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BVerwG - Entscheidung vom 11.01.2006

7 B 84.05

BVerwG, Beschluss vom 11.01.2006 - Aktenzeichen 7 B 84.05

DRsp Nr. 2006/1443

Gründe:

Die Kläger begehren die Verpflichtung der Beklagten festzustellen, dass sie an den Grundstücken Flur-Nrn. 452/1 und 452/2 (frühere Flur-Nr. 452 i) Berechtigte im Sinne des Vermögensgesetzes sind und ihnen nach den Eigeninvestitionen des beigeladenen Verfügungsberechtigten ein Anspruch auf Zahlung des Verkehrswerts nach § 16 Abs. 1 Satz 3 3. Variante InVorG ("_ der Verfügungsberechtigte führt selbst investive Maßnahmen durch _") zur Seite steht. Die beiden Grundstücke sind Teil des Geländes der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig und wurden in den 60er Jahren bebaut (Flur-Nr. 452/2 mit einer Halle als Dauerversuchsstand/ Flur-Nr. 452/1 mit dem Lehrgebäude der Hochschule). 1997 wurde zu Gunsten des Verfügungsberechtigten ein (bestandskräftiger) Investitionsvorrangbescheid erlassen. Ende der 90er Jahre führte der Beigeladene auf dem Hochschulgelände die Neubaumaßnahmen durch (insbesondere die Herstellung eines Laborgebäudes). Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf Auskehr des Veräußerungserlöses bzw. des Verkehrswertes abgewiesen. Der Rückübertragung stünden Ausschlussgründe entgegen, die durch die investive Veräußerung nicht weggefallen seien; denn der bisherige restitutionshindernde Nutzungszweck der Grundstücke sei weder abgeändert noch aufgegeben worden. Gegen die Nichtzulassung der Revision richtet sich die Beschwerde der Kläger.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die Rechtssache weist weder grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO auf (1.), noch ist ein Verfahrensfehler im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO ersichtlich, auf dem die Entscheidung beruhen kann (2.).

1. Die Kläger halten folgende Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig:

Sind bereits mit der Einbeziehung von Grundstücken in ein Investitionsvorrangverfahren zum Zwecke eines Neubaus nach Abriss der Altbebauung (Vorhabenplan) die einer Rückübertragung der Grundstücke entgegenstehenden Ausschlussgründe nach dem Vermögensgesetz entfallen, ohne dass es eines vollständigen Abrisses der vorhandenen Bebauung _ tatsächlich bedarf?

Diese Frage rechtfertigt nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Sie ist im Hinblick auf den Wortlaut des § 16 Abs. 1 Satz 3 3. Variante i.V.m. § 11 Abs. 5 Satz 1 InVorG sowie auf die zu § 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG ergangene Rechtsprechung des Senats ohne weiteres zu verneinen. Zudem würde sich die aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren so nicht stellen.

Das Erstgericht hebt in seinen Entscheidungsgründen - und darauf wiederum abstellend die Beschwerde - unzutreffend auf den Fall einer investiven Veräußerung ab. Eine Derartige liegt nicht vor. Dem Verfügungsberechtigten ist die Rückübertragung der streitbefangenen Grundstücke insbesondere nicht "infolge" einer investiven Veräußerung unmöglich (§ 16 Abs. 1 Satz 1 InVorG ). Dieser hat vielmehr eigene investive Maßnahmen durchgeführt, die ihrerseits einen Anspruch auf Rückübertragung entfallen lassen können (§ 11 Abs. 5 Satz 1 InVorG ). Allein an diesen Fall der Eigeninvestition schließt § 16 Abs. 1 Satz 3 3. Variante InVorG mit dem Anspruch des Berechtigten auf Zahlung des Verkehrswertes an. Der Anspruch setzt voraus, dass der Verfügungsberechtigte selbst investive Maßnahmen tatsächlich auf den streitigen Grundstücken durchgeführt hat und der Rückübertragungsanspruch deswegen gemäß § 11 Abs. 5 Satz 1 InVorG entfallen ist. Der Erlass eines Investitionsvorrangbescheids genügt hierfür nicht. Schon an dieser Voraussetzung fehlt es.

Im Übrigen soll mit den Regelungen in § 16 Abs. 1 Satz 1 und 3 InVorG einem Berechtigten entweder der Erlös oder der Verkehrswert als Surrogat für den untergegangenen Restitutionsanspruch zugewendet werden. Eine solche Zuordnung des Vermögenswertes in Form des Verkehrswertes würde aber der inneren Rechtfertigung entbehren, wenn ein Rückübertragungsanspruch im Zeitpunkt der Vornahme der Eigeninvestition gar nicht bestand bzw. die Restitutionsberechtigung durch die Eigeninvestition auch nicht wieder aufgelebt ist (für den Fall der investiven Veräußerung stRspr, vgl. Urteil vom 22. April 2004 - BVerwG 7 C 15.03 - Buchholz 428 § 5 VermG Nr. 41). Vorliegend bestand für die beiden in den 60er bzw. 70er Jahren bebauten Grundstücke bereits vor Beginn der investiven Maßnahmen ein aus § 5 Abs. 1 Buchst. a VermG folgendes Restitutionshindernis. Die Nutzung der dort vorhandenen Bebauung dient seit Jahrzehnten dem Betrieb einer Hochschule; hieran besteht weiterhin ein öffentliches Interesse. Dieser Restitutionsausschlussgrund ist auch nicht durch die Eigeninvestition entfallen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts wurden auf den beiden Grundstücken weder Gebäude abgerissen noch sonst Veränderungen durchgeführt, die den Restitutionsausschluss entfallen lassen könnten.

2. Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt nicht vor. Eine Verletzung der Aufklärungspflicht nach § 86 Abs. 1 VwGO ist nicht erkennbar.

Die Rüge, das Erstgericht habe es unterlassen, dem Beweisantrag der Einvernahme des Kanzlers der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig als Zeugen zum Beweis der Tatsache nachzugehen, dass das Vorhaben gemäß dem Investitionsvorrangbescheid den Abbruch aller vorhandenen Baulichkeiten und die Errichtung von Neubauten auf allen im Investitionsvorrangbescheid genannten Grundstücken zum Gegenstand hatte, verkennt den Umfang der Aufklärungspflicht. Das Gericht ist gehalten, nur diejenigen Tatsachen aufzuklären, von denen der im Rechtsstreit verfolgte Anspruch abhängt. Entscheidend ist hierbei die Rechtsauffassung, die das Gericht von der Auslegung der zur Anwendung stehenden materiellrechtlichen Normen und vom Ergebnis einer Subsumtion der in Frage stehenden Tatsachen unter diese Normen hat (stRspr, vgl. Beschluss vom 23. Januar 1996 - BVerwG 11 B 150.95 - Buchholz 424.5 GrdstVG Nr. 1 m.w.N.). Von der materiellrechtlichen Rechtsauffassung des Erstgerichts ausgehend kommt es auf die unter Beweis gestellte Tatsache nicht an, ob der Abbruch und der Neubau aller vorhandenen Baulichkeiten bereits im Vorhabenplan und im Investitionsvorrangbescheid angelegt war. Das Erstgericht stellte vielmehr auf tatsächliche bauliche Änderungen und auf die Aufgabe der bisherigen Zweckbestimmung der beiden Grundstücke ab und verneinte beides infolge der auch durch die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Lichtbilder kenntlich gemachten Tatsache, dass auf beiden Grundstücken weder ein Abriss noch ein Neubau von Gebäuden erfolgt war. Ausgehend von dieser Rechtsauffassung erwies sich der Beweisantrag als unbehelflich. In diesem Sinne - wenn auch missverständlich formuliert - hat das Erstgericht den Beweisantrag in den Urteilsgründen verbeschieden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 und § 162 Abs. 3 VwGO . Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 , § 52 Abs. 1 GKG .

Vorinstanz: VG Leipzig, vom 07.07.2005 - Vorinstanzaktenzeichen 3 K 839/02