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BAG - Entscheidung vom 29.08.2007

4 AZR 555/06

Normen:
Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der Regionalbus Saar-Westpfalz GmbH - RSW - (ETV RSW 2003 vom 17. Juli 2003) § 4

Fundstellen:
AP Nr. 200 zu § 1 TVG Auslegung
NZA 2008, 1096

BAG, Urteil vom 29.08.2007 - Aktenzeichen 4 AZR 555/06

DRsp Nr. 2008/11243

Tarifauslegung - dynamische Persönliche Zulage Überleitung (PZÜ); Anpassung der PZÜ bei Tariferhöhung um einen Festbetrag

Orientierungssätze: Die PZÜ (Persönliche Zulage Überleitung) nach § 4 ETV RSW 2003, durch die im Sinne einer Besitzstandswahrung die Differenz zwischen der bisherigen und der neuen Eingruppierung dynamisch ausgeglichen werden soll, wird bei einer Erhöhung des tariflichen Entgelts um einen einheitlichen Festbetrag nicht um einen diesen Nominalbetrag entsprechenden Prozentsatz erhöht.

Normenkette:

Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der Regionalbus Saar-Westpfalz GmbH - RSW - (ETV RSW 2003 vom 17. Juli 2003) § 4 ;

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Auslegung eines firmenbezogenen Entgelttarifvertrages.

Der Kläger, Mitglied von ver.di, ist seit dem 21. Juni 1996 bei der Beklagten als Kraftomnibusfahrer beschäftigt. Der Beklagte ist Mitglied des Arbeitgeberverbandes der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister e.V. (AgvMoVe).

Die Beklagte vereinbarte mit der Gewerkschaft der Eisenbahner Deutschlands (GdED, heute Transnet) in dem Lohn- und Gehaltstarifvertrag 1996 mit Geltung ab 1. Januar 1997 ein neues Eingruppierungssystem, das durch den Wegfall der bis dahin bestehenden, nach der Dauer der Betriebszugehörigkeit gestaffelten Vergütungsstufen bei langjährig beschäftigten Arbeitnehmern zu einer Minderung der Vergütung führte. Als Ausgleich wurde die sog. Persönliche Zulage Überleitung (PZÜ) eingeführt, die für die bis zum 31. Dezember 1996 eingestellten Arbeitnehmer einen dynamischen Besitzstand der bisherigen Vergütung gewährte.

Entsprechend dem Ergebnisprotokoll vom 10. Juli 2003 der gemeinsamen Tarifverhandlungen mit den Gewerkschaften Transnet und GDBA schloss die Gewerkschaft ver.di am 17. Juli 2003 mit der AgvMoVe für die Beklagte den Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der RSW R GmbH (ETV RSW 2003) mit Geltung ab 1. September 2003. Dieser enthält in den §§ 2 und 3 die neue Lohn- und Gehaltsgruppeneinteilung. § 4 ETV RSW 2003 lautet:

"§ 4 Persönliche Zulage Überleitung (PZÜ)

(1) Durch die Eingruppierung aller Arbeitnehmer in den neuen Entgelttarifvertrag der RSW erhalten die Arbeitnehmer, die bis zum 31.12.1996 bei der RSW eingestellt worden sind, aufgrund der vereinbarten Besitzstandswahrung eine PZÜ. Diese PZÜ wird berechnet aus der Differenz zwischen der neuen Eingruppierung und der alten Eingruppierung und Stufe. Sie verändert sich zum Zeitpunkt des Erreichens der nächst höheren Stufe (Betriebszugehörigkeit) nach dem alten Tarifvertrag. Die PZÜ wird dynamisiert in gleicher prozentualer Höhe wie die Entgelte des neuen Vertrages.

(2) Bei einer Höhergruppierung und bei einer Höherstufung eines Arbeitnehmers werden 25 v.H. (fünfundzwanzig Prozent) des Erhöhungsbetrages von der errechneten PZÜ in Abzug gebracht.

(3) ..."

Die Anlage zum ETV RSW 2003 enthält ua. die Lohntabelle, in der für die verschiedenen Lohngruppen das jeweilige Monatsgrundentgelt sowie Stundengrundentgelte ausgewiesen sind. Das Monatsgrundentgelt wurde dabei entsprechend Ziffer 2 des Ergebnisprotokolls gegenüber dem vorangegangenen Entgelttarifvertrag vom 15. Februar 2002 für alle Lohngruppen einheitlich um einen Nominalbetrag von 60,00 Euro erhöht.

Der Kläger erhielt von der Beklagten das erhöhte Monatsgrundentgelt der Lohngruppe IV von 1.785,56 Euro. Er verlangte von der Beklagten vergeblich eine gleichzeitige Erhöhung seiner PZÜ einschließlich der sich dadurch ergebenden Erhöhungen von anderen Entgeltbestandteilen (Zuschläge für Überstunden, Nachtarbeit und Sonn- und Feiertagsarbeit sowie Aufwandsentschädigung).

Mit seiner als Musterprozess geführten Klage verfolgt der Kläger diese Ansprüche weiter. Er hat die Auffassung vertreten, dass sich nach § 4 Abs. 1 Satz 4 ETV RSW 2003 auch bei einer Erhöhung der Tarifentgelte um einen einheitlichen Nominalbetrag seine PZÜ erhöhe. Die Erhöhung um den Nominalbetrag von 60,00 Euro entspreche bei ihm einer Tariferhöhung von 3,477 %. Seine PZÜ von 113,43 Euro erhöhe sich um diesen Prozentsatz auf 117,37 Euro.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 38,05 Euro brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn für die Monate März bis Oktober 2004 einen Betrag von 51,75 Euro brutto zuzüglich 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit der Klageerweiterung zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet sei, die ihm zustehende "Persönliche Zulage Überleitung" auf Grund der allgemeinen Entgelterhöhung zum 1. September 2003 in der Weise zu dynamisieren, dass Dynamisierungssatz der Vom-Hundert-Satz ist, um den der ihm zustehende Tabellenlohn den Tabellenlohn für den Monat August 2003 übersteigt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, dass dem Kläger nach § 4 Abs. 1 Satz 4 ETV RSW 2003 keine Erhöhung der PZÜ zusätzlich zu der ihm gewährten Erhöhung des Grundentgelts um den vereinbarten Nominalbetrag zustehe.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Ansprüche weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Dem Kläger steht ab 1. September 2003 die von ihm begehrte Erhöhung der PZÜ auf 117,37 Euro nicht zu. Nach § 4 Abs. 1 Satz 4 ETV RSW 2003 erhöht sich die PZÜ ab dem 1. September 2003 nicht um 3,477 %, dh. um den dem Nominalbetrag von 60,00 Euro entsprechenden Prozentsatz. Deshalb sind die Zahlungsanträge des Klägers zu 1. und 2., die sich auf den Zeitraum von September 2003 bis Februar 2004 und von März 2004 bis Oktober 2004 beziehen, nicht begründet. Der Feststellungsantrag zu 3. ist zulässig, wenn man ihn einschränkend dahingehend auslegt, dass er sich auf den Zeitraum bezieht, der nicht von den Zahlungsanträgen erfasst wird. Er ist aber ebenfalls unbegründet, weil dem Kläger die begehrte Erhöhung der PZÜ nicht zusteht. Das ergibt die Auslegung des § 4 Abs. 1 Satz 4 ETV RSW 2003.

1. Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrags folgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrags, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen (zB Senat 26. Januar 2005 - 4 AZR 6/04 - BAGE 113, 291, 299 mwN).

2. Nach diesen Grundsätzen führt § 4 Abs. 1 Satz 4 ETV RSW 2003 bei einer Erhöhung des tariflichen Entgelts um einen Festbetrag nicht zusätzlich zu einer dem Nominalbetrag entsprechenden prozentualen Erhöhung der PZÜ.

a) Der Wortlaut des § 4 Abs. 1 Satz 4 ETV RSW 2003 ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nicht eindeutig. Die Formulierung: "Die PZÜ wird dynamisiert in gleicher prozentualer Höhe wie die Entgelte des neuen Vertrages" ist erkennbar ausgerichtet auf den typischen Fall, dass die Tarifentgelte prozentual erhöht werden. Danach wird jedenfalls bei einer prozentualen Erhöhung des Tarifentgelts auch die PZÜ entsprechend angepasst. Ob und ggf. wie sich die PZÜ bei einer Erhöhung des Tarifentgelts um einen für alle Lohngruppen einheitlichen Nominalbetrag erhöht, ergibt sich aus dem Wortlaut nicht eindeutig. Sie kann für diesen Fall dahingehend ausgelegt werden, dass keine Erhöhung der PZÜ erfolgen soll, weil eben keine prozentuale Erhöhung des Tarifentgelts vorliegt. Sie kann aber auch dahingehend verstanden werden, dass der Nominalbetrag der Erhöhung jeweils bezogen auf das bisherige tarifliche Entgelt eines Arbeitnehmers in eine prozentuale Erhöhung umgerechnet wird und die PZÜ entsprechend angehoben wird.

b) Maßgebend ist deshalb der sich aus dem Gesamtzusammenhang ergebende Sinn und Zweck der tariflichen Regelung. Danach ist bei einer Erhöhung der Tarifentgelte um einen einheitlichen Nominalbetrag die PZÜ nicht zu erhöhen.

aa) Die PZÜ soll nach der Regelung in § 4 ETV RSW 2003 für die bis zum 31. Dezember 1996 eingestellten Arbeitnehmer den Besitzstand nach dem bis zu diesem Zeitpunkt geltenden Eingruppierungssystem weitgehend dynamisch sichern.

In § 4 Abs. 1 Satz 1 ETV RSW 2003 wird ausdrücklich bestimmt, dass die PZÜ der Besitzstandswahrung dienen soll. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 ETV RSW 2003 wird die PZÜ berechnet aus der Differenz zwischen der neuen Eingruppierung und der alten Eingruppierung und Stufe. Nach § 4 Abs. 1 Satz 3 ETV RSW 2003 ist sie auch insoweit dynamisch, als bei dem - fiktiven - Erreichen einer höheren Vergütungsstufe auf Grund längerer Betriebszugehörigkeit nach den abgelösten Eingruppierungsregelungen sich die PZÜ erhöht. § 4 Abs. 1 Satz 4 ETV RSW 2003 enthält die hier einschlägige Regelung über die Dynamisierung der PZÜ bei Erhöhung der tariflichen Entgelte. In § 4 Abs. 2 ETV RSW 2003 ist die auf 25 % begrenzte Anrechnung von Erhöhungen des Tarifentgelts bei Höhergruppierung bzw. Höherstufung auf die PZÜ geregelt. Daraus ergibt sich, dass die sog. "Altbelegschaft", dh. die bis zum 31. Dezember 1996 eingestellten Arbeitnehmer, durch die PZÜ weitestgehend so gestellt werden soll, als ob die abgelösten bisherigen Eingruppierungsregelungen weiterhin für sie gelten, sie also an der weiteren tariflichen Entwicklung vom Ausgangspunkt ihres früheren tarifvertraglichen Besitzstandes aus teilnimmt.

Diesem erkennbaren Sinn und Zweck der PZÜ entspricht es, wenn sie bei Erhöhung des Tarifentgelts um einen Festbetrag nicht zusätzlich erhöht wird. Andernfalls würden, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend in exemplarischen Berechnungen dargelegt hat, die Arbeitnehmer mit einer PZÜ nicht nur so gestellt werden, wie sie bei Anwendung der früheren Eingruppierungsregelungen vergütet worden wären. Denn danach hätten die Arbeitnehmer der Altbelegschaft bei einer Erhöhung des "alten" Tarifentgelts um einen Festbetrag nur eine entsprechende Erhöhung der Gesamtvergütung erhalten und nicht neben der Zusatzzahlung des Festbetrags zusätzlich eine prozentuale Erhöhung des der PZÜ entsprechenden Teils der früheren tariflichen Vergütung. Dies ginge über eine dynamisierte Besitzstandssicherung hinaus. Sie soll nur die Gleichstellung bei der Entgeltentwicklung mit der Vergütung ohne die Anwendung der neuen Eingruppierungsregelungen gewährleisten, nicht zu einer darüber hinaus gehenden Besserstellung führen.

bb) Im Übrigen würde die von dem Kläger vertretene Auslegung dazu führen, dass der erkennbare Zweck einer Tariferhöhung um einen einheitlichen Nominalbetrag verfälscht wird. Dadurch soll erreicht werden, dass sich die Vergütungsdifferenzen zwischen den verschiedenen Entgeltgruppen nicht vergrößern. Die geringer verdienenden Arbeitnehmer sollen denselben nominalen Erhöhungsbetrag erhalten wie die besser Verdienenden. Dieses Ziel wird bei einer zusätzlichen Erhöhung der PZÜ nicht erreicht, weil die Arbeitnehmer der Altbelegschaft mit PZÜ durch deren Erhöhung im Ergebnis mehr als den vereinbarten Nominalbetrag erhielten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass das von den Tarifvertragsparteien gewollt war. Denn die Tariferhöhung um einen Nominalbetrag ist in dem firmenbezogenen ETV RSW 2003 vereinbart worden, in dem auch die Regelungen über die Besitzstandssicherung durch die PZÜ und deren Anpassung an die Tarifentwicklung enthalten ist. Wenn die Tarifvertragsparteien in Kenntnis dieser Regelungen und im Wissen um die Zusammensetzung der Belegschaft aus Arbeitnehmern mit PZÜ und ohne PZÜ die Erhöhung der Tarifentgelte um einen einheitlichen Nominalbetrag vereinbaren, sollen erkennbar auch die Arbeitnehmer mit PZÜ nur diese Erhöhung erhalten. Mit der Vereinbarung eines einheitlichen Nominalbetrages sollen die Vergütungsdifferenzen zwischen den höheren und niedrigeren Lohngruppen jedenfalls relativ verringert werden. Dem würde es widersprechen, wenn die Arbeitnehmer mit PZÜ, die auf Grund der Besitzstandswahrung eine höhere Vergütung haben als die "Neubelegschaft" ohne PZÜ neben der einheitlichen Nominalerhöhung zusätzlich eine Erhöhung der PZÜ erhalten würden.

c) Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht zur Stützung seiner Auslegung auch auf die tarifliche Praxis zu den einschlägigen tariflichen Regelungen seit 1997 abgestellt.

aa) Neben prozentualen Erhöhungen der Tarifentgelte hat es vor dem Abschluss des ETV RSW 2003 bereits Erhöhungen um einen Festbetrag gegeben, die nicht zu einer Erhöhung der PZÜ geführt haben. In dem Protokoll vom 27. Januar 1999 über die Ergebnisse der Tarifverhandlungen vom 9. Dezember 1998 und 21. Januar 1999 ist in Ziff. 3 nach der Regelung über die Erhöhung aller Lohn- und Gehaltsgruppen vom 1. Januar 1999 bis zum 31. März 2000 um monatlich 80,00 DM ausdrücklich in einem Klammerzusatz bestimmt: "Keine Anrechnung auf die PZÜ". Auch in § 4 Abs. 1 Satz 4 des entsprechenden Entgelttarifvertrages vom 21. Januar 1999 ist als Klammerzusatz ergänzt: "für TV-Abschluß 1999 keine Anwendung". Dabei handelt es sich nicht um eine konstitutive Regelung in Abänderung der an sich gebotenen Anwendung, aus der im Umkehrschluss gefolgert werden könnte, dass ohne eine solche Ausschlussregelung eine Erhöhung auch der PZÜ erfolgen müsse. Denn das Protokoll vom 18. Dezember 2001 über die Tarifverhandlungen vom 18. Dezember 2001 enthält hinsichtlich des dort vereinbarten Sockelbetrags von 25,00 Euro ab dem 1. Januar 2002 ebenso wenig wie die Regelung über die PZÜ in § 4 Entgelttarifvertrag vom 15. Februar 2002 einen entsprechenden Hinweis. Gleichwohl hat nach dem unbestrittenen Vortrag der Beklagten auch 2002 keine Erhöhung der PZÜ stattgefunden und diese ist auch von den beteiligten Gewerkschaften nicht gefordert worden. Das zeigt, dass die Tarifvertragsparteien offensichtlich übereinstimmend davon ausgegangen sind, dass bei einer Tariferhöhung um einen Nominalbetrag keine Erhöhung der PZÜ erfolgen sollte.

Dem kann nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, dass die Gewerkschaft ver.di, die in dem ETV RSW 2003 die bereits seit 1997 von anderen Gewerkschaften für die Beklagte vereinbarten Regelungen zum neuen Eingruppierungssystem und zur Besitzstandssicherung durch die PZÜ übernommen hat, an den früheren Tarifverträgen nicht beteiligt war. Wenn eine Gewerkschaft die von anderen Gewerkschaften früher vereinbarten firmenbezogenen Regelungen in dem von ihr abgeschlossenen Tarifvertrag wörtlich übernimmt, spricht alles dafür, dass diesen Regelungen auch inhaltlich die gleiche Bedeutung zukommen soll. Soweit sich diese Bedeutung auch aus der einvernehmlichen Umsetzung der früher abgeschlossenen Tarifverträge erschließen lässt, ist das auch bei der Auslegung des später abgeschlossenen Tarifvertrags zu berücksichtigen. Dafür spricht auch, dass nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die von den anderen Gewerkschaften abgeschlossenen Tarifverträge schon vor dem 1. September 2003 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien angewendet worden sind. Somit haben die Erhöhungen der Tarifentgelte um Nominalbeträge durch frühere Entgelttarifverträge auch beim Kläger und den anderen Mitgliedern von ver.di zu keiner Erhöhung der PZÜ geführt. Es war deshalb auch ihnen bekannt, wie die tarifvertraglichen Regelungen zur PZÜ übereinstimmend verstanden worden sind. Eine Abweichung von dem früheren Verständnis und der bisherigen Handhabung der übernommenen Regelung hätte auch deshalb in dem von ver.di abgeschlossenen ETV RSW 2003 ausdrücklich klargestellt werden müssen.

bb) Auch der Inhalt des von ver.di mit der AgvMoVe am 15. Juli 2005 abgeschlossenen 1. Tarifvertrags zur Änderung der Tarifverträge bei der RSW (1. ÄTV RSW), der wortgleich ist mit dem von den Gewerkschaften GdED und GDBA vereinbarten 2. ÄTV RSW, spricht für die vom Landesarbeitsgericht angenommene Auslegung.

In § 4 wird der gekündigte und durch § 1 wieder in Kraft gesetzte ETV ua. dahingehend geändert, dass sich die Monatsgrundentgelte ab dem 1. Januar 2007 um einen Sockelbetrag iHv. 45,00 Euro erhöhen, und zwar mit dem ausdrücklichen Zusatz: "eine Anrechnung auf die PZÜ erfolgt nicht". Diese Formulierung entspricht der Regelung in der "Abschlussvereinbarung der Tarifverhandlung am 5. Juli 2005 für den Bereich der RSW R GmbH" vom 5. Juli 2005, die durch den 1. ÄTV RSW umgesetzt worden ist.

Nach übereinstimmender Darstellung der Parteien sollte damit klargestellt werden, dass die Erhöhung der Monatsgrundentgelte um 45,00 Euro nicht zu einer entsprechenden Erhöhung der PZÜ führen sollte. Auch wenn man dem folgt, obwohl sich das aus der Formulierung, dass keine "Anrechnung" erfolgen soll, nicht eindeutig ergibt, rechtfertigt das entgegen der Auffassung des Klägers nicht den Umkehrschluss, dass andernfalls nach § 4 RTV RSW vom 15. Juli 2005, der dem § 4 Abs. 1 Satz 4 ETV RSW 2003 entspricht, eine entsprechende Erhöhung der PZÜ hätte erfolgen müssen. Wenn bei Abschluss des 1. ÄTV RSW eine aktuelle Auseinandersetzung darum bestand, ob sich eine Erhöhung der Tarifentgelte um einen Nominalbetrag auf die Höhe der PZÜ auswirkt, und in dieser Situation ein Festbetrag ohne eine Erhöhung der PZÜ vereinbart wurde, so ist das nur die notwendige Klarstellung für diese konkret vereinbarte Nominalerhöhung, keine allgemeine Festlegung der Regelungsabsicht des § 4 Abs. 1 Satz 4 ETV RSW 2003 in dem einen oder anderen Sinne. Allerdings spricht der Umstand, dass die Tarifvertragsparteien auch hinsichtlich der ab 1. Januar 2007 vorgenommenen Erhöhung der Tarifentgelte um einen einheitlichen Nominalbetrag keine entsprechende Erhöhung der PZÜ vorgesehen haben, dafür, dass die Nichterhöhung der PZÜ in diesen Fällen nach Auffassung der Tarifvertragsparteien dem Sinn und Zweck der Besitzstandssicherung durch die PZÜ entspricht und eine praktische und sinnvolle Regelung darstellt.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO .

Hinweise:

Hinweise des Senats:

Parallelsache zu Senat 29. August 2007 - 4 AZR 556/06 -

Vorinstanz: LAG Saarland, vom 29.03.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 2 Sa 22/05
Vorinstanz: ArbG Saarbrücken, vom 16.12.2004 - Vorinstanzaktenzeichen 61 Ca 166/04
Fundstellen
AP Nr. 200 zu § 1 TVG Auslegung
NZA 2008, 1096