Kontakt : 0221 / 93 70 18 - 0
Wir durchsuchen unsere Datenbank

BVerwG - Entscheidung vom 22.02.2006

7 B 100.05

BVerwG, Beschluss vom 22.02.2006 - Aktenzeichen 7 B 100.05

DRsp Nr. 2006/7979

Gründe:

Der Kläger begehrt die vermögensrechtliche Rückübertragung des Grundstücks G. Straße 42 in Leipzig, das er an die Beigeladenen vor seiner Flucht aus der DDR im Jahre 1977 veräußert hatte. Der Kläger war zusammen mit dem Beigeladenen zu 1 Miteigentümer eines 1976 neu erworbenen - später zur Flucht (über Rumänien und das Schwarze Meer) genutzten - Segelbootes. Gegen die Überlassung des Miteigentumsanteils an dem Boot kam es zur Übertragung des Grundstücks. Über den Umfang von Zuzahlungen seitens der Beigeladenen und über die Verrechnung des Miteigentumsanteils am Segelboot besteht Streit. Der Kläger behauptet, vom Beigeladenen zu 1 zum Verkauf des Grundstücks durch die Drohung mit einer Strafanzeige wegen der geplanten Republikflucht genötigt worden zu sein. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger sei nicht Berechtigter im Sinne des Vermögensgesetzes; die Voraussetzungen einer Schädigung nach § 1 Abs. 3 VermG lägen nicht vor. Insbesondere sei von keiner unlauteren Machenschaft im Sinne eines vom Staat zu verantwortenden Unrechts auszugehen. Das Verwaltungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Klägers.

Die Beschwerde ist unbegründet. Der geltend gemachte Grund für eine Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Rechtssache weist keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf.

Die Beschwerde möchte geklärt wissen,

ob "der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 VermG auch unlautere Machenschaften von Privatpersonen betrifft, wenn diese sich die politisch motivierte und gezielte Diskriminierung Ausreisewilliger durch die staatlichen Organe und damit typisches Teilungsunrecht zu eigen machen, in dem sie mit der Einleitung solchen staatlichen Handelns drohen, um das Eigentum an einem Vermögensgegenstand zu erlangen" und

ob "es mit Art. 3 GG vereinbar ist, wenn unter Mitwirkung staatlicher Stellen durchgeführte unlautere Machenschaften zur Restitution von Vermögenswerten führen, während unlautere Machenschaften, die sich in gleicher Art und Weise das staatliche Handeln zu eigen machen, im Ergebnis folgenlos bleiben".

Diese Fragen rechtfertigen nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass der Eigentumsverlust an einem Grundstück dann auf unlauteren Machenschaften im Sinne von § 1 Abs. 3 VermG beruht, wenn staatliche Organe durch Einsatz unlauterer Mittel Druck auf den Veräußerer ausgeübt haben und dieses Vorgehen ursächlich für den durch die Veräußerung herbeigeführten Vermögensverlust war (stRspr; vgl. u.a. Beschluss vom 21. Oktober 1999 - BVerwG 7 B 109.99 - Buchholz 428 § 1 Abs. 3 VermG Nr. 5). Handelte es sich - wie hier - bei der vermögensentziehenden Maßnahme um eine Veräußerung zwischen Privaten auf privatrechtlicher Grundlage (gegebenenfalls auch unter Einsatz von Drohungen und Täuschungen seitens des Erwerbers), so ist der Tatbestand des § 1 Abs. 3 VermG nur dann erfüllt, wenn auch der Staat den manipulativen Verkauf, wenn nicht veranlasst, so doch zumindest gedeckt und damit selbst an der unlauteren Machenschaft mitgewirkt hat (Urteil vom 29. Januar 1998 - BVerwG 7 C 60.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 136).

Zwar erfasst § 1 Abs. 3 VermG seinem Wortlaut nach auch den Vermögensverlust allein auf Grund unlauterer Machenschaften der erwerbenden Privatperson. Da aber das Vermögensgesetz (entsprechend der Gemeinsamen Erklärung der Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik zur Regelung offener Vermögensfragen vom 15. Juni 1990, Anlage III zum Einigungsvertrag vom 31. August 1990) und im Besonderen § 1 Abs. 3 VermG nach dem Sinn und Zweck dieser Regelungen sich allein auf die Wiedergutmachung staatlichen Unrechts beschränken (Urteil vom 27. Februar 1997 - BVerwG 7 C 17.96 - Buchholz 428 § 1 VermG Nr. 105), werden hiervon nicht auch Erwerbsvorgänge erfasst, die ausschließlich zwischen Privatpersonen (ohne jegliche staatliche Teilhabe) zum Abschluss gekommen und, sollten sie durch unlauteres Vorgehen herbeigeführt worden sein, gegebenenfalls nach zivilrechtlichen Grundsätzen angreifbar sind. Zivilrechtliche Kaufverträge, die mit Mängeln behaftet sind, die ihrerseits privatrechtliche Rückabwicklungsansprüche zu begründen vermögen, unterscheiden sich zudem grundlegend von Verträgen, die unter staatlicher Teilhabe und damit vom Teilungsunrecht geprägt zum Abschluss gekommen sind. Mangels Vergleichbarkeit des Zustandekommens dieser Verträge ist eine Gleichbehandlung im Hinblick auf § 1 Abs. 3 VermG nicht geboten (Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 8. Oktober 1996 - 1 BvR 875/92 - BVerfGE 95, 48 >63<). Damit beantwortet sich auch die zweite vom Beschwerdeführer als rechtsgrundsätzlich erachtete Frage.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO . Die Festsetzung des Streitwerts folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: VG Leipzig, vom 05.07.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 7 K 1439/02