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BVerfG - Entscheidung vom 04.12.2006

2 BvR 2097/06

BVerfG, Beschluss vom 04.12.2006 - Aktenzeichen 2 BvR 2097/06

DRsp Nr. 2006/30467

Gründe:

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen, weil ein Annahmegrund nicht vorliegt (§ 93a Abs. 2 BVerfGG ). Die Verfassungsbeschwerde hat keine Aussicht auf Erfolg.

1. Es bestehen bereits erhebliche Zweifel an der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde. Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG ist die Verfassungsbeschwerde substantiiert zu begründen. Hierzu gehört die Pflicht, die angegriffenen Entscheidungen vorzulegen oder ihrem wesentlichen Inhalt nach mitzuteilen (vgl. BVerfGE 88, 40 [45]; 93, 266 [288]). Die Fachgerichte nehmen in ihren, mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Entscheidungen jeweils ergänzend Bezug auf die Gründe ihrer Entscheidungen vom 27. Februar 2006 und vom 21. März 2006 (Entscheidungen des Verwaltungsgerichts) sowie vom 4. April 2006 und vom 24. April 2006 (Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts). Diese Entscheidungen hat der Beschwerdeführer seiner Verfassungsbeschwerde ebenso wenig beigelegt wie den Bescheid vom 3. Januar 2006. Er hat ihren Inhalt auch nicht in einer Weise wiedergegeben, die eine umfassende Überprüfung der angegriffenen Entscheidungen durch das Bundesverfassungsgericht ohne weiteres zuließe.

2. Die Verfassungsbeschwerde ist darüber hinaus unzulässig, soweit der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 6 Abs. 2 sowie aus Art. 6 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG rügt.

Gegenstand der Verfassungsbeschwerde ist nicht der Bescheid vom 3. Januar 2006, aufgrund dessen der Beschwerdeführer verpflichtet wurde, seine drei minderjährigen, schulpflichtigen Töchter an einer Schule anzumelden und für ihre regelmäßige Teilnahme am Unterricht zu sorgen. Vielmehr richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Anordnung der Erzwingungshaft, die der Durchsetzung der in dem Bescheid vom 3. Januar 2006 getroffenen Anordnungen dient. Grundsätzlich ist eine Verfassungsbeschwerde gegen einen Vollstreckungsakt, hier die Anordnung der Erzwingungshaft nach § 24 HmbVwVG, nur zulässig, soweit geltend gemacht wird, dass die Vollstreckungsbehörde bei der Durchführung des Vollstreckungsverfahrens neue Grundrechtsverletzungen begangen hat (vgl. BVerfGE 1, 332 [341]; 15, 309 [311]; 28, 1 [8]). Der behauptete Grundrechtsverstoß muss seine Quelle gerade in der Vollstreckungsentscheidung haben. Der Beschwerdeführer hat eine eigenständige Grundrechtsverletzung durch die Anordnung der Erzwingungshaft nicht geltend gemacht. Inhaltlich greift er vielmehr die mit Bescheid vom 3. Januar 2006 ausgesprochenen Verpflichtungen an. Diese Einwendungen finden im Verfassungsbeschwerdeverfahren gegen die Verhängung der Erzwingungshaft keine Berücksichtigung.

3. Soweit der Beschwerdeführer die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör rügt, wäre die Verfassungsbeschwerde zudem unbegründet.

Der Anspruch auf rechtliches Gehör bedeutet, dass das entscheidende Gericht durch die mit dem Verfahren befassten Richter die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen muss (vgl. BVerfGE 11, 218 [220]; 83, 24 [35]; 96, 205 [216]; stRspr). Andererseits sind die Gerichte nicht verpflichtet, jedes Vorbringen der Beteiligten in den Gründen der Entscheidung ausdrücklich zu bescheiden (vgl. BVerfGE 5, 22 [24]; 96, 205 [217]; stRspr). Insbesondere gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz gegen Entscheidungen, die den Sachvortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts teilweise oder ganz unberücksichtigt lassen (vgl. BVerfGE 21, 191 [194]; 96, 205 [216]).

Unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe kann eine Verletzung des Anspruchs des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör nicht festgestellt werden. Im Beschwerdeverfahren gegen die Verhängung der Erzwingungshaft war das Oberverwaltungsgericht von Verfassungs wegen nicht verpflichtet, von dem Beschwerdeführer gegen den der Vollstreckung zugrunde liegenden Bescheid vom 3. Januar 2006 vorgebrachte Einwendungen zu berücksichtigen (vgl. Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 7. Dezember 1998 - 1 BvR 831/89 -, NVwZ 1999, S. 290 [292]; BVerfGE 87, 399 [409]). Obwohl das Oberverwaltungsgericht also nicht verpflichtet war, auf die diesbezüglichen Einwendungen des Beschwerdeführers einzugehen, hat es sich unter Bezugnahme auf seine vorangegangenen, in dieser Sache ergangenen Entscheidungen in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt. Einzelne Gesichtspunkte, die es für nicht entscheidungserheblich angesehen hat, konnte es damit unberücksichtigt lassen, ohne sich dem Vorwurf einer Gehörsverletzung auszusetzen.

Von einer weiteren Begründung wird abgesehen (§ 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG ).

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Vorinstanz: OLG Hamburg, vom 15.08.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 1 So 124/06
Vorinstanz: OLG Hamburg, vom 20.07.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 1 So 105/06
Vorinstanz: VG Hamburg, vom 16.06.2006 - Vorinstanzaktenzeichen 15 V 1807/06