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BFH - Entscheidung vom 25.09.2007

IX R 43/06

Fundstellen:
BFH/NV 2008, 208

BFH, Urteil vom 25.09.2007 - Aktenzeichen IX R 43/06

DRsp Nr. 2007/22142

Gründe:

I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eigentümer eines Zweifamilienhauses, dessen Erdgeschosswohnung sie selbst nutzen, während die Dachgeschosswohnung vermietet ist. Im Streitjahr (2000) ließen die Kläger im Giebelbereich der Dachgeschosswohnung Fassadendämmplatten befestigen, Sperrholzplatten aufnageln und auf diesen Natur-Schiefer-Fassadenplatten verlegen. Im Zusammenhang mit dieser Maßnahme wurden 30 qm Dachfläche ab- und wieder aufgedeckt sowie ein Dachüberstand von 60 cm hergestellt und auf dieser Fläche (10 qm) neue Betondachsteine eingedeckt. Darüber hinaus wurden eine neue Kupfer-Hängedachrinne und neue Fallrohre installiert.

In ihrer Einkommensteuererklärung des Streitjahres machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Dachgeschosswohnung die im Zuge der Fassadenverkleidung entstandenen Aufwendungen als Werbungskosten geltend. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) ließ die Aufwendungen nur mit dem (im Verhältnis der Wohnflächen der selbstgenutzten und der vermieteten Wohnung) auf die vermietete Wohnung entfallenden Anteil zum Abzug zu.

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2007, 1006 , veröffentlicht.

Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§ 9 Abs. 1 und § 21 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes -- EStG --).

Das FA beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --). Das FG hat zutreffend die Aufwendungen für das Anbringen der Fassadenverkleidung als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Dachgeschosswohnung beurteilt.

1. Aufwendungen, die durch die Absicht veranlasst sind, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu erzielen (§ 21 Abs. 1 EStG ), sind dann nicht als Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG ) sofort abziehbar, wenn es sich um Herstellungskosten handelt. Welche Aufwendungen zu den Herstellungskosten zählen, bestimmt sich auch für die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung nach § 255 Abs. 2 Satz 1 des Handelsgesetzbuches -- HGB -- (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. Juli 2004 IX R 52/02, BFHE 206, 441 , BStBl II 2004, 949 , m.w.N.). Danach sind Herstellungskosten Aufwendungen, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.

a) Eine wesentliche Verbesserung ist bei einem Wohngebäude immer dann gegeben, wenn der Gebrauchswert des Gebäudes durch die Baumaßnahmen deutlich erhöht wird. Dies setzt voraus, dass mindestens drei der Kernbereiche der Ausstattung einer Wohnung, nämlich Elektro-, Heizungs-, Sanitärinstallation und Fenster, in ihrer Funktion (Gebrauchswert) deutlich erweitert und ergänzt werden (z.B. BFH-Urteil in BFHE 206, 441 , BStBl II 2004, 949 , m.w.N.).

b) Unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung sind (nachträgliche) Herstellungskosten gegeben, wenn nach Fertigstellung bisher nicht vorhandene Bestandteile in das Gebäude eingefügt (Substanzmehrung) werden und dies eine "Erweiterung der Nutzungsmöglichkeit des Gebäudes" zur Folge hat (z.B. BFH-Urteil in BFHE 206, 441 , BStBl II 2004, 949 , m.w.N.).

c) Aufwendungen für den Einbau neuer Gegenstände in vorhandene Installationen eines Wohnhauses sind nur unter dem Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Verbesserung zu würdigen. Das Merkmal der Erweiterung in § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB tritt insoweit hinter das der wesentlichen Verbesserung zurück. Sind in diesen Fällen die Voraussetzungen einer wesentlichen Verbesserung nicht erfüllt, sind die Aufwendungen folglich als sofort abziehbare Werbungskosten und nicht als Herstellungskosten unter dem Gesichtspunkt der Erweiterung gemäß § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu behandeln (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 206, 441 , BStBl II 2004, 949 , m.w.N.).

2. Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH bilden die in verschiedenem Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehenden Teile eines Gebäudes eigenständige Wirtschaftsgüter; hieraus ergibt sich, dass Aufwendungen (grundsätzlich) einem bestimmten Gebäudeteil zugeordnet werden können (z.B. BFH-Urteil vom 27. Oktober 1998 IX R 44/95, BFHE 187, 276 , BStBl II 1999, 676 ; vgl. auch Schmidt/Drenseck, EStG , 26. Aufl., § 21 Rz 76). In einem solchen Falle sind die Aufwendungen nur dann als Werbungskosten des Steuerpflichtigen sofort (und in voller Höhe) abziehbar, wenn er diesen Gebäudeteil zur Einkünfteerzielung nutzt (z.B. BFH-Urteil vom 22. Februar 1994 IX R 53/90, BFH/NV 1994, 709; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Juli 1992 3 K 150/88, n.v., juris Dokument DVRE000103703; R 157 Abs. 7 der Einkommensteuer-Richtlinie -- EStR -- 1999, jetzt R 21.1 Abs. 5 EStR 2005).

3. Nach diesen Maßstäben sind die Aufwendungen für das Anbringen der Fassadenverkleidung sofort abziehbare Werbungskosten (§ 9 Abs. 1 EStG ) bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung der Dachgeschosswohnung.

a) Das FG hat den von ihm festgestellten Sachverhalt dahin gewürdigt, dass die durchgeführten Maßnahmen ausschließlich der vermieteten Dachgeschosswohnung zugute gekommen sind. Diese Würdigung verstößt weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze. Sie ist zumindest möglich und bindet damit den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO .

b) Die Fassadenverkleidung hat nach den unangefochtenen Feststellungen des FG nicht zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes geführt; sie ergänzt lediglich die Funktion der (ohnehin vorhandenen) Hauswand und erhöht für die Wohnung im Dachgeschoss den Wärme- und Schallschutz. Die durch eine solche Fassadenverkleidung entstehenden Aufwendungen sind als Erhaltungsaufwand zu beurteilen (so schon BFH-Urteil vom 13. März 1979 VIII R 83/77, BFHE 127, 383, BStBl II 1979, 435; vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18. Juli 2003, BStBl I 2003, 386, Rz 23). Es kann keinen Unterschied machen, ob die entsprechenden Maßnahmen innerhalb oder außerhalb der Wohnung durchgeführt worden sind.

c) Erhaltungsaufwendungen sind auch die im Zusammenhang mit der Fassadenverkleidung anfallenden Zusatzarbeiten. Nach den unangefochtenen Feststellungen des FG waren sie (nur) durch die Erhaltungsmaßnahme an der Giebelwand veranlasst und führten nicht zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes.

d) Zu Unrecht weist das FA mit seiner Revision auf die das gesamte Gebäude betreffenden Schutz- und Stützzwecke der Elemente einer Gebäudeaußenhaut hin. Nach den unangefochtenen Feststellungen des FG kam die im Streitfall durchgeführte Erhaltungsmaßnahme nur einem Teil des Gebäudes, nämlich allein der (vermieteten) Wohnung im Dachgeschoss zugute. Soweit das FA mit der Revision darüber hinaus geltend macht, es habe sich um eine Sanierungsmaßnahme zum Schutz vor eindringender Feuchtigkeit gehandelt, steht dies ebenfalls im Widerspruch zu den bindenden Feststellungen des FG.

Vorinstanz: FG Niedersachsen, vom 17.08.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 14 K 210/02
Fundstellen
BFH/NV 2008, 208