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BAG - Entscheidung vom 04.07.2007

4 AZR 549/06

Normen:
TVG § 1 (Tarifverträge)
Bundes-Entgelttarifvertrag der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BETV gültig ab 1. September 2004) § 5
Tarifvertrag zur Besitzstandswahrung der U-plus Umweltservice AG (TV-BSW vom 31. August 2004/4. Oktober 2004) § 2

Fundstellen:
NZA-RR 2008, 149

BAG, Urteil vom 04.07.2007 - Aktenzeichen 4 AZR 549/06

DRsp Nr. 2007/25127

Tarifauslegung - Anrechnung von Tariflohnerhöhung in Form einer pauschalen Zahlung für vergangene Monate nach "Abschmelzungsregelung" in einem Überleitungstarifvertrag

Orientierungssätze: zur Auslegung einer Besitzstandsklausel in einem Überleitungstarifvertrag vom Haustarif auf den Verbandstarif

Normenkette:

TVG § 1 (Tarifverträge) ; Bundes-Entgelttarifvertrag der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BETV gültig ab 1. September 2004) § 5 ; Tarifvertrag zur Besitzstandswahrung der U-plus Umweltservice AG (TV-BSW vom 31. August 2004/4. Oktober 2004) § 2 ;

Tatbestand:

Die Parteien streiten über einen Anspruch auf eine Pauschalzahlung im Rahmen einer tariflichen Vergütungserhöhung.

Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 3. Juni 1975 als Kraftfahrer beschäftigt. Er ist Mitglied der Gewerkschaft ver.di. Die Beklagte ist ein Entsorgungsunternehmen der U-Gruppe, deren Muttergesellschaft die U AG ist. Diese hatte mit ver.di mehrere Haustarifverträge abgeschlossen, ua. den Manteltarifvertrag vom 15. April 2002 und - für die gewerblichen Mitarbeiter - den Vergütungstarifvertrag Nr. 2 (im Folgenden: VTV Nr. 2) vom 15. Januar 2003. Dieser Vergütungstarifvertrag wurde durch ver.di zum 30. April 2004, der Manteltarifvertrag durch die U AG zum 31. Dezember 2004 gekündigt.

Die U AG, die Mitglied im Bundesverband der Deutschen Entsorgungswirtschaft e.V. (BDE) ist, entschloss sich, mit ver.di keine neuen Haustarifverträge abzuschließen, sondern zukünftig die zwischen dem BDE und ver.di abgeschlossenen Verbandstarifverträge zur Anwendung zu bringen. Zu diesen Verbandstarifverträgen zählt auch der Bundes-Entgelttarifvertrag des BDE (BETV).

Mit Wirkung zum 1. Mai 2004 schlossen die U AG und ver.di im Zusammenhang mit dem geplanten Übergang vom Haustarif auf den Verbandstarif einen Tarifvertrag zur Besitzstandswahrung (TV-BSW) ab. Dieser enthält ua. folgende Regelungen:

"§ 1 Geltungsbereich

1. Der Tarifvertrag gilt für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in denjenigen U-Unternehmen, für die die U-Haustarifverträge angewendet wurden und die dem BDE-Arbeitgeberverband angehören.

2. Der Geltungsbereich erstreckt sich des weiteren auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Firmen B GmbH, T GmbH, S GmbH, E GmbH, I GmbH und UV GmbH. Diese Unternehmen sind nicht Mitglied des BDE, haben die Haustarifverträge angewandt und werden ab 01.05.2004 bzw. 01.01.2005 die Tarifverträge des BDE anwenden.

Sie werden spätestens zum 01.01.2005 Mitglied des Arbeitgeberverbandes BDE werden.

...

§ 2 Weitergewährung der bisherigen Stundenlöhne und Vergütungen

1. Soweit auf der Basis der einzelnen Arbeitsstunde die bisherigen Tabellenvergütungen und Tabellenlöhne der Haustarifverträge die Löhne und Vergütungen des Bundes-Entgelttarifvertrag (BETV) private Entsorgungswirtschaft (BDE) übersteigen, werden sie auf der Basis der jeweils geltenden Wochenarbeitsstunden weitergezahlt.

2. Künftige tarifliche Erhöhungen von Löhnen und Vergütungen des BETV (BDE) können auf der Basis der einzelnen Arbeitsstunde zu 75 % so lange angerechnet werden, bis die jeweils geltenden Löhne und Vergütungen des BETV (BDE) erreicht sind

Protokollnotiz:

Die Vertragspartner sind sich einig, dass die durch den Übergang zum BDE-Tarifvertragswerk erforderliche Neueingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht rückwirkend zum 01.05.2004, aber zeitnah, das heißt möglichst bis zum 01.10.2004, spätestens aber bis zum 01.01.2005 vorgenommen werden soll. Mit der Neueingruppierung des/der Mitarbeiters/Mitarbeiterin, spätestens aber mit Ablauf des 31.12.2004, entfällt der Regelaufstieg nach Haustarifvertrag."

Mit Wirkung zum 1. September 2004 wurde von BDE und ver.di ein neuer Bundes-Entgelttarifvertrag (BETV (neu)) abgeschlossen, nachdem der vorherige Tarifvertrag (BETV (alt)) zum 31. August 2004 ausgelaufen war. Der BETV (neu) sah für die Zeit ab dem 1. Januar 2005 eine prozentuale Erhöhung der jeweiligen Tabellenlöhne und -gehälter vor. Für den Zeitraum vom 1. September bis zum 31. Dezember 2004 enthielt er ua. folgende Regelung:

"§ 5 Pauschalzahlung

(1) Für alle Arbeitnehmer ungeachtet, welcher Vergütungsgruppe sie angehören, wird eine Pauschalzahlung als Ausgleich für die "Nullmonate" September bis Dezember 2004 in Höhe von brutto 200,00 EUR mit der Februarabrechnung 2005 ausgezahlt. Die Pauschalzahlung findet keine Berücksichtigung als Bemessungsgrundlage für Leistungen aufgrund des BMTV und des Entgeltfortzahlungsgesetzes.

(2) Teilzeitbeschäftigten wird die Pauschalzahlung anteilig gewährt.

(3) Die Gewährung der Pauschalzahlung setzt voraus, dass der betreffende Arbeitnehmer vor dem 1. September 2004 bei dem Betrieb beschäftigt war. Anspruchsvoraussetzung ist außerdem, dass der Arbeitnehmer in den Monaten September bis Dezember 2004 Entgeltleistungen (einschließlich Entgeltfortzahlungsleistungen) des Arbeitgebers erhalten hat. Ist dies nur teilweise der Fall, wird die Pauschalzahlung anteilig gewährt.

(4) Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor dem in Absatz 1 vorgesehenen Auszahlungsmonat betriebs- oder altersbedingt endet, erhalten die Pauschalzahlung gemäß Abs. 1 mit der letzten Entgeltzahlung. Endet das Arbeitsverhältnis zwischen dem 1. September 2004 und einem Zeitpunkt vor dem 31. Dezember 2004, so wird die Pauschalzahlung anteilig gewährt.

(5) Auszubildende erhalten eine Pauschalzahlung von brutto 60,00 EUR, unabhängig davon, in welchem Ausbildungsjahr sie sich befinden."

Die Beklagte wandte auf die Arbeitsverhältnisse ihrer Mitarbeiter bis zum 31. Dezember 2004 die von ihrer Muttergesellschaft U AG mit ver.di abgeschlossenen Haustarifverträge an. Sie zahlte dem Kläger bis zum 31. Dezember 2004 Lohn nach der Vergütungsgruppe VII des VTV Nr. 2 in Höhe von 12,93 Euro brutto pro Stunde. Bis zum 31. Dezember 2004 galt für den Kläger eine Wochenarbeitszeit von 40 Stunden. Seit dem 1. Januar 2005 ist die Beklagte selbst Mitglied des BDE.

Anfang Dezember 2004 unterbreitete die Beklagte dem bei ihr bestehenden Betriebsrat Vorschläge zur Eingruppierung der Mitarbeiter, darunter auch des Klägers, in der Vergütungsordnung des BETV. Mit Schreiben vom 5. Januar 2005 teilte der Betriebsrat der Beklagten mit, er habe beschlossen, deren Eingruppierungsvorschlägen zuzustimmen. Seit dem 1. Januar 2005 erhält der Kläger Vergütung nach Vergütungsgruppe 6 des BETV in Verbindung mit den Besitzstandswahrungsregelungen des TV-BSW.

Im Hinblick auf die im BETV (neu) vorgesehene Pauschalzahlung von 200,00 Euro leistete die Beklagte an den Kläger zusätzlich zum Monatslohn für Februar 2005 eine Pauschalzahlung von 50,00 Euro brutto.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er habe einen Anspruch auf die Pauschalzahlung von insgesamt 200,00 Euro brutto. Die Beklagte sei an den BETV rückwirkend seit dem 1. Mai 2004 und nicht erst seit ihrem Beitritt zum BDE ab dem 1. Januar 2005 gebunden. Das ergebe sich aus § 1 Abs. 2 TV-BSW. Die U AG sei als beherrschende Konzernmutter befugt gewesen, für die von ihr beherrschte Beklagte Tarifverträge abzuschließen. Eine Anrechnung eines Teils von 75 % der Pauschalzahlung gem. § 2 Abs. 2 TV-BSW habe nicht erfolgen dürfen, weil eine Feststellung des Vergleichslohns, die Voraussetzung für eine Anrechnung sei, erst ab dem 1. Januar 2005 möglich gewesen sei, da er erst zu diesem Zeitpunkt in die Vergütungsordnung des BETV eingruppiert worden sei. Zudem würden Einmalzahlungen nicht in die Entgelttabellen eingerechnet. Auch deshalb handele es sich bei der Pauschalzahlung nicht um eine für die Zulässigkeit einer Anrechnung erforderliche Tariflohnerhöhung. Pauschalzahlungen seien von § 2 Abs. 2 TV-BSW nicht erfasst.

Der Kläger hat beantragt:

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 150,00 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 1. März 2005 zu bezahlen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Auffassung, dem Kläger stehe ein Anspruch auf die tarifliche Pauschalzahlung bereits deshalb nicht zu, weil er nicht zu dem gem. § 5 BETV (neu) anspruchsberechtigten Personenkreis gehöre. Die Beklagte sei erst seit dem 1. Januar 2005 an diesen Tarifvertrag gebunden. Die Pauschalzahlung sei jedoch eine Vergütungserhöhung für die Monate September bis Dezember 2004. Ferner sei sie jedenfalls zu der vorgenommenen Anrechnung berechtigt gewesen. Tarifliche Steigerungen der Vergütung seien so lange irrelevant, bis die BDE-Flächentarifverträge das ursprüngliche Niveau der Haustarifverträge erreichten. Da der Lohn des Klägers auch am 1. Januar 2005 noch höher gewesen sei als der Tariflohn nach dem BETV, habe sie gem. § 2 Abs. 2 TV-BSW die Pauschalzahlung auf 50,00 Euro kürzen dürfen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Auch wenn man bejaht, dass der Kläger einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale von 200,00 Euro brutto erworben hat, hatte die Beklagte jedenfalls eine Anrechnungsmöglichkeit im Umfang von 75 Prozent dieses Betrages, so dass dem Kläger nur ein Anspruch von 50,00 Euro brutto verblieben ist. Diesen hat die Beklagte erfüllt.

I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass offenbleiben könne, ob der Kläger überhaupt einen Anspruch auf die Pauschalzahlung habe. Denn selbst wenn dies der Fall sei, so ergebe sich aus § 2 Abs. 2 TV-BSW eine Anrechnungsmöglichkeit der Beklagten in Höhe von 75 Prozent. Es handele sich bei der Pauschalzahlung um eine tarifliche Erhöhung der Vergütung, die auf der fiktiven Basis einzelner Arbeitsstunden jedenfalls so lange anrechenbar sei, wie der Stundenlohn des Klägers nach dem Haustarifvertrag über dem entsprechenden Stundenlohn nach dem BETV (neu) liege. Ein Vergleich dieser beiden Größen ergebe sowohl zum 1. September 2004 als auch zum 1. Januar 2005 ein deutliches Übersteigen des vom Kläger real erzielten Lohnes.

II. Die hiergegen von der Revision erhobenen Einwände sind unbegründet.

1. Ein Anspruch des Klägers ließe sich nur aus § 5 Abs. 1 BETV (neu) herleiten. Dies würde voraussetzen, dass im Anspruchszeitraum auf das Arbeitsverhältnis der BETV Anwendung gefunden hat, wofür neben der Tarifgebundenheit des Klägers auch die der Beklagten erforderlich wäre. Eine solche Tarifgebundenheit der Beklagten vor dem 1. Januar 2005 ist aber fraglich. Denn sie war bis dahin nicht Mitglied des tarifschließenden Arbeitgeberverbandes BDE. Eine wirksame Bindung der Beklagten an den BETV auch allein über einen von der Konzernmuttergesellschaft abgeschlossenen Tarifvertrag ohne ausgewiesene Stellvertretung dürfte kaum hergestellt worden sein (vgl. dazu Wiedemann/Oetker TVG 7. Aufl. § 2 Rn. 142; Löwisch/Rieble TVG 2. Aufl. § 2 Rn. 147). Eine anderweitig begründete Bindung an den BETV, zB über betriebliche Übung der Bindung an den TV-BSW, lässt sich auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht ohne weiteres begründen. Dies kann jedoch im Ergebnis dahingestellt bleiben.

2. Denn selbst wenn dem Kläger durch eine wie auch immer begründete Anwendung von § 5 Abs. 1 BETV der Anspruch auf die Pauschalzahlung von 200,00 Euro im Grundsatz zustände, könnte die Beklagte von der Anrechnungsmöglichkeit nach § 2 Abs. 2 TV-BSW Gebrauch machen und wäre allenfalls zu einer Zahlung von 25 Prozent des Betrages verpflichtet; diese Leistung aber hat sie bereits erbracht.

a) Die Auslegung eines Tarifvertrages durch das Berufungsgericht ist in der Revisionsinstanz in vollem Umfang nachzuprüfen (BAG 22. Oktober 2002 - 3 AZR 468/01 - AP TVG § 1 Auslegung Nr. 184 = EzA TVG § 1 Auslegung Nr. 36). Dabei folgt die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Zu erforschen ist der maßgebliche Sinn der Erklärung, ohne am Buchstaben zu haften. Dabei sind der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und damit der von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnorm mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang ist abzustellen. Verbleiben noch Zweifel, können weitere Kriterien wie Tarifgeschichte, praktische Tarifübung und Entstehungsgeschichte des jeweiligen Tarifvertrages ohne Bindung an eine bestimmte Reihenfolge berücksichtigt werden. Im Zweifel ist die Tarifauslegung zu wählen, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (zB Senat 30. Mai 2001 - 4 AZR 269/00 - BAGE 98, 35 , 38 f.; 7. Juli 2004 - 4 AZR 433/03 - BAGE 111, 204 , 209).

b) Unter Zugrundelegung der vorstehenden Grundsätze hat das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen, dass es sich bei der Pauschalzahlung um eine Tariflohnerhöhung im Sinne von § 2 Abs. 2 TV-BSW handelt.

aa) Für das Verständnis als pauschalierte Lohnerhöhung spricht der ausdrückliche Bezug der Pauschalzahlung auf die Monate September bis Dezember 2004. Hieraus wird ersichtlich, dass die Zahlung gerade dem Zweck dient, einen Ausgleich dafür zu schaffen, dass die Lohnerhöhung nicht noch im Jahre 2004 im unmittelbaren Anschluss an den ausgelaufenen BETV (alt), sondern erst zum 1. Januar 2005 erfolgt ist. Ferner spricht für eine Entgelterhöhung, dass § 5 Abs. 3 BETV (neu) eine Verbindung mit dem Erhalt von Entgeltleistungen für die Monate September bis Dezember 2004 herstellt. Bei teilweisem Erhalt wird die Pauschalzahlung anteilig gewährt. Daraus wird der unmittelbare Bezug der Pauschalzahlung zum zeitraumbezogenen Arbeitsentgelt, also auch zur Gegenleistung, deutlich. Dasselbe gilt für den Umstand, dass einerseits Teilzeitbeschäftigten (Abs. 2) und andererseits vorzeitig ausscheidenden Arbeitnehmern (Abs. 4) die Pauschalzahlung anteilig gewährt wird. Entgegen der Ansicht der Revision setzt eine Tariflohnerhöhung nicht zwingend die "tabellenwirksame Erhöhung des Tariflohns" voraus. Die Grundsätze zur Anrechenbarkeit von Tariflohnerhöhungen sind bei einem übertariflichen Entgelt auch dann anzuwenden, wenn eine Erhöhung für die bei Tarifabschluss zurückliegenden Monate nicht prozentual, sondern durch als Einmalzahlungen bezeichnete, für alle Arbeitnehmer gleich hohe Pauschalbeträge erfolgt (BAG 25. Juni 2002 - 3 AZR 167/01 - AP TVG § 4 Übertarifl. Lohn u. Tariflohnerhöhung Nr. 36 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 38). Auch für den vorliegenden Fall, bei dem es um die Anrechnung auf eine das Tarifentgelt übersteigende Vergütung aus einem nachwirkenden Tarifvertrag geht, ergibt sich aus dem Wortlaut des § 2 TV-BSW nichts anderes. Dieser spricht im Rahmen der Anrechnungsregelung gerade nicht von tabellenwirksamer Erhöhung der Löhne und Vergütungen.

bb) Dem Charakter der Pauschalzahlung als Tariflohnerhöhung steht auch nicht entgegen, dass sie allen Arbeitnehmern ungeachtet der jeweiligen Vergütungsgruppe in gleicher Höhe gezahlt wird (BAG 25. Juni 2002 - 3 AZR 167/01 - aaO.). Zwar ergibt sich hieraus je nach Eingruppierung für die Arbeitnehmer ggf. ein prozentual unterschiedlicher Ausgleich für die "Nullmonate". Die unteren Lohngruppen im Rahmen einer Tariflohnerhöhung vergleichsweise besser zu stellen als die oberen kann sowohl aus sozialen Erwägungen vereinbart werden als auch im Hinblick auf den Charakter einer Einmalzahlung aus Vereinfachungsgründen motiviert sein. Dies ist rechtlich unbedenklich; es gibt keinen Grundsatz, dass eine Lohnerhöhung stets gleichmäßig zu erfolgen hat.

c) Das Landesarbeitsgericht ist sodann zutreffend davon ausgegangen, dass die Anrechnungsmöglichkeit nicht dadurch ausgeschlossen ist, dass der dem Kläger nach dem nachwirkenden VTV Nr. 2 zu zahlende Lohn von den geltenden Löhnen des BETV erreicht war.

aa) Ungeachtet eines das Gegenteil suggerierenden Wortlauts soll den Arbeitnehmern der Beklagten - entsprechend dem Charakter von § 2 TV-BSW als besitzstandswahrender Regelung - der nach dem VTV Nr. 2 zu zahlende Lohn so lange weitergezahlt werden, wie der Lohn nach dem BETV darunter liegt. Der Arbeitnehmer der Beklagten soll darüber hinaus sogar an Lohnerhöhungen des BETV teilnehmen, allerdings nur zu 25 Prozent, während im Übrigen eine Anrechnung erfolgen soll, bis das bisherige Lohnniveau des VTV Nr. 2 durch den BETV erreicht ist.

bb) Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass diese Bedingung bislang nicht erfüllt ist, weil der maßgebende Lohn des Klägers nach dem VTV Nr. 2 den ihm nach dem BETV zustehenden Lohn noch übersteigt.

(1) Gem. § 2 Abs. 2 TV-BSW erfolgt die Anrechnung auf der Basis der einzelnen Arbeitsstunde. Daraus folgt, dass für die Feststellung, ob die Voraussetzungen für die Anrechnung gegeben sind und in welchem Umfang sie ggf. vorgenommen werden kann, zunächst ein Vergleichsentgelt zu ermitteln ist. Dieses Vergleichsentgelt hat das Landesarbeitsgericht auf der Basis der dem Kläger zuzuordnenden Vergütungsgruppe zutreffend bestimmt.

Unterstellt man zugunsten des Klägers die Anwendbarkeit des BETV vor dem 1. Januar 2005, obwohl der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch nicht nach der Vergütungsordnung des BETV vergütet wurde, sind die Vergleichslöhne auf hypothetischer Basis zu ermitteln. Dazu zwingt bereits die Ratio des § 5 Abs. 3 BETV (neu), die von einer Vergütung nach dem BETV als "Anspruchsvoraussetzung" ausgeht. Gäbe es dagegen, wie der Kläger meint, mangels entsprechender Eingruppierung gar kein Vergleichsentgelt für die Monate September bis Dezember 2004, würde ihm die Lohnerhöhung noch nicht einmal anteilig zustehen.

(2) Das Landesarbeitsgericht hat in einem ersten Schritt den Vergleichslohn zu Recht mit 12,36 Euro der Vergütungstabelle des BETV (alt), und hier der Lohngruppe 6, entnommen; in dieser war der Kläger ab dem 1. Januar 2005 auch förmlich eingruppiert. Es hat sodann den Pauschalbetrag von 200,00 Euro für die Monate September bis Dezember 2004 auf die in diesem Zeitraum zu leistenden Stunden umgerechnet.

Dabei kann zugunsten des Klägers entsprechend seinem Vorbringen in der Revision unterstellt werden, dass sich die Umrechnung dieses Pauschalbetrages auf die zu diesem Zeitpunkt geltenden Tabellenlöhne des BETV dahingehend auswirkte, dass in der Vergleichsgruppe des Klägers eine (fiktive) Erhöhung um 0,32 Euro auf einen (ebenso fiktiven) Tabellenlohn von 12,68 Euro erfolgen würde. Dieser Tabellenstundenlohn läge damit deutlich unter dem vom Kläger immer noch erzielten Lohn von 12,93 Euro nach dem VTV Nr. 2. Es käme mithin zu einer Anrechnung nach § 2 Abs. 2 TV-BSW.

(3) In einem zweiten Schritt hat das Landesarbeitsgericht zutreffend mit der Beklagten eine Anrechnung von 75 Prozent der Pauschalzahlung vorgenommen, da hierdurch das tarifliche Tabellenentgelt nach dem BETV (neu) einschließlich der pauschalen Lohnerhöhung nicht unterschritten wurde. Die Vorgabe in § 2 Abs. 2 TVBSW, die Anrechnung habe "auf der Basis der einzelnen Arbeitsstunde" zu erfolgen, steht dem nicht entgegen. Diese Formulierung ist im Zusammenhang mit der Regelung des § 2 Abs. 1 TV-BSW zu sehen und sollte lediglich der Ermöglichung eines stundenlohnbezogenen Vergleichs dienen, zumal Lohnerhöhungen bei Stundenlöhnen üblicherweise auch bezogen auf diese erfolgen. Da dem Kläger - wie hier zu seinen Gunsten unterstellt wird - die Lohnerhöhung in der Sonderform der Pauschalzahlung und ungeachtet der konkreten Vergütungshöhe sowie der konkret geleisteten Stunden zusteht, ist der Formulierung bei dieser Konstellation keine Bedeutung beizumessen.

(4) Diese Vorgehensweise entspricht auch dem Sinn und Zweck der Besitzstandsregelung. Denn letztlich ist die Pauschalzahlung eine "vorweggenommene Vergütungserhöhung", die in der Größenordnung - je nach Vergütungsgruppe - in etwa der tabellenwirksamen prozentualen Erhöhung zum 1. Januar 2005 entspricht. So wäre das Landesarbeitsgericht bei der Errechnung des fiktiven Vergleichslohnes des Klägers nach der von ihm selbst vorgenommenen Berechnungsweise unter Berücksichtigung der Pauschalzahlung auf 12,68 Euro pro Stunde gekommen. Der Tabellenlohn ab dem 1. Januar 2005 betrug in der Vergütungsgruppe des Klägers 12,66 Euro. Der Kläger und die anderen Arbeitnehmer, auf die der BETV (neu) anzuwenden ist, werden also im Ergebnis so behandelt, als wäre die Lohnerhöhung, auch soweit sie sich auf die Tabellen auswirkt, nicht erst zum 1. Januar 2005, sondern bereits zum 1. September 2004 in ungefähr derselben Höhe tabellenwirksam vereinbart worden. Auch dann hätte der Kläger (allenfalls) einen Anspruch auf lediglich 25 Prozent der kumulierten Lohnerhöhungsbeträge für die letzten vier Monate des Jahres 2004. Eine weitere tabellenwirksame Erhöhung zum 1. Januar 2005 gäbe es dann nicht, weil diese schon zum 1. September 2004 erfolgt wäre.

cc) Als Bemessungsgrundlage der Anrechnung ist deshalb, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend entschieden hat, allein der Gesamtbetrag der Pauschalzahlung zugrunde zu legen. Der Anspruch des Klägers geht daher, selbst wenn man ihn dem Grunde nach bejaht, über den bereits ausgezahlten Betrag von 50,00 Euro brutto nicht hinaus.

III. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen, weil sein Rechtsmittel erfolglos geblieben ist, § 97 Abs. 1 ZPO .

Hinweise:

Hinweise des Senats:

Parallelsachen: - 4 AZR 549/06 - (führend, vorliegend), - 4 AZR 550/06 - und - 4 AZR 551/06 -

Vorinstanz: LAG Baden-Württemberg, vom 09.02.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 19 Sa 56/05
Vorinstanz: ArbG Karlsruhe, vom 20.07.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 5 Ca 203/05
Fundstellen
NZA-RR 2008, 149