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BVerwG - Entscheidung vom 19.10.2006

1 B 86.06

BVerwG, Beschluss vom 19.10.2006 - Aktenzeichen 1 B 86.06

DRsp Nr. 2007/2570

Gründe:

Die Beschwerde ist zulässig und begründet. Sie rügt der Sache nach zu Recht, dass das Berufungsgericht das rechtliche Gehör des Klägers verletzt hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO , Art. 103 Abs. 1 GG ), indem es entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers nicht in der gebotenen Weise berücksichtigt hat. Eine derartige Rüge hat die Beschwerde mit ihrem Vorbringen erhoben, das Berufungsgericht habe den Antrag des Klägers, die von ihm vorgelegte Bescheinigung vom 5. September 1998 über seine Eintragung in das Ausländerregister der syrischen Provinz Al-Hassakeh der Syrischen Botschaft zur Überprüfung ihrer Echtheit vorzulegen, in dem angefochtenen Urteil zwar zutreffend wiedergegeben, ihn aber offenkundig inhaltlich nicht wahrgenommen und nicht korrekt beschieden. Diese Rüge greift durch.

Das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verpflichtet die Gerichte, die entscheidungserheblichen Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Ein Verstoß gegen diese Pflicht kann allerdings nur angenommen werden, wenn sich dies aus den besonderen Umständen des Falles deutlich ergibt. So liegt der Fall hier. Das Berufungsgericht hat den in Rede stehenden Antrag des Klägers im Schriftsatz vom 23. Dezember 2005 - wie sich aus den Urteilsgründen (UA S. 7) ergibt - zwar zur Kenntnis genommen, aber in Verkennung des Sach- und Streitstandes beschieden. Es begründet die Ablehnung einer Überprüfung des Dokuments durch die Syrische Botschaft nämlich damit, dass die Botschaft bereits unter dem 10. September 2003 mitgeteilt habe, dass sie keine Erfolg versprechenden Ermittlungen anstellen könne, nach überschlägiger In-Augenscheinnahme der Ablichtung des vorgelegten Papiers wegen des exakt identischen Stempels eine Auffälligkeit erkenne und im Übrigen das Deutsche Orient-Institut als die für genauere Angaben kompetente Stelle halte. Die Mitteilung vom 10. September 2003 wurde aber - worauf die Beschwerde zutreffend hinweist - nicht von der Syrischen Botschaft in Deutschland, sondern von der Deutschen Botschaft in Syrien verfasst. Damit hat das Berufungsgericht den Beweisantrag unter Verkennung des ihm unterbreiteten Prozessstoffs abgelehnt. Zwar hat es in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 6. Juni 2006 die Ablehnung des Beweisantrages ergänzend damit begründet, die Verlässlichkeit des Gutachtens des Deutschen Orient-Instituts sei nicht substantiiert in Frage gestellt worden, im Übrigen stellten syrische Behörden kein zuverlässigeres Beweismittel gegenüber dem Deutschen Orient-Institut dar. Es braucht aber nicht entschieden zu werden, ob Gehörsmängel überhaupt im Rahmen des Nichtabhilfeverfahrens geheilt werden können (vgl. hierzu etwa Urteil vom 29. März 1968 - BVerwG 4 C 27.67 - BVerwGE 29, 261 >268< und Bundesfinanzhof, Beschluss vom 17. Dezember 1992 - VIII B 88/92 u.a. - juris, Rn. 11 und 15). Denn im vorliegenden Verfahren ergibt sich aus dem Nichtabhilfebeschluss vom 6. Juni 2006 nicht, dass das Berufungsgericht nicht mehr an den fehlerhaften Erwägungen festhält. Unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles muss deshalb davon ausgegangen werden, dass das Berufungsgericht den Beweisantrag des Klägers in Verkennung des Sach- und Streitstandes beschieden und dadurch das rechtliche Gehör des Klägers verletzt hat.

Wegen dieses Verfahrensmangels, auf dem die Entscheidung beruhen kann, macht der Senat im Interesse der Verfahrensbeschleunigung von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO unter Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus §§ 47 , 52 Abs. 2 , § 72 Nr. 1 GKG i.V.m. Nr. 8.4 des Streitwertkatalogs 2004.

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 24.03.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 19 B 04.2259