründe zur GrundVO Nr. 384/96, dass seine Formulierungen so weit wie möglich in das Gemeinschaftsrecht übertragen werden sollten; der EuGH hat daraus geschlossen, dass die Gemeinschaft die GrundVO Nr. 384/96 erlassen hat, um ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen aus dem Antidumping-Übereinkommen nachzukommen (EuGH-Urteil vom 9. Januar 2003 Rs. C-76/00 P, EuGHE 2003, I-79).

Somit kann zwar davon ausgegangen werden, dass die zu Fragen der Maßnahmen gegen Dumping bestehenden WTO-Übereinkünfte in das Gemeinschaftsrecht implementiert werden sollten. Wollte aber der Rat mit den Grundverordnungen --wie es sich aus den vorstehend genannten Erwägungen ergibt-- den sich aus diesen WTO-Übereinkünften ergebenden internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft nachkommen, so kann hinsichtlich der Frage, ob die Rechtmäßigkeit der im Streitfall maßgeblichen Antidumpingverordnungen anhand des Antidumpingkodex 1979 bzw. des Antidumpingkodex 1994 oder des Subventionskodex zu überprüfen ist, nicht unberücksichtigt bleiben, dass bei Erlass dieser Antidumpingverordnungen und zur Zeit der hier streitigen Siliziumeinfuhren die Volksrepublik China noch nicht Mitglied der WTO war, denn die Mitgliedschaft der Volksrepublik China besteht erst seit dem 11. Dezember 2001. Eine über die Grundverordnungen vermittelte "internationale Verpflichtung" der Gemeinschaft, beim Erlass von Antidumpingverordnungen die Regelungen des Antidumpingkodex 1979 bzw. des Antidumpingkodex 1994 oder des Subventionskodex zu beachten, bestand somit seinerzeit in Bezug auf gedumpte Einfuhren aus der Volksrepublik China nicht, denn es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass der Verordnungsgeber eine Verpflichtung übernehmen wollte, die gar nicht bestand, und die Regelungen der WTO-Übereinkünfte --Antidumpingkodex 1979 bzw. Antidumpingkodex 1994 und Subventionskodex-- für sämtliche künftigen Antidumpingverordnungen, auch bezüglich Einfuhren aus Ländern, die nicht WTO-Mitglied waren bzw. sind, implementieren und als Maßstab ihrer Rechtmäßigkeit ansehen wollte (vgl. dazu auch: EuGH-Urteil vom 10. März 1998 Rs. C-364/95, EuGHE 1998, I-1023, ZfZ 1998, 229, in dem es ebenfalls um die Frage ging, ob ein einzelner Marktbürger die Ungültigkeit von Gemeinschaftsverordnungen wegen Unvereinbarkeit mit dem GATT geltend machen kann). Die mit den Grundverordnungen übernommenen internationalen Verpflichtungen haben somit keine Auswirkungen auf einzelne Antidumpingverordnungen, welche Einfuhren aus Drittländern betreffen, die nicht WTO-Mitglied sind.

Zu berücksichtigen ist insoweit auch, dass der EuGH --wie sich aus seinem Urteil in EuGHE 2005, I-1465 ergibt-- dem Streitbeilegungssystem der WTO grundsätzlich Vorrang vor einer Rechtmäßigkeitsprüfung von Gemeinschaftshandlungen durch das Gericht einräumt, denn der EuGH sieht die Gefahr, dass den Legislativ- und Exekutivorganen der Vertragsparteien die Befugnis genommen würde, im Rahmen des Streitbeilegungsverfahrens auf dem Verhandlungsweg Lösungen zu erreichen, falls die Gerichte mit den WTO-Übereinkünften unvereinbare innerstaatliche Rechtsvorschriften unangewendet ließen. Wenn aber sogar die von der AntidumpingVO Nr. 2200/90 bzw. der AntidumpingVO Nr. 2496/97 seinerzeit betroffene Volksrepublik China mangels Mitgliedschaft in der WTO keine Möglichkeit hatte, die Einleitung eines gegen die Gemeinschaft gerichteten Streitbeilegungsverfahrens zu beantragen, so kann erst recht nicht einem einzelnen Marktbürger die rechtliche Möglichkeit eingeräumt werden, eine gegen Einfuhren aus der Volksrepublik China gerichtete Antidumpingverordnung auf ihre Vereinbarkeit mit dem Antidumpingkodex 1979 bzw. dem Antidumpingkodex 1994 gerichtlich prüfen zu lassen.

4. Darüber hinaus liegen die von der Revision geltend gemachten Verstöße gegen den Antidumpingkodex 1979 bzw. den Antidumpingkodex 1994 oder den Subventionskodex auch nicht vor.

a) Die mit der VO Nr. 1607/92 vorgenommene Verdoppelung des durch die AntidumpingVO Nr. 2200/90 eingeführten Antidumpingzolls verstößt nicht gegen den Antidumpingkodex 1979, weil dieser zu der Frage von handelspolitischen Maßnahmen im Fall einer Umgehung eines bereits eingeführten Antidumpingzolls keine entgegenstehenden Bestimmungen enthält. In Nr. 20 der Erwägungsgründe zur GrundVO Nr. 384/96 hat der Rat ausdrücklich darauf hingewiesen, dass multilaterale Verhandlungen zur Lösung des Problems, wie der Umgehung von Antidumpingmaßnahmen zu begegnen sei, bisher gescheitert seien und dass er sich deshalb nicht durch WTO-Bestimmungen gehindert sehe, in das Gemeinschaftsrecht Vorschriften zur Verhinderung der Umgehung von Antidumpingmaßnahmen einzuführen. Da nicht nur die Gemeinschaft, sondern auch die USA davon ausgehen, dass die Zulässigkeit von Maßnahmen gegen Antidumping-Umgehungen implizit anerkannt worden ist (vgl. Gabler, aaO., S. 26), und da der Rat sowohl nach dem 3. Erwägungsgrund zur GrundVO Nr. 2423/88 als auch nach dem Erwägungsgrund Nr. 4 zur GrundVO Nr. 384/96 der Auslegung der WTO-Bestimmungen durch die wichtigsten Handelspartner der Gemeinschaft Rechnung tragen wollte, sind der in Gestalt dieser Auslegung in das Gemeinschaftsrecht implementierte Antidumpingkodex 1979 und der Antidumpingkodex 1994 nicht als abschließend anzusehen und lassen Vorschriften gegen Antidumping-Umgehungsmaßnahmen zu. Der einzelne Marktbürger kann sich daher nicht auf eine Auslegung der WTO-Bestimmungen berufen, die Maßnahmen gegen Antidumping-Umgehungen ausschließt.

b) Die Ermittlung des Normalwertes gleichartiger Waren gemäß Art. 2 Abs. 7 GrundVO Nr. 384/96 auf der Grundlage der Preise in einem Drittland mit Marktwirtschaft verstößt nicht gegen Art. 2 Abs. 2 Antidumpingkodex 1994, weil diese Bestimmung keine Regelung über die Ermittlung des Normalwertes von Einfuhrwaren aus einem Land ohne Marktwirtschaft darstellt. Zu Recht hat das FG ausgeführt, dass es im Antidumpingkodex 1994 an speziellen Regelungen betreffend Ausfuhrländer ohne Marktwirtschaft fehlt und dass der Gemeinschaftsgesetzgeber deshalb Vorschriften zur Ermittlung des Normalwertes für Einfuhrwaren aus solchen Ländern erlassen durfte, ohne dabei an den Antidumpingkodex 1994 gebunden zu sein.

Zutreffend weist die Revision allerdings darauf hin, dass der Subventionskodex in seinem Art. 15 eine Regelung betreffend Länder ohne Marktwirtschaft enthält, mit dem er auf die in der Anlage I zum GATT (Anmerkungen und ergänzende Bestimmungen) zu Art. VI Abs. 1 Nr. 2 aufgeführten Länder verweist, d.h. auf Länder, deren Handel einem staatlichen Monopol unterliegt und in dem alle Inlandspreise vom Staat festgesetzt werden. Diese Bestimmung gilt nach Art. 2 Abs. 7 Antidumpingkodex 1994 auch bei der Feststellung von Dumping. Eine Bestimmung zur Feststellung von Dumping bei Einfuhren aus Ländern ohne Marktwirtschaft enthält der Antidumpingkodex 1994 gleichwohl nicht. Diese findet sich aber in Art. 15 Abs. 2 Subventionskodex. Danach besteht Einvernehmen darüber, dass bei auf den Antidumpingkodex gestützten Maßnahmen gegen schädigende Einfuhren aus solchen Ländern die Dumpingspanne durch einen Vergleich des Ausfuhrpreises mit dem Verkaufspreis oder dem rechnerisch ermittelten Wert einer gleichartigen Ware eines Landes mit Marktwirtschaft berechnet werden kann. Die mit der AntidumpingVO Nr. 2496/97 vorgenommene Festsetzung des Normalwertes auf der Grundlage der Preise für eine gleichartige Ware in dem Vergleichsland Norwegen auf der Stufe fob norwegische Grenze (Nr. 19 der Erwägungsgründe zur AntidumpingVO Nr. 2496/97), steht danach mit Art. 15 Abs. 2 Subventionskodex im Einklang.

Im Übrigen hat das EuG mit seinem Urteil in ABlEU Nr. C 326/54 --auch noch nachdem die Volksrepublik China WTO-Mitglied geworden war-- Art. 2 Abs. 7 Buchst. a GrundVO Nr. 384/96 i.d.F. der VO Nr. 905/98 bei der Bestimmung des Normalwertes einer aus der Volksrepublik China in die Gemeinschaft eingeführten Ware angewendet, ohne die Vereinbarkeit dieser Vorschrift mit dem Antidumpingkodex 1994 oder dem Subventionskodex in Zweifel zu ziehen. Auch in jenem Fall ging es um eine Antidumpingverordnung, für die der Normalwert der Einfuhrware anhand der rechnerisch ermittelten Preise auf dem Inlandsmarkt eines Landes mit Marktwirtschaft ermittelt worden war.

c) Anders als die Revision meint, ist mit der Länge zwischen dem Ende des Untersuchungszeitraums und dem Inkrafttreten der AntidumpingVO Nr. 2496/97 auch nicht gegen Art. 5 Abs. 10 Antidumpingkodex 1994 verstoßen worden. Diese Bestimmung gilt nur für das Untersuchungsverfahren gemäß Art. 5 Antidumpingkodex 1994 (vgl. die entsprechenden Ausführungen unter II.2.d der Entscheidungsgründe); ihr entspricht Art. 6 Abs. 9 GrundVO Nr. 384/96 mit der dort vorgeschriebenen --sogar kürzeren-- Höchstfrist. Für die Überprüfung von Antidumpingzöllen, auf die die AntidumpingVO Nr. 2496/97 zurückzuführen ist, gilt dagegen die Fristenbestimmung des Art. 11 Abs. 4 Satz 2 Antidumpingkodex 1994, mit der die Vorschrift des Art. 11 Abs. 5 Satz 2 GrundVO Nr. 384/96 nahezu wortgleich übereinstimmt.

5. Der nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichte Schriftsatz der Klägerin vom ... sowie das nachgereichte ergänzende Gutachten des Prof. ... vom ... geben dem Senat keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen. Die hierin vertretene Auffassung, dass das EuGH-Urteil in EuGHE 1998, I-1023, ZfZ 1998, 229 auf den Streitfall nicht übertragbar sei, teilt der Senat nicht, denn auch in jenem Verfahren ging es darum, dass sich ein einzelner Marktbürger bezüglich der geltend gemachten Unwirksamkeit gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften auf das GATT berief, was der EuGH allein mit dem Hinweis verwarf, dass das betroffene Drittland seinerzeit nicht Vertragspartei des GATT gewesen sei. Der Aufsatz von Eeckhout, European Anti-dumping Law and China, den die Klägerin zur Begründung ihrer gegenteiligen Auffassung anführt, wurde am 24. April 1997 veröffentlicht, stammt also aus einer Zeit vor dem Erlass des vorgenannten EuGH-Urteils und setzt sich dementsprechend mit dieser Entscheidung nicht auseinander. Auch das EuGH-Urteil in EuGHE 1991, I-2069, ZfZ 1992, 381, auf das sich die Klägerin erneut beruft, steht der vorliegend vom erkennenden Senat vertretenen Auffassung nicht entgegen, denn jene Entscheidung geht von der Voraussetzung aus, dass die Gemeinschaft an die Bestimmungen des GATT gebunden ist (aaO., Rz 29), was in jenem vom EuGH entschiedenen Fall hinsichtlich des betroffenen Drittlandes Japan (als Mitglied des GATT) zutraf, was hingegen auf den Streitfall nicht zutrifft.

6. Der Senat hat nach alledem keine Zweifel an der Gültigkeit der AntidumpingVO Nr. 2200/90 und der AntidumpingVO Nr. 2496/97 und sieht daher keine Verpflichtung, die Sache dem EuGH zur Vorabentscheidung gemäß Art. 234 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaften vorzulegen (vgl. EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81, EuGHE 1982, 3415, 3430).

7. Der geltend gemachte Verfahrensmangel in Gestalt einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist nicht schlüssig dargelegt. Wie die Revision selbst vorträgt, hat das FG in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass dem Gemeinschaftsgesetzgeber ein gewisser Regelungsspielraum eingeräumt sein könnte, weil die WTO-Übereinkünfte möglicherweise nicht die wirtschaftlichen Kontakte mit Staatshandelsländern erfassen. Demgegenüber hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin --wie sich aus dem Sitzungsprotokoll ergibt-- erklärt, dass seiner Ansicht nach die WTO-Bestimmungen diese Problematik regelten. Dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Äußerung des Gerichts anders auffasste, ändert nichts daran, dass die FG-Entscheidung bei objektiver Würdigung dieses richterlichen Hinweises keine Überraschungsentscheidung darstellt. Eine Verpflichtung des FG, auf dieses seiner Ansicht nach bestehende Problem vorab in einer Verfügung hinzuweisen, bestand nicht. Die für den Streitfall maßgeblichen Rechtsfragen sind mit den Beteiligten in erster Linie in der mündlichen Verhandlung zu erörtern (§ 93 FGO ).

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg, vom 20.09.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 11 K 286/04
Fundstellen
BB 2007, 2053
BFH/NV 2007, 2042
BFHE 217, 351
DB 2007, 2354