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BVerwG - Entscheidung vom 15.05.2006

3 B 136.05

BVerwG, Beschluss vom 15.05.2006 - Aktenzeichen 3 B 136.05

DRsp Nr. 2006/19245

Gründe:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem sie verpflichtet wird, den Erlös aus der Veräußerung eines Grundstücks gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 des Entschädigungsgesetzes - EntschG - an den Entschädigungsfonds abzuführen. Das Verwaltungsgericht hat ihre Klage abgewiesen, weil der maßgebliche notarielle Kaufvertrag nach dem Stichtag des 27. Juli 1990 abgeschlossen und der Klägerin der abzuführende Verkaufserlös auch tatsächlich zugeflossen sei.

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil bleibt ohne Erfolg. Die Rechtssache weist weder die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (1.), noch weicht die Entscheidung des Verwaltungsgerichts nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab (2.). Schließlich ist auch kein Verfahrensfehler im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO erkennbar, auf dem das angegriffene Urteil beruhen kann (3.).

1. Die Klägerin hält sinngemäß für klärungsbedürftig, ob es für die Pflicht zur Abführung von Veräußerungserlösen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 EntschG auf die zivilrechtliche Wirksamkeit des Kaufvertrages und damit auf das Datum seiner notariellen Beurkundung oder ob es unabhängig hiervon auf den tatsächlichen Vermögenszufluss und dessen Zeitpunkt ankomme.

Die Klärung dieser Frage bedarf nicht der Durchführung eines Revisionsverfahrens, weil sich ihre Beantwortung unmittelbar aus dem Wortlaut der maßgeblichen Bestimmung ergibt. Danach sind an den Entschädigungsfonds abzuführen "Verkaufserlöse aus dem Verkauf von ehemals volkseigenem Grund und Boden nach dem 27. Juli 1990 _". Entscheidend ist demnach allein, ob der Verkauf, durch den der Erlös erzielt wurde, nach dem genannten Stichtag - dem Datum des Inkrafttretens der Anmeldeverordnung - stattgefunden hat. Der wirksame Abschluss eines solchen Kaufvertrages erforderte aber auch nach dem seinerzeit gültigen Recht eine Beurkundung (vgl. § 297 Abs. 1 Satz 2 ZGB ). Wann der auf dieser Rechtsgrundlage zu entrichtende Kaufpreis gezahlt worden ist, ist demgegenüber unerheblich; notwendig ist nur, dass er dem nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 EntschG in Anspruch genommenen Verkäufer tatsächlich zugeflossen ist.

2. Die von der Klägerin gerügte Divergenz rechtfertigt nicht die Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO .

Die Klägerin sieht eine Abweichung von dem Urteil des Senats vom 20. Juni 2002 (BVerwG 3 C 47.01 - Buchholz 428.41 § 10 EntschG Nr. 2) darin, dass dort für die Abführungspflicht nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 EntschG eine tatsächliche Bereicherung des Verfügungsberechtigten für erforderlich gehalten werde - der Abführungsverpflichtete solle im Ergebnis weder be- noch entreichert sein -, während das Verwaltungsgericht eine Vergleichbarkeit dieser Norm mit den zivilrechtlichen Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung verneint habe und daher den von ihr erhobenen Entreicherungseinwand nicht gelten lassen wolle.

Die gerügte Abweichung besteht nicht. Zwar trifft es zu, dass der Senat in der herangezogenen Entscheidung einen Vergleich zum Bereicherungsrecht gezogen hat. Dieser bezog sich aber ausschließlich auf die seinerzeit zu entscheidende Frage, ob nur das tatsächlich Erlangte oder das durch einen Verkauf Erzielbare (der Verkehrswert) abzuführen ist. Der Senat hat keineswegs den Rechtssatz aufgestellt, dass umfassend auf die zivilrechtlichen Bereicherungsregeln zurückgegriffen werden und demgemäß hinsichtlich des tatsächlich Erlangten der Entreicherungseinwand - entsprechend § 818 Abs. 3 BGB - erhoben werden könne. Dies liegt auch fern; denn dafür geben weder der Wortlaut noch Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 EntschG einen Anhaltspunkt. Die Vorschrift beschränkt sich nicht darauf, "noch Vorhandenes" abzuschöpfen, vielmehr soll der Verkäufer den "Veräußerungserlös", also das tatsächlich Erlangte, und zwar ohne Rücksicht auf dessen späteren Verbleib, abführen. Allein dieses am Wortlaut der Norm orientierte Verständnis wird der Stichtagsregelung gerecht; denn spätestens mit dem Inkrafttreten der Anmeldeverordnung musste sich der Veräußerer darauf einrichten, solche Erlöse möglicherweise herausgeben zu müssen.

3. Schließlich führt auch die "vorsorglich" erhobene Verfahrensrüge nicht zur Zulassung der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO .

Die Klägerin beanstandet, dass das Verwaltungsgericht nicht näher geklärt habe, ob sie den Verkaufserlös tatsächlich an den Landkreis abgeführt habe. Die Klägerin erhebt diese Rüge zu Recht vorsorglich, weil sie zutreffend erkennt, dass sie damit auf eine Hilfserwägung des Verwaltungsgerichts zielt. Dieses hat seine Entscheidung in erster Linie auf die Erwägung gestützt, dass die Klägerin sich nicht auf "Entreicherung" berufen könne, so dass das angegriffene Urteil nicht im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO auf dem vermeintlichen Aufklärungsmangel beruhen könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO ; die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 1 und 3 GKG .

Vorinstanz: VG Leipzig, vom 17.06.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 1 K 1588/04