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BVerwG - Entscheidung vom 19.10.2006

1 B 106.06

BVerwG, Beschluss vom 19.10.2006 - Aktenzeichen 1 B 106.06

DRsp Nr. 2006/28250

Gründe:

Die Beschwerde ist begründet. Sie rügt zu Recht als Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ), dass das Berufungsgericht über den Hilfsantrag des Klägers, die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu verpflichten, nicht entschieden hat.

Das Berufungsgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, der Rechtsstreit sei insoweit noch in der ersten Instanz anhängig und nicht zum Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden (UA S. 4, 11). Das Berufungsgericht hätte, da es abweichend vom Verwaltungsgericht den Hauptantrag auf Aufhebung der Widerrufsentscheidung (Nr. 1 des Bescheids der Beklagten vom 29. November 2004) abgewiesen hat, über den Hilfsantrag (Aufhebung der negativen Feststellung zu § 60 Abs. 7 AufenthG in Nr. 2 des Bescheids vom 29. November 2004 und Verpflichtung zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach dieser Bestimmung) entscheiden müssen. Das Unterlassen der begehrten Entscheidung über den Hilfsantrag verletzt den Anspruch des Klägers auf vollständige Entscheidung über sein Klagebegehren aus § 88 i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO .

Der Kläger hatte in der ersten Instanz neben dem Hauptantrag auf Aufhebung des Widerrufs der Beklagten betreffend das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG (jetzt § 60 Abs. 1 AufenthG ) den Hilfsantrag gestellt, die Beklagte zur Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG zu verpflichten. Da das Verwaltungsgericht dem Hauptantrag des Klägers stattgegeben hat, hat es folgerichtig über den Hilfsantrag nicht entschieden. Durch die auf den Antrag der Beklagten vom Berufungsgericht zugelassene Berufung ist das Klagebegehren jedoch einschließlich des Hilfsantrags betreffend das Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG in der Berufungsinstanz angefallen. Dass ein Hilfsantrag, über den die Vorinstanz nicht zu entscheiden brauchte, weil sie dem Hauptantrag entsprochen hat, durch das Rechtsmittel der Gegenseite gegen die Verurteilung nach dem Hauptantrag ebenfalls in der Rechtsmittelinstanz anfällt, ist in der Rechtsprechung seit langem anerkannt (vgl. Urteil vom 15. April 1997 - BVerwG 9 C 19.96 - BVerwGE 104, 260 ; Beschluss vom 20. September 2004 - BVerwG 1 B 27.04 - Buchholz 402.240 § 53 AuslG Nr. 81 m.w.N.).

Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 133 Abs. 6 VwGO ), damit die Entscheidung über den Hilfsantrag nachgeholt wird. Insoweit wird das angefochtene Urteil aufgehoben. Hingegen ist die von der Beschwerde nicht angegriffene Entscheidung über den Hauptantrag - betreffend den Widerruf der Feststellung von Abschiebungsschutz nach § 51 Abs. 1 AuslG - rechtskräftig geworden.

Vorinstanz: VGH Bayern, vom 06.07.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 23 B 06.30048