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BFH - Entscheidung vom 29.10.2007

VII B 4/07

Normen:
AO § 37 Abs. 2

Fundstellen:
BFH/NV 2008, 330

BFH, Beschluss vom 29.10.2007 - Aktenzeichen VII B 4/07

DRsp Nr. 2008/749

Ehegatten; LSt-Erstattung

1. Die Frage, wem von zusammen veranlagten Ehepartnern durch LSt-Einbehalt erhobene ESt zu erstatten ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung. Es ist geklärt, dass ein Steuererstattungsanspruch demjenigen zusteht, für dessen Rechnung die zuviel geleisteten Zahlungen bewirkt worden sind, und dass dies bei zusammen veranlagten, in "intakter Ehe" lebenden Eheleuten bedeutet, dass der Erstattungsbetrag hälftig auf beide Eheleute aufzuteilen ist. 2. Eine Abweichung von diesen Grundsätzen ist auch dann nicht geboten, wenn die Eheleute in ihrer gemeinsamen ESt-Erklärung das Konto desjenigen als Erstattungskonto angegeben haben, der nach § 37 Abs. 2 AO an sich nicht erstattungsberechtigt ist.

Normenkette:

AO § 37 Abs. 2 ;

Gründe:

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) verlangt vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--), ihm die für das Jahr 2000 durch Abzug vom Lohn seiner damaligen Ehefrau erhobene Einkommensteuer zu erstatten, weil er in diesem Jahr aus Vermietung und Verpachtung entsprechende Verluste hatte und die Eheleute Zusammenveranlagung gewählt haben.

Das FA hat die Einkommensteuer 2000 der Eheleute auf 0 DM festgesetzt, den den abgeführten Lohnsteuern entsprechenden Erstattungsbetrag jedoch an die --seit April 2001 vom Kläger getrennt lebende, heute von ihm geschiedene-- Ehefrau des Klägers ausgekehrt. Als der Kläger dem widersprach, hat das FA einen entsprechenden Abrechnungsbescheid erlassen, gegen den sich nach erfolglosem Einspruch die Klage richtet.

Das Finanzgericht (FG) hat die Klage abgewiesen und sich dafür auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats berufen, wonach im Falle der Zusammenveranlagung von Eheleuten zu erstattende Einkommensteuer demjenigen Ehegatten zu erstatten ist, von dessen Lohn die Steuer einbehalten und von dem Arbeitgeber an das FA abgeführt worden ist.

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers, mit der die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache im Hinblick auf die Frage geltend gemacht wird,

"ob bei der Bestimmung der Person des Erstattungsberechtigten gem. § 37 Abs. 2 AO bei Ehegatten zu berücksichtigen ist, welcher Tatbestand den Erstattungsanspruch ausgelöst hat und in wessen Person dieser verwirklicht worden ist, wenn die Erstattung ausschließlich aus Verlusten eines Ehepartners aus der Vermietung und Verpachtung eines der Zugewinnausgleichsforderung zugrunde liegenden Mehrfamilienhauses [entstanden] ist und beide Eheleute in der gemeinsamen Steuererklärung nach Beginn des dauernden Getrenntlebens für Erstattungen die Bankverbindung des Ehepartners angegeben haben".

Darüber hinaus begehrt der Kläger die Zulassung der Revision, weil das Urteil des FG von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweiche.

II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --) ist nicht begründet. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 2. Alternative FGO ) vorliegt.

1. Die von der Beschwerde aufgeworfene Frage, wem von zusammen veranlagten Ehepartnern durch Lohnsteuereinbehalt erhobene Einkommensteuer zu erstatten ist, hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie in der Rechtsprechung des beschließenden Senats geklärt ist. Der Senat hat durch Urteil vom 15. November 2005 VII R 16/05 (BFHE 211, 396 , BStBl II 2006, 453 ) seine ständige Rechtsprechung bekräftigt, dass ein Steuererstattungsanspruch (§ 37 Abs. 2 der Abgabenordnung -- AO --) demjenigen zusteht, für dessen Rechnung die zuviel geleisteten Zahlungen --aus der Sicht des FA im Zahlungszeitpunkt-- bewirkt worden sind, und dass dies bei zusammen veranlagten, in "intakter" Ehe lebenden Eheleute bedeutet, dass der Erstattungsbetrag hälftig auf beide Eheleute aufzuteilen ist. Hingegen ist nach der ebenfalls ständigen Rechtsprechung des beschließenden Senats die Erstattung von durch Lohnsteuereinbehalt vorausgezahlter Einkommensteuer an denjenigen Ehepartner vorzunehmen, von dessen Lohn die Zahlungen einbehalten worden sind, wobei ggf. der Erstattungsbetrag nach dem Verhältnis der bei den Ehegatten einbehaltenen Abzugsbeträge aufzuteilen ist (Urteil des Senats vom 18. September 1990 VII R 99/89, BFHE 162, 279 , BStBl II 1991, 47 ; zuletzt Beschlüsse vom 11. Juni 2007 VII B 348/06, BFH/NV 2007, 1825 , und vom 30. August 2007 VII B 28/07). Das gilt, wie der Senat ebenfalls bereits in dem vorgenannten Urteil entschieden hat, auch dann, wenn es deshalb zu einer Erstattung als Lohnsteuer einbehaltener Einkommensteuer kommt, weil der andere Ehegatte in dem Veranlagungszeitraum Verluste erzielt hat.

Eine von diesen Grundsätzen abweichende Bestimmung des Erstattungsberechtigten ist auch dann nicht geboten, wenn --wie die Beschwerde im Streitfall geltend macht-- die Eheleute in ihrer gemeinsamen Einkommensteuererklärung das Konto desjenigen als Erstattungskonto angegeben haben, der nach § 37 Abs. 2 AO an sich nicht erstattungsberechtigt ist. Denn eine solche Angabe ändert, wie sich von selbst versteht und nicht der Klärung in einem Revisionsverfahren bedarf, nichts an dem sich aus dem Gesetz ergebenden Erstattungsanspruch des Ehegatten, von dessen Arbeitslohn die Steuer einbehalten und abgeführt worden ist. Die Benennung eines Erstattungskontos in der Einkommensteuererklärung ermächtigt vielmehr lediglich dessen Inhaber, die Erstattungszahlung in Empfang zu nehmen, und gestattet damit dem FA, an diesen zu Lasten des materiell-rechtlichen Inhabers des Erstattungsanspruches mit befreiender Wirkung zu leisten. Es ergibt sich jedoch daraus weder eine Verpflichtung des FA, an den materiell nicht Berechtigten zu leisten, noch kann es als eine fehlerhafte Ausübung eines --wie im Falle des § 36 Abs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes möglicherweise bestehenden-- Ermessens, zwischen einer Zahlung an den materiell Berechtigten und den aufgrund der Angabe in der Einkommensteuererklärung Empfangsbevollmächtigten zu wählen, angesehen werden (vgl. dazu Urteil des FG Münster vom 13. Dezember 1979 IV 2800/79 L, Entscheidungen der Finanzgerichte 1980, 309 zu einem besonders gelagerten Sachverhalt), wenn das FA --wie im Streitfall-- an den materiell Berechtigten leistet. Es kann deshalb dahinstehen, ob anderenfalls, wenn eine solche Zahlung als ermessensfehlerhaft zu beanstanden sein sollte, deren Erfüllungswirkung zu verneinen wäre (vgl. Urteil des Senats vom 5. April 1990 VII R 2/89, BFHE 160, 400 , BStBl II 1990, 719 ).

Diese Handhabung des Erstattungsverfahrens verletzt auch nicht, wie die Beschwerde meint, Grundrechte des materiell-rechtlich nicht erstattungsberechtigten Ehegatten. Es steht den Eheleuten im Übrigen frei, den Erstattungsanspruch untereinander abzutreten und/oder sich zivilrechtlich auszugleichen. In der bloßen Angabe eines Erstattungskontos kann eine Abtretung freilich nicht gesehen werden; außerdem würde es für die Wirksamkeit einer solchen Abtretung im Streitfall an einer formgerechten Anzeige der Abtretung nach § 46 Abs. 3 AO fehlen.

2. Soweit die Beschwerde geltend macht, das Urteil des FG weiche von der Rechtsprechung des BFH ab, für die die Beschwerde mehrere Entscheidungen anführt und im Einzelnen bezeichnet, erscheint schon zweifelhaft, ob der Zulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO ausreichend dargelegt (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO ) ist, weil die angeblich divergierenden Rechtssätze in der Beschwerdeschrift nicht hinreichend deutlich gegenübergestellt sind. Ungeachtet dessen liegt aber nach dem eben Ausgeführten auf der Hand, dass das Urteil des FG der Rechtsprechung des Senats entspricht, und dass insbesondere die von der Beschwerde angeführten Urteile des Senats zur Aufteilung des Erstattungsbetrages nach Kopfteilen durch die oben bezeichnete Rechtsprechung zu den Fällen der Steuervorauszahlung durch Lohnsteuereinbehalt modifiziert werden.

Vorinstanz: FG Thüringen, vom 09.11.2006 - Vorinstanzaktenzeichen IV 518/04
Fundstellen
BFH/NV 2008, 330