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BFH - Entscheidung vom 09.08.2007

IV B 102/06

BFH, Beschluss vom 09.08.2007 - Aktenzeichen IV B 102/06

DRsp Nr. 2007/21151

Gründe:

I. Die Beschwerdeführerin war als Miterbin eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes Beigeladene im vorausgegangenen Klageverfahren. Der Erbengemeinschaft, die bereits seit 1912 fortgeführt wird, gehörten im Streitjahr (1997) bis zum 3. Juli neben der Beschwerdeführerin neun weitere Miterben an. Fünf der Miterben, unter ihnen die Klägerin im Klageverfahren (Klägerin), übertrugen an diesem Tag ihre Anteile an der Erbengemeinschaft zu gleichen Teilen auf die verbliebenen fünf Miterben --die Beigeladenen-- und erhielten als Gegenleistung hierfür aus dem Nachlass Grundstücke jeweils zum Alleineigentum.

Die Klägerin hatte außerdem im Jahr 1994 einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb geerbt und ab 1. Dezember 1994 an ihren Sohn verpachtet. Der Gewinn dieses Betriebes wurde nach § 13a des Einkommensteuergesetzes ( EStG ) ermittelt.

Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) gelangte im Zuge einer Außenprüfung zu der Ansicht, dass die Klägerin gegen Sachwertabfindung aus der Erbengemeinschaft ausgeschieden sei; da das Grundstück in ein Betriebsvermögen gelangt sei, könnten die Buchwerte fortgeführt werden. Die Klägerin habe das Grundstück anschließend wieder aus dem Betriebsvermögen ihres land- und forstwirtschaftlichen Betriebes entnommen. Den Entnahmegewinn erfasste das FA bei den Einkommensteuerveranlagungen 1997 und 1998 der Klägerin. Den Anteil der Klägerin am Veräußerungsgewinn der Erbengemeinschaft aus Anlass deren (Teil-)Auseinandersetzung stellte das FA mit 0 DM fest.

Mit ihrer dagegen gerichteten Klage machte die Klägerin geltend, sie habe das als Sachwertabfindung erhaltene Grundstück nicht in ihren land- und forstwirtschaftlichen Betrieb eingelegt.

Das Finanzgericht (FG) lud die fünf verbliebenen Miterben --unter ihnen die Beschwerdeführerin-- mit Beschluss vom 21. März 2006 zum Klageverfahren bei und gab der Klage statt. Es erhöhte den festgestellten Gewinn einerseits um den Veräußerungsgewinn der Klägerin aus der Übertragung ihres Anteils an der Erbengemeinschaft und andererseits um die Hälfte des Gewinns aus der Entnahme des der Klägerin als Sachwertabfindung übertragenen Grundstücks. Den Veräußerungsgewinn wegen der Anteilsübertragung rechnete es der Klägerin zu, den Gewinn aus der Grundstücksentnahme erfasste es bei den verbliebenen Miterben, den Beigeladenen. Das FA sei zu Unrecht von einer Buchwertfortführung ausgegangen. Zwar habe der Klägerin ein Wahlrecht zur Buchwertfortführung zugestanden; sie habe jedoch keine Bilanzen eingereicht, in denen das Wahlrecht hätte ausgeübt werden können. Auch einem Aktenvermerk des FA sei nicht zu entnehmen, dass die Klägerin die Buchwertfortführung gewählt habe. Selbst wenn das geschehen sein sollte, hätte sie dies noch bis zur Bestandskraft des Feststellungsbescheids ändern können. Die Voraussetzungen für eine Buchwertfortführung seien daher nicht gegeben. Deshalb könne offenbleiben, ob das Grundstück bei der Klägerin tatsächlich Betriebsvermögen geworden sei. Die Revision ließ das FG nicht zu.

Die Beschwerdeführerin beantragt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache, wegen Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und wegen Verfahrensmängeln. Sie hält die Frage für klärungsbedürftig, wie und wer im Einzelfall über die Ausübung des Wahlrechts zur Buchwertfortführung im Realteilungsfall entscheide. Zu klären sei auch, ob es bei Überführung des übernommenen Vermögensgegenstandes in das Betriebsvermögen ohne Entscheidung über das Wahlrecht zu einer Buchwertfortführung komme. Eine Abweichung von der BFH-Rechtsprechung sieht die Beschwerdeführerin darin, dass der BFH im Sinne der Einheitlichkeit der Ausübung des Wahlrechts entschieden habe, wofür die Aufstellung der Schlussbilanz und die Maßgeblichkeit der Behandlung durch die Gemeinschaft spreche, während das FG dem gegen Sachwertabfindung ausscheidenden Miterben die einseitige Wahlmöglichkeit eröffne, auch noch von einer bereits getroffenen Wahl der Erbengemeinschaft zu Gunsten der Buchwertfortführung wieder abzuweichen. Ein Verfahrensmangel liege vor, weil das FG seine Aufklärungspflicht hinsichtlich der einheitlichen Ausübung des Wahlrechts auf Buchwertfortführung und den Anspruch der Beigeladenen auf rechtliches Gehör wegen fehlender Hinweise auf eine Klärung etwaiger zivilrechtlicher Ansprüche zur Ausübung des Wahlrechts verletzt habe.

Das FA und die Klägerin beantragen, die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen.

II. Die Beschwerde ist --bei Bedenken gegen ihre Zulässigkeit-- jedenfalls unbegründet. Die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision greifen nicht durch.

1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung -- FGO --).

a) Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO , wenn ihre Beantwortung durch den BFH aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei soll es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame Frage handeln, die klärungsbedürftig und im zu erwartenden Revisionsverfahren klärungsfähig sein muss (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 2. Dezember 2005 IV B 62/04, BFH/NV 2006, 543 , unter 1. der Gründe; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung , 6. Aufl., § 115 Rz 23, m.w.N.). Daran fehlt es im Regelfall, wenn die Rechtsfrage ausgelaufenes Recht betrifft und die Beschwerdeführer nicht besondere Gründe geltend machen, die ausnahmsweise ein Abweichen von dieser Regel rechtfertigen (BFH-Beschluss vom 21. November 2003 III B 67/03, BFH/NV 2004, 336 ; Gräber/Ruban, aaO., § 115 Rz 35, jeweils m.w.N.).

b) Die der Beschwerde zu entnehmenden Rechtsfragen sind danach nicht mehr klärungsbedürftig, weil sie ausgelaufenes Recht betreffen. Denn sie beziehen sich auf das Wahlrecht zur Buchwertfortführung bei Ausscheiden eines Miterben gegen Sachwertabfindung im Zeitraum vor 1999. Die dafür maßgebliche Rechtslage hat sich aber gegenüber dem Streitjahr (1997) durch die zwischenzeitlich erfolgte gesetzliche Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 3 EStG , die durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) eingeführt und durch das Steuersenkungsgesetz vom 23. Oktober 2000 (BGBl I 2000, 1433, BStBl I 2000, 1428) sowie das Unternehmenssteuerfortentwicklungsgesetz vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3858) erneut geändert wurde, grundlegend verändert (zur Entwicklung der Rechtslage u.a. Blümich/Ehmcke § 6 EStG Rz 1201 und 1300 ff.; Schmidt/Wacker, EStG , 26. Aufl., § 16 Rz 522 ff.). Besondere Gründe, die die Rechtsfragen gleichwohl als klärungsbedürftig erscheinen lassen, ergeben sich aus der Beschwerde nicht.

2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen.

a) Die Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 2. Alternative FGO setzt wie bei der früheren Divergenzrüge voraus, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dass dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen rechtserheblich war, dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, dass die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und dass eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist (Gräber/Ruban, aaO., § 115 Rz 48). Nach § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO müssen diese Voraussetzungen in der Begründung der Beschwerde dargelegt werden. Dazu ist es erforderlich, in der Beschwerdeschrift abstrakte Rechtssätze des erstinstanzlichen Urteils herauszustellen, die mit tragenden Rechtssätzen der Entscheidung eines anderen Gerichts nicht übereinstimmen (vgl. u.a. Senatsbeschluss vom 8. September 2005 IV B 23/04, BFH/NV 2006, 51 , unter 1. der Gründe, m.w.N.; Gräber/Ruban, aaO., § 116 Rz 42).

b) Eine Abweichung des angefochtenen Urteils von der BFH-Rechtsprechung hat die Beschwerdeführerin danach nicht ausreichend dargelegt. Zwar hat der BFH u.a. entschieden, dass das Wahlrecht auf Buchwertfortführung im Falle der Realteilung einer Personengesellschaft nach Maßgabe der zwischen den Gesellschaftern getroffenen Realteilungsvereinbarung in der steuerrechtlichen Schlussbilanz der Personengesellschaft auszuüben ist (BFH-Urteil vom 18. Mai 1995 IV R 20/94, BFHE 178, 390 , BStBl II 1996, 70 , unter 2.a der Gründe). Davon ist das FG jedoch nicht abgewichen. Denn zum einen handelt es sich vorliegend nicht um eine Realteilung, weil die Erbengemeinschaft zwischen den Beigeladenen nach Ausscheiden u.a. der Klägerin noch fortbestand. Zum anderen hat das FG auch keine Feststellungen dahingehend getroffen, dass die Erbengemeinschaft eine Schlussbilanz aufgestellt hätte, in der sie das Wahlrecht im Sinne der Buchwertfortführung ausgeübt hat. Dementsprechend ergeben sich aus dem angefochtenen Urteil keine im Widerspruch zu der BFH-Rechtsprechung stehenden Rechtssätze; die Beschwerdeführerin konnte daher auch keine derartigen Rechtssätze bilden.

3. Aus den Darlegungen der Beschwerdeführerin ergibt sich auch kein Verfahrensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ). Weder lässt sich daraus eine Verletzung der Aufklärungspflicht noch eine Verletzung des rechtlichen Gehörs wegen fehlender rechtlicher Hinweise entnehmen.

a) Eine schlüssige Rüge, das FG habe gegen seine Verpflichtung zur Sachverhaltsermittlung verstoßen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO ), erfordert die Darlegung, zu welchen konkreten Tatsachen weitere Ermittlungen geboten waren, welche Beweise zu welchem Beweisthema das FG hätte erheben müssen, wo Tatsachen vorgetragen waren, aus denen sich dem FG die Notwendigkeit weiterer Ermittlungen auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag hätte aufdrängen müssen, welches Ergebnis die zusätzliche Erhebung von Beweisen aller Voraussicht nach gehabt hätte und inwieweit die unterlassene Beweiserhebung oder Ermittlungsmaßnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (vgl. BFH-Urteil vom 24. Februar 1988 I R 143/84, BFHE 152, 500 , BStBl II 1988, 819 , unter II.1. der Gründe; Gräber/Ruban, aaO., § 120 Rz 70, m.w.N.). Außerdem muss vorgetragen werden, dass der Verstoß in der Vorinstanz gerügt wurde oder weshalb eine derartige Rüge nicht möglich war (Gräber/Ruban, aaO., § 120 Rz 70 i.V.m. Rz 67, m.w.N.).

Diesen Anforderungen genügen die Darlegungen der Beschwerdeführerin nicht. Das FG hat sich mit der Frage, wie das Wahlrecht auf Buchwertfortführung ausgeübt wurde, im angefochtenen Urteil ausführlich auseinandergesetzt. Konkrete Tatsachen, die das FG nach Auffassung der Beschwerdeführerin noch hätte aufklären müssen, ergeben sich aus der Beschwerde nicht. Darin geht es im Wesentlichen um eine andere Sachverhaltsbeurteilung. Das kann eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht jedoch nicht begründen. Auch soweit die Beschwerdeführerin meint, sie hätte unter Beweis stellen können, dass eine einheitliche und verbindliche Ausübung des Wahlrechts erfolgt sei, fehlt es an einer über die bloße Behauptung hinausgehenden Konkretisierung.

b) Aus § 76 Abs. 2 FGO und aus dem Recht der Beteiligten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 des Grundgesetzes, § 96 Abs. 2 FGO ) kann sich die Verpflichtung des FG zu Hinweisen an die Beteiligten ergeben. Die Hinweispflicht soll in erster Linie zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens, zur Wahrung des Anspruchs auf rechtliches Gehör und zur Vermeidung von Überraschungsentscheidungen Schutz und Hilfestellung für die Beteiligten geben, ohne dass andererseits deren Eigenverantwortlichkeit dadurch eingeschränkt oder beseitigt wird (BFH-Beschlüsse vom 18. April 2005 IV B 90/03, BFH/NV 2005, 1817 , unter 1.b aa der Gründe, und vom 28. November 2003 III B 7/03, BFH/NV 2004, 645 , unter a aa der Gründe). Rechtsberatung ist dagegen nicht Aufgabe des Richters (Gräber/Stapperfend, aaO., § 76 Rz 56, m.w.N.).

Eine Verletzung der Hinweispflicht durch das FG kommt danach nicht in Betracht. Anders als die Beschwerdeführerin meint, war das FG nicht verpflichtet, den Beigeladenen Hinweise auf etwaige zivilrechtliche Ansprüche gegen die Klägerin im Zusammenhang mit der Ausübung des Wahlrechts zu geben. Denn es gehört grundsätzlich nicht zu den Aufgaben eines FG, Verfahrensbeteiligten derartigen Rechtsrat zu erteilen.

Vorinstanz: FG München, vom 25.07.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 2 K 4033/03