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BFH - Entscheidung vom 25.01.2007

XI B 149/06

Normen:
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3

Fundstellen:
BFH/NV 2007, 892

BFH, Beschluss vom 25.01.2007 - Aktenzeichen XI B 149/06

DRsp Nr. 2007/5949

Fahrtenbuch

Die Frage, ob die von der FinVerw an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch gestellten Anforderungen zu hoch sind und die Fahrtenbuchregelung daher de facto nicht den von Verfassungs wegen als notwendig angesehenen Ausgleich bietet, kann in einem Rechtsstreit, in dem der Stpfl. kein Fahrtenbuch geführt hat, nicht geklärt werden.

Normenkette:

EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 3 ;

Gründe:

Die Nichtzulassungsbeschwerde kann keinen Erfolg haben. Den vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in der Beschwerde angesprochenen Rechtsfragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ( FGO ) zu. Der Kläger hat auch nicht dargelegt, inwieweit zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO erforderlich sein sollte. Die Verfahrensrügen sind letztlich im Streitfall nicht entscheidungserheblich.

1. Der --selbständig tätige-- Kläger möchte höchstrichterlich geklärt wissen, ob die sog. 1-v.H.-Regelung zur Bewertung der privaten Nutzungsentnahme bei einem betrieblichen PKW (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --) noch den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) an pauschalierende oder generalisierende Regelungen entspricht, da nach seinen aus der Finanzverwaltung stammenden Informationen in 90 v.H. aller Fälle die Führung des Fahrtenbuches als nicht ordnungsgemäß angesehen werde. Diese Frage könnte im Streitfall in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden (vgl. hierzu z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 6. Aufl., § 115 Rz 30, m.w.N.), weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Denn es wären aufgrund einer Verpflichtung zur verfassungskonformen Auslegung allenfalls die Anforderungen an die Ordnungsmäßigkeit des Fahrtenbuches zu senken. Ob diese Anforderungen zu senken sind, kann aber im Streitfall nicht in einem Revisionsverfahren geklärt werden, weil der Kläger --unstreitig-- kein Fahrtenbuch geführt hat.

a) Durch das BFH-Urteil vom 24. Februar 2000 III R 59/98 (BFHE 191, 286 , BStBl II 2000, 273 ) ist höchstrichterlich geklärt, dass die sog. 1-v.H.-Regelung (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Sätze 2 und 3 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung --a.F.--) verfassungsgemäß ist. Danach hat der Gesetzgeber mit der Typisierung des Entnahmewerts einer privaten Kraftfahrzeugnutzung den ihm zur Verfügung stehenden Gestaltungsspielraum nicht überschritten, weil es sich insoweit um eine widerlegbare Typisierung handelt; sie könne durch Nachweis des tatsächlichen anteiligen Aufwandes anhand eines Fahrtenbuches widerlegt werden.

b) Die Möglichkeit einer Verfassungswidrigkeit ergibt sich daher --auch für den Kläger-- erst daraus, dass nach seinen persönlichen Informationen 90 v.H. der tatsächlich geführten Fahrtenbücher von der Finanzverwaltung nicht anerkannt werden und daher --so der Kläger-- die Fahrtenbuchregelung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG a.F. de facto nicht den von Verfassungs wegen als notwendig angesehenen Ausgleich biete. Die Verfassungswidrigkeit ergibt sich daher nach Auffassung des Klägers erst daraus, dass die an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch i.S. des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG a.F. gestellten Anforderungen zu hoch sind. Über die Fragen, ob das tatsächlich der Fall ist und ob daher die bislang von der Rechtsprechung und der Verwaltung gestellten Anforderungen aus Praktikabilitätsgründen herabzusetzen sind, kann aber im Streitfall nicht entschieden werden, weil der Kläger unstreitig kein Fahrtenbuch geführt hat.

Die hinter dem Zulassungsbegehren des Klägers stehende und letztlich hier allein entscheidungserhebliche Frage, ob ein vom Steuerpflichtigen geschätzter anteiliger Aufwand für die Privatnutzung steuerlich anzusetzen ist, d.h. also weder die 1-v.H.-Regelung anzuwenden noch die Führung eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuches zu verlangen ist, ist eindeutig zu verneinen. § 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG sieht für die Bewertung der Privatnutzung eines betrieblichen PKW nur diese beiden Alternativen vor. Eine dritte Möglichkeit besteht nicht.

2. Eine Revisionszulassung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ) dient vor allem der Beseitigung oder Verhinderung einer uneinheitlichen Rechtsprechung. Dementsprechend verlangt § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO , dass der Beschwerdeführer rechtserhebliche (tragende) abstrakte Rechtssätze im Urteil des Finanzgerichts (FG) und in einer Divergenzentscheidung des BFH oder anderer Gerichte so genau bezeichnet, dass die Abweichung erkennbar wird (ständige Rechtsprechung; vgl. z.B. Gräber/Ruban, aaO., § 116 Rz 42, m.w.N.).

a) Der Kläger behauptet in diesem Zusammenhang nur eine Ungleichbehandlung von nichtselbständig und selbständig tätigen Steuerpflichtigen. Sollte er damit zugleich eine grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO geltend machen wollen, so entspräche die Beschwerdebegründung diesbezüglich nicht § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO (vgl. hierzu z.B. Gräber/Ruban, aaO., § 116 Rz 32). Es besteht insoweit auch kein offensichtlicher Klärungsbedarf, da nach § 8 Abs. 2 Satz 2 und 4 EStG für die private Nutzung eines betrieblichen Kfz durch einen Arbeitnehmer letztlich dasselbe gilt wie bei einem selbständig Tätigen.

b) Es besteht auch insoweit keine Divergenz zwischen dem BFH-Beschluss vom 24. Februar 2000 IV B 83/99 (BFHE 191, 304 , BStBl II 2000, 298 ) und dem BFH-Urteil vom 16. März 2006 VI R 87/04 (BFHE 212, 546 , BStBl II 2006, 625 ), als --wie der Kläger meint-- der IV. Senat des BFH noch ein nachträglich erstelltes Fahrtenbuch anerkannt, der VI. Senat aber eine zeitnahe Erstellung des Fahrtenbuches vorausgesetzt habe. Der IV. Senat des BFH hat in seinem Beschluss die Frage, ob die Eintragungen in das Fahrtenbuch zeitnah zu erfolgen haben oder nachträglich vorgenommen werden können, ausdrücklich offengelassen (vgl. unter 2. a der Entscheidungsgründe).

3. Der Senat kann dahingestellt lassen, ob die Verfahrensrüge des Klägers den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entspricht. Die Revision wäre wegen eines Verfahrensfehlers nur zuzulassen, wenn er vorliegt und das Urteil des FG darauf beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ). Die Verfahrensrügen des Klägers stehen im Zusammenhang mit seinem Vortrag, dass in der Mehrzahl aller Fälle die Fahrtenbuchregelung de facto nicht, wie von Verfassungs wegen geboten, die Typisierung des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG widerlegbar mache. Wie aber bereits oben dargelegt, kann die Frage, ob die Finanzverwaltung oder -rechtsprechung zu hohe Anforderungen an ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch stellt, nicht in einem Verfahren überprüft werden, in dem überhaupt kein Fahrtenbuch geführt wurde. Das hat und konnte daher auch nicht das FG.

Vorinstanz: FG Köln, vom 24.08.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 10 K 1356/05
Fundstellen
BFH/NV 2007, 892