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BVerwG - Entscheidung vom 22.11.2006

1 B 160.06

BVerwG, Beschluss vom 22.11.2006 - Aktenzeichen 1 B 160.06

DRsp Nr. 2006/29976

Gründe:

Die Beschwerde ist begründet. Sie rügt zu Recht als Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ), dass das Berufungsgericht über den Hilfsantrag des Klägers, die Beklagte zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG zu verpflichten, nicht entschieden hat.

Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Rechtsstreit sei insoweit noch in der ersten Instanz anhängig und nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden (UA S. 5, 12). Das Berufungsgericht hätte, da es abweichend vom Verwaltungsgericht den Hauptantrag auf Aufhebung der Widerrufsentscheidung (Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 10. November 2005 - im Folgenden: Bescheid) und der negativen Feststellung zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Nr. 2 des Bescheids) abgewiesen hat, über den Hilfsantrag (Verpflichtung zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG unter Aufhebung der negativen Feststellung zu § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in Nr. 3 des Bescheids) entscheiden müssen. Das Unterlassen der begehrten Entscheidung über den Hilfsantrag verletzt den Anspruch des Klägers auf vollständige Entscheidung über sein Klagebegehren aus § 88 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO .

Der Kläger hatte in der ersten Instanz neben dem Hauptantrag auf Aufhebung des Widerrufs der Beklagten (Nr. 1 des Bescheids) und der negativen Feststellung zum Vorliegen der Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 AufenthG (Nr. 2 des Bescheids) den Hilfsantrag gestellt, die Beklagte zur Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG zu verpflichten. Da das Verwaltungsgericht dem Hauptantrag des Klägers stattgegeben hat, hat es folgerichtig über den Hilfsantrag nicht entschieden. Durch die auf den Antrag der Beklagten vom Berufungsgericht zugelassene Berufung ist das Klagebegehren jedoch einschließlich des Hilfsantrags betreffend die Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG in der Berufungsinstanz angefallen. Dass ein Hilfsantrag, über den die Vorinstanz nicht zu entscheiden brauchte, weil sie dem Hauptantrag entsprochen hat, durch das Rechtsmittel der Gegenseite gegen die Verurteilung nach dem Hauptantrag ebenfalls in der Rechtsmittelinstanz anfällt, ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C 19.96 - BVerwGE 104, 260 ; Beschluss vom 20. September 2004 - BVerwG 1 B 27.04 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 81 m.w.N.).

Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 133 Abs. 6 VwGO ), damit die Entscheidung über den Hilfsantrag nachgeholt wird. Insoweit wird das angefochtene Urteil aufgehoben. Hingegen ist die von der Beschwerde nicht angegriffene Entscheidung über den Hauptantrag - betreffend Nr. 1 und 2 des Bescheides - rechtskräftig geworden.

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 10.07.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 23 B 06.30276